Atemzeit..

Autor: Caprice
veröffentlicht am: 10.07.2012


Heute wird alles anders. Für den Moment aber lasse ich sie tanzen. Nur eine Weile noch. Nur einen Augenblick. Er ist es, der mich von diesem unverkennbarem Lächeln trennt. Und, ich war noch nicht bereit es zunehmen, und zu- behalten.
Einen Wimpernschlag später...
Sie tanzte nicht. Lächelte nicht mehr. Ihr marmornes Gesicht war leer. Ausdruckslos. Zu gerne hätte ich Sie gehalten, fest in meinen Armen. Der Glanz ihrer Augen, die mich an Honig erinnerten jedesmal wenn ich tief ihn sie hinein sah, war. Ja, er war und darum erloschen.
Ich wusste um ihren Schmerz. Mir war es ähnlich ergangen. Damals als ich es erfuhr.
Sie saß zusammengekauert in einem Korbstuhl. Den Kopf behütet auf die Knie gelegt. Das Geräusch ihrer Füße, die dumpf gegen die Beine des Stuhls tippten, durchflutete das bedürftig eingerichte Hotelzimmer, in dem wir uns befanden.
"Kleines!? Bist du da?“. Nur ein Wort. Ich wollte ihre Stimme hören. Sehnte mich nach ihr. Doch sie antwortete nicht. Gedankenverloren.
Ein Meer aus Goldenen Tränen. Und doch schöner den je. Für mich. Dass war sie immer. Ich bin Ihr Wächter-ohne zu Wachen. Denn gegen Tränen und Trauer kann selbst ein Engel nichts ausrichten. So sehr ich es auch wollte.
„Ich verspreche dir, dass ich dich beschützen werden. Bitte weine nicht mehr. Ich bin bei dir. Egal wie.... Ich bin es."
Wo sonst sollte ich sein? Für mich war es immer eine Tatsache. Eine Bestimmung. Meine Bestimmung. Ich exsistierte... Nein.. Wurde erschaffen aus diesem Grund. Sie zu beschützen. Das ist mein Schicksal. Dafür atme ich.
"Ich verstehe es nicht Seith“, schlurzte Sie und riss mich aus den Gedanken. Ihre Stimme klang wie berstendes Glas. Tränen Täler hatten sich unter Ihre Augen gegraben. Als sie meine Augen suchte verfing sich eine Haarsträhne in einer Ihrer Wimpern. Die lang waren. So sehr. Ihr Haare hatten die Farbe von Schokolade. Sie erinnerten an den Sommer und die Wärme, die er mit sich bringt.
"Warum ich?",
flüsterte sie jetzt kaum hörbar und strich sich die verfangene Strähne aus dem Gesicht. Wie sollte ich es in Worte fassen? Mein Herz fühlte sich plötzlich sehr schwer an. Ich wusste nicht wie.. Wie sollte ich es Ihr beibringen? Ihr sagen, dass diese, meine Information, lediglich ein Bruchteil dessen war, was uns noch bevor stand? Meine Zähne marlten. Ich wusste, dass das Leben wie Sie es kannte und vorallem liebte, vorbei war. So oder so. Sie sah mich gedankenverloren und schüttelte den Kopf- wissend, dass ich die Antwort, die sie brauchte, die sie hätte glücklich gemacht, nicht hatte. Ich konnte ihr nicht sagen, dass alles gut werden würde. In den darauffolgenden Minuten fühlte ich mich Nutzloser denn je, in meinem Leben.
In dem Raum, der Kalt war, weil ihr Lachen fehlte, ging ich ziellos auf und ab. Nach einer Weile lehnte ich mich gegen die raue Wand neben dem einzigen Fenster im Zimmer. Eine dünne Staubschicht lag auf der rostigen Fensterbank.
Ich wollte und konnte ihren Anblick nicht länger ertragen. Wollte dass es aufhört. Der Schmerz, die Tränen. Ihre Tränen. Dieses Gefühl in mir. Kaum in Worte zufassen. Es muss Wut sein. Eine seltsame Mischung von Gefühlen. Gefühle die ich nie zuvor gespürt habe. Weil ich noch nicht so lange exsistiere. Und doch, wusste ich die Gefühle zuzuordnen. Sie jagten mir beinahe angst ein. Ich wusste sie nicht zu bändigen. Nicht zu kontrollieren. Diese Wut in mir. Es hatte noch keinen Anlaß für eine Verwandlung gegeben. Alles war Neu- und befremdend zugleich. Mein Herzschlag verschnellerte sich abnormal und meine Hände ballten sich wie von selbst zu straffen Fäusten. Jede Faser, jedes Fragment in mir brannte. So unkontrolliert, dass ich dachte der Boden unter mir würde jeden Moment nachgeben. So muss es sich also anfühlen, dachte ich. Ich geriet ins schwanken. Adrenalin jagte mir durch die Knochen. Und dann. Ein heller Lichtblitz und ein Knall. So laut. Ich habe die Gefahr nicht kommen sehen, nicht mit ihr gerechnet. Nicht jetzt.
Der Lichtblitz traf mich mit voller Wucht. Glassplitter und rostige Fetzen der Fensterbank wirbelten zusammen mit Staubpartikeln durch die Luft. Mit einem Ohrenbetäubenden krachen prallte ich gegen den massiven Holzstrank am anderen ende des Raumes. Alles ging unglaublich schnell. Ich rutschte zu Boden und ehe ich überhaupt einen klaren Gedanken fassen konnte, brach der mächtige Holzstrank über mir zusammen. Als meine Rippen brachen spuckte ich flüßiges Eisen. Das Stechen und der schmerzhafte Druck schnürrten mir die Kehle zu. Für einen kurzen Moment verlor ich jegliche Orientierung.
„SEITH!“
Der Himmel schrie meinen Namen in die Wolken. Dicke Staubwolken. Die nach verbranntem Holz rochen. Ich konnte Sie nicht sehen.
Ich tat einen intensiven Atemzug und bevor meine Stimme unter der enormen Last erstickte antwortete ich Caprice, und befahl ihr wegzulaufen. Zu verschwinden. So schnell sie konnte... So weit weg sie konnte.
„Seith!?..Du.. Nein!!! Ich geh nicht ohne dich!“
„Es geht mir gut, Engel!,“ ich musste sie anlügen. Sie muss hier weg. Ich spürte einen weiteren Schwall Blut und fühlte wie die warme, dickflüßige Brühe, meine Mundwinkel hinunterlief.
„Geh jetzt. Ich finde dich Ich verpreche es!“ Meine Stimme war kaum mehr als eine Art Husten und Flehen. Das Geräusch hektischer Schritte auf Parkett und einer Tür, die in ihr Schloss krachte, beruhigten mich.

Meine Selbstbefreiung gestaltete sich nach mehreren Anläufen schwieriger als gedacht. Die Schmerzen in meiner Brust ließen mir wenig Spielraum für größere Bewegungen. Immer noch waren meine Gedanken bei Caprice. Hoffentlich kommt sie alleine klar. Hoffentlich geschieht ihr nichts.
Etwas, dass sich anhörte wie ein Kratzen. Ein Kratzen auf Eis, ließ mich ruckartig zusammen fahren. Sie waren hier...






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