Gegensätze ziehen sich an! - Teil 26

Autor: e93
veröffentlicht am: 19.05.2014


Gegensätze ziehen sich an

SPECIAL TEIL (EPILOG)


Luca und ich waren jetzt schon seit mehreren Monaten zusammen. Er hatte es geschafft, sich von der Gruppe zu trennen und sie ließen ihn auch in Ruhe. Alles lief sehr harmonisch, ich war glücklich und genoss die Zeit mit ihm sehr. Er hatte es sogar akzeptiert, dass seine Mutter den Anwalt Herr Kaptan heiraten und mit ihm zusammen leben würde. Wir hatten schon den ersten Mai und bald würden die Abschlussprüfungen stattfinden. Luca hatte auf Grund seiner guten Noten, die Gelegenheit dazu bekommen, sein richtiges Abiabschluss zu machen. Somit hatte er bereits die mündliche hinter sich und vorletzte Woche auch die schriftlichen. Wir hatten es gemeinsam mit Nina und ihrem neuen Freund, ein Deutscher namens Tobias gefeiert. Luca war sowieso ein Genie und es wunderte keinen von uns, dass er es geschafft hatte. So verging die Zeit. Er lernte sogar mit mir für meine eigenen Prüfungen und dank ihm bestand ich diese auch. Wie ich es mir gewünscht hatte, fing ich nach dem Sommer mit meinem Studium an und zu meiner Überraschung, studierte Luca ausgerechnet Medizin.
Wer hätte damit gerechnet? Der damalige so nationalistische Kerl, der Anführer seiner Gruppe, hatte sich dazu entschlossen, später einmal Menschenleben zu retten. Ich war wirklich so stolz auf ihn und vor allem, weil er sich wirklich verändert hatte. Er war so reif, so selbstsicher, ruhig, gefühlvoll und gab mir die Liebe, von der ich als kleines Mädchen bloß geträumt hatte, wenn ich an meinen Traumprinzen dachte. Es machte mich so glücklich, wir schwebten wirklich auf Wolke sieben.
Das Leben brachte uns wirklich zum Strahlen, wir konnten uns nicht beklagen. Selbst die Verlobung meiner Cousine mit Emir war traumhaft. Er hatte ihr einen wundervollen Heiratsantrag gemacht, im Winter, hatte er im Hof ihrer Uni „Yasemin, benimle evlenirmisin?“ eingraviert und zahlreiche Studenten hatten sich um ihn versammelt, bis meine Cousine ihm vor Zeugen ihr Ja-Wort gegeben hatte. Folglich hatte auch mein Cousin zugestimmt und so war Emir mit seiner Familie bei ihr, um um ihre Hand anzuhalten. An diesem Tag war ich auch da und ich freute mich wirklich riesig für die Zwei. Sie waren so ein hübsches Pärchen und ich gönnte es ihnen vom ganzen Herzen.
Die Verlobung war ein großer Erfolg, so wundervoll, wie in den türkischen Märchen. Kerzenlichter, brillante Kleider und einfach unbeschreiblich.
Emir und ich waren offiziell beste Freunde. Ihm hatte ich einiges zu verdanken. Er hielt immer noch meine und Lucas Beziehung geheim. Nicht einmal Yasemin wusste etwas davon. Auch hatte er sich mit Luca einigermaßen angefreundet und hatte ihm auch dabei geholfen, ihm eine weiße Weste zu verschaffen, da er ja bei der Polizei arbeitete und Kriminalwesen studierte. Erst durch ihn, konnte Luca ohne Probleme das studieren, was er studierte.
Dennoch bestand Emir und nicht nur er, sondern auch Katrin und Nina, selbst Yvonne, dass ich es endlich meiner Familie beichten sollte. Immerhin waren wir schon über einem Jahr liiert. Ich hatte große Angst und telefonierte manchmal stundenlang mit meiner besten Freundin, die nun im Ausland lebte. Sie hatte ja dort ein Job im Hotel und arbeitete sich wirklich zielstrebig hoch. Ich war so stolz auf sie und sie auch auf mich.
Irgendwann, als ich wieder bei Luca war und wir einfach kuschelnd im Bett lagen, sah ich ihm tief in die Augen und fragte: „Luca, was ist mit uns beiden?“
„Was soll sein?“ Er hob eine Augenbraue in die Höhe und musterte mich skeptisch. „Ich meine, wie lange soll das so weiter gehen?“
„Willst du etwa langsam Sex?“, fragte er lachend und ich schüttelte den Kopf. „Nein, will ich nicht und ich weiß, dass du das auch nicht willst. Du bist sogar anständiger als manche meiner Landsleute.“
„Warum? Nur weil ich will, dass meine Freundin später einmal die rote Schleife mit Ehre tragen kann?“ Ich lächelte ihn an, woraufhin er mein Kopf an sich zog und mich auf die Lippen küsste. „Aber gegen ein Kuss, ist nichts einzuwenden. Du kannst nicht von mir erwarten, dass ich dich gar nicht mehr anfasse, berühre und spüre.“
Jetzt lachte ich amüsiert auf und schüttelte den Kopf: „Keine Angst, das hab ich auch nicht vor, aber ich meinte, was ist mit uns?“
„Worauf willst du hinaus?“
„Ich hab deine Mutter kennengelernt, durfte sogar auf der Hochzeit dabei sein, auch wenn ich nicht beim Standesamt da sein konnte. Aber ich will, dass du auch mehr von mir erfährst.“
„Das heißt, du willst mir deine Familie vorstellen, verstehe ich das richtig?“ Jetzt distanzierte er sich von mir und sah mich angespannt an. „Soll das ein Scherz sein? Willst du, dass sie uns töten?“
„Nein, will ich nicht!“, rief ich genervt aus und legte die Hand an seine Wange. „Aber ich will, dass das mit uns beiden offiziell wird.“
„Ist das dein Wunsch?“
„Mein größter.“ Daraufhin seufzte er nur, zog mich eng in seine Arme und presste die Lippen fest auf meine Stirn.
„Mira, ich liebe dich und ich bin dir so einiges schuldig, also werde ich es tun. Lass es uns deinen Eltern sagen. Aber ich überlasse alles dir.“
Daraufhin strahlte ich, schlang die Arme fest um ihn und freute mich, wie ein Honigkuchenpferd.

Eine Woche war wie weggeflogen, bevor ich mit meiner Familie sprach, hatte ich mich mit Emir auseinander gesetzt, der einfach nur von der Sache abgegrenzt werden wollte, was ich auch verstehen konnte und ihm versprach, nichts zu sagen. Meinen Eltern, die ja sowieso sehnsüchtig darauf warteten, dass ich mal endlich unter die Haube gebracht wurde, erzählte ich, dass mein Freund an diesem Wochenende kommen würde, sie waren sehr neugierig und wollten alles wissen, doch ich hielt den Mund. Sie sollten es selbst sehen. Es würde ein Schock werden, aber für mich sollten sie das tun. Ihn akzeptieren. Auch mein Bruder und meine Cousine und Cousin, sowie ihre Eltern waren anwesend. Emir arbeitete an diesem Abend, weswegen er nicht teilnehmen konnte. Den ganzen Tag lang, hatte ich Vorbereitungen getroffen und nun war ich so gespannt darauf, wie der Abend wohl verlaufen würde. Um Punkt zwanzig Uhr, wie vereinbart klingelte es an der Tür und ich lief hin, öffnete ihm die Tür und sah ihn in einem teuren Anzug. Luca sah wirklich so gut aus. In der einen Hand hielt er einen prächtigen Blumenstrauß und in der anderen eine Prallinenschachtel.
„Schatz, komm rein.“, begrüßte ich ihn und nachdem er mich auf die Wange geküsst hatte, lief er rein. Sicherheitshalber lief ich vorne und konnte somit die Mimik meiner Familienmitglieder verfolgen, als sie Luca eintreten sehen. Dieser hatte sogar, wie es sich in der türkischen Kultur gehört, die Schuhe ausgezogen.
„Was soll dieser Scheiß?“, schrie mein Bruder und stand zornig auf, auch mein Cousin ballte die Hände zu Fäusten und beide starrten mich so an, als wenn sie mich jeden Augenblick mit den Blicken töten könnten.
Meine Cousine war entsetzt, meine Eltern sahen mich enttäuscht an, auch wenn sie nicht wussten, wer Luca war. Für sie reichte es aus, dass er ein Deutscher war.
„Mira, das ist doch ein Scherz, oder? Wie kannst du dich für einen Deutschen entscheiden?“, fragte mein Vater, ohne ihn zu begrüßen, doch Luca lief zu ihm und reichte ihm die Hand. „Hallo Herr Öztürk, ich bin Luca Richter.“
Mein Vater sah ihn warnend an, meine Mutter enthielt sich der ganzen Sache und urplötzlich lief mein Cousin voller Zorn auf ihn zu und boxte ihm mitten ins Gesicht. „Verpiss dich, du scheiß Nazi!“
Sofort waren auch die anderen, die das nicht wussten, geschockt und ich konnte die Blicke nicht mehr definieren.
Luca blieb ruhig, wusch sich nur das Blut vom Gesicht ab und erklärte: „Ich hab damit aufgehört!“
„Soll ich dir das wirklich abkaufen, wie kann ein Mensch einfach mit so etwas aufhören? Verdammt, du bist doch krank! Verpiss dich, bevor ich dir noch eine reinhaue!“, drohte mein Cousin, doch ich stellte mich vor Luca und gab die Gegenstände die er mitgebracht hatte meinem Cousin. „Lass ihn in Ruhe!“
„Wann hast du dich gegen deine Familie gestellt? Mira, wann wurdest du die Hure, von diesem Bastard?“
Jetzt war Luca auf 180 und ich merkte, wie er sich schwer zu beherrschen versuchte.
„Timur!“, warnte ihn nun sein eigener Vater und alle sahen mich herausfordernd an.
„Was wollt ihr jetzt?“
„Merkt man das nicht? Wir wollen, dass du dich von ihm trennst! Entweder er oder deine Familie!“, geigte nun mein eigener Bruder und ich sah ihn verständnislos an. „Wollt ihr ihm keine Chance geben?“
„Nein!“
„Wieso nicht?“
„Weil er ein Nazi Hurensohn ist!“
Oh Gott, oh fuck! Das hätte Timur nicht sagen dürfen! Augenblicklich lief Luca auf ihn zu, packte ihn an den Kragen und gab ihm einen Kopfnuss. „Du kleiner Wichser, lass meine Mutter da raus!“
„LUCA!“, schrie ich nun, doch er reagierte nicht und da mein Cousin ihn nur diabolisch angrinste und weitermachte, unentwegt, trotz den Rufen meiner Familie seine Mutter beleidigte, schlug Luca ihn zusammen, natürlich wehrte sich Timur auch und so eskalierte es, bis Luca von meinem Vater am Arm gepackt wurde und aus der Wohnung geschmissen wurde. Gott, ich wollte ihm hinterher, ihn jetzt nicht alleine lassen, aber alle versperrten mir den Weg.
„Wenn du jetzt gehst, verlierst du uns für immer!“
„Wieso gibt ihr ihm keine Chance, bitte!“, flehte ich und fing augenblicklich an zu heulen, aber alle nacheinander, erklärten mir, dass das nicht ging und selbst, wenn wir eine moderne Familie waren, ich das nicht durfte und an den Ruf meiner Familie denken musste und das sie mich doch alle liebten und mir diesen Fehler verzeihen würden. Ich konnte es einfach nicht glauben, mein Herz schmerzte und ich wollte gehen, aber als mein Vater sagte: „Willst du dich wirklich gegen deine eigene Familie anlehnen? Sind wir dir alle egal? Was ist mit den Bemühungen von deiner Mutter und mir? Was ist mit deinem Bruder, der dich immer beschützt hat und mit allen anderen, die auch mitbeteiligt sind, dich stets unterstützt haben? Kannst du uns alle einfach wegschmeißen, vergessen?“
Ich heulte weiter und verschwand einfach in mein Zimmer, wo ich mich ins Bett schmiss und es verfluchte, auf alle anderen gehört zu haben! Meine Familie war zwar eigentlich recht ruhig geblieben, sie würden auch dieses Thema abschließen, aber ich wusste, dass es mit meinem Bruder und Cousin noch ein Nachspiel geben würde. Wie ich es auch geahnt hatte, kamen beide nach einer halben Stunde rein und mein Bruder verschränkte die Arme vor der Brust und sah mich traurig an, bis mein Cousin mich packte und fragte: „Warum er?“
„Weil er sich für mich verändert hat.“
„Er kann sich nicht verändern.“
„Hat er aber.“
„Hat er dich angefasst, dich entehrt?“, wollte nun Sami, mein eigener Bruder wissen und ungläubig sah ich ihn an, ehe ich heftig mit dem Kopf schüttelte: „Niemals. Luca ist nicht so einer.“
Mein Bruder lief auf mich zu und umarmte mich fest, bis er fragte: „Liebst du ihn?“
„Ja.“ Urplötzlich scheuerte er mir eine. Das aller erste Mal und distanzierte sich von mir. Selbst Timur war geschockt.
„Abi...“
„Du tust so, als wenn seine Veränderung alles wett machen würde. So viele sind wegen ihm in die Psychiatrie eingewiesen worden, ich hab zwei gute Freunde wegen ihm verloren. Dieser Mistkerl ist krank! Heute wirst du uns vielleicht hassen, aber morgen verstehen. Wir wollen nur dein Bestes.“ Somit verließen beide mein Zimmer und ich war immer noch wegen der Ohrfeige völlig zerstört. Noch nie hatte er mir eine gescheuert.
Nach einer Weile kam dann auch Yasemin und fragte mich, wieso ich es ihr nicht gesagt hatte, doch ich hatte keine Kraft mehr zu antworten, blieb einfach nur stumm im Bett liegen und schaute auf den Boden. Sie strich mir über die Haare, aber irgendwann gab sie nach und ging. Meine Eltern kamen erst gar nicht, wofür ich ihnen sehr dankbar war, doch als meine Mutter am nächsten Tag mit mir zum Frauenarzt fuhr, kam ich mir wirklich von der Welt verlassen vor. Wieso ich? Aber die Frauenärztin berichtete nur, dass ich noch Jungfrau war und meine Mutter drückte mich fest an ihre Brust. Sie verstanden alle nicht, dass jeder eine zweite Chance verdiente.
Luca hatte sich nicht bei mir gemeldet. Vielleicht hatte er geahnt, dass meine Familie so reagieren würde und wollte es deswegen am Anfang nicht, dass wir uns trafen.

Die Wochen vergingen, ich wollte mich wirklich bei ihm melden, aber mein Vater hatte mir ein neues Handy gekauft mit einer neuen Karte. Neuste Smartphone, doch was brachte es mir, wenn ich seine Nummer nicht hatte? Durch das Internet konnte ich ihn auch nicht erreichen und als ich Nina nach seiner Nummer fragte, leitete sie mir die Nachricht von Luca weiter: „Nina, ich will nicht, dass du ihr meine Nummer gibst. Ihre Familie hat Recht, ich bin zu schlecht für sie, sie soll sich einen suchen, der sie glücklich machen kann. Es ist besser, wenn ich aus ihrem Leben verschwinde. Ich werde sie für immer lieben.“
Als ich das las heulte ich wie ein Wasserfall. Es tötete etwas in mir und dennoch wusste ich, dass er bei dieser Entscheidung bleiben würde und versuchte es erst gar nicht. Wir sahen uns nicht einmal mehr im Berlin. Wenn ich immer am Hauptbahnhof entlang fuhr, wo ich damals ihn mit seiner Gang sah, zog sich mein Herz zusammen. Die Tränen sammelten sich in meinen Augen und ich war bereit, einfach alles hinzuschmeißen und mich von der Bahn überrollen zu lassen, genauso, wie er es an dem Tag getan hätte, wenn ich ihn nicht davor bewahrt hätte. Gott, wir hatten so viel erlebt, durch sei Hass, hatte er gelernt mich zu lieben, ich hatte ihm eine Chance gegeben und wir hatten wirklich eine märchenhafte Beziehung geführt. Warum hatte sich alles so verändert?

Seit diesem Tag an, war mein Leben mechanisch. Ich wechselte sogar nach dem zweiten Semester mein Studienfach und studierte nun Philosophie und als zweites Lehramt. Es erinnerte mich immer daran, wie er mit mir gemeinsam gelernt hatte und ich wusste, dass ich nie wieder einen anderen wollte. Luca hatte mir mein Herz gestohlen, nein, ich hatte es ihm geschenkt und war mehr als stolz drauf, dass er es war und kein anderer. Gott, hätte mich damals auch mit Emir zusammen führen können, aber hatte er nicht. Mein Draht zu meiner Familie war immer noch stabil, keiner sprach mehr darüber. Irgendwann hielt es aber Emir nicht mehr aus und öffnete das Thema, er sagte, dass er Luca glaubte und riskierte somit, seinen Hals. Timur der verdammt wütend wurde, wollte seinen eigenen Freund schlagen, aber Emir hielt ihn zurück und in diesem Moment wurde die Verlobung von meinem Onkel gelöst. Wegen mir war noch eine Beziehung zu Ende. Ich versuchte mich da einzumischen, aber auf mich hörte keiner, bis sich mein Onkel nach einem halben Jahr wieder beruhigte und Yasemin und Emir da weiter machten, wo sie aufgehört hatten. Nach Emirs Studium heirateten sie sogar im großen Familien- und Bekanntenkreis. Es war eine tolle Hochzeit, aber ich war wie teilnahmslos, denn seit dem Luca aus meinem Leben verschwunden war, fehlte einfach jegliche Freude.


Drei Jahre später:

Es waren sieben Jahre vergangen, seit dem Luca und ich uns getrennt hatten. Ich war Lehrerin für Real- und Hauptschulen und unterrichtete nebenbei Philosophie als Wahlpflichtunterricht. Alles hatte sich eingelegt, seit drei Jahren waren nun Emir und Yasemin verheiratet und Katrin hatte sich in Amerika verloben lassen. Leider konnte ich nicht anwesend sein und selbst wenn, für mich war alles so eintönig. Immer noch vermisste ich ihn sehnsüchtig und wollte einfach nur bei ihm sein, auch wenn ich die Hoffnung auf ein Wiedersehen aufgegeben hatte.
Irgendwann als ich in meinem Zimmer war und die Arbeit meiner Klasse kontrollierte, rief mich meine Mutter, sofort rannte ich zu ihnen nach unten und sah meinen Vater auf dem Boden liegen. Seit einigen Monaten litt er unter Herzproblemen, die erst im späten Alter bei ihm aufgetreten waren und so schnell, wie wir konnten, fuhren wir ihn in die Klinik. Die Krankenschwestern bereiteten ihn sofort für die Operation vor und ab dann, hieß es nur noch „beten, beten, beten.“ Auch mein Bruder, der mit seiner Bekannten, damals aus der Türkei inzwischen verheiratet war, war da und die anderen aus der Familie. Wir warteten alle hoffnungsvoll auf die erlösende Nachricht und ein paar Stunden später, kam eine Krankenschwester, die uns mitteilte, dass die OP gut verlaufen wäre und wir nun tief ein und aus atmen könnten. Wir sollten uns aber bei dem geachteten Prof. Doc. Herr Richter bedanken. Mein Herz setzte kurz bei diesen Worten aus. Mein Bruder der neben mir stand war ebenfalls betreten und nachdem die Schwester weg war, sahen wir uns nur gegenseitig an, bis er die Augen schloss ein Dankgebet ausstieß, wobei er die Hände Richtung Himmel hob. Kurz daraufhin, öffnete er die Augen und zog mich in seine Arme. „Mira, es tut uns allen so leid. Du hattest Recht, er hat sich verändert.“
„Was ist, wenn es jetzt zu spät ist? Wenn er verheiratet ist und Kinder hat? Was bringt es mir dann?“, fragte ich nur mit einem wertlosen Lächeln und wenig später kamen die Ärzte aus dem OP Saal raus und mein Vater wurde auf einer Liege in die Intensivstation gebracht. Als ich Luca nach so vielen Jahren wiedersah, konnte ich kaum glauben, dass ich all diese Sehnsucht wirklich ausgehalten hatte. Er drehte seinen Kopf zu mir um, bevor er an uns vorbei gehen wollte, doch ich rief nur automatisch: „Luca.“
Er blieb prompt stehen, ich lief auf ihn zu und bedankte mich herzlich: „Danke.“
„Ich hab nichts getan, es war Gott, der ihn noch auf der Welt behalten wollte.“
„Wie geht es dir?“ Es machte mich so nervös, wieder mit ihm zu reden. Sieben Jahre lang, war ich ohne ihn und jetzt, stand er als Arzt vor mir.
„Mir geht es gut, Situationsbedingt und dir?“
Keine Ahnung was mich dazu brachte, doch ich schlang die Arme um ihn und heulte einfach los.
Zu meinem Überraschen erwiderte er die Umarmung und sprach mir beruhigende Worte zu: „Mira, pssst... es steht nicht zu einer Lehrerin, so zu heulen. Du bist kein Kind mehr.“
Ich hob mein Kinn an und fragte: „Du weißt es?“
„Natürlich, tue ich es. Ich weiß auch, dass du nicht geheiratet und nach mir keinen anderen hattest.“
Somit wusch er mir die Tränen weg und ich sah ihn fragend an, hatte er eine gehabt? Mein Herz würde stehen bleiben, wenn das der Fall wäre.
„Nein, du bist die Einzige, die ich immer wollte und immer haben will.“ Unverzüglich drückten sich seine Lippen auf meine Stirn, wie damals, als er mir seine Liebe gestanden hatte und ich konnte meinen Augen nicht glauben. Alles war wie in einem Traum. So unwirklich.
„Ich liebe dich immer noch, aber diesmal hole ich uns den Segen deines Vaters.“ Dann löste er sich von mir und lief weiter. Mein Bruder sagte nichts dazu, sah mich nur zufrieden an und ich strahlte breit über das ganze Gesicht. So glücklich hatte ich mich noch nie gefühlt. Es stimmte einfach alles.
Mein Vater lebte, es ging ihm gut und der ihn behandelnde Arzt, war kein geringerer außer mein Prinz, als Bettler verkleidet.

Nach drei Tagen kam mein Vater wieder zu sich, meine Mutter und mein Bruder erzählten ihm alles. Luca kümmerte sich immer noch um ihn, jedoch blickte er ihn nie an. Er nahm immer seine Blicke von ihm, wenn er kam. Doch ein Tag später, es war ein Donnerstag Abend, als Luca wieder kam, um ihn zu kontrollieren, sah er ihn an, bedankte und entschuldigte sich: „Es tut mir so leid, was wir dir damals angetan haben. Du bist ein großartiger Mensch. Wir waren naiv, haben nicht daran gedacht, dass du auch Gottesgeschöpf bist...“
Augenblicklich nahm er meine Hand und legte es ihm in seine. „Sie gehört dir. Ihr habt mein Segen.“
Vor Freude kamen mir die Tränen, Luca nickte ihm nur zu und versprach: „Ich werde auf sie, wie auf mein Augapfel aufpassen.“


Schon vier Monate später heirateten wir standesamtlich und drei weitere Monate fand unsere Hochzeit statt, wo auch Lara da war mit der sowohl ich, als auch Luca in den Jahren ständig Kontakt gehalten hatten. Ein Tag vor unserer Hochzeit, hatten wir uns alle versammelt und Luca hatte seine wahre Geschichte über sich erzählt, bis Lara ihm gestanden hatte, dass sie seine Zwillingsschwester war. Es war wirklich ein gefühlvoller Moment. Sie hatte ihm auch den Grund gesagt, wieso sie es ihm davor nie sagen konnte und das sie ihn sehr liebte. Selbst Lucas Mutter war als Luca ihr diese Nachricht erzählt hatte sofort hergefahren und war so außer sich, dass sie ununterbrochen heulte und lachte. Es war wirklich wundervoll und ich wusste, dass selbst wenn die Welt gegen uns sein würde, ich mein Platz an der Seite dieses Kerls, der sich übrigens inzwischen für Gott interessierte, gefunden hatte. Der Vater von Lara, war aber in der Zeit in Griechenland.

Unsere Hochzeit war eine traditionelle türkische. All unsere Freunde, selbst Katrin und all die anderen, jeder war da. Auch Maximilian und Patrick, seine Freunde, die auch aus dieser Szene ausgestiegen waren. Wir erfuhren sogar von ihnen, dass Timo Selbstmord begangen hätte, weil er sich zu sehr in diese Szene hineingesteigert hatte. Übrigens, selbst mein Cousin mochte Luca inzwischen.
Wie dem auch sei, es war traumhaft und ich war unglaublich glücklich, bei ihm zu sein und all diese Menschen, um uns herum zu haben.
„Mira, ich liebe dich.“, flüsterte er irgendwann, während wir gegen Nacht in seine neue Wohnung gefahren wurden und er mich Richtung Schlafzimmer trug. Ich lachte ausgiebig und erwiderte: „Luca, bende seni seviyorum. (ich liebe dich auch.)“

- - -

Durch diese Geschichte sieht man, wie sich Menschen ändern können, dass man, nur weil einer am Anfang schlecht ist, nicht sofort ihn aufgeben sollte und man ihn dennoch nicht sofort abschreiben muss. Luca hat es geschafft, sich zu verändern und trotz der fatalen Entscheidung Mira\'s Familie gegenüber ihm, hat er Mira nicht aus den Augen verloren und es kam so weit, dass er ihrem Vater das Leben gerettet hat.
Eine Geschichte, die dem Leser zeigt, dass sich alles ändern kann, dass wir Menschen sind und Fehler machen können, aber uns selbst deswegen nicht aufgeben sollten.
Hoffe, ihr habt alle die Massage hinter der Geschichte verstanden.

Liebe Grüße e93





Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7 Teil 8 Teil 9 Teil 10 Teil 11 Teil 12 Teil 13 Teil 14 Teil 15 Teil 16 Teil 17 Teil 18 Teil 19 Teil 20 Teil 21 Teil 22 Teil 23 Teil 24 Teil 25 Teil 26


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz