Autor: Jenny&Mary
veröffentlicht am: 27.07.2012
Mary:
„Und, benimmt Jensen sich auch?“, fragte ich lachend und hörte, wie Jennys Stimme am Telefon ins Schwärmen gerat.
„Oh ja. Er kümmert sich sehr gut um seine Ehefrau!“
„Na, das will ich ja wohl hoffen!“ Und mit einem dicken Grinsen im Gesicht schwieg ich einen Moment lang und malte mir aus, wie die beiden am Strand lagen und die Flitterwochen genossen. In der Karibik waren es doch jetzt mindestens dreißig Grad. Dazu den schneeweißen Sand und das kristallblaue Wasser… und Jensen nicht zu vergessen, denn der sah in seiner Badehose bestimmt nicht schlecht aus!
„Gestern haben Jensen und ich einen Freund von ihm getroffen und er hat mich als seine Ehefrau vorgestellt. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie ich in dem Moment gegrinst habe!“ Und das sagte sie mit einer solchen Euphorie in ihrer Stimme, dass ich es ihr sofort glaubte.
„Und Mary, ich… gestern… mit Jensen. Und ich muss dir auch noch was sagen…“ Ich konnte sie nur halb verstehen, weil genau in dem Moment die S-Bahn lautstark an mir vorbei fuhr.
„Jenny, ich kann dich nicht hören!“, lachte ich und sah schon, wie die nächste Bahn angerauscht kam. „Lass uns nachher noch mal telefonieren, ok?“ Was auch immer sie mir noch erzählen wollte, das musste jetzt warten.
Gut gelaunt setzte ich meine Sonnenbrille auf und schlenderte die Park Avenue entlang. New York im Juli war einfach wunderschön, viel leichter und lebensfroher als im Winter. Die Leute liefen in und kurzen Sommerkleidern herum, kauften sich Eis und schlenderten durch den Central Park. Es war nicht nur ein bisschen warm, es war richtig schwül an diesem Tag. Die ganze Stadt wirkte wie ein brodelnder Vulkan und der Geruch von Asphalt lag in der Luft. Aber im Vergleich zu den vielen New Yorker nervte mich das nicht. Ich fand es einfach wunderbar.
Zielsicher bog ich an der 72sten Ecke ab und stolzierte in Richtung Central Park. Dabei klapperten meine Absätze auf dem Gehweg und meine langen Haare wippten mit jeder Bewegung auf meinem Rücken. Ich hatte selten so gut geschlafen wie letzte Nacht und ich hatte mich auch schon lange nicht mehr so frei gefühlt. Meine Energie war grenzenlos, genauso wie meine gute Laune, und ich träumte von Liebe, Lust und Abenteuer. Es war Zeit, endlich zu leben.
Ich betrat den Central Park und bewunderte die saftig grünen Baumkronen, die sich wie ein Dach über den Weg legten. Die plötzliche Idylle war wie eine andere Welt. Als lägen die Hochhäuser und der viele Asphalt auf einmal meilenweit hinter mir. Hier schien alles so unberührt, es kam mir vor, als wäre ich zu Hause.
Auf einmal spürte ich, wie sich eine Hand auf meine Schulter legte und langsam an sich zog. Allein die Berührung ließ meinen Körper erschauern, denn ich wusste sofort, wer es war.
„Hey Sweetheart“, er begrüßte mich mit einem langen Kuss.
Das alles hier, meine gute Laune und meine Energie, das hatte ich nur ihm zu verdanken. Er war es, der mich zum Leben brachte.
„Wie geht’s dir?“, fragte ich und küsste ihn erneut. Dann legte er seinen Arm um mich und wir liefen beide ein Stück.
„Mir geht’s super. Ich hab gerade die Papiere unterschrieben!“
„Oh mein Gott, wie geil!“ Dieses Mal war meine Freude wirklich echt und ich umarmte ihn lange, um ihm das zu zeigen. Er liebte seine Rolle in dieser Serie, das wusste ich. Und auch wenn ich kein Vampir-Fan war, die Serie fand ich gut. Und Ian sah richtig scharf in seiner Rolle aus. Richtig scharf!
„Und wie geht’s dir? Hast du was von Jenny gehört?“
„Ja, wir haben eben telefoniert. Sie hyperventiliert richtig vor Freude, sie hat mir dreimal dieselbe Geschichte erzählt!“ Darüber mussten wir beide lachen, es war einfach so typisch für Jenny.
Dabei warf ich einen Blick auf sein Gesicht. Die große Sonnenbrille verdeckte zwar seine hübschen Augen, aber sie stand ihm wirklich gut. Die dunklen Haare wehten im schwülen Sommerwind und die Bartstoppeln ließen ihn richtig verwegen aussehen. Sein Mund hatte sich zu dem schrägen Grinsen verzogen, sodass seine strahlend weißen Zähne hervortraten. Er sah aus, wie der heiße Typ aus der Zahnpasta-Werbung.
„Warst du schon im Verlag?“, fragte er schließlich, während wir den Waldweg weiter entlang gingen.
„Ja, ich hab alles geklärt. Der Roman ist überarbeitet und nächsten Monat wird die erste Auflage gedruckt.“ Oh Mann, wer hätte schon damit gerechnet? Ich hatte es tatsächlich geschafft, ich hatte meinen ersten Roman endlich beendet. Und er war gut. Unglaublich, dass ich das sagen konnte, aber ich war wirklich damit zufrieden.
„Meine Mary wird Autorin…“ Grinsend vor Stolz zog er mich noch einmal an sich und küsste mich kurz, aber leidenschaftlich. Er roch so gut und er konnte so gut küssen. Ich war so dumm gewesen, zu glauben, ich würde ihn nicht mehr lieben. Ich liebte ihn jetzt mehr als jemals zuvor und seit der Hochzeit hatten wir auch eine ganz andere Beziehung miteinander. Die romantische Phase war längst vorbei, der Alltag auch. Aber anstatt sich zu trennen oder nur noch nebeneinander her zu leben, hatten wir einen ganz anderen Weg gefunden. Und der hieß Leidenschaft.
„Oh my God, that’s Ian Somerhalder!“Das Mädchen, das auf einmal vor uns stand, riss die Augen weit auf und bekam einen knallroten Kopf. Wir waren eben in New York, daran musste ich mich wohl oder übel noch gewöhnen.
„Hey, what’sup?“, fragte Ian freundlich und schenkte ihr ein Lächeln, ließ dabei aber seine Hand um meine Hüfte, was dem Mädchen nicht besonders gefiel. Für einen Moment musterte sie mich und sah mich fast zornig an, dann erhellte sich ihr Gesicht aber wieder. Wahrscheinlich wurde ihr wieder bewusst, dass Ian Somerhalder wirklich vor ihr stand.
„Can we take a photo? Oh pleeeeease!”, flehte sie und drückte mir schon ihr Handy in die Hand. Schmunzelnd posierte Ian mit ihr und gab ihr sogar noch ein Autogramm, während sie ihm mehrmals beteuerte, sie wäre sein größter Fan überhaupt und hätte alle Vampire Diaries Folgen drei Mal gesehen.
„Wow, daran muss ich mich noch gewöhnen“, lachte ich, als sie uns endlich in Ruhe gelassen hatte.
„Ich auch“, erwiderte er und klang dabei so bodenständig, dass ich irgendwie gerührt war. Die Rolle hatte ihn quasi über Nacht zu einem ziemlich großen Star gemacht und das würde in Zukunft sicher nicht leicht werden. Aber ich wusste, dass wir beide damit klar kommen würden.
„Gehen wir noch was essen?“, fragte ich, als ich das schöne Café am Weg entdeckte. Es war sechs Uhr und ich konnte schon spüren, wie mein Magen nach Essen verlangte.
„Klar. Aber ich muss gleich noch kurz ins Büro“, erwiderte Ian und warf mir einen entschuldigenden Blick zu.
„Oh, kein Problem. Ich kann mitkommen. Du weißt doch wie cool ich den Times Square finde!“ Für mich als deutsches Landei war der Times Square einfach nur genial. Die vielen Anzeigen und Lichter, das Chaos und die vielen Menschen! Und genau da lag das Büro von seinem Management.
Wir verließen also wieder den Central Park und nahmen die nächste U-Bahn dorthin. U-Bahn-Fahren war eine Sache, auf die ich bestand. Wir hatten sowieso schon ein verrücktes Leben, da mussten wir uns nicht auch noch in einer fetten Limo durch die Gegend kutschieren lassen. Außerdem mochte ich U-Bahn fahren, alle New Yorker machten das. Und ich wollte nichts lieber, als mich endlich wie eine New Yorkerin zu fühlen.
Dazu gehörte wohl auch, dass die U-Bahn so brechend voll war, dass man keinen Platz zum Sitzen mehr bekam. Ian und ich leider auch nicht, wir mussten bis zum Times Square stehen, aber das machte uns nichts aus.
Wie selbstverständlich zog er mich mitten in der Bahn an sich und wir küssten uns kurz, aber innig. Die Leute um uns herum fanden das nicht besonders toll, sie warfen uns genervte Blicke zu und versuchten der Hitze zu trotzen, indem sie sich mit ihren Magazinen Luft zu wedelten. Obwohl die Sonne langsam aber sicher unterging, war es immer noch schwül in New York City.
„Und, wohin gehen wir gleich?“, fragte ich. Mein Bauch rumorte so laut, dass die Frau neben mir verängstigt darauf starrte.
„Oh, ich hab da schon so eine Idee“, erwiderte er und grinste in dem Moment so verräterisch, wie nur er es konnte. Meine Neugierde war sofort geweckt.
„Ian. Was hast du vor?“
„Sweetheart… lass dich doch einfach überraschen!“
Und protestieren konnte ich leider nicht, denn in dem Moment erreichten wir die Haltestelle am Times Square. Gleichzeitig stürmten die Leute aus der Bahn heraus und genauso viele herein, sodass mein Gesicht gegen Ians Oberkörper gedrückt wurde und eine Frau mit ihrer Uhr in meinen Haaren stecken blieb. Außerdem landeten gefühlte hundert verschwitzte Arme in meinem Gesicht. Limo fahren war vielleicht doch keine so schlechte Idee.
Als wir die Unterführung verließen, schien uns die schwüle Abendsonne schon entgegen. Und sofort hatte ich wieder ein Lächeln im Gesicht.
Obwohl ich hier schon ein paar Mal gewesen war, war ich immer noch so überwältigt von diesem Anblick, dass ich gar nicht wusste, wohin ich zuerst schauen sollte. Die Hochhäuser allein waren schon etwas Besonderes. Diese riesigen Blöcke, die viel höher waren, als die in Deutschland. Aber diese tausenden von Lichtern, Bildern und Eindrücken waren einfach atemberaubend.
„Wow…“, war alles, was ich bei diesem Anblick sagen konnte. Ich machte wohl ein ziemlich dummes Gesicht, denn Ian konnte es sich nicht verkneifen, mich eiskalt auszulachen.
„Hey, lass mich“, erwiderte ich grinsend und schubste seinen Arm weg, als er ihn um mich legen wollte. Gespielt beleidigt verschränkte ich die Arme und staunte weiter über das, was vor mir lag. Es war das reinste Chaos, so viel Werbung und Mist auf einmal hatte ich selten gesehen. Es sah ein bisschen aus wie aus einem Science-Fiction Film.
Und es war ein krasser Kontrast zu dem orangenen Abendhimmel, der jetzt über der Stadt lag. Es hatte beinahe etwas Romantisches.
Ian versuchte noch einmal, den Arm um meine Taille zu legen und dieses Mal ließ ich mir das nur zu gerne gefallen. Mit Ian Somerhalder, meinem Freund, in New York zu wohnen und Momente wie diesen zu genießen… ich hatte so ein verdammtes Glück, dass es mich mittlerweile eigentlich umbringen müsste.
Und es sollte noch viel besser werden.
„Wolltest du nicht ins Büro?“, fragte ich ihn schließlich. Nicht, dass ich den Moment nicht genossen hätte. Aber ich hatte verdammt noch mal Hunger, also sollte er die Arbeit bald mal hinter sich bringen. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.
„Naja, eigentlich…“, begann er schließlich und seine Stimme wurde auf einmal richtig brüchig. Erschrocken sah ich ihn an, das passte nämlich ganz und gar nicht zu seiner sonst so ruhigen Art.
„Ian, was ist los?“
„Nichts, nichts. Ich äh… musste dich nur herlocken. Für meine Überraschung.“
Sofort verwandelte sich meine Angst in ein dickes Grinsen und ein warmes Gefühl stieg in mir auf.
„Überraschung?“, fragte ich grinsend und musste auf einmal lautstark loslachen. Warum musste ich ausgerechnet jetzt an diesen Abend zurück denken, an dem er mir einen Antrag machen sollte? Aber anstatt deswegen enttäuscht zu sein, konnte ich mittlerweile nur noch über die Sache lachen.
Ian legte verwirrt den Kopf zur Seite und sah mich fragend an. „Hab ich was verpasst?“
„Nein, nein. Alles gut.“ Aber ich konnte mir das Grinsen nur schwer verkneifen. Wie naiv ich doch damals noch gewesen war. Klar, ich liebte Ian und ich wollte so lange wie möglich mit ihm zusammen bleiben. Aber wir hatten doch alle Zeit der Welt. Ich musste mit 22 noch nicht heiraten und eine Familie gründen. Ich wollte nur, dass alles so blieb, wie es im Moment war.
Glücklich sah ich Ian an und merkte dann wieder, wie die Neugierde in mir anstieg.
„Jetzt zeig mir endlich deine Überraschung!“
Das ließ Ian sich nicht zwei Mal sagen. Seine Hände umfassten wieder meine Taille und er drehte mich einmal behutsam, sodass ich genau in die andere Richtung schaute.
Neugierig sah ich mich um und versuchte zu verstehen, was er mir zeigen wollte. Aber alles, was mir auffiel, war eine riesige Reklametafel. Mit einer McDonalds Werbung.
„Wow. Romantisch, Ian.“
Ich konnte spüren, wie sein Brustkorb vom Lachen vibrierte. „Du musst schon einen Moment warten.“
Genau in dem Augenblick verschwand auf einmal die McDonalds Werbung und was auf dem riesigen Bildschirm zu sehen war, verschlug mir glatt die Sprache. Es war keine Werbung, es waren Ian und ich.
„Oh mein Gott!“ Verwirrt hielt ich mir die Hand vor den Mund und musste zusehen, wie genau das auch auf dem Bildschirm passierte. Ich sah Ian, wie er hinter mir stand und mir grinsend zusah. Ich sah die ganzen Leute, die hinter uns her liefen und uns verwirrt anstarrten, sowohl auf dem Bildschirm als auch in der Realität.
„Guck doch nicht so schockiert!“, lachte Ian und zeigte mit dem Finger direkt auf den Bildschirm. „Genau da ist die Kamera.“
„Willst du mich verarschen? Guck doch mal, wie schlimm ich aussehe! Und was sollen die Leute denken?“, fragte ich und war dabei genauso verzweifelt wie belustigt. Wir beide am Times Square. Und die ganze Welt konnte es sehen.
„Ist doch eine super Überraschung, oder Sweetheart?“
„Ja, das kann man so sagen!“ Ich warf noch einen skeptischen Blick auf unsere Gesichter in Übergröße und stellte mich dann auf die Zehnspitzen, um ihm mit einem Kuss zu danken.
Alle Leute um uns herum blieben stehen und beobachteten gerührt, was als nächstes geschah.
„Ich hab noch eine Überraschung…“, sagte Ian leise und schaute mir dabei einen Moment lang tief in die Augen.
„Noch eine?!“ Ich war verwirrt und versuchte mir auszumalen, wie er das noch toppen wollte. Meine Gedanken schwirrten in alle möglichen Richtungen und während ich mir noch den Kopf darüber zerbrach, war es auch schon passiert.
Langsam kniete sich Ian hin, direkt auf den dreckigen Asphalt und mitten auf dem Times Square. Er griff in seine Tasche und zog eine kleine Dose heraus. Sie war mit rotem Samt überzogen und hatte genau die richtige Größe, um für einen Verlobungsring zu sein.
Vollkommen überwältigt schlug ich die Hände vor den Mund und spürte, wie mein Herz zu rasen begann. Im Hintergrund war der riesige Bildschirm und darauf konnte man genau sehen, was Ian gerade tat. Alle Leute um uns herum starrten mich an, aber das war mir in dem Moment egal, denn sie alle verloren auf einmal an Bedeutung. Das alles hier war auf einmal vollkommen egal. Die Menschen, die Stadt. Alles, was passiert war und alles, was noch passieren würde.
Alles, was in dem Moment zählte, waren Ian und ich.
„Mary. Willst du mich heiraten?“
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