Autor: blue-haze
veröffentlicht am: 05.08.2013
Kritik und Kommentare erwünscht.
und nicht vergessen:
http://www.rockundliebe.de/liebesgeschichten/liebesgeschichten_3055.php
Hier könnt ihr eine fertige Geschichte von mir lesen und dürft ebenfalls ein Lebenszeichen hinterlassen.
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Kapitel 6
Will
Tick, Tack, Tick, Tack, Tick...
Meine Eltern haben meine Abwesenheit gestern nicht bemerkt. Keine Überraschung. Als ich heute in meinem Zimmer sitze, habe ich nichts zu tun. Es ist Samstag. Für andere bedeutet Samstag, seinen Rausch auszuschlafen, oder etwas mit der Familie zu unternehmen. Für mich bedeutet es... nichts. Ich gehe spazieren, sitze am See und warte auf eine SMS von Sam, die mir sagt, dass er gesund zu Hause angekommen ist. Er schreibt mir nicht. Ich erhebe mich aus meiner hockenden Position und fahre mit dem Bus in die Innenstadt. Kleinstädte können wirklich ätzend sein. Aber ich liebe sie. Ich liebe meine Kleinstadt. Ständig höre ich, wie alle davon reden nach der Schule so schnell wie möglich in die Großstadt zu fliehen. Aber ich will hier nicht weg. So wie mein Leben aussieht, werde ich das auch nicht.
Der Bus hält und ich steige aus. Die Uhr des Kirchturms schlägt fünf. Ich schlendere die kleine Einkaufspassage entlang. Die Cafés, in denen plaudernde Menschen sitzen, die kleinen Läden, in denen die It-Girls ihr Taschengeld verlieren und die vielen Bäckereien, sie interessieren mich nicht.
Auch der Blumenladen, interessiert mich nicht.
Eigentlich.
Früher mochte ich Blumen.
Früher.
Es gab eine Zeit, in der ich Blumen geliebt habe. Ich kannte kaum etwas anderes (neben Sport und Mathe). Blumen, waren das erste in meinem Leben, das nicht logisch sein musste. Sie waren das erste, das ich nicht von A bis Z analysieren musste...wollte. Doch nun sind sie das, was mir schmerzen bereitet. Ich bleibe trotzdem stehen... und lasse die eine, die ausgerechnet inmitten von hellen, recht farblosen Blumen heraussticht, den Dolch in meinem Herzen herumdrehen.
Chris
Ich könnte auf sie zugehen, ihr hallo sagen, irgendwas tun. Doch ich bleibe in sicherer Entfernung stehen, als hätte ich sie nicht bemerkt. Sie steht nur da und sieht sich diese pinke Gerbera an. Sie wirkt nicht, als würde sie diese Farbe mögen. Meistens trägt sie schwarz oder schlichte Farben. Pink gehört nicht in ihr Repertoire. Ihr Handy gibt ein kurzes Klingeln von sich. Als sie darauf sieht, wirkt sie erleichtert. Und für diesen einen, unscheinbaren Moment, scheint sie zu... lächeln. Ein versonnenes, trauriges, Lächeln.
Will
„Lebe noch. Tut mir leid, wenn du dir sorgen gemacht hast. Sam.“ Vor gut zwei Jahren, habe ich dieselbe SMS bereits einmal bekommen. Nur der Name am Ende hat sich geändert. Ob es weh tut? Wie Salz in einer offenen Wunde. Ja, es tut verdammt weh.
Das Handy in meiner Hand klingelt erneut. Diesmal eine Nachricht von Milly: „Hast du Lust auf Kino?“
Ich überlege. Es kommt ab und an vor, dass die beiden Geschwister mich zu irgendeiner Aktion einladen. Es kommt nicht selten vor, dass ich ablehne. Heute allerdings, sage ich zu.
Der Film ist ziemlich unspektakulär. Ich war noch nie sonderlich für Filme zu begeistern. Warum, weiß ich nicht. Es liegt vielleicht an meiner Art. Jeden Film analysiere ich auf Logik und zwinge mich dazu still zu sitzen, anstatt mich zu bewegen. Neben mir sitzt Marc. Es ist leicht befremdlich, da er sich in letzter Zeit seltsam verhält. Bei unserem letzten Treffen im Park, hat er häufig meine Nähe gesucht. Auch heute, sitzt er neben mir und greift auffällig oft mit mir zur selben Zeit nach dem Popcorn. Als der Abspann mich endlich erlöst, verabschiede ich mich so schnell ich kann und gehe nach Hause.
Chris
Ich drehe den Zettel auf den ich meine Nummer geschrieben habe, nervös zwischen meinen Fingern. Wie gebe ich ihn Will, ohne zu wirken, als wollte ich verzweifelt ein Date?
Es ist verrückt – in den Ohren vieler zumindest. Ich hatte den Impuls ihr das zu geben. Ich stehe wirklich nicht auf sie. Ich will sie nicht anbaggern. Aber die Tatsache, dass sie mir ständig als jemand auffällt, den ich schützen muss, macht es nicht leicht, anders zu wirken. Die Schulglocke bringt meinen Schädel schrillend zum Dröhnen. Hätte man nicht ein sanfteres Geräusch wählen können? Gott, wenn das wirklich dein Wille ist, dann mach was daraus, bete ich im Stillen.
Ich dachte schon, dass es nichts wird. Im Grunde habe ich es auch fast schon wieder vergessen. Bis zur Mittagspause. Ich sitze auf der Bank vor der Schule, als ich wütende Flüche hinter mir höre. Willow hat eine sehr... bildliche Ausdrucksweise. Als ich mich zu ihr umwende, fliegt „Alice im Wunderland“ haarscharf an mir vorbei und landet an einem Baum, nur damit sie auf das Buch zu stampfen kann um noch einmal nach zu treten. „Dieses verdammte Buch! Verdammte Schule! Das gehört verbrannt! In einen Container gesteckt und angezündet! Am Besten gleich mit den Lehrern zusammen!“
Will
Ein warmes Lachen ertönt leise hinter mir und ich sehe Chris aus den Augenwinkeln an mir vorbeiziehen. „Ich fürchte, Alice als Wurfstern zu benutzen, und solche Drohungen auszusprechen, wird deine Situation nicht bessern.“ Er hebt das Buch auf und lächelt mich vorsichtig an. „Setzt dich.“ Ich sehe ihn fragend an. „Na los.“ Ich setzte mich zögernd. „Bei dir scheint es nicht sonderlich gut zu laufen, was?“ Ich schicke mir an, wieder aufzustehen, doch er legt seine Hand auf meine Schulter. „Schon gut, ich frage nicht weiter nach.“
Was will er von mir?
„Weißt du was mir an Alice gefällt?“
„Nö. Interessiert mich auch nicht.“
„Kannst du wenigstens so tun, als ob?“
Die Augen verdrehend, setzte ich ein falsches Lächeln auf. „Oh bitte, Chris. Ich sterbe vor Neugier. Sag es mir. Welche Erleuchtung, hat dir das Buch gegeben.“
Wieder, lacht er sein tiefes, warmes Lachen. „Schon gut.“ Er blättert im Buch herum und seufzt. „Weißt du... das besondere an dieser Geschichte ist, dass sie einem zeigt, dass man die Dinge einfach anders betrachten sollte. Du musst nicht erst fragen, warum das Kaninchen einen Anzug trägt um ihm zu folgen.“
„Finde ich schon. Wenn ich nämlich nur ein Kaninchen im Anzug sehe, weil ich auf LSD bin, sollte ich mir genau überlegen, ob ich diesem Vieh wirklich folgen will.“
„Wusstest du, dass das Mädchen, um das es geht erst acht ist?“
„Nein, steht doch nirgends.“
Er schmunzelt. „Ich habe mich ein bisschen über den Autor informiert. Der Punkt ist jedenfalls: Es geht darum die Welt mit den Augen eines Kindes zu sehen. Wann hast du dich das letzte Mal wie ein Kind gefühlt, Willow?“
Chris
Das hat wohl gesessen. Sie vergisst nicht nur mich zu korrigieren, sondern ist gänzlich sprachlos. Mir fällt ein, dass ich ihr noch meine Nummer geben wollte. Ich hole den Zettel unauffällig aus meiner Tasche und lege sie ihr ins Buch.
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