Autor: Spatzl
veröffentlicht am: 20.11.2013
Halli Hallooooo
Weiter geht's (nach langer, langer Zeit. Viel Spaß beim Lesen =)
Die Zeit bis sie auf Sendung ging, verbrachte Sam vorwiegend in der Maske, wo eine Kosmetikerin versuchte, ihr ein frisches und munteres Aussehen zu verleihen. Dies scheiterte jedoch kläglich, was wahrscheinlich weniger an den Fähigkeiten der Dame lag, als daran, dass Sam wirklich zumute war, als würde sie auf der Stelle einschlafen. Diese Tatsache war ihr leider mehr als deutlich anzusehen und ließ sich auch nicht mit Tonnen von Make-up überdecken. Die perfekten Voraussetzungen also für eine katastrophale Live-Show.
13) The Show must go on
„Mein Name ist Constanze Rick und ich begrüße Sie heute ganz herzlich zu einer neuen Ausgabe von Prominent“, sprach die Moderatorin der Sendung in ihr Mirko und blickte in die Kamera, „Meine Lieben Damen und Herren, heißen Sie mit mir heute Abend zusammen wirklich berühmten Besuch aus Hollywood willkommen. Schönen Abend, Samantha Kean“
Die Leute im Publikum applaudierten und die Fernsehkameras schwenkten auf Sam zu, als diese mit einem Mikrophon in der einen Hand und mit der anderen winkend auf das Set schritt und auf eine einladende Handbewegung von Constanze Rick hin neben dieser auf dem großen Sofa Platz nahm.
„Sam, es ist so schön, Sie endlich einmal als Live-Gast in meiner Sendung begrüßen zu dürfen. Es freut mich sehr, dass Sie sich heute Abend für die Zuschauer und mich etwas Zeit nehmen“ Constanze lächelte ihr strahlend entgegen.
Eigentlich verabscheuerte Sam solche Prominentenshows, doch unter den ganzen Sendungen der verschiedenen Fernsehsender hatte ihr diese immer noch am meisten zugesagt und auch über Constanze Rick hatte sie bisher vorwiegend positives gehört. Also hatte Sam der Einladung widerwillig zugestimmt und nun saß sie hier. Völlig verkatert und übermüdet in einer Live-Show, wo man nur darauf wartete, sie zu blamieren oder ihr intime Details über ihr Privatleben zu entlocken.
Sam setzte ihr strahlendes Leinwandlächeln auf und ließ ihren Blick über das Publikum und die Kameras schweifen, bis sie sich der Moderatorin zuwandte: „Zunächst muss ich mich wohl für die Einladung bedanken. Ich fühle mich mehr als geschmeichelt heute Abend hier Gast sein zu dürfen“
Doch die erfahrene Reporterin ihr gegenüber hatte brav ihre Hausaufgaben gemacht und war nebenbei noch mit einem messerscharfen Verstand gesegnet, weshalb sie entgegnete: „Für einen Prominenten, der die Öffentlichkeit so sehr scheut wie Sie es tun, hat es mich Ihre Zusage doch überrascht!“-Zack, der erste Seitenhieb- „Wie kommt es zu dem plötzlichen Sinneswandel? Erst der unerwartete Auftritt auf der Berlinale und dann Ihre Bereitschaft zu diesem Interview heute Abend? Was hat Sie dazu bewogen, Sam?“ Für Sam war es fast voraussehbar gewesen, dass eine Frage solcher Art kommen würde, aber dennoch wählte sie ihre Worte mit Bedacht: „Wissen Sie“, begann Sam langsam und blickte der Moderatorin unverwandt in die Augen, „der Beginn meiner Hollywoodkarriere war alles andere als leicht für mich. Ich war quasi noch ein Kind, hatte gerade erfolgreich die Schule beendet und ein Stipendium für mein Studium bekommen. Dann bekam ich auf einmal aus heiterem Himmel dieses Angebot, in dem mega Blockbuster von Steven Spielberg eine Nebenrolle zu übernehmen“ Sam hielt kurz inne, während Constanze Rick entgegnete: „Was allerdings keine Nebenrolle blieb wie wir alle wissen!“
Sam seufzte tief, ehe sie erneut zu sprechen begann: „Genau“, bestätigte sie mit einem leichten Nicken, „Aus irgendeinem Grund fiel die Besetzung der weiblichen Hauptrolle aus und ehe ich mich versah, wurde mir diese zugeteilt. Damals war ich erst einmal so baff, dass ich es gar nicht fassen konnte“ Sie holte tief Luft und schloss kurz die Augen, wie als würde sie sich exakt an das Gefühl, das damals ihren Körper durchströmt hatte, erinnern. Dann richtete sie abermals ihren Blick auf die Moderatorin, die ihr aufmerksam zuhörte und ihr mit einer Handbewegung andeutete, mit der Erklärung fortzufahren.
„Zu Beginn der Produktion hätte niemand erwartet, dass dieser Film ein solcher Erfolg werden und sogar mehrmalige Oscarnominierungen bekommen würde“, fuhr Sam fort, wurde allerdings von Constanze Rick unterbrochen: „Sie wurden damals das erste Mal für einen Oscar nominiert, ist das richtig?“
Sam bejahte mit einem Nicken: „Ganz richtig. Stellen Sie sich das einmal vor: Ich war ein neunzehnjähriges Mädchen, bekam die erste Rolle in einer Hollywoodproduktion bei einem Regisseur wie Steven Spielberg, spielte sogar die weibliche Hauptrolle und wurde für diese dann auch für den Oscar nominiert. Klingt wie in einem Märchen oder einem Traum, finden Sie nicht?“
Constanze nickte zustimmend: „Da haben Sie wohl Recht!“
„Wenn Sie sich allerdings einmal näher Gedanken darüber machen, dann sieht das schon ganz anders aus!“, warnte Sam und verzog schmerzvoll das Gesicht, „Aus diesem Traum kann nämlich ganz schnell ein Albtraum werden und das war bei mir der Fall!“
„Wie meinen Sie das?“, hackte Frau Rick nach.
„Nun ja... Versuchen Sie sich einmal in meine damalige Situation hineinzuversetzen: Ein ganz normales, naives, bayerisches Mädchen, aus dem wunderschönen München stammend, wird auf eine große unbekannte Reise nach Hollywood geschickt und dort mit den berühmtesten Personen des Filmbuisness konfrontiert. Soweit, sogut! Damals waren die Dreharbeiten zu diesem Projekt das aufregenste, was ich bis dato in meinem gewöhnlichen Leben erlebt hatte, und so genoss ich diese neuen Erfahrungen und auch die neu entstehenden Kontakte zu einflussreichen Personen. Doch danach begann der Teil des Lebens in Hollywood, mit dem ich überhaupt nicht klar kam. Sie müssen wissen, ich hatte ja ein Stipendium für ein Studium der Gentechnologie bekommen und so hatte ich mir eigentlich ausgemalt, dass ich in der Zeit, wenn keine Dreharbeiten anstehen einfach eine ganz normale Studentin bin. Tja, das dachte ich, bevor die Schlagzeilen von der bayerischen Newcomerin in Hollywood die Runde machten. Da war es aus mit dem normalen Studentenleben, denn auf mich brach ein regelrechter Hagel aus Anfragen von Zeitschriften, Photographen, Werbeagenturen und anderen Filmemachern herein. Für erfahrene Schauspieler würde das wahrscheinlich kein Problem darstellen, doch ich war mit der Situation komplett überfordert. Ich kannte es nicht, dass ich plötzlich im Mittelpunkt stand und sich alles nur um mich drehte. Manche Leute mögen vielleicht damit umgehen können, doch ich konnte dies damals nicht. Und ich hatte niemanden, der mir in dieser schwierigen Situation zur Seite stand; keine Familie, keine Freunde, niemanden!“
Constanze zögerte einen Moment, bevor sie den Mund öffnete, um zu sprechen, wie als wollte sie nichts falsches sagen: „Jetzt verstehe ich Ihre Situation schon besser, da ich es von dieser Seite her noch nie betrachtet habe. Aber mir ist immer noch unklar, was das damit zu tun hat, dass Sie sich so lange vor der Öffentlichkeit versteckt haben und nun aus der Versenkung auftauchen“ Sie blickte Sam eindringlich an und diese antwortete mit einem tiefen Seufzer: „Ist das nicht offensichtlich? Ich versuchte mit meinem neuen Leben im Focus der Öffentlichkeit klar zukommen, indem ich mich zurückzog, damit ich möglichst wenig Angriffsfläche für öffentliche Skandale lieferte. Während der letzten Jahre war ich so mit mir und all den Vorfällen, Veränderungen und Wendungen in meinem Leben beschäftigt, dass ich weder Kraft noch Wille hatte, es auch noch mit der Öffentlichkeit aufzunehmen! Im Verlauf der Jahre habe ich allerdings gelernt, mit meiner Vergangenheit umzugehen und deswegen bin ich nun bereit, mich nicht mehr komplett abzuschotten. Das ist auch der Grund, weshalb ich diesem Interview zugestimmt habe“
Nach einem Moment des Schweigens räusperte sich Constanze und senkte den Blick auf ihre Notizen, wie als wäre sie sich unsicher, was sie zu Sams Erzählungen sagen sollte. Anscheinend merkte sie, dass es Sam alles andere als leicht fiel, so offen und bereitwillig über ihr Leben zu reden und dieses der ganzen Welt auf dem Silbertablett zu servieren. „Darf ich Ihnen nur noch eine letzte Frage stellen?“ Die Moderatorin warf Sam einen bittenden Blick zu und fuhr fort, nachdem diese durch ein kurzes Nicken zugestimmt hatte. „Welche Rolle spielte ein gewisser Brian O’Connor in Ihrer Vergangenheit? Auf der Berlinale schnappte ich einen Satz auf, den er anscheinend an Sie richtete und der darauf hindeutete, dass Sie beiden sich aus der Vergangenheit zu kennen schienen...“
Kaum hatte Constanze Rick diese Frage laut ausgesprochen, so begann Sam innerlich zu schwitzen und zu kochen. Was sollte sie darauf nur antworten? Sie konnte ja nicht mit der Wahrheit herausplatzen, also musste sie diese irgendwie umgehen.
Sam zwang sich zu einem fröhlichen Lächeln und meinte mit einer abwinkenden Handbewegung: „Brian und ich sind ein Jahr zusammen auf das gleiche Gymnasium in München gegangen und dann hat es uns durch Zufall beide nach Hollywood verschlagen“ Insgeheim hoffte sie, dass die Moderatorin sich mit dieser Halbwahrheit zufrieden geben würde, denn Sam hatte auf keinen Fall vor, mehr von sich und ihrer Vergangenheit mit Brian preiszugeben. Doch anscheinend war diese Antwort zufriedenstellend und Constanze Rick verzichtete auf weitere tiefer greifende Fragen. Sehr zu Sams Erleichterung!
Ein paar weitere Sekunden verstrichen, ehe die Moderatorin mit einer geschmeidigen Bewegung aufstand und Sam zum Abschied die Hand reichte: „Hat mich sehr gefreut, dass Sie heut bei uns waren“, meinte sie mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Sam ergriff die Hand und verabschiedete sich, sichtlich erleichtert, dass das Interview beendet war, ohne in einer Katastrophe geendet zu haben. So schnell es ging, ohne dabei eilig zu wirken, verabschiedete sich von dem gesamten Fernsehteam und hastete aus dem großen Gebäude. Am Haupteingang angelangt, war zu ihrem Bedauern noch keine Spur von dem schwarzen Audi ihres Fahrers zu sehen und so ließ sich Sam auf der breiten Treppe, die in das Gebäude führte nieder. Sie stütze ihr Gesicht in die Hände und genoss die wenigen Minuten der Ruhe. Wie sie da so auf den Treppenstufen saß und einfach den Boden anstarrte, fühlte sie, wie die Erschöpfung und Müdigkeit die sie den ganzen Tag nach der durchzechten Nacht verdrängt hatte, über sie hereinbrach und von ihrem ganzen Körper Besitz ergriff. Mit einem Mal fühlte Sam sich furchtbar ausgelaugt und leer und von der Euphorie und dem Hochgefühl, das sie zu dem Handeln von letzter Nacht getrieben hatte, war nun nicht mehr das geringste Fünkchen vorhanden. Sam sehnte sich nach nichts mehr, als endlich im Flugzeug nach Rom zu sitzen und für ein paar Minuten die Augen schließen zu können.
Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7 Teil 8 Teil 9 Teil 10 Teil 11 Teil 12 Teil 13 Teil 14 Teil 15 Teil 16 Teil 17 Teil 18 Teil 19 Teil 20 Teil 21 Teil 22 Teil 23 Teil 24 Teil 25 Teil 26