Atemzeit.. - Teil 14

Autor: Caprice
veröffentlicht am: 16.08.2012


Rot. Das war die Antwort. Das die Frage. Wieso mochte ich diese Farbe? Warum lässt sie mich nicht los? Paralysiert mich auf eine entzückende Art. So sehr, dass es mir hätte auffallen müssen. So sehr, dass es mir- nicht, aufgefallen ist.
Ich wollte meinen Kopf gegen die Felswände schlagen, die sich schlängelnd, vor uns, in die Länge zogen.
Mir kam es vor, als wären sie meine einzige Erlösung. Ich wollte nicht mehr denken. Mich nicht mehr fühlen, als würde etwas fehlen. Ein Puzzelteil. Ein wichtiges Fragment meines Wesens, meines Seins. Ohne dass ich nicht leben konnte. Ich fühlte diesen unendlich, schwarzen Abgrund. Der selbst mit der Liebe, diesem Lächeln, ihrem Lächeln, in mir klaffte, wie eine offene Wunde. Noch nie hatte ich dieses Loch so intensiv gespürt. Noch nie auch nur einen Gedanken daran verschwändet, dass ich mir meiner nicht sicher sein kann. Ich dachte ich wäre. Dachte, ich kannte. Mich.

„Seith?“ Mein Blick schweifte zu Michael. Was will er jetzt schon wieder? Kann er mich nicht wenigstens mit meinen Gedanken alleine lassen? Ich wollte dieses Selbstmitleid. Mein Eigenes. Wollte darin baden, oder ertrinken. Mir war alles egal. Nichts schien wichtig. Nur das Mädchen. Das hinter mir. Nur ihrem Klang wollte ich stundenlang lauschen. Wäre es nicht verboten. Ja, wäre es nicht.
„Was gibts?,“ antworte ich geistesabwesend und unterdrückte ein Seufzen.
Er zog mich am Ärmel und wartete bis die anderen ans uns vorbei gegangen waren.

„Es ist ok anders zu sein.“ Stimmt, dachte ich und war mir nicht sicher, was er mir jetzt damit sagen wollte. Ich runzelte die Stirn und er verstand.
„Du brauchst dir keine sorgen machen. Das wollte ich eigentlich damit sagen.“ Fuhr er fort. Er sprach ruhig. Nicht einen Hauch Strenge in der Stimme. Nichts. Nur ungewohnte, butterweiche Worte.

„Und wieso soll ich mir keine sorgen machen?“ Ich gab mir Mühe meine Stimme nicht allzu genervt klingen zu lassen.

„Weil ich weiss, wieso du das Feuer manipulieren kannst.“ Was? Meine Augenbrauen hoben sich. „Tatsächlich?“ Frage ich misstrauisch?
„Du liebst sie, oder?“ Ich sah ihn schockiert an. Hatte er mich das gerade wirklich gefragt? Ich wünschte ich hätte mich verhört. Mein Atem stockte. Was sollte diese Frage? Die passte überall hin, nur nicht hierher.
„Bitte was?“ Mir war klar, dass das nur ein lächerlicher Versuch war, mich aus der Arffäre zu ziehen. Meine Stimme klang so gespielt, wie noch nie und meine Gesichtszüge verzogen sich zu einer Art aufgesetzten„Unschuldsmiene“. Ein jammerlicher Versuch. Ich seufzte- innerlich.
„Sag es doch einfach Seith. Ich verspreche dir, dass es inordnung ist.“ Nein ist es nicht. Du weisst es. Ich weiss es. Was will er? Mich aus der Reserve locken und dann anschließend zurück ins Nichts schicken, wo ich hergekommen bin?
Seinen Schützling zu lieben verstößt gegen das Gesetz. Und Michael, war ein braver, treuer Engel und befolger aller Himmelsgesetze. Er würde es nicht verstehen.

„Wir wissen beide, dass es das nicht ist.“ Antworte ich und bohre meinen Blick, wissend, in seinen. Verzweifle an seinen Lidschlägen, drehe mich um, schlage die Hände über den Kopf und starre dem Mädchen hinterher, von dem ich weiß, dass ich sie liebe. Stelle dann fest, dass sie sich schon ein gutes Stück von uns entfernt hatten und nur noch schemenhaft zu erkennen waren. Stelle ausserdem fest, dass meine Verzweiflung nach dem Wunsch, nach ihr, hoffnungslos war.

„Wir sollten weiter gehen.“ Sage ich fast flüsternd und drehe mich wieder zu Michael, der wie angewurzelt, auf den kalten Stein schaute.

„Willst du nicht wissen, warum du das Feuer manipulieren kannst?“ Das hatte ich völlig vergessen. Er sprach weiter ohne meine Antwort abzuwarten.

„Sie liebt dich, Seith. Sie liebt dich so, wie du sie liebst.“ Was? Wer? Wie? Ist er jetzt vollkommen übergeschnappt? Was hat das mit Feuermanipulation zu tun? Und nein, tut sie nicht. Das wüsste ich. Oder, etwa nicht? Und selbst wenn nicht. Woher will er es wissen?

„Du redest Unsinn Michael. Ich werde jetzt den anderen folgen. Du solltest das gleiche tun.“ Antworte ich mittlerweile ziemlich frustriert, drehe mich auf dem Absatz um und gehe.

„Warte!“ Was denn nu schon wieder?
„Du verstehst nicht. Nur so funktioniert es,“ ruft er mir hinterher. Nur so funktioniert was?

„Was möchtest du von mir Michael?“

„Versteh doch. Es funktioniert nur so. Das Feuer. Seine Manipulation. Das geht nur, wenn sich zwei gleiche Teile anziehen. Sich lieben. Die Liebe verändert uns, Seith. Verändert einen Engel. Weil, sie ein sehr starkes Gefühl ist. Weil, es ohne sie keinen Hass gibt. Dich zieht die Farbe rot an? Habe ich recht?“

Meine Beine bleiben, wie von selbst stehen. Woher?... Wie? Wie konnte er das wissen? Ich spüre, dass mein Mund leicht geöffnet ist. Merke, den Schock in meinem Gesicht. Merke. Die Liebe. Merke. Sie. Könnte es wirklich... Ich meine... könnte es... Ist es wahr...?






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