Autor: Aven
veröffentlicht am: 27.09.2012
So und next!
Vielen Dank wie immer an alle Leser und Kommentierer, ohne euch wärs echt Scheiße!,
LG Aven
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Nach einer Weile brach Pareios die Ruhe schließlich mit einer Frage, die ihn sehr beschäftigt haben musste, denn er sprach vorsichtig und bedacht, als wäre sie ein rohes Ei.
„Wie hast du eigentlich erfahren, dass Orcus deine Eltern hat ermorden lassen?“
Kurz erschrak sie über den unsanften Themawechsel, der so gar nicht zu Pareios passte und auch das Thema selbst gehörte immer noch nicht zu ihren bevorzugten. Aber sie konnte sein Interesse an ihr nachvollziehen. Sie hatte das Selbe verspürt, als er am Strand über Nuria gesprochen hatte, und auch wenn es weh getan hatte, hatte sie es doch einfach nur wissen wollen. Sie entschloss sich, Pareios das gleiche zuzugestehen. Mühevoll kramte sie in ihrem Geist nach den Erinnerungen, versuchte aber gleichzeitig, sich Pareios Nähe vor Augen zu führen. So war es leichter, nicht ganz so ergreifend und verstörend.
Dann berichtete sich ihm mit einer Ruhe, die sie selbst überraschte, wie sie hinter Orcus‘ schreckliche Machenschaften gekommen war.
Sie hatte bei Orcus auf seinem Anwesen gelebt. Damals hatte er sich niedergelassen und begann mit verschiedenen Tätigkeiten Macht und Reichtum aufzubauen. Er begann zu handeln und war viel auf Reisen, auf denen sie ihn begleitete, genauso wie eine treue Schar von Männern. Sie war nachts und tagsüber seine Leibwächterin, mit ihren 20 Jahren hatte ihre Intuition ihn schon vor vielen Bedrohungen geschützt, genauso wie das Monster in ihr, das seine Unversehrtheit immer noch als oberste Priorität ansetzte. Aber Orcus‘ geschäftliche Unternehmungen, oder wenn er sich mit bedeutenden Verbündeten traf, hatten sie nichts anzugehen. Sie hatte immer draußen vor der Tür zu warten und die Umgebung zu beobachten, es war ihr nur gestattet, ihn zu stören, wenn ein Notfall vorlag. Sie wusste, dass er viel hinter ihrem Rücken tat, aber zu dem Zeitpunkt konnte sie es noch erfolgreich verdrängen und wenn sie ganz ehrlich gewesen wäre, hätte sie zugeben müssen, dass sie irgendwie spürte, dass es besser war, wenn sie es nicht genau wusste. Was wenn die Informationen ihr ihre wertvollen Illusionen zerstört hätten?
Sie zwang sich, ihm zu glauben, wenn er sagte, dass die Elevender endlich aufhören sollten, sich zu verstecken und ihren rechtmäßigen Platz als gerechte Herrscher über die Menschen einnehmen sollten. Damals hatte sie nicht begriffen, wie weitreichend dieses Vorhaben war, sie sah nur den einen Aspekt, dass dann vielleicht die ganze Ablehnung, die sie aus ihrem zu Hause vertrieben hatte, aufhören würde und andere vielleicht mehr Glück haben würden. Zumindest war das eine bequeme Entschuldigung. Im Grunde war ihr sowieso alles egal, sie hatte sich selbst zerstört und alles was ihr als Sinn und Zweck geblieben war, war ihn zu beschützen.
Auch war ihr nicht klar, mit welchen Mitteln Orcus seine Ziele verfolgte. Er hielt sie ja immer schön aus allem Wichtigen heraus, hielt sie eher wie seinen persönlichen Wachhund, als seine Partnerin, musste sie aus heutiger Perspektive gestehen. Aber auch das war ihr egal gewesen.
Das riesige ‚Scheiß drauf‘, das sie sich quasi auf die Stirn tätowiert hatte, war ihr einziger Schutz vor dem Erwachen. Die Wahrheit, so ahnte sie, sah anders aus, aber sie würde sich dran verbrennen, dessen war sie sich ganz sicher.
So auch an diesem verschneiten, winterlichen Tag im Dezember 1809. Sie waren den ganzen Tag auf den Beinen gewesen, hatten ein Treffen nach dem anderen hinter sich gebracht, mit Bankiers und Politikern, alles Metiers, die schon zu dieser Zeit völlig von den Hegedunen infiltriert waren. Damals fand sie es nicht ungewöhnlich, dass viele dieser einflussreichen Positionen entweder selbst mit Elevendern besetzt waren, oder von ihnen kontrolliert wurden, noch hatte sie ja auch noch nicht verstanden, wo die Reise hingehen sollte.
Ein letztes dieser Treffen lag jetzt, da es schon Abend geworden war, noch vor ihnen und sie steuerte gemeinsam mit Orcus und einer Handvoll seiner Männer eine Gastschenke an, in der er sich häufiger für Geschäftliches verabredete. Wie immer ließ er sich ein ruhiges Separee im oberen Stockwerk geben, wo sich sonst keine Gäste hinverirrten. Er zog sich mit seinen Geschäftspartnern zurück und Aurelia trat unruhig vor den Türen des verschlossenen Raums von einem Fuß auf den anderen und beobachtete mit zwei weiteren Männern die Umgebung. Weil ihr alles ruhig erschien und ihr Gefühl neutral blieb, hatte sie sich zum Rest von Orcus Männern unten in den Schankraum gesetzt und dort einen Becher heiße Schokolade getrunken. Die anderen um sie herum taten sich alle an Wein und Bier gütlich und die Stimmung war gelockert. Einige prosteten sich immer wieder zu, nur einer saß am Rande, eher in sich versunken und still.
Die Augen des Mannes waren rot geädert und tiefe Schatten lagen darunter, Nase und Wangen leuchteten ebenso tiefrot, verrieten, dass er eindeutig zu tief ins Glas geschaut hatte. Aber gleichzeitig sah er auch irgendwie traurig aus.
Einem Impuls folgend setzte sie sich zu ihm. Er war ihr einer der liebsten unter Orcus Männern, er war eher ruhig und nachdenklich, grimmig. Sie wusste von Karol, dass er seine Frau, sein Gegenstück, durch einen Menschenmopp verloren hatte, die sie als Hexe verbrannt hatten, als ihre Kräfte entdeckt worden waren. Es war schon vor einigen Jahrhunderten passiert, aber immer noch trug er die Verbitterung und die Trauer mit sich herum. Er hatte ihr schon öfter gezeigt, dass eigentlich ein sanftes Gemüt darunter schlummerte, aber auch er hatte sich so in seiner Vergangenheit verstrickt, dass er am Ende genauso wie sie bei Orcus gelandet war. Er war der einzige, der sich hin und wieder mit ihr unterhielt und manchmal, wenn er sie leicht fürsorglich ansah, konnte sie den hingebungsvollen Ehemann und Vater durchblitzen sehen, der er gewesen war oder hätte werden können.
An diesem Abend schien Karol ein besonders schwerer Anfall von Selbstmitleid und Melancholie gepackt zu haben, denn er saß da wie ein Häufchen Elend und ließ sich auch nicht davon aufmuntern, dass sie ihm sagte, dass seine Frau jetzt in einer besseren Welt lebte und davon war sie felsenfest überzeugt.
Seine trüben Augen hatten sich auf sie gerichtet und sie konnte noch den scharfen, gegorenen Atem riechen. Er tätschelte ihr die Hand. „Ach Aurelia, bist ‘n gutes Mädchen! Willst mich alten Narren trös…hick…trösten. Ausgerechnet du…“
Er lallte und bei seinen letzten verschwommenen Worten trat ein Anflug einer entschuldigenden Miene in sein Gesicht.
Ihr war vage bewusst, dass er sich schon in einem Dämmerzustand befand, in dem er nicht mehr Herr seines Mundwerks war. Dennoch hatte sie das Gefühl, dass diese Andeutung nicht einem vernebelten Hirn entsprungen war.
„Hm, wie meinst du das? Ausgerechnet ich?“ Die Frage war schon über ihre Lippen geschlüpft, bevor sie sich eines Bessern besinnen und ihn sanfter bearbeiten konnte. Karol riss die Augen auf und wirkte hell auf erschrocken,… wirkte ertappt.
„Mein Gott, Aurelia, ich hätte nicht…!“ Es war ihm anzusehen, dass er sich verplappert hatte.
„Sag schon Karol!“ forderte sie weiter und schob seinen halbleeren Bierkrug näher zu ihm heran, in der Hoffnung, er würde noch mehr trinken und ihr verraten, was er da angedeutet hatte.
Doch sie hatte keine Zeit ihn weiter auszuquetschen. Plötzlich brach im oberen Stockwerk die Hölle aus. Lautes Geschrei ertönte und alles ging drunter und drüber. Die Menschen im Endgeschoss schrien durcheinander und traten die Flucht an. Gegen den Storm drängte sie sich mit Orcus Männern zur Treppe und dann hinauf, wo einige ganz in schwarz gekleidete Männer gegen Orcus selbst und seine zwei Leibwächter kämpften. Das war ihre erste Begegnung mit der Legion gewesen.
Orcus‘ Geschäftspartner lagen bereits tot am Boden und als Aurelia durch die Tür trat, blickte sie direkt in die grau wabernden Augen eines schwarzhaarigen, großen und breitschultrigen Elevenders, der mit unglaublicher Schnelligkeit auf Orcus zu sprang. Ihre Intuition leitete ihre Schritte und sie schaffte es gerade noch ihn abzufangen, prallte mit ihm zusammen und sie gingen gemeinsam und wild mit den Händen ringend zu Boden. Sie stürzten sich in einen tödlichen Zweikampf, den Viktor, der damals schon mehr Kampferfahrung hatte als sie, bald zu seinen Gunsten drehte und sie unter sich festnagelte.
Sein Messer sauste auf sie herab und sie bekam es gerade noch zu fassen, umschloss mit beiden Händen fest die Klinge. Ihr Körper war so vollgepumpt mit Adrenalin, sie war so auf ihren Kampf ums überleben konzentriert, dass sie gar nicht wahrnahm, wie sich die hauchdünne Schneide in ihre Haut fraß. Ihr eigenes Blut tropfte ihr ins Gesicht, während sie keuchend betete, dass ihre Kräfte sie jetzt nicht verlassen mögen. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Orcus sich gerade aufrappelte. Er sah, dass sie in Gefahr war, aber anstatt ihr zu helfen, zog er sich in die Gruppe seiner Männer zurück, suchte Schutz vor den unbekannten Angreifern.
Der gutaussehende und vor kalter, kontrollierter Wut strotzende Elevender über ihr schnaufte ebenso wie sie, aber als er ihren kurzen Seitenblick bemerkte, stieß er ein verächtliches Keuchen aus.
„Für den tust du das?“ Seine Augen funkelten bedrohlich und erst jetzt schien er sie wirklich zu sehen. Wie er sie kurz eindringlich musterte, nicht als Gegnerin, sondern als Frau, spürte sie, dass er zögerte.
„Weißt du überhaupt, was er tut?“ Die tiefe melodische Stimme fragte sie ohne die Spur von Zorn, es war eine sachliche Erkundigung, obwohl in seinen Augen echtes Interesse aufblitzte. Angesichts dessen, dass sein Gewicht immer noch auf der Klinge lastete, die sich immer tiefer in ihre Handflächen bohrte, dachte sie nicht daran, diesem Typen auch nur einen Laut als Antwort zu gönnen. Entschlossen presste sie die Lippen zusammen und starrte ihn mit unverhohlenem, wildem Zorn an.
Plötzlich ließ der Druck nach, während sich um sie herum die dunkelgekleideten Eindringlinge zum Rückzug formierten. Er schien es ebenso zu registrieren und sprang in atemberaubender Geschwindigkeit auf. Mit einem letzten abschätzenden Blick sah er auf sie herab.
„Du stehst auf der falschen Seite! Es gibt auch andere Orte für dich!“
Dann war er verschwunden, genauso wie der Rest seiner Gruppe.
Sie lag dort und starrte auf ihre blutenden Hände, langsam erhob sich der höllisch brennende Schmerz, während der körperliche Ausnahmezustand abflaute. Die Haut begann schon wieder, sich zu verschließen.
Orcus und seine Männer setzten zur Verfolgung an und ohne einen weiteren Blick an sie zu verschwenden, ließ er sie hier zurück. Mehrere weitere leblose Körper lagen im Zimmer auf dem Boden, alle anderen waren ausgeflogen. Aurelia rollte sich herum und robbte auf den Ellenbogen auf ein Opfer des Angriffs zu. Ihre Hände pochten im Takt ihres Pulsschlags, aber der Gedanke war sofort vergessen, als sie nah genug war, um unter den zerschunden Fleischklumpen unter braunem, kinnlangem Haar, Karols Gesichtszüge zu erkennen.
Sie kniete sich neben ihn und stellte fest, dass ein Messer sich links zwischen seine Rippen gebohrt hatte. Bis zum Heft steckte es in seinem Brustkorb und sein Atem ging stockend und röchelnd, von einem leisen, unsteten Pfeifen begleitet. Heute hätte sie gewusst, dass sein Rippenfell perforiert gewesen war und die Lunge durch die eindringende Luft zusammengepresst wurde, sodass er nicht mehr richtig atmen konnte. Vielleicht hätte sie ihn durch das Entfernen des Messers retten können.
Damals konnte sie ihm nur die Hand halten und ihm beim sterben zusehen. Seine blinden Augen fanden sie und sie wusste nicht, ob er sie erkennen konnte, aber dann flüsterte er etwas. Es war sogar für ihr exzellentes Gehör unverständlich und sie musste sich über seinen Kopf beugen, um es hören zu können. Erst als ihr Ohr beinahe seine blutige Wange berührte verstand sie endlich die gequälten Laute.
„Vergib mir!“ murmelte er immer wieder, seine Stimme gurgelte. Ein blutiges Rinnsal trat aus seinem Mundwinkel und lief seine Wange hinunter.
„Was?“ fragte sie, wusste nicht, wie sie ihm die letzten Minuten erleichtern konnte.
„Deine… Eltern…“ Er stöhnte das Wort. „Vergib…!“
Karols keuchender Atem erstarb und Stille breitete sich im Raum aus. Von unten konnte sie laute und aufgescheuchte Stimmen vernehmen, aber ihre Gedanken waren gefangen von den letzten Worten die er von sich gegeben hatte. Der eisige Hauch einer schrecklichen Befürchtung erfüllte ihre Brust.
Karol hatte sie wegen ihrer Eltern um Vergebung gebeten!
Sie war sich ganz sicher, dass sie es nicht falsch verstanden hatte. Aber warum sollte er das tun?
Sofort fiel sie in das schwarze Loch ihrer Erinnerung an jene Nacht, in der Elli durch ihre Hand ein schreckliches Ende gefunden hatte. Wie sie Orcus bezichtigt hatte, ihre Eltern ermordet haben zu lassen und er immer wieder behauptet hatte, er war unschuldig. Karol war schon lange einer von Orcus Begleitern gewesen, schon kurz nachdem sie Böhmen verlassen hatte, war er zu ihnen gestoßen…. Was wenn…?
Obwohl sie nur die Worte eines verwirrten Dahinschwindenden und eine fürchterliche Ahnung hatte, war der Zweifel, der sich von da an in ihr Leben gestohlen hatte, nicht mehr auszuradieren gewesen.
Zusammen mit der merkwürdigen Bemerkung des Fremden mit den grauen Augen, Viktor; war diese Nacht ein Weckruf für sie gewesen. Von da an sah sie Orcus Taten mit anderen Augen und entdeckte immer mehr Eigenheiten, die ihr Übel aufstießen. Mit der Zeit machte es sie krank für ihn töten zu müssen und sie fragte sich immer häufiger, was genau er eigentlich betrieb, wenn er sich mit irgendwelchen Leuten traf. Und Anhand dessen, wie er sein Gefolge seine Gegner gnadenlos aus dem Weg räumen ließ, wurde ihr immer bewusster, dass er zu einigem mehr im Stande sein musste.
Sie bekam Angst vor ihm. Ihr Zweifel und diese instinktive Furcht heizten ihren Selbsthass an. Er wurde immer schlimmer, da sie sich fragen musste, was sie ihrer Schwester und so vielen anderen angetan hatte, wie sie ihnen Unrecht getan hatte.
Ihre Taten waren auch so schon schwer zu ertragen gewesen, aber das Bewusstsein, dass sie es auch noch für jemanden getan hatte, der wahrscheinlich der Mörder ihrer Eltern und vielen mehr war, brachte sie fast um.
Sie musste von ihm weg, sie musste es wieder gut machen. Die Worte des Fremden Angreifers spukten ihr immer wieder im Kopf herum und sie fragte sich, ob es tatsächlich einen Ort gab, an den sie gehen konnte. Ein Ort, der Orcus‘ Feinde beherbergte. Ihre Schuld war so überwältigend, sie suchte verzweifelt nach irgendeinem Ausweg. Aber sie wusste nicht wie und wohin. Sie wusste Orcus würde sie nicht gehen lassen, er war ein Mann der sich ohne Pardon alles nahm, was er wollte. Damals als junges Mädchen hatte sie diese Stärke bewundert, jetzt fürchtete sie sie.
Und das Schicksal schickte ihr wieder Viktor, um ihr den Ausweg zu zeigen.
„Mein Gott, ich hatte ja keine Ahnung!“ murmelte Pareios, nachdem ihre Stimme nach dem lebendigen Bericht verklungen war. Er umfasste sie fest und küsste ihre Stirn. Sie fühlte sich in seiner Wärme nicht halb so mitgenommen, wie beim letzten Mal, als sie in die Vergangenheit eingetaucht war.
„Ich wusste ja gar nicht dass dein erstes Treffen mit Viktor so… turbulent verlaufen ist!“ Er lächelte unsicher, ob sie schon bereit für Scherze war. Aber diesmal blieben die Tränen und der schreckliche Sog, den ihrer Vergangenheit sonst auf sie ausübte, aus.
„Hm, ja da hätte ich auch nicht gedacht, dass er mal mein bester Freund werden würde…“ Sie stockte und biss sich auf die Zunge, während sie sich fragte, ob das ein kluger Kommentar gewesen war, hier ganz tief in Pareios‘ Armen. Er schien sich jedoch nicht daran zu stören, stattdessen wollte er lieber etwas anderes von ihr wissen. „Und was ist dann passiert? Wie hast du Viktor wieder getroffen?“
Sie überlegte kurz, um die Zeitspanne richtig einzuordnen.
„Ich glaube etwa einen Monat danach. Viktor ist mit seinem Team auf unser Anwesen gekommen. Sie führten damals Säuberungsaktionen durch und versuchten hegedunische Strommänner aus dem Verkehr zu ziehen, genau wie vorher in der Gaststätte.“
Sie erzählte, wie sie neben Orcus und einigen Männern aus dem Haus gestürmt war, gegen die zahlenmäßig überlegene Elevenderschaft der Legion hatten sie kein Licht gesehen. Aber als sie im Begriff waren zu entkommen, witterte Aurelia ihre Chance, sich ein für alle Mal aus Orcus‘ Einflussgebiet zu entziehen. Sie ließ sich immer mehr zurückfallen, dann täuschte sie ein Stolpern vor und ließ sich in den Schnee fallen.
Sie sah, wie Orcus‘ Blick sie traf, sie durchbohrte, lodernd und voller Verdruss, aber sie hatte ihn richtig eingeschätzt! Er kehrte nicht um, um sie zu retten.
So hatte er zu guter Letzt den Beweis erbracht, den sie noch brauchte, um wirklich zu begreifen, dass er sie nicht liebte, nie geliebt hatte. All das erfasste sie in diesem Moment und wenn sie jetzt von den Angreifern getötet worden wäre, wäre es ihr Recht gewesen. Sie hatte es nicht besser verdient, weil sie so besessen von ihm gewesen und alles verraten hatte, was ihre Eltern ihr einmal über Menschlichkeit und Rechtschaffenheit beigebracht hatten. Ihre Eltern…
Weiter war sie mit ihren Gedanken nicht gekommen, denn schon im nächsten Augenblick packten sie grobe Arme an den Schultern und rissen sie herum und sie konnte durch ihre Intuition gerade noch einem Schwerthieb entgehen. Da vernahm sie eine melodische, tiefe Stimme hinter den Schultern des Mannes, der über sie gebeugt dastand, die langen, schokoladenbraunen Haare hingen ihm wie ein Vorhang ins Gesicht.
„Warte Markus! Die nicht!“ Der große schwarzhaarige Mann mit den grau wabernden Augen trat neben sie und sie konnte durch die Nacht seine nachdenkliche Miene erkennen.
„Wir nehmen sie erst Mal mit!“ befahl er und besiegelte ihr Schicksal.
„Viktor hat mich damals gerettet, in mehr als nur einer Hinsicht. Er hat mir erklärt, was hinter dem Rücken der Menschen abläuft und dass die Hegedunen versuchten, die Menschen auszubeuten. Er half mir, zu verstehen, dass es bei der ganzen Sache um mehr ging, als darum, als Elevender offen leben zu können. Sie wollten menschliche Sklaven. Ich war so bestürzt, dass ich mich ihm angeschlossen habe….
Tja und da sind wir nun…“
„Ja, da sind wir nun!“ stimmte Pareios milde lächelnd zu. „Danke, dass du mir das alles erzählt hast! Ich glaube, ich verstehe jetzt, was das zwischen dir und Viktor ist!“ Seine Stimme war ernst, aber dann räkelte er sich neben ihr und gähnte. „Als ich dich danach gefragt habe, habe ich gar nicht angenommen, eine Antwort zu bekommen…“
Sie knuffte ihn in die Seite, aber dann überlegte sie es sich anders und legte stattdessen den Arm über seine Brust und richtete sich halb auf.
„Ich vertraue dir!“ Diese Schlichten Worte waren nichts als die Wahrheit und bewirkten dass er sich abermals stürmisch auf sie rollte und ihre Lippen mit einem weichen Kuss verschloss.
Neckend räkelte sie sich unter ihm, versuchte ihm zu signalisieren, dass sie hoffte, dass er sein Versprechen von vorhin, dass er noch einiges mit ihr vorhabe, gleich in die Tat umsetzte. Als Antwort bewegte er sich leicht an ihr und sie konnte spüren, dass auch er genau diese Absicht verfolgte.
Sie liebten sich noch ein Mal, dieses Mal wilder und unbeherrschter.
Das fortschreitende Wandern des Mondes über den Nachthimmel und die Zeit die damit verstrich, bemerkten sie beide nicht, völlig in einander vertieft und von ihren Gefühlen gebannt. Restlos gesättigt schliefen sie schließlich Arm in Arm ein, wärmten sich gegenseitig in der kühlen Morgenluft und kurz bevor ihr die Augen zu fielen, dachte sie, dass es jetzt wohl keinen Ort gab, an dem sie lieber hätte sein wollen und wenn ihr Leben so hatte verlaufen müssen, damit sie irgendwann hier in diesem Moment in Pareios‘ Armen auf dem Flachdach, dem hellblauen und goldenen Himmel mit Körper, Herz und Geist so nah, landen konnte, dann war sie zum ersten Mal bereit, all das als Teil von sich zu akzeptieren. Dieser Gedanke versöhnte sie mit sich selbst und es war irgendwie… in Ordnung!
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