Merancyia - Dämonen der Nacht - Teil 4

Autor: BobbySmitty
veröffentlicht am: 21.05.2014


Kapitel Drei

In meinem ganzen Leben hatte ich mich noch nie so zerbrechlich gefühlt oder verletzt. Ich dachte ich wäre immun gegen alles, wäre stark und könnte Dingen standhalten, die andere bloß verwirren würden. Aber alles änderte sich und das mit einem einzigen Wimpernschlag. Mein Leben hatte sich geändert, auf den Kopf gestellt. Ein Blick hatte mir genügt und ich verfiel in eine Trance, bei der ich dachte nie wieder erwachen zu können. Wie sie da gesessen hatte und so... wunderschön ausgesehen hatte. Sie sah ganz und gar schön aus. Mit den braunen Haaren die sanft und ganz zärtlich ihr Gesicht umrahmten. Ihre rosigen, vollen Lippen die mich bei jedem Anblick um den Verstand brachten. Sie waren schuld daran, dass ich jeden Tag leiden musste wenn ich sie nicht sah. Ich hatte sie nie geküsst und doch sehnten sich meine Lippen nach ihrem schönen Mund. Ihre saphirblauen Augen, dessen Farbe mich immer umhauten. Die egal ob sie traurig, wütend oder verletzt waren, die immer leuchtender funkelten als jeder Sonnenstrahl im Universum, den ich jemals auf meiner Haut gespürt hatte. Doch als ich sie heute sah, wie sie da an gehumpelt kam, ihre Jeans gerissen war, das so aussah als ob man sie mit Gewalt zerrissen hätte. Auf ihrem honigfarbenen Sweater klebte Blut und ich roch diesen Geruch von ihr bis rüber zu mir. Ihr Gesicht war vor Schmerzen verzerrt gewesen und diesen Schmerz hatte ich bei lebendigem Leib gespürt. In diesem Moment starb etwas in mir. Die Wirkungen bei uns, wenn man sich verliebte, brachten mich noch um den Verstand. Ich eilte ihr zu Hilfe und hätte sie am liebsten nie wieder aus den Armen gelassen. Die drei Minuten in der ich sie festhielt, war die schönste Zeit meines sonst wertlosen Lebens geworden. Bis mir klar wurde, dass mein Dasein in ihrer Nähe, weit aus mehr waren als wertlos. Diese Gelegenheit nutzte ich aus und sog all ihren Duft in mich ein. Unwillkürlich musste ich lächeln. Sie roch nach Rosen und nach etwas, dass nicht in meinem Wortschatz vorhanden war aber der wundervollste Geruch der mir je in die Nase gekrochen war. Viel zu schnell waren wir oben in der zweite OG angekommen. Ich durfte nicht schwach werden. Nicht jetzt. Nicht so. Nicht bei ihr. Auch wenn sich all meine Sinne, Adern und Fasern sich dagegen sträubten. Gott, was ich alles dafür tun würde, bei ihr sein zu können.
„Danke.", murmelte Jeara und lächelte mich wehmütig an. Ich wollte 'Ich helfe dir gern wieder' oder 'Ich würde dir immer helfen', aber ich musste mich zurückhalten. Wer weiß, was alles passieren könnte, wenn ich mich nur ein bisschen ihrer Nähe zuließ.
„Klar.", sagte ich und drehte mich um und lief zu den Treppen. Ich rannte runter, als ob jemand hinter mir her wäre. Die letzten acht Stufen übersprang ich und schnellte aus dem Schultor und war heilfroh darüber jetzt in der frischen Luft zu sein. Ich füllte meine ausgehungerten Lungen mit frischer, kalter Luft., doch meine Lungen mussten erst einmal abreagieren. Ich versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, warum gerade mir das passieren musste. Ich verstand die Welt nicht. Ich verstand nicht mal mich. Mir selbst konnte ich nicht erklären, warum ich in der Nähe von Jearinne so aus der Fassung kam. Jedes mal kostete es mich eine so große Überwindung mich von ihr zu lösen und sie einfach da stehen zu lassen. Es fühlte sich so an als ob ich mein Leben verließ. Augenblicklich schüttelte ich denn Kopf, um sie aus meinen Gedanken zu verbannen, doch so einfach war es nicht, das war es noch nie. Manche Schülerinnen warfen mir kokette Blicke zu, die mir jeden Tag ein bisschen mehr auf die Nerven gingen. Nachdem ich mich beruhigte hatte, lief ich mit angespannten Gliedmaßen auf die Schule zu und nahm bei den Treppen zwei Stufen gleichzeitig. Als ich die Klasse betrat, erkannte ich meinen Fehler. Mr Conklin saß vor seinem Schreibtisch und wartete bis die Klingel schirrte. Geschichte. Verdammt. Mein Blick glitt zu meinem ehemaligem Sitzplatz, dort, wie immer schön, saß Jearinne. Die Art wie sie gerade aussah war wunderschön. Sie schaute verträumt aus dem Fenster und war ganz in ihre Gedanken verloren. Sie bemerkte mich nicht einmal als ich mich neben sie setzte. Sie starrte immer noch aus dem Fenster, wie gebannt. Ich räusperte mich doch darauf reagierte sie nicht. Vielleicht aber auch ignorierte sie mich, weil ich sie einfach stehen gelassen hatte.
„Jeara?".
„Hm?", sie zuckte zusammen und sah mich mit diesen unergründlichen Augen an.
„Du hast nicht auf mich reagiert.", brachte ich heraus. Sie sah mich verwirrt an, während ich mich neben sie nieder ließ. Heute ging es mir gut, was darauf hinwies, dass heute hoffentlich keine bescheuerten Worte meinen Mund verlassen würden. Wegen der Beleidigung in der Bibliothek, könnte ich mir immer noch in den Hintern treten.
„Tut mir leid.", sagte sie anschließend nachdem sie verstanden hatte auf was ich gedeutet hatte.
„Wenn ich aus dem Fenster schaue, dann tauche ich total ab.", erklärte sie. Schließlich ertappte Jeara mich, wie ich sie anstarrte woraufhin ich lächelte und mich dem Lehrer widmete, der immer noch müde auf seinem Stuhl saß.
„Warum sitzt du eigentlich hier?", fragte Jearinne neben mir. Selbst wenn sie bloß mit mir sprach, wirbelten tausende Meere in meinem Bauch. Wie es sich wohl anfühlen würde, wenn ich sie küsste? Verwirrt sah ich sie an, woraufhin sie mit den Augen nach vorne zeigte. Molly, das Mädchen, das ständig zu viel Make-up trug, sah zu uns rüber. Als sich unsere Blicke trafen, bildeten sich rote Flecken auf ihrem Gesicht und sie drehte sich um. Schließlich begriff ich was Jeara meinte. Immerhin hatte ich mich neben sie gesetzt, als Samuel mich wegen der Nähe zu Jearinne gewarnt hatte. Das hatte ich total vergessen. Immerhin war diese Warnung sechs Wochen her. Nachdem Jeara, mich dabei erwischt hatte, wie die Farbe meiner Augen wieder Anschein nahmen, wurde es endgültig zu riskant. Wir konnten froh sein, dass keiner Fragen stellten
„Weil ich...keine Ahnung. Ich denke ich sitze einfach viel lieber neben dir. .", sagte ich und sah ihr ehrlich ins Gesicht. Natürlich entsprach dies der Wahrheit, obwohl ich mich zurück halten sollte, fiel mir keine Lüge ein. So etwas hatte ich nun mal nicht sofort parat. Mal abgesehen davon, dass Jearinnes Anwesenheit, meine Gedanken immer durcheinander brachte und mein Kopf wie leer gefegt war, nämlich dann spukte nur noch sie, ihr Gesicht, ihr Name und ihre Augen herum. Jeara hob fassungslos die Augenbraue.
„Das glaube ich dir nicht.", flüsterte sie, beugte sich über ihr Block und ignorierte mich soweit es ging. Klar, nach diesem Ereignis in der Bibliothek würde ich mich selber auch nicht besonders mögen. Autsch. Andauernd vermasselte ich es mit ihr, wie vor Wochen in der Bibliothek. Nur was konnte ich dagegen tun, wenn man Besitz von mir nahm. Ein Schauder lief meinen Rücken herunter. Langsam sollte ich mich an diese Erkenntnis gewöhnen. Trotzdem sollte man es mir nicht übel nehmen, ich hatte schon lange keine eigene Kontrolle über mich und meinen Körper. Jedes Mal fühlte es sich so an, als ob jemand mich mit Fäden kontrollierte und mit mir wie mit einer Marionette spielte. Ich lugte über meine Schulter zu Sam und den anderen. Sie sahen alles irgendwo anders hin, waren in ihre Gedanken versunken, wie wir es nun mal immer taten. Charlie machte das, weil ihm nichts anderes übrig blieb. Jackson, weil er jede freie Minute an unsere Strategien nachdachte. Pläne waren immerhin noch nicht vorhanden. Samuel, weil er die Privatsphäre anderer nicht stören wollte. Cam, Ethan und ich, vertieften uns in unsere Gedanken, weil das der Einzige Ort war, wo es am schönsten, ruhigsten und hemmungslos war. Besonders, weil wir uns da nicht um die Realität scheren mussten. Im Grunde taten wir das alle, genau aus diesem Grund. Weil die Realität für uns grausam war.
Als der Unterricht zu Ende war, warf ich meinen Ordner samt meines Stiftes achtlos in meine Tasche. Jearinne zog den Reißverschluss ihres Mäppchens zu und zog dann die Striemen ihres Rucksackes zusammen. Schließlich sah sie mich warten. Ihr Blick verfinsterte sich etwas, doch ich sah ihr an, dass sie sich Mühe gab, die Wut zu unterdrücken.
„Lässt du mich durch?“, knirschte sie und vermied es mir in die Augen zu sehen. Samuel und Cameron kamen auf mich zu, doch ich gab ihnen eine Handbewegung, dass sie weiter gehen sollten. Sie vergewisserten sich, ob auch alles glatt in mir lief und verabschiedeten sich.
„Bis bald, Jeara.“, sagten sie beide und Jearinne winkte ihnen mit einem halb so strahlendem Lächeln zu. „Halt dich in Grenzen und versprich mir, dass du sie nicht bedrängst, Tony.“,hörte ich Samuels Stimme in meinem Kopf und erwiderte es mit einem Nicken.Ich verstand sein Misstrauen in Bezug auf mein Befinden. Immerhin taten das alle, weshalb es nicht sonderlich überraschend war. Über fürsorgliches Verhalten, Sorgen, Misstrauen, Geheimnisse und Lügen gehörten zu unserem Alltag. Wenn einer von meinen Jungs mich warnte, reagierte ich nicht zickig oder gar gereizt. Selbst wenn sie nichts dagegen hätten, verdient hatten sie es nicht. Beide schritten aus dem Raum und verschwanden.
„Anthony, was willst du?“, sagte Jearinne und sah ungeduldig auf die Uhr. Okay, jetzt oder nie.
„Du und ich, wir müssen reden.“, klärte ich sie auf und schob meine Hände in die Hosentaschen. Ein undefinierbarer Ausdruck trat in ihr Gesicht. Sie zog missbilligend die Augenbrauen hoch. Ob sie wusste, wie sexy das aussah? Tja, für meine Gedanken konnte ich mich nun wirklich nicht schämen.
„Glaubst du wirklich, dass ich mir dir sprechen möchte?“, fragte sie abfällig und wollte sich an mir vorbei schlängeln. Doch ich hielt sie auf, indem ich mich vor sie stellte und sie sanft am Handgelenk packte. „Ich bitte dich, Jeara.“.
„Na los, ab in die Pause.“, hallte die Stimme von unserem Lehrer. Er stand gestresst an der Tür und scheuchte uns raus. Absichtlich stellte ich mich hinter sie, damit sie mir ja nicht entwich. Natürlich fielen mir die genervten Blicke auf, die Jearinne kaschierte. Obwohl der Grund total absurd war, deshalb konnte ich mir aus den Leuten hier an dieser Schule keinen Reim machen. Dass man sich wegen solchen Sachen, wie der Brand in der Preisen-Halle vor ein paar Jahren, so sehr aufregte. Zumal es noch nicht einmal Jeara war, wie Ethan es mir verraten hatte. Dieser hatte es von Marilyn und Phillip erfahren. Jeara wurde unter diesen Augen klein und wirkte unwillkürlich zerbrechlich auf mich. Dieses Mädchen hatte das nicht verdient und konnte genauso wenig damit umgehen, wie ein Fisch ohne Wasser. Nämlich gar nicht. Ich legte all meine Wut auf die Schüler in mein Gesichtsausdruck und feixte sie damit an. Manche drehten erschrocken die Köpfe weg, andere sahen verlegen auf den Boden. Mitten im Gang trafen wir auf Murphy zu, der sich seit Wochen nicht in der Schule blicken ließ. Immerhin war es im erlaubt, außerhalb der Schule auf ein Institut für Football zu gehen. Sicherheitshaber legte ich meine Hand auf Jearinnes Unterarm. Ein Glück zuckte sie nicht zusammen und sah mich fragend an. „Nicht dass du mir davon läufst.“, zwinkerte ich und auch wenn sie wegsah, erhaschte ich einen Blick auf ihre zuckenden Mundwinkel. Schließlich, wie ich es mir gedacht hatte, stellte sich Murphy ihr in den Weg. Innerlich machte ich mich bereit, nicht so ein Höllenmensch zu werden, falls er sie ansprechen würde.
„Walker, ich hatte dich vermisst. Wo warst du denn als ich mit dir reden wollte?“, fragte er gereizt und warf mir einen arroganten Blick zu.
„Lass es sein, Meyer. Ich habe überhaupt keinen Nerv für dich.“, murmelte sie und wollte sich an ihm vorbei drängen, doch er packte sie, hart und fest, am Oberarm.
„Für was hältst du dich, du arrogantes Weib.“, fauchte er und zog alle Aufmerksamkeit auf uns. Bei mir war das Fass schon übergelaufen. Mit schneller Bewegung schubste ich Murphy weg und schob ihn von Jeara weg. „Lass deine Hände von ihr oder ich schneid sie dir ab!“, keifte ich und riss meine Augen vor Wut auf. Er fasste sich an die Schulter, dahin wo ich ihn geschubst hatte. Murphy wusste ganz genau, dass er eine Fliege machen sollte und stampfte mit hoch aufgerecktem Kinn an mir. „Und ihr starrt doch nicht so blöd, na los, verschwindet.“, scheuchte ich die Masse weg und wandte mich an Jearinne, die ihre Augen genervt aber auch erschöpft zusammen kniff. Dunkle Ringe zierten ihre Augen.
„Alles wieder in Ordnung?“, fragte ich sanft und berührte sacht ihre Schulter. Ganz unauffällig lehnte sie sich gegen meinen Arm. Vergaß anscheinend mein übliches, nicht gewolltes Verhalten ihr gegenüber. Ein starkes herrliches Gefühl breitete sich in mir aus, von ihrer kleinen Zuneigung.
„Wann war es das schon.“, erwiderte sie und sah mich nachdenklich an. „Ich hoffe auf Erklärungen von dir.“, sagte sie und wechselte das Thema. Mit großer Freude nickte ich und führte sie in ein leeres Zimmer. Obwohl es abgeschlossen war, ließ ich das Schloss etwas spielen. Jearinne setzte sich auf einen Stuhl und wartete. Ich zog den Vorhang am kleinen Fenster an der Tür zu, sodass man uns drinnen nicht sitzen sah. Dann lehnte ich mich an die Tafel und verschränkte die Arme.
„Hau nicht ab, versprochen?“, fragte ich nach und sie nickte. Ganz genau konnte mein Körper ihre Anspannung aber auch Geborgenheit spüren. Selbst nach meinem Verhalten in den vergangenen Wochen. Jearinne war schon seltsam, dass sie sich das gefallen ließ. Aber ein starker Vorteil für mich. „Erstmals wird dir mein Verhalten bestimmt aufgefallen sein. Du brauchst die Augenbrauen nicht so spöttisch hochzuziehen. Also, mir ist bewusst, wie schrecklich und gemein ich dir gegenüber war.“,sagte ich und sie nickte schnaubend. Okay. „Und hier und jetzt will ich mich für alles entschuldigen. Was ich in der Bibliothek gesagt habe, bereue ich mehr als alles andere. Wirklich.“. Jearinne dachte nach und schaute mich vielsagend an.
„Das war wirklich schrecklich“, sagte sie und ein trauriger Schimmer nahmen ihre Augen an.
„Dessen bin ich mir bewusst und ich entschuldige mich aufrichtig von dir. Niemals kommt so etwas wieder vor. Nicht einmal mein unmögliches Verhalten.“
„Du weißt, dass das nicht so einfach für mich ist, wenn ich nicht einmal im geringsten weiß, weshalb du so warst.“, gestand sie und ich wusste wie viel es ihr bedeutete, das zu sagen. Denn es schwang eine kleine Akzeptanz mit.
„Natürlich. Das verstehe ich. Es lag wohl eher daran, dass ich mich verliere. Immer und immer wieder. An dir liegt es keineswegs, aber erzählen kann ich es dir auch nicht. Diese Erklärung wäre verstörend.“, sagte ich und gab nur ein bisschen des Geheimnisses preis. Ich konnte nur hoffen, dass das genug für sie war. Mehr konnte ich ihr nicht erzählen. Jearinne sah mich wissend an.
„Und ich verstehe, dass es Dinge in deinem, vielleicht auch in den anderen Jungs, Leben gibt, die mich nichts angehen. Falls das alles was du mir sagen kannst, kann ich nicht anders als dies anzunehmen, schätze ich.“, meinte Jeara und zuckte mit den Schultern, während ich nicht fassen konnte, wie viel Glück ich mit ihr hatte. Sie war unglaublich. Nicht einmal sie selbst, war sich das enorme Vertrauen, das sie gegenüber Menschen in ihrer Gemeinschaft hegte, bewusst. Sie stand auf. Zeit mein Versprechen zu geben.
„Hör zu. Ich verspreche dir, ab jetzt wird es leichter. Mit jedem Schritt werde ich deiner Vergebung näher kommen. Wir sollten uns auch endlich anfreunden.“.
Jearinne schien überrascht. „Zwar habe ich dir schon vergeben, aber nun ja. Einverstanden. Freunde.“, sagte sie. Dieser Satz ließ wirklich einiges Last von meinen Schultern fallen. Ohne es zu realisieren umarmte ich sie und sog den herrlich süßen Duft von ihr ein. Mein Körper wurde an den Stellen warm, an denen Jearinnes geschmeidiger Körper an mich schmiegte. Etwas unbeholfen erwiderte sie diese. „Versprochen ist versprochen, Jearinne Walker. Ich passe auf dich auf.“, flüsterte ich und mit großem Triumph umarmte sie mich ein Stück fester



Ich setzte mich zu Jackson und den anderen in die hinterste Reihe, soweit entfernt von den Menschen, wie der Raum es zuließ. Mein Tablett platzierte ich vor mir, Jackson und die restlichen begrüßten mich. Samuel, der vor mir saß schaute mich an. Ich kannte diesen Gesichtsausdruck, der bedeutet nichts Gutes. Ich ließ mein Blick durch die Cafeteria schweifen, um sicher zu gehen, dass keine Augen auf uns gerichtet waren. Jeder war mit sich selbst oder mit jemand anderem beschäftigt nur nicht mit uns. Das war zumindest mal etwas Gutes. Ich wandte mich wieder Sam zu, der den Blick auf alle gerichtet hielt. Er hatte unsere volle Aufmerksamkeit. Er atmete tief ein und die Worte sprudelten wie ein Wasserfall aus ihm.
„Ich habe wieder Kormoron gesichtet. Es war in der Nähe von Houston. Sie haben unsere Fährte aufgenommen und sind kurz davor uns ausfindig zu machen. Wir dürfen nicht länger da sitzen und darauf warten, dass es einfach passiert. Wir müssen so bald wie möglich handeln. Es war nämlich nicht nur einer der zusehen war sondern gleich vier. Ich vermute sie erweitern die Suche. Keine zwei oder drei Wochen und sie haben uns", flüsterte er und atmete wieder aus. Eine ganze Weile sagte niemand was und ich wusste auch nicht, wie viel Zeit vergangen war, bis Charlie das Wort nahm.
„Meinst du etwa Sie, sind wieder da?", seine Stimme bebte vor Wut und er biss die Zähne zusammen, sodass sie knirschten. Sam nickte stumm.
„Wann hast du sie gesehen?", fragte Jackson dessen Körper sich angespannte hatte.
„Gestern.", es war kaum mehr als ein Flüstern.
„Was? Dass sie so schnell sind wusste ich ja gar nicht. Sie werden immer gerissener.", Cam sprach mit voller Abscheu.
„Ja, aber sie waren Meilen weit weg von hier, ist doch so?", diesmal ergriff Charlie wieder das Wort. Er klang ein bisschen skeptisch nach seiner Vermutung.
„Ja, aber sie haben die Richtung nach Boston eingeschlagen. Sie könnten noch ungefähr ein paar Wochen brauchen um uns zu erwischen, aber es ist riskant.", erinnerte Sam uns.
„Was hattest du überhaupt in Houston zu suchen?", fragte ich.
„Das war unsere vorletzte Bleibe, ich wollte nachsehen ob da alles in Ordnung ist.".
„Du sagtest wieder?", kam es von Ethan, der die ganze Zeit nur stumm zugehört hatte und er klang misstrauisch. Samuel stieg die Röte ins Gesicht und wendete sein Kopf in eine andere Richtung. Mit meinem Fuß stupste ich seinen an. Zuerst schaute er mich grimmig an, aber dann seufzte er drehte sein Gesicht wieder zu uns. „Ich habe Sie nicht wirklich gesehen, aber daher mein Wahrnehmungssinne stärker ist als eure, konntet ihr Sie unmöglich riechen.", Samuel blickte diesmal direkt mir in die Augen und ich konnte Schmerz und Wehmut in seinen Augen lesen.
„Und weiter!", drängte ich ihn. In meinem Kopf klingelten schon Warnglocken.
„Heute hat... Jeara nach Ihnen gerochen. Ich hätte Sie fast nicht wahrgenommen, weil Jearas Geruch sie fast überdenkt hätte, aber diesen Aschegeruch könnte ich überall wieder erkennen.", er sah mich immer noch mit diesem Ausdruck in den Augen an. Ich erstarrte, ein Schauer lief meinen Rücken runter und mir klappte die Kinnlade runter. Als hätte ich verlernt wie man sie wieder zu machte, benötigte ich viel Aufwand dafür. Jeara war mit einem in Kontakt gekommen? Das ist doch unmöglich? Was wenn sie in Gefahr war? Mir schwirrten tausend Fragen durch den Kopf die ich mir selbst nicht beantworten konnte. Wenn ihr was zustoßen sollte, wäre das allein unsere Schuld. Nicht nur ich könnte mir das nie wieder verzeihen sondern Samuel, Charlie, Cameron, Jackson und Ethan könnten sich selbst auch nicht akzeptieren. In denn vergangen Wochen waren Jearinne, Phillip und Marilyn uns ans Herz gewachsen. Kein Wunder, bei uns passierte so etwas schnell. Ich schaute mich im Saal nach ihnen um. Ich suchte mit meinen Augen jeden einzelnen Tisch nach ihr oder nach Marilyn und Phil ab. Von den beiden war keine Spur.
„Wie kannst du das genau wissen?", wollte ich mich vergewissern.
„Ich sagte doch schon, dass meine Sinne stärker sind als die eurer. Anthony, wieso sah Jearinne heute so übel zu gerichtet aus?", Sam schaute mich verwirrt an. Ich zuckte mit den Schultern.
„Ich habe sie gefragt, aber sie hat zuerst ängstlich ausgesehen, aber dann meinte sie, sie wäre vom Fahrrad gefallen.", beantwortete Charlie die Frage. Plötzlich bekam ich einen Stich in den Magen. Ob sie große Schmerzen gehabt hatte?
„Wie ängstlich hat sie denn ausgesehen?", fragte Jackson.
„Na, so als ob irgendjemand hinter ihr her wäre. Ich weiß auch nicht, wie sehen Menschen denn aus wenn sie ängstlich sind?", meinte Charlie, daraufhin verzog Cameron eine Grimasse. Es sah so aus als würde er Der Schrei nach imitieren. Ich musste unwillkürlich lachen, doch mir stockte sofort wieder der Atem, als mir etwas Schlimmes einfiel.
„Glaubt ihr sie hatte einen kleinen Fahrradunfall wegen einen von ihnen?", dieser Gedanke jagte mir einen Angstschauer über den Rücken. Ich wollte erst gar nicht wissen was für Unheil sie anrichten könnten. Da bemerkte ich, dass Ethan grinste. Ich warf ihm einen finsteren Blick zu um ihm klar zu machen, dass es hierbei um nichts Witziges handelt. Er minimierte sein Lächeln, aber nur auf ein Minimum.
„Anthony, meinst du nicht, dass unsere Jeara bei jeder bietenden Gelegenheit stolpert, gar runter fällt. Das grenzt ja nicht an einem Wunder, dass sie einen kleinen Unfall hatte wohl eher Alltag.", erklärte Ethan, aber ein Hauch von Schrecken schwang mit. Mir kam das etwas realistischer vor doch meine Vermutung ließ mich nicht in Ruhe mein Essen verspeisen.



Als unsere erste Pause in zehn bis fünfzehn Minuten fast vorüber war, trafen wir uns kurz vor dem Unterrichtsbeginn, nochmal vor meinem Schließfach. Es war uns ziemlich egal, falls wir zu spät in den Unterricht kamen. Jackson war noch nicht da, als wir ihn den Gang entlang rennen sahen. Kurz spürte ich sogar die Anspannung der anderen, als wir dachten es gäbe einen triftigen Grund für sein Rennen. Schließlich erkannte man einen neutralen Gesichtsausdruck und wir konnten tief ausatmen. Außer Atem kam er bei uns an und fächelte sich Luft zu. "Wo warst du?", fragte Charlie und zog die Riemen an seinem Rucksack höher.
„Leute, ich war gerade in der Bibliothek. In diesem Vorort. Ich habe ein-", hechelte Jackson nach Luft und wurde von Sam unterbrochen.
„Das können wir auf Nachher verschieben. Zuhause haben wir noch genügend Zeit um über alles zu reden.", meinte Cameron, während er am Zahlenschloss eines Schließfaches drehte. Track, track, die ganze Zeit und immer ging mir das Geräusch wie ein Eimer kaltes Wasser meinen Rücken hinunter. Track.
„Okay, ist ja auch nicht so wichtig.", sagte Jackson und holte ein letztes Mal tief Luft und strich sich das blonde Haar aus dem Gesicht. "Könnten wir dann mal auf den Punkt kommen. Weshalb hast du uns zusammen gerufen?", verlangte Ethan zu wissen. "Einen Augenblick.", murmelte Sam und suchte nach etwas in seiner Tasche.
„Wird es bald, ich schreibe heute eine Bio-Klausur.", stöhnte Ethan.
„Ethan, beruhige dich zuerst mal. Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du es langsam angehen sollst?", geigte Samuel und man sah ihm an, wie gestresst er war. Ich benötigte meine ganze Kraft, ihn nicht am Kragen zu packen und durch zu schütteln. Na los, schlag ihn. Verpasse ihm eine und brülle ihn an. Du willst es so unbedingt. Spuck ihm ins Gesicht, denn er darf nicht schreien!Nicht neben dir. Komm schon, Anthony. Ich biss meine Zähne zusammen und schluckte. Ein bis zweimal. Wütend ballte ich meine Hände zu Fäusten und hielt die Luft an. Das war stetig meine Strategie, um den Zorn des Dämons ruhig zu halten. Vorhin beim Gespräch mit Jearinne, konnte ich es noch prächtig kontrollieren. Da hatte ich es vollkommen in mir eingesperrt.
„Ich wollte euch bloß das hier geben.“, sagte Samuel und reichte jedem einzelnen von uns eine goldene Münze. Nicht größer als unsere Handfläche. Das nannten wir Tarles. Half uns, besonders mir, unseren Schein zu trüben.
„Das war alles.“, sagte Sam und steckte seine eigene in die Hosentasche. Ich wiederum steckte es in meine Boxershorts, sodass der Bund es an meine Hüfte drückte. Ich wollte die Münze an der Haut tragen, daher sie mir auf eine Art und Weise Kraft gab.
„Nun gut, Leute. Lasst uns kurz in die Cafeteria gehen. Ich denke unsere Taschen sind noch dort, als du deine holen gegangen bist.“, berichtete Cameron bei und zusammen machten wir uns auf den Weg zurück zur Cafeteria.




Jearinne

War es nicht wunderschön einfach unter der Sonne in Ruhe zu dösen? Ich genoss jede Sekunde unter den Sonnenstrahlen. Marilyn, Phil und ich saßen auf einer Tischtennisplatte im Schulhof. Schon seit heute Morgen schien die Sonne und das ließ mich im Glauben, dass heute alles gut laufen würde. Bis jetzt war es gar nicht mal so schlecht, oder? Pah. Wenn das mal nicht purer Sarkasmus war. Ich war von meinem Fahrrad gefallen, weil mir dieses „Ding" eine Heidenangst eingejagt hatte. Es hatte schon ausgereicht, als alle anderen Schüler und Schülerinnen sich dazu verpflichtet fühlten, mir den Aufenthalt in der Schule zur Hölle zu machen. Dass sie sich über mich lustig gemacht hatten war ja die Höhe! Doch ein Gutes hatte dieser Tag. Mit Zufriedenheit konnte ich sagen, dass die Sache zwischen mir und Anthony geklärt war. Nicht gerne hätte ich bis zum Abschluss so einen Zoff mit ihm gehabt. Immerhin waren wir ja auf eine seltsame Art Freunde. Eine Sache jedoch wurmte mir. Wieso zum Teufel hatte ich mich hingezogen zu ihm gefühlt? In dem Moment als er mich umarmt hatte, wollte ich gar nicht mehr los. Am liebsten hätte ich seinen Geruch eingeatmet, doch dazu hatte ich mich dringen können. Mein Bauch hatte gekribbelt obwohl er mich – Achtung – scheiße behandelt hatte. Irgendwas – und ich wusste nicht was – geschah mit mir in Tonys Nähe. Gott, jetzt nannte ich ihn noch Tony. Ich hörte lieber auf so sehr über ihn nach zu grübeln, wo ich mich jetzt eigentlich auf der Tischtennisplatte lang machen könnte. Ich legte meine Hände auf meinen Bauch und ließ diesen schönen Moment auf mir ruhen und lauschte meinem Herzschlagen und meinem Atem, versuchte die Hintergrundgeräusche zu überhören. Das Gerede ließ nach und ich beruhigte mich und spürte es mit jeder Faser meines Körpers. Doch meine Schultern wollten sich einfach nicht entspannen. Ich fühlte wie meine Schulterblätter steif wurden. Schon auf die Sekunde wusste ich, was mich beunruhigte. Wen hatte ich im Wald gesehen? Besser gesagt was hatte ich gesehen oder was wollte mich angreifen? Wollte mich das Ding überhaupt angreifen. Hatte ich das wirklich gesehen oder war das nur ein Teil meiner Fantasie? Ich verscheuchte die Gedanken, doch meine verspannten Schulterblätter entspannten sich nicht. Hoffentlich würde es sich nicht bei mir Zuhause wieder ereignen. Viele Fragen, auf die ich nicht mal ansatzweise Antworten hatte. Schließlich spürte ich wie meine Kehle ausgetrocknet war. Ich setzte mich auf und unterbrach aus Versehen das Gespräch von Marilyn und Phil die mich jetzt überrascht ansahen. Ich hob entschuldigend die Schultern.
„Ich gehe in die Cafeteria Wasser holen. Wünsche?", fragte ich.
„Nein, danke.", erwiderte Mary.
„Eine Cola-Dose, bitte.", sagte Phillip woraufhin ich nickte und machte mich auf den Weg zum Eingang. Meine Knie taten immer noch weh. Die Platzwunde an meiner Stirn war angeschwollen und ich kam mir blöd vor. Nicht nur meine Knie taten bei jedem Schritt weh, nämlich wegen dem Auf und Ab schmerzte auch mein Ellenbogen.
„Vergiss die Cola! Wir sehen uns nach der Schule. Immerhin haben wir keinen Kurs mehr zusammen! ", rief mir Phil noch zu. Wie bitte? Gar keinen mehr. Bei dieser Vorstellung zog sich mir der Magen zusammen. Super, zwei Stunden unter diesen Vollidioten von Kameraden. Wenigstens würden wir bloß die Arbeit schreiben, weshalb sich die Aufmerksamkeit auf mich begrenzen würde. Ethan würde immerhin neben mir sitzen.
Schließlich kam ich an der Cafeteria an und stellte mich in die Reihe. Ich ließ meinen Blick einfach auf dem Boden ruhen und achtete nicht auf die Menschen um mich. Der Schulboden war immer sauber, nie beschmutzt, da konnte man wirklich die Putzkraft in der Schule loben. Wenn es aber doch dreckig sein sollte, sah man es nicht, immerhin war er schwarz. Wer sah denn heutzutage Schulböden in schwarz oder gar in bunter Farbe. Ich schüttelte den Kopf. Was machte ich hier? Ich dachte über den Boden unserer Schule nach um den Blicken auszuweichen die auf mich gerichtet waren. Erbärmlich. Ich hob mein Kopf und schaute allen einfach direkt in die Augen. Allen nacheinander sah ich an und schrak vor diesen Blicken nicht zurück, aber sie schon und senkten sie sofort. Etwas Wut hatte sie aufgesammelt und schaute ich schaute sie mit einem so abstoßendem Blick an, als würde ich Parasiten vor mir haben. Ehrlich jetzt, langsam reichte es aber! So etwas konnte so lästig werden. Jearinne, tat das nicht gut. Fühlst du dich nicht besser?
„Hey, wenn Blicke töten könnten.", erklang eine Stimme und neben mir stand Ethan, sah mich grinsend an. Dabei blitzen seine strahlend weißen Zähne auf. Ich wandte meinen Blick von den anderen ab und sah ihn an. Er grinste immer noch.
„Ach so, ehm, das war nichts.", ich winkte mit der Hand ab. Meiner bebenden Schultern verrieten mich. Ganz sicherlich konnte ich die Frage nicht beantworten, weshalb ich mir mehr Feinde machte. Hätte ich sie einfach ignoriert.
„Machst du Witze du hast ihnen die Stirn geboten.".
„Ich weiß überhaupt nicht auf was du hinaus möchtest.", log ich.
„Jetzt leugne es doch nicht, Jeara. Diese wütenden Augen haben selbst mir Angst gemacht. Außerdem bin ich eigentlich überhaupt nicht ängstlich.", jetzt grinste er nicht mehr so verschämt sondern sah sogar sehr niedlich aus. Ich mochte Ethan, er verhielt sich immer so unbeschwert, fröhlich und das war er auch. Er war schon immer nett zu mir und ich fühlte mich bei ihm wie auch bei Sam, Charlie, Cam und Jackson immer wohl. Ich konnte mir das nicht erklären aber ich mochte sie. Normalerweise dachte ich nie über so etwas nach. Vielleicht war das nicht besonders aufgefallen, doch alles entsprach der Wahrheit, dass ich sie lieb gewonnen hatte. Wir hatten alle großen Spaß gehabt, keiner fühlte sich unwohl, was bei ihnen nun mal nicht möglich war, als wir in Phillips Garten freiwillig Plakate gemalt hatten. Für das Fest an diesem Wochenende. Ich erinnerte mich auch daran, wo wir alle zusammen in der Bibliothek, für die bevorstehende Gemeinschaftsklausur gebüffelt hatten. Doch ich hoffte die Freundschaft würde nicht zu Brüche gehen. Denn in der letzten Zeit saßen die Jungs öfters unter sich. Sie meinten es wären Familienkrisen. Ich hoffte inständig dass diese Krise, möglichst schnell ausgehandelt wird. Immerhin vermisste ich die Zeit mit ihnen.
„Ich leugne doch gar nichts", sagte ich und lief einen Schritt weiter.
„ Doch das tust du.", jetzt sah er ernst aus. Er wartete auf eine Antwort. Ich seufzte.
„Na ja, weißt du sie schauen mich immer so wütend und voller Hass an da bin ich diejenige die zurück schreckt aber heute läuft alles irgendwie anders und ich bin müde davon immer die Kleine schwache zu sein. Ich hab es endgültig satt. Andauernd werde ich unterdrückt! Und zwar von ihnen! Ich hatte Angst davor unter zu gehen! Deswegen habe ich ihnen meine Stirn geboten mehr nicht.", meine ganze Frustration, alles was mich so eingeengt hat war jetzt raus. Trotzdem gab es tausend Dinge die ich am liebsten los geworden wäre, aber die verstaute ich in einen Tresor in meinem Kopf, legte eine massive Kette um ihn. Ich holte tief Luft und sah ihm in die Augen, aber senkte sie sofort wieder, weil er mich anlächelte, wobei mir warm ums Herz wurde. Ich lief rot an, daher ich meine verdammten Gefühle nicht unter Kontrolle hatte. Einfach die Klappe halten, Jearinne. Was läuft mit dir in letzter Zeit schief. Er hob mein Kinn hoch, doch ich versuchte mich ihm zu entwinden, aber er hielt sie fest, jedoch nicht grob oder so. Eher sanft und behutsam.
„Was ist denn mit deiner Stirn passiert?", fragte er, es war ihm anzusehen, dass er meinetwegen das Thema wechseln wollte. Weswegen ich ihm sehr dankbar war. Mit einem Nicken gab ich ihm das Zeichen, mein Kinn frei zulassen. Ethan tat es.
„Ach, nichts weiter. Ich bin aus versehen an ein Baum gefahren dabei bin ich vom Sattel abgerutscht und beim hin fallen habe ich meine Stirn angeschlagen.", ich lachte über mich selbst. Wenn mir schon Unfälle zustoßen sollten dann hart, denn ich hatte es verdient.
„Autsch. Hast du dir sonst irgendwo anders wehgetan?", er begutachtete mich sorgenvoll.
„Denn ich sehe dich seit heute nur humpeln.".
„Ehm, ja. Ich habe meine Knie geschlürft und mein Ellbogen, aber sonst geht es mir gut.", oh nicht zu vergessen, ich hatte die Kontrolle über mein Fahrrad verloren, bloß weil ich etwas schwarzes angegriffen hatte und es mir eine Heidenangst eingejagt hat, aber das schlimmste kommt noch. Es hatte nach Tod gestunken und war pechschwarz, dachte ich zu Ende. Eigentlich ging mir noch nie der Geruch von Tod durch die Nase, aber wie ich es mir sonst erklären sollte wusste ich nicht, denn es stank widerlich.
„Woran denkst duuuuu!", Ethan wackelte mit seinen Fingern vor meinem Gesicht und heulte wie ein Geist.
„An gar nichts.", log ich schon wieder und biss sogleich auf die Zunge. Hör auf zu lügen.
„Ach so okay. Da ist noch was, was ich dich fragen wollte. Wieso bist du gegen den Baum gefahren? Hast du es etwa nicht gesehen?", er klang ernst, jedoch schwang leichte Belustigung mit.
„Doch ich habe es gesehen ich habe nur kurz die Kontrolle über das Fahrrad verloren.".
„Und wie ist das passiert? Ich meine bist auf ein tiefes Erdloch gefahren?".
„Nein, mich hat etwas irritiert.", sagte ich verwirrt und die Wahrheit kommt Stück für Stück ans Licht, wenn man es so betrachtete.
„Was hat dich den abgelenkt?", wollte Ethan wissen.
„Irgend so ein Ding. Ich weiß aber nicht was es war.", wieso klang es noch viel absurder, wenn ich es laut aussprach.
„Ein Ding?".
„Du darfst ruhig lachen, ich finde mich selber ein bisschen albern.".
„Nein, das klingt nicht albern. Wie hat es ungefähr ausgesehen?".
„So pechschwarz und es hat eklig gestunken.", dabei kräuselte ich meine Nase. Es war keineswegs leicht, mich bei dem Gedanken an dieses Ding in meinem Zimmer und im Wald nicht zu schütteln.
„Oh.", er war plötzlich wie erstarrt und blickte nicht wirklich mich an. Es sah mehr so aus als würde er durch mich durch in die Leere schauen. Doch dann waren seine Augen auf etwas hinter mir gerichtet. Ethan schaute ängstlich, aber auch ernst drein. Schließlich drehte ich mich um. Anthony und die anderen standen nur zwei Meter entfernt und sahen Ethan und mich an. Sie lächelten mich unsicher an. Mein Blick blieb auf Anthony haften. Mit ernsten Augen beobachtete er mich. Ich wollte weggucken, aber es ging nicht. Ich war wie hypnotisiert von seinen tief, stechend roten Augen. Mir lief schon ein Schauer über den Rücken, weil ich schon befürchtete er würde einfach wegschauen. Doch im Gegenteil. Er schenkte mir ein warmes Lächeln, das mir Schmetterlinge in den Bauch zauberte. Seine Augen hellten auf und seine purpurroten Augen leuchteten so sehr, dass ich glaubte in sie einzutauchen. Zum ersten Mal nahm ich die helle scharlachrote Aura wahr die ihn umgab, sie leuchtete heller als alle Lichter an der Decke. Ich versuchte ein Lächeln zu Stande zu bringen, doch irgendwie gelang es mir nicht. Mir wurde schwindelig und griff sofort nach Ethans Arm. Dieser erstarrte wie zu einer Statue. Mir wurde nicht schwindelig von Anthony oder irgendeinem schlechten Geruch. Es fühlte sich an als ob irgendetwas in mir, in meinem Kopf, mein Hirn zusammenpresste. Ein Schmerzensschrei entwich mir. Nichts als schwarz sah ich vor meinen Augen. Ich sackte zusammen und das letzte was ich hörte war. „Halt sie fest!“. Es war Anthony.

„Jeara?!".
Kleine Punkte tanzten vor meinen Augen, als ich versuchte meine Lider zu heben. Doch sie fielen mir zu schwer und ich ließ sie geschlossen. Da bemerkte ich das starke schmerzvolle Pochen in meinem Kopf, ich versuchte einen Schmerzensschrei zu unterdrücken, doch da drückte es noch schlimmer zu.
„Au.", entwich mir ein Keuche und versuchte mich auf zu setzen, da drückten sanfte Hände mich zurück ins Kissen. Widerwillig legte ich mich hin und versuchte meine Augen zu öffnen. Zuerst sah ich nur verschwommen, bis schließlich alles klarer wurde. Ich schaute in grüne Augen. In ein Gesicht, dass von langen honigblonden Locken umrahmt wurde. Dieses Gesicht lächelte mich an. Ein Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen, aber das schmerzte ebenfalls in meinem Kopf. Ich richtete mich auf und erkannte erst jetzt wo ich war. Die lange weiße Kommode worauf ein länglicher Spiegel an der Wand verlief. Übersät mit Bildern und Pflanzen. Daneben mein Sofa mit kleinen Blumenmustern. Neben meinem Bett das kleine Tischchen mit meinem Wecker und einer Blume. Ein Glück, ich befand mich Zuhause.
„Hey, wie geht es dir?", unterbrach mich Marilyn bei der Durchsuchung meiner Zimmers, sie schaute mich mit sorgenvollen Augen an.
„Mein Kopf tut höllisch weh.", gestand ich, dabei streichelte ich über meinen Schädel.
„Das kann sein. Du bis in der Cafeteria nämlich ohnmächtig geworden. Wieso, kannst du uns wohl am besten erklären.", sie hob fragend ihre Augenbrauen. Was sollte ich ihr denn sagen? Mein Kopf hat so sehr geschmerzt, dass ich dachte er würde zerquetscht werden. Und zwar zu Brei. Ich war ohnmächtig geworden, wegen übler Schmerzen. Ohne zu übertreiben, denn ich dachte wirklich mein Hirn würde brennen. Woher zum Teufel sollte ich wissen, weshalb diese Schmerzen so plötzlich eingetreten waren. Natürlich bekam ich ab und zu Kopfschmerzen, doch damit war das keines Falls zu vergleichen, immerhin waren sie in den letzten Tagen auszuhalten . Ich lächelte sie an, und wieder musste ich mir ein Aua verkneifen.
„Ehm, das liegt vielleicht daran, dass ich seit Tagen an Schlaflosigkeit leide.", log ich und stellte mir dies als Frage. Könnte es daran liegen dass ich nicht genug Schlaf bekam. Seit Monaten.
„Wenn du glaubst, deine beste Freundin anlügen zu können, dann bin ich zutiefst verletzt. Denn Ethan hat gesagt du hättest dich an seinen Arm geklammert, als ob du hilflos eine Klippe runter hängen würdest", sie grinste mich triumphierend an, aber Sorge konnte ich genauso an ihrem Gesichtsausdruck ablesen.
„Wie meinst du das? Was hat Ethan mit der ganzen Sache zu tun?".
„Na ja, bevor du ohnmächtig wurdest, hast du dich an ihm fest gehalten.".
„Ich meine wann du mit ihm gesprochen hast.“.
„Wieso nicht?".
„Aber du saßt mit Phil zusammen draußen im Hof.".
„Ja, klar, Charlie hat uns ja auch Bescheid gegeben. Ich hatte so einen Schock bekommen, als man dich schlaff nach draußen getragen hat.", dabei schüttelte sie sich, als ihr die Bilder wieder durch den Kopf gingen.
„Wohin getragen?".
„Der Krankenwagen war schon unterwegs und vom Hof aus zu hören. Anscheinend hatte jemand, der dich nicht hasst, den gerufen. Er hat dich anschließend zu den Parkplätzen getragen.", erzählte sie und riss sich einen heraushängenden Faden vom T-Shirt und begutachtete ihn angestrengt
Er? „Wer?", fragte ich.
„Was meinst du mit 'Wer'?".
„Wer mich auf den Armen gehalten hat?", drängte ich.
„Ach so, jetzt dämmert es mir. Anthony natürlich.", höhnte sie und ich stockte. Der verbissene Ton war wohl nicht ganz aus ihrer Stimme gewichen, denn sie rümpfte verächtlich die Nase. „Ehrlich, wäre ich vor Sorge nicht krank um dich gewesen, hätte ich ihm dich aus den Händen gerissen.“, zischte sie und blickte au ihre Hände, die zu Fäusten geballt waren.
„Ach wirklich? Wieso das den?".
„Hallo ?! Wieso nicht? Das ist doch wohl nichts überraschendes, nicht?".
„Natürlich, es ist sogar ungewöhnlich! Aber das meinte ich gar nicht, sondern...", ich verstummte sofort als Mary mich unterbrach.
„Meiner Meinung nach hätte ich genau auf Anthony getippt, falls du wieder ohnmächtig geworden wärst. Egal, ob er sich wie ein Idiot verhält.", lachte sie und und grinste mich verschämt an. Ich warf ihr einen finsteren Blick zu, der bedeuten sollte, ihre verdammte redselige Zunge zu zügeln.
„Ich bitte dich Jeara. Du bist doch nicht blind, oder?".
„Was meinst du denn? Natürlich bin ich nicht blind.", ich wusste doch überhaupt nicht wovon sie redete oder auf was sie hinaus wollte.
„Scherzt du etwa mit mir? Jeara, bitte du musst da von selbst drauf kommen.", bat sie mich und ich strengte meinen Kopf an, wodurch ein stechender Schmerz durch meinen Schädel lief. Erneut verschwamm Marilyn und mein Zimmer vor meinen Augen.
„Er liebt dich, Jeara!".
Unmöglich!



Ich schlug die Augen auf, aber klappte meine Augenlider gleich darauf hin wieder zu. Mein Kopf tat höllisch weh. Nachdem die Schmerzen etwas nach ließen, hob ich meine Lider und lugte in die Dunkelheit. Marilyn war weg und ich befand mich auch nicht in meinem hellen Zimmer. Es war bloß ein Traum, nichts weiter. Das erklärt ja auch alles. Benommen strich ich mir über meinen Kopf. Meine Haltung fing an sich ungemütlich an zu fühlen, da richtete mich auf. Da gestand ich meinen Fehler, den alles um mich wurde schwärzer und dunkler als es eh schon war. Da nahm ich nun den vertrauten Geschmack wahr. Der Geruch der mir vor drei Jahren schon einmal in die Nase gekrochen war und in mir das Gefühl von Beklommenheit hervorgerufen hatte. Desinfektionsmittel und chemisches zeug. Ich lag im Krankenhaus. Panik ergriff mich, wie eine Bekloppte tastete ich alles um mich. An meinen Wangen spürte ich den Schlauch, der meine ganze Backe entlang verlief in meine Nase. Ein ungewohntes Gefühl befand sich in meinen Nasenhöhlen und kitzelte etwas. Nervosität überkam mich. Langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit, dabei erkannte ich jemanden der auf einem Stuhl saß und an der Wand anlehnte. Diese Person schlief. Schließlich erkannte ich diese typische Haltung, in der Mason immer schlief, wenn wir Zug fuhren.
„Mason?", flüsterte ich in den Raum hinein. Wohl wissend, dass er nicht reagieren würde. Ich lehnte mich zurück zu meinem Kissen und lauschte in die Stille. Die Erinnerungen von meinem letzten Besuch hier, waren noch stark in meinem Kopf eingeprägt. Schließlich überkam mich erneut die Müdigkeit, also schloss meine Augen, doch da nahm ich einen Lichtstrahl wahr.
„Es dauert auch nicht lange. Ich will sie nur kurz sehen.", diese vertraute Stimme rüttelte mich wach. Meine Augenlider schossen in die Höhe und am Bettenden stand Anthony. Er sah mich mit einem Blick an. Ob es ein trauriger oder fröhlicher Ausdruck war, konnte ich mir nicht erklären.
„Hey, wie geht es deinem Kopf?".
„Es... ehm... schmerzt immer noch sehr arg.", es war halb gelogen, ich konnte das schmerzende Pochen immer noch wahrnehmen, doch es erschien mir das es sich von selbst wieder zurück zog und lange nicht mehr so weh tat wie als ich aufwachte. So als würde die hell leuchtende Aura die von Anthony ausging, mir die Schmerzen entziehen.
„Oh, von dem Sturz habe ich recht?", fragte er mich sorgenvoll. Ich nickte.
„Vielleicht kam es ja vom Aufprall, daran könnte er wahrscheinlich liegen!", meinte ich. Meinen Kopf hatte ich an einen Stein angestoßen, als ich gegen den Baum gefahren war. Dies fiel mir erst jetzt ein. Wie mir so was aus den Gedanken entweichen konnte?
„Deshalb diese Wunde, über deiner rechten Augenbraue.", stellte er fest. Automatisch tastete ich diese Stelle an mit der ich aufgekommen war. Sie brannte unter meinen Fingern. Ruckartig zog ich sie zurück.
„Tut es arg weh?", er trat einen Schritt auf mich zu wobei ich ihn reflexartig in die Augen sah. Mit einem sorgenvollen Blick begutachtete er mich.
„N- nicht, so sehr wie am Beginn. Warum bist du hi...".
„Wie konntest du so schlimm aufkommen?", unterbrach er mich, dabei klang er auch noch misstrauisch und eisern. Seit gestern, oder falls es immer noch der Tag war an dem ich den Fahrradunfall hatte, benahm er sich anders. Immerhin war er die Person gewesen die mir zur Hilfe geeilt war. Und als er mit mir über sein Verhalten mir gegenüber gesprochen hatte. Nachdem kleinen Unfall war er mir zur Hilfe geeilt. Letztendlich tat er das genaue Gegenteil, das was ich von ihm am wenigstens erwartet hätte.
„Fahrradunfall. Wie schon gesagt. Warum bist du hier?".
„Ich wollte nach deinem Rechten sehen. Selber sicher gehen, dass du mir ja nicht weg gestorben bist.“, sagte Anthony und lachte sanft.
„Wie du siehst bin ich noch ganz. Bloß die Ohnmacht.“, erwiderte ich.
„Ein Glück. Baby, was wäre ich denn sonst ohne dich. Nichts als eine leere Hülle.“, flüsterte er leise, laut genug dass ich ihn hörte. Mit einem skeptischen Blick sah ich zu Mason, der schien von allem jedoch nichts mit zu bekommen. Durch Anthonys Worte wurde mein Körper ganz warm und die Schmerzen ließen nach. „Ruhe du dich weiter aus. Ich brauche dich noch.“, sagte er und schloss dabei die Tür hinter sich. Ich schloss die Augen. Wieso zum Teufel war es denn jetzt so? So liebevoll, anziehend und freundlich. In meinem Leben hatte es nie einen Jungen, geschweige denn ein Mensch gegeben der so seltsam und rätselhaft war wie er. Wie Anthony.





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