Autor: Aven
veröffentlicht am: 07.07.2012
Bis dahin wollte sie sich noch ein wenig am Boxsack abreagieren, sie hatte noch viel zu viel Energie. Eine Weile drosch sie nur mit den Fäusten auf das feste, derbe Leder ein und bemühte sich das Kopfkino fernzuhalten. Es klappte jetzt immer schlechter. Aber es manifestierte sich in verschiedenen Gedankengängen. Sie rotierten in einem flotten Schlagabtausch in ihrem Kopf und sie fragte sich langsam, als ob sie verrückt wurde. Aber man konnte der Vergangenheit nicht entrinnen, völlig egal, wie weit einen die Füße trugen. Was auch immer sie tat, solange sie dieses eine Ereignis nicht rückgängig machen konnte, war sie niemals frei.
Sie boxte mit aller Kraft, legte ihre Verzweiflung in einen harten geraden Schlag und hob den Boxsack aus seiner Befestigung. Schwer atmend stand sie vor ihrem Opfer, das nun reglos am Boden lag. Da hörte sie eine raue Stimme hinter sich. Seine Stimme!
„Verdammt Aurelia, welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?“ Sie hörte das Schmunzeln in seinen Worten. Der eine Teil von ihr, erfuhr einen Schauer, als sie seine Anwesenheit registrierte. Der andere, masochistische Teil meldete Selbsthass.
Er trat hinter sie. Legte seine Hand wie einen Hauch an ihre Hüfte. Dann raunte er ihr diesmal leiser zu. „Alles ok mit dir?“ Der Schauer wurde schlimmer, genauso wie die Übelkeit. Während sie sonst Berührungen aus dem Weg ging, war es plötzlich, als hätte sie nur auf seine Hand gewartet. Täuschte sie sich, oder flimmerte die Luft zwischen ihnen? Sie drehte sich um und zog sich einen Meter zurück. Ein Blick in Pareios‘ Augen genügte. Row hatte bereits Bericht erstattet. Sie zeigten einen warmen, besorgten Ausdruck und er legte den Kopf leicht schief.
„Geht schon wieder. Ich glaube, der Schreck war schlimmer!“ sagte sie und senkte den Kopf. Mit einem Schritt überbrückte er die entstandene Kluft zwischen ihnen. Seine Hand wanderte zu ihrem Arm. Berührte ihn sanft und die Fingerspitzen strichen über den Stoff bis hinunter zum Ellenbogen. Sie blieben kurz in einzelnen Stofffalten hängen, setzten dann aber leicht zitternd ihren Weg fort. Es war als rieselten mehrere Wellen, kleiner schöner Schauer ihren Nacken und den ganzen Körper hinab und verursachten eine Gänsehaut.
„Ich habe mir Sorgen um dich gemacht!“ Dieser einfache Satz, so belanglos er geklungen haben mochte, ergriff ihr Herz, berührte sie auf einer Ebene, tiefer, als sie es jemals empfunden hatte. Ihr wurde warm und ihr Magen zog sich zu einem sperrigen Klumpen zusammen. Am liebsten hätte sie ihn ebenso berührt. Seine Haut unter ihrer Hand gespürt, den warmen Pulsschlag gefühlt. Aber sie hatte nicht das Recht, sich so etwas zu erlauben. Sie war hin und hergerissen. Ein ungeahnt heftiger Würgereiz arbeitete sich ihre Speiseröhre empor. Sie unterdrückte ihn mit aller Macht, schmeckte jedoch bereits Säure auf der Zunge. Genervt kniff sie die Augen zusammen. Dieses verfluchte Chaos, das er da in ihr veranstaltete, war kaum zum Aushalten.
Schluss jetzt, rief sie sich selbst zur Ordnung. Sie zwang ihre Beine noch einen Schritt rückwärts. Es musste lächerlich aussehen, wie sie da vor ihm flüchtete. Sie lehnte sich scheinbar beiläufig an die Hallenwand und versuchte lässig zu wirken, dann befahl sie ihrem Mund sich zu öffnen und hoffte gleichzeitig, dass ihr Mageninhalt an Ort und Stelle bleiben würde.
„Wie gesagt, ich fühl mich schon besser. Der Schmerz hat mich einfach überrascht, damit habe ich wirklich nicht gerechnet.“ Sie zögerte kurz und fuhr dann fort. „Und irgendwas an der Situation passte nicht zusammen, es war ein extrem komisches Gefühl, aber ich versteh einfach nicht, was genau es war!“
Er gab es auf, sie zu verfolgen und verschränkte stattdessen die Arme vor der starken Brust. Scheinbar damit sie etwas zu tun hatten und nicht wieder auf Wanderschaft gehen konnten. Sie starrte irgendwo auf seinen Hals, um nicht wieder der güldenen Dämmerung in seinen Augen zu erliegen. Allerdings war diese Idee auch nicht viel besser, denn so fiel ihr zwangsläufig sein Körper auf. Und der war wirklich nicht zu verachten. Dieser hünenhafte Knochenbau mit den breiten Schultern, schmalen Hüften und den langen Gliedmaßen. Überall wo das dunkle Shirt auflag, konnte sie die starke Muskulatur erkennen, besonders an Brust und Oberarmen spannte es ein wenig.
Nun kribbelte etwas anderes in ihr, vor allem ein Ort jenseits ihres Bauchnabels. Das Gefühl, das sich jetzt breit machte, war ihr schon bekannter und sie hatte es auch in Bezug auf ihn schon öfter gespürt. Wer würde das nicht, bei seinem Aussehen. Es gab schließlich einen Grund, warum ihm die Frauen reihenweise nachliefen und wie zufällig in seinem Bett landeten. Seine charmante ungestüme Leidenschaft machte ihn anscheinend zum legendären Liebhaber, denn es kursierten einige Gerüchte und nicht wenige handelten davon, wie gut bestückt er doch war.
Bei dem Gedanken wurde ihr noch heißer und sie war über die Distanz zwischen ihnen froh, sonst hätte er es bestimmt spüren können.
„Was passte denn daran nicht zusammen?“ Der Klang seiner Stimme war immer noch sanft und geduldig, aber sie hörte auch Resignation. Er war sonst eher der Typ für schroffe Witze als für ernsthafte einfühlsame Gespräche, das war Viktors Territorium. Sie hatte nie vermutet, dass diese Seite auch in Pareios schlummern könnte. Um genau zu sein hatte sie ihn, bis auf seine Attraktivität, vor Viktors Hochzeit gar nicht wirklich wahrgenommen. Sie hatte ja einen Freund gehabt, das hatte ihr genügt und Pareios war immer gern und viel auf Achse gewesen. Er lebte so, als müsste er jede Sekunde seines Daseins auskosten. Irgendwie imponierte ihr das jetzt auf gewisse Weise.
Sie riss sich zusammen, um dem Gespräch weiter folgen zu können. Sie wusste nicht welche Worte sie wählen sollte, um es ihm zu erklären.
„Ich weiß nicht so recht… irgendwie ging von dem Kerl in meiner Vision eine starke Kraft aus, sie erfasste alles um mich herum, aber… mich nicht! Die höllischen Stiche in der Brust kamen erst danach.“
Sie fragte sich was er wohl dachte und ließ den Blick schnell und unauffällig über sein Gesicht wandern. Er wirkte in Gedanken versunken und hatte die klar geformten dunklen Augenbrauen zusammengezogen. Dann fuhr er sich mit der rechten Hand über das kurzrasierte, schwarze Haar. „Soll das heißen, nicht er hat dir wehgetan?“ fragte er skeptisch, schließlich war der Typ einer von den Anderen.
„Ich weiß es nicht, schon möglich…“ Sie hob ihre Schultern, um ihre Ratlosigkeit zu unterstreichen.
„Aber wer war es dann?“ fragte er laut, aber keineswegs nur an sie gerichtet. Er dachte selbst darüber nach. Da es aber keinerlei weitere Anhaltspunkte gab, schaute er schon bald recht enttäuscht drein.
„Wird es dich ….“ er stockte und seine Stimme brach weg. Es trat ein schmerzvoller Ausdruck in seine Augen und er sah sie beinahe flehend an. Das machte sie nervös, denn es verriet eine Emotion, die sie wieder nicht in seinem Verhalten einordnen konnte.
„Wird es dich töten?“ brachte er schließlich flüsternd hervor.
Der Schreck, an diese Möglichkeit erinnert zu werden, durchfuhr sie. Sie wollte nicht daran denken, also sagte sie nur schnell etwas heftiger als beabsichtigt, um das Thema zu beenden: „Verdammt noch mal, woher soll ich das wissen!“ Sollte ER doch mal munter über SEIN möglicherweise bald bevorstehendes Ableben diskutieren und sich selbst diese dämlichen Fragen stellen.
Durch ihren kleinen Ausbruch wurde es still und sie bemerkte, dass die Halle mittlerweile wie lehrgefegt war.
Er hob beschwichtigend die Hände. „Schon gut, ich wollte dir auf keinen Fall zu nahe treten!“ sagte er dann leicht säuerlich. „Ich…“
In dem Moment ging die Flügeltür des großen Trainingsraumes auf und Viktor stürmte, gefolgt von Row und Aiden herein.
Pareios fuhr erschrocken herum. Seine Miene verriet, dass er sich nicht gerade über die Unterbrechung freute. Er rollte die Augen als er Viktor erkannte. Was war denn das?
Viktor wirkte erzürnt, aber er kam ohne Umweg direkt auf sie zu. Er packte sie besorgt bei den Schultern und zog sie in eine fürsorgliche, väterliche Umarmung. An seinem Ohr vorbei sah sie, wie Pareios den Kopf abwandte, jetzt war sein Gesicht nicht mehr in ihrem Blickfeld.
„Es tut mir wirklich leid!“ murmelte Viktor in ihr Haar. „Wenn ich geahnt hätte, dass… Ich war wirklich besorgt, als du nicht mehr aufgewacht bist. Aber dein Herz schlug regelmäßig, also wollte ich abwarten. Dann rief Markus an und ich dachte du würdest auch wissen wollen, was er zu sagen hat.“ Er versuchte zu erklären, warum er sie so mir nichts dir nichts bewusstlos hatte liegen lassen. Ein kleiner wehmütiger Stich zwickte sie irgendwo in ihrer Brust. Die Tatsache, dass er sich um sie sorgte, bedeutete ihr nicht annähernd so viel, wie als es vorhin jemand anderes zu ihr gesagt hatte.
Die Zeiten in denen sie und Viktor ein festes Team bildeten, aufeinander Acht gaben, waren vorbei. Eine solche enge Beziehung zu einer Frau konnte eben nicht neben seiner Ehe existieren. Diese Erkenntnis erfasste sie nun mit einer traurigen Endgültigkeit. Als ob ihm dies auch just bewusst wurde, ließ er seine Arme sinken und zog sich zurück. Wenigstens schien er ein schlechtes Gewissen zu haben, dass er sie überredet und ihr damit Schmerzen bereitet hatte.
Sie wiederholte, dass sie sich schon besser fühlte und betrachtete jetzt die anderen aufmerksam. Row und Aiden sahen sich immer wieder an und machten einen gehetzten Eindruck. Es brannte ihnen auf den Lippen, endlich über die Steine zu reden.
„Also, wie sieht‘s aus? Was hat Markus gesagt? Warum hat er dich überhaupt gerufen?“ fragte sie nun, um den beiden einen Gefallen zu tun.
Viktor verschränkte die Arme, genauso wie Pareios es vorhin getan hatte. Sie sahen sich in manchen Momenten wirklich sehr ähnlich. Er blickte sich noch mal um, um sicher zu gehen, dass sie alleine waren. Row hatte sich währenddessen auf eine Hantelbank gesetzt.
Viktor begann und wieder wurde er wütend. „Der Mistkerl wollte mir erst gar nichts erzählen! Hat sich immer wieder rausgeredet und behauptet, dass alles nur Vermutungen seien. Als ob es ihm sonst was ausmachen würde, die Leute unnötigerweise in Angst und Schrecken zu versetzen!“ Viktor schnalzte verächtlich mit der Zunge.
„Dann ist Row reingeplatzt, mit der Nachricht von dir und deiner Vision.“ fuhr er fort. „Er war wirklich schockiert würde ich sagen!“ Er warf Row einen fragenden Blick zu und diese bestätigte seine Vermutung mit einem Nicken.
„Row und ich haben dann auf ihn eingeredet. Er sollte verdammt noch mal den Mund aufmachen, denn wenn die Steine mit Aurelia zusammenhängen, dann betrifft die ganze Sache auch uns!“ Er wurde zunehmend ernster und sah jeden in der Runde einmal kurz an. Row grinste jedoch selbstgefällig. Aurelia konnte sich schon vorstellen, was Markus letztendlich zum Reden gebracht hatte. Ihr Charme war einfach zu viel für die meisten Männer und genauso einer war eben auch Markus.
„Anscheinend stammt die Info über die Steine von einem Spion, den sie bei den Anderen eingeschleust haben. Er hat irgendwie Wind von ihnen bekommen und dass sogar der Klerus höchstpersönlich ein Interesse an ihnen hatte.“ Der Klerus, so nannten sie die Familienoberhäupter, der Anderen, der Hegedunen. Sie waren die ersten, die sich dank ihrer Begabung über die Menschen stellten und herausfanden, dass es möglich war ganze Völker zu beherrschen und zu versklaven.
„Der Spitzel hat dann gestern Abend gemeldet, dass die Steine heute früh abgeholt werden sollten, da war Markus gezwungen zu handeln, auch wenn er nicht alle Informationen hatte.“ Er schloss seine Erzählung ab.
„Das ist alles?“ fragte Aurelia entrüstet. Er nickte ebenso verärgert. „Aber das kaufst du ihm doch nicht ab, oder? Der Kerl verarscht uns doch!“ warf Pareios ein, der ebenso aufmerksam dem Bericht seiner Bruders gelauscht hatte, wie Aiden. Beide machten sie jetzt besorgte Gesichter.
Viktor lachte höhnisch. „Du vergisst, dass ich mit Markus aufgewachsen bin. Ich erkenne, wenn er nicht die ganze Wahrheit sagt. Aber in dem Moment war mir auch klar, dass er sie so oder so nicht rausrücken würde.“
„Das heißt also, du denkst, dass wir uns selbst um die Sache kümmern sollten.“ las Pareios die Gedanken seines wesentlich älteren Bruders. Aurelia blickte vom Einen zum Andern, während sie eine scheinbar lautlose Konversation mit den Augen führten. Man sah ihnen den Altersunterschied kaum an, nicht verwunderlich, da Elevender sich ab dem 25. Lebensjahr äußerlich nicht mehr veränderten.
„Nur wenn ihr euch mir anschließt! Ich werde das nicht über eure Köpfe hinweg entscheiden.“
Aiden griff ein Schwert aus einem der Waffenköcher, die überall in der Halle verstreut herumstanden, schwang es schnell und ließ es dann kunstvoll um sein Handgelenk kreisen. „Ich finde, die ganze Sache stinkt zum Himmel. Und dein Urteil war bisher immer richtig Viktor. Ich bin dabei.“ sagte er dann mit fester Stimme. Row stand auf und stellte sich neben ihn. „Ich vertraue dir ebenso, Vik.“ sagte sie sanft und warf Aiden einen raschen glühenden Blick zu. Sie würde ihn niemals alleine in den Kampf ziehen lassen. Viktor sah Pareios erwartungsvoll an. Doch dieser bohrte seine Augen in Aurelias und sie konnte sehen, dass er innerlich raste. Wieder dieses Prickeln. Wieder eine Reaktion von ihm, die sie überhaupt nicht einordnen konnte. War er wütend auf sie?
Dann sagte er allerdings mit völlig ruhiger Stimme: „Außerdem gebe ich dir in einem Punkt Recht. Aurelia hat irgendwas mit den Steinen zu tun und somit betrifft es uns alle. Wir werden uns früher oder später darum kümmern müssen!“ Das Schweigen, das darauf folgte, war der Beweis für seine Worte. Sie dachten alle so.
Niemand fragte Aurelia. Kein Wunder, sie war ja ohnehin schon hoffnungslos in diese Geschichte verstrickt.
Als das geklärt war, ging Viktor dazu über, mit ihnen Brainstorming zu machen. „Also was haben wir?“ fragte er in die Runde und seine silbergrau wabernden Augen schweiften über die anderen Teammitglieder.
„Die Steine sind Energieverstärker. Anscheinend vor allem für elektrisches Licht. Aber wie funktioniert das?“ gab Row als erstes zu bedenken. Sie trat unruhig von einem Bein aufs andere. Da keiner einen Geistesblitz hatte, fuhr Viktor fort.
„Dass sie warm sind wundert mich ziemlich. Ich meine, wären sie reine Verstärker, dann wären sie doch ohne Stromquelle kalt, oder?“ Noch eine Frage, auf die keiner eine Antwort wusste, doch sie bestätigten Aurelias erste Vermutung, dass es sich bei den Steinen eher um eine Energiequelle handelte. Sie alle dachten weiter angestrengt nach. Da brachte Aiden eine Idee ein: „Vielleicht produzieren sie eigene Energie durch sagen wir eine Art chemische Reaktion!“ Alle erinnerten sich sofort an das zerfressene Leder seiner Handschuhe und Aiden betrachtete gedankenverloren seine Hände. „Das macht Sinn!“ bestätigte Row. „Und die chemische Flüssigkeit unterbricht diese Reaktion. So sind sie sozusagen stillgelegt.“ Ihre Stimme wurde immer aufgeregter, während sie das sagte. Alle spürten bei ihren Worten, dass sich da zwei Puzzleteile ineinander gefügt hatten.
„Ok. Die Dinger sind also wie ein Perpetuum mobile für Energie?“ fasste Viktor mit seiner Frage zusammen.
Das für sich wäre schon Grund genug, die Dinger ganz weit weg, in Sicherheit vor den Anderen zu bringen. Sie waren ja beinahe wie ein Schlüssel zu einer nie für möglich gehaltenen Macht. Es war wie die Legende der kalten Fusion. Mit Energie stand und fiel alles, was sich die Hegedunen aufgebaut hatten
Mit den Jahrhunderten hatten sie ihr Netzt über die ganze Welt gesponnen. Sie suchten andere Elevender, um ihre Macht zu vergrößern, schufen verschiedene Geheimorganisationen, die immer wieder im Lauf der Geschichte herumfuhrwerkten. Versuchten mal hier mal da in größeren und kleineren Aktionen das Regement über die gesamte Menschheit zu übernehmen. Doch genauso von Anfang an hatte es eine kleine Gruppe von Widersachern gegeben. Und sie hatten bis heute überlebt.
Lange Zeit waren sie sehr wenige gewesen. Auch heute waren sie noch in der Unterzahl, aber seit die Hegedunen ihren Griff um die Welt Mitte des 19. Jahrhunderts verstärkten, um auch noch den letzten Rest an menschlicher Arbeitskraft herauszuquetschen, verschlechterte sich die Situation der Bevölkerung zusehends und sie bekamen mehr Zulauf.
Damals verdeckten die Hegedunen ihre Operationen mit Kriegen, die die Welt beinahe in ihr Verderben gezogen hatten.
Den ersten der beiden größten davon hatten sie geschickt vorbereitet, indem sie 1913 das Geldschöpfungssystem an sich rissen. Sie finanzierten die verschiedenen Parteien, um die Kriege am Laufen zu halten, denn so bemerkten die Menschen nicht, was hinter ihrem Rücken geschah. Und was bereits vollständig zerstört war, ließ sich leichter heimlich infiltrieren. Man machte die neuen Regierungen durch immer höhere Kredite für den Wiederaufbau, mit immer höheren Zinsen und Zinseszinsen abhängig. Und schon hingen die Köpfe der größten Regierungschefs der Welt bald an ihren Marionettenschnüren. Wer sich nicht fügte, verschwand auf geheimnisvolle Weise. Immerhin bot ein großer Kreis an Begabten ein schier unerschöpfliches Repertoire an Möglichkeiten, jemanden aus dem Weg räumen zu lassen. Diese beiden größten Kriege in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nutzten sie also, um sich in Bürgervertretungen einzuschleichen und ganze Völker in ihrem Sinne umzuerziehen. Sie erkannten schnell, dass dies eine viel einfachere Möglichkeit war, die Menschen zu unterwerfen, als jeden einzeln zu bedrohen. Sie prägten erst den Begriff des Bürgers. Denn er bürgte mit seiner Arbeitskraft für die riesigen Schuldenberge, die den Staaten aufgezwungen wurden. Sie bekamen Nummern und einen Personalausweis, den sie immer bei sich tragen sollten. Schließlich waren sie Personal in einer riesigen Firma, der Firma der Hegedunen.
Die Umerziehung bewirkte, dass die Folgegenerationen Arbeit nicht mehr nur als notwendig erachteten, um sich ihr Überleben zu sichern. Den Menschen wurden in den Medien Bilder von tausenden von Dingen gezeigt und angepriesen, wie wichtig es doch war, dass jeder eins besaß. So wurden ihre Gehirne gewaschen und sie trabten jeden Tag, Jahr für Jahr ihres Lebens in die Tausende von Fabriken, die im letzten Jahrhundert errichtet worden waren, andere Arbeitsstellen gab es kaum mehr. Sie schufteten sich die Finger wund, um sich auch nur ein wenig von dem was da angepriesen wurde, leisten zu können. Die perfekten Sklaven waren erschaffen.
Man bemerkte, dass es leichter und effizienter war, das Arbeiterheer immer gerade so über dem Existenzminimum zu halten. Zudem ging man dazu über, Einzelne mit mehr Macht auszustatten. Das hatte einen Anreiz auf die anderen noch härter zu arbeiten, da ihnen vorgegaukelt wurde, dass ein jeder von ihnen diese Position erreichen könnte. Aber es führte auch dazu, dass sie sich gegenseitig mit Hass und Missgunst betrachteten, eine perfekte Technik, um einen Keil in eine etwaige Opposition zu treiben. Und keiner kam auch nur einen Moment auf die Idee, dass er ein Sklave war, sie feierten ihre Freiheit mit jedem „gewonnen“ Krieg, obwohl jeder in Wahrheit einen Rückschritt darstellte.
Als dann die allumfassende Technisierung den Menschen an sich und seine Arbeitskraft überflüssig machte, wurden immer weniger von ihnen benötigt, um den Hegedunen ihren Lebensstandard und ihre Macht zu sichern. Sie waren sogar zur Last geworden, denn sie benötigten schließlich Platz und Ressourcen. Also begannen die Anderen mit perfiden Methoden den schleichenden Massengenozid und die Kriege trugen ihres dazu bei.
Für dies alles war Energie eine extrem wichtige Größe. Nicht um sonst hatten die Hegedunen nun schon fast Zweihundert Jahre lang dafür gesorgt, dass die einzigen Energiequellen der Welt die verschiedensten Kohlenstoffe, also Öl, Gas, und Kohle sowie Atomkraft waren. Alle standen unter ihrer Kontrolle und der Rubel rollte ordentlich. Jedes Jahr wurden neue Rekordumsätze erreicht. Die Verschmutzung der Erde, war ein geringer Preis, den sie in Kauf nahmen. Sie hatte außerdem andere angenehme Nebenwirkungen, die in ihren Plan hineinspielten. Zumindest für die Öffentlichkeit. Sie selbst und auch die anderen Elevender, verwendeten bereits Erdwärme und Energie aus Wasserstoff.
Aber diese kleinen schwarzen Erbsen waren noch viel mächtiger als das! Aurelia erinnerte sich schmerzlich an ihre Vision. Ein weitere Stich brachte ihr Herz kurz zum stolpern. Sie keuchte. Die anderen sahen sie überrascht an. „Ich.. ich musste nur kurz an die Vision denken.“
Plötzlich fluchte Pareios laut. „Fuck, wie werden sie die Dinger wohl wieder in die Finger kriegen?!“
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