Autor: Caprice
veröffentlicht am: 10.08.2012
Oh Nein- war einer von vielen Gedanken in meinem Kopf.
Die Stille wurde von vielen Geräuschen erschüttert. Lautes Rascheln, rasselnde Atemgeräusche. Es war jede menge Bewegung in unmittelbarer Nähe. Wortlos und in Starre verharrten wir, etwa eine halbe Stunde, in dieser misslichen Lage. Dann endlich wurde es ruhig und schließlich- Still.
Syril reichte mir seine Hand und zog mich schwungvoll aus dem Erdloch hinaus. Er legte seinen Zeigefinger auf die schmalen Lippen und ich tat wie befohlen und machte keinen Ton. Dann schaute ich mich hektisch um und folgte Syril, der schon losgegangen war. Er ging sehr zügig. Ich schlich vorsichtig hinterher und versuchte möglichst geräuschlos mitzuhalten.
Am Sprungpunkt angekommen vergewisserte Syril sich, dass wir alleine waren. Er war sehr vorsichtig. Was ich gut fand. Gegen folgendes hätte er dennoch nichts ausrichten können. Eine Pflanze öffnete ihre Blätter vor unseren Augen. Es war dieses rot, dass mich faszinierte. Ich blieb wie versteinert stehen. Ihre Stachel nahm ich überhaupt nicht war.
Syril öffnete einen Zeitwirbel. Er konnte mich wegziehen. Nicht jedoch verhindern, dass die lebende Pflanze ihre stacheligen Pollen in meine Haut bohrt. Auch seine blieb nicht verschohnt, das sah ich aus den Augenwinkeln. Schmerzerfüllt zog er sich den dicken Stachel aus dem Oberarm und ließ ihn im Zeitwirbel fallen. Er hielt mich fest, während wir durch den bunten-Tunnel trieben, der am Ende immer heller und klarer wurde. Die Stacheln, der Pflanze, ragen aus meinem Bein. Drei an der Zahl. Ich zog sie hinaus und stöhnte auf. Die Schmerzen hielten sich in grenzen. Ich kannte schlimmeres, dachte ich. Wir verließen den Zeitwirbel und plumpsten in eine schöne Lichtung.
Syril ging keuchend zu Boden. Seine Lippen waren schwarz angelaufen und sein Atem ging sehr schwer.
„Was ist mit dir?“ Fragte ich erschrocken und half ihm zurück auf Beine.
„Die Pflanze junge. Philaes-Gift...“ Seine Stimme war nur noch eine art Japsen.
„Was kann ich tun? Ich sehe die anderen nicht.“ Panik überkam mich. Wo waren sie nur?
Auch ich, spürte schnell die folgen des Giftes, in meinem Blut. Mir wurde schwummrig und das Gleichgewicht zu halten fiel unendlich schwer.
„Du musst Hail verwenden, Seith.“ Japste Syril und ging erneut zu Boden. Er bewegte sich nicht mehr. Wenn ich jetzt nicht handel, ereilt mich dass gleiche Schicksal und Syril könnte vielleicht sterben. Hail also. Ich seufzte. Ich hatte keine Ahnung wie heilen funktionierte. Ich rieb mir den Schweiß von der Stirn und stolperte hektisch zu Boden.
Syril´s Gesicht war bereits grau angelaufen. Sein Mund war weit geöffnet und er atmete flach. Ich legte meine Hände auf seinen Brustkorb und konzentrierte meine Gedanken darauf, die Vergiftung aus seinem Körper zu ziehen. Meine Hände wurden warm und dann heiß. Es funktionierte. Grelles Licht strömte aus meinen Handflächen und in Syril´s Körper. Er schlug die Augen auf und starrte mich, mit verwirrtem Gesichtsausdruck, an. Ich nahm meine Hände von seiner Brust und spürte sogleich, den heftigen Energieverlust in mir. Die Vergiftung vernebelte mir die Sicht. Meine Arme und Beine zitterten unkontrolliert und in meinem Kopf entfachte ein Feuer. Meine Mundwinkel verkrampften sich und dann schrie ich wirklich- vor Schmerz. Stöhnend hielt ich mir den Kopf. Ich spürte wie mich jemand packte und festhielt. Syril stemmte sein Gewicht auf meinen krampfenden Körper und drückte mich in die pulsierende Erde. Ich konnte nicht ruhig liegen, wehrte mich gegen den Druck auf mir. Wehrte mich gegen Syril. „Halt still Seith! Du machst es nur schlimmer.“ „Bitte... bitte lass mich los. Mein Kopf. Ich... Ich kann nicht.. Ahh!“
„Das wurde aber auch Zeit! Ich...“ hörte ich plötzlich eine andere, vertraute Stimme aus nächster Nähe. Die Gestalt machte erschrocken halt.
„Hilf mir Micheal! Schnell! Er ist vergiftet worden.“ In Syril´s angestrengter Stimme lag Verzweiflung. Michael war alleine gekommen. Er muss auf uns gewartet haben. Ich stöhnte und schüttelte den Kopf, als er mich wieder mit diesem seltsamen Gesichtsausdruck anstarrte, den er immer hatte. Wieso tut er das? Jetzt, da ich brenne? Syril hielt meinen Körper weiterhin fest am Boden. Ich konnte die Anstrengung in seinen Augen lesen. Schweißperlen hatten sich auf seiner Stirn gebiltet.
„Wieviele?“ Fragte Michael konzentriert.
„Drei!“ Antworte Syril und deutete auf mein Bein, dass von dicken Einstichlöchern übersäht war. Michael zog die Brauen hoch und starrte Syril fassungslos an. Dann beugte er sich zu mir und legte seine Hand auf meinen brennenden Brustkorb.
Drei? Was drei? Was soll das heißen? Ich brenne hier und ihr haltet Kaffeetratsch, oder was? Das Feuer brannte unaufhaltsam. Syril legte seine Hand auf meine Stirn und drückte meinen Kopf zurück in die Erde. Mein Atem wurde schwerer und meine Lunge fühlte sich an, als würde sie jeden Moment zerreißen. Dann versagte mir der Atem. Das Saphirblau, über mir, weitete sich sorgevoll. Michael war über mir. Ganz nah. Die Krämpfe, die meinen Körper durchzuckten stoppten aprubt. Etwas zog mich nach unten, fern von diesem Ort. In eine fremde, schöne Dunkelheit. Meine Augenlider wurden schwer und es kostete mich unendlich viel Kraft sie offen zu halten.
„HEY! HEY! Hier wird nicht aufgeben! Hast du das verstanden?“ Michael rüttelte an meinem Kopf. Hielt ihn mit beiden Händen fest. Ich schaffte es nicht mehr, ihn eigenständig aufrecht zuhalten. Seine Augen waren weit geöffnet und sein Gesicht wirkte mittlerweile nicht mehr Ernst. Ich versuchte nicht loszulassen und krallte meinen Blick in dieses schöne, besorgte blau. Die Dunkelheit lockte mich unaufhaltsam von diesem Ort. Meine Mundwinkel hingen müde hinunter. Ich versuchte zu atmen, meine Lungenflügel aufzublähen. Doch mein Körper wollte diesen Befehl nicht befolgen. Kein Muskel rührte sich, ich rührte mich nicht. Reagierte nicht. Nicht mehr.
„SEITH? SEITH?“ Auch in der Finsternis hörte ich meinen Namen und vertraute Stimmen in der Ferne.
„Wir dürfen keine Zeit verlieren Syril!“
„Das ist unmöglich Michael. Das schaffen wir alleine nicht. Es ist zuspät!“
„Wir müssen! Hörst du? WIR MÜSSEN!“
Der Körper, unter mir, bewegte sich schrittweise. Michael trug mich auf seinen Schultern durch einen hellen, schönen Wald. Das Silveertal erschreckte sich vor mir. Ich hob langsam den Kopf. Mein Körper gehorchte, das Brennen war weg und ich atmete fast gierig ein und aus. Micheal spürte meine Bewegungen und hielt inne. Etwas zittrig wurde ich zurück auf meine Beine gestellt. Michael musterte mich scharf. Ich hatte mühe mich aufrecht zuhalten.
„Hier! Trink das!“ Michael zog einen Wasserbeutel aus seinem Umhang.
Ich nahm einen großen Schluck und fuhr mir durch´s Haar.
„Wo ist Syril?“
„Weg!“ Antwortete Michael und starrte mich weiterhin scharf an.
„Für den nächsten Abschnitt sind wir auf uns gestellt.“ Fuhr er nach einer Weile fort.
„Dieses mal hätten wir dich fast verloren Seith. Ist dir klar, wie eng das war? Du musst besser aufpassen,“ mahnte er.
„Wir können nicht riskieren, dass du ständig in Gefahr geräts. Du gefährdest die gesamte Truppe mit deiner unvorsichtigkeit.“ Seine Tonlage veränderte sich. Er war wütend. Sogar sehr.
„Ich war vorsichtig,“ wehrte ich seinen Vorwürfe ab.
„Syril hat es genauso erwischt. Uns beide hat es erwischt.“
„Verstehst du immer noch nicht? Du hättest Tot sein können. Syril hat lediglich einen kleinen Teil des Giftes abgekommen. Deshalb war es dir möglich ihn zuheilen. Dich hat die Philaes-Pflanze drei mal getroffen. Das hättest du nicht überleben dürfen und ich bin selbst erstaunt darüber, dass du gerade vor mir stehst. Niemand hätte das überlebt. Niemand.“ Er schüttelte seinen Kopf.
„Dann hatte ich eben Glück, na und?“ Was soll´s. Was will er denn von mir? Soll ich tot umfallen? Würde er dann endlich aufhören, mich so ungläubig anzustarren. Ich hasste dieses Ausdruck in seinen Augen.
„Ja, hattest du. Ziemlich großes Glück. Anders kann ich es mir nicht erklären.“ Er knief die Augen zusammen und schürzte die Lippen. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und ging wortlos weiter- ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen. Ich folgte ihm und merkte, dass meine Beine plötzlich nachgaben. Ich stolperte und fiel hin. Mein Körper war zu geschwächt um mich zu tragen. Ich wollte Michael diesen Triumph nicht geben und stand rasch auf, als ich sah, wie er sich erschrocken nach mir umdrehte. Doch es half nichts. Ich fiel erneut um. Dieses mal war er schnell genug bei mir und bremste meinen Sturz, bevor ich zu Boden ging.
„Lass mich! Ich schaff das alleine,“ fauchte ich ihn wütend an.
Mir wurde speiübel und mein Magen drehte sich vor Anstregung.
„Ist ok, ich trage dich. Die anderen warten dort drüben auf uns.“ Er zeigte mit dem Finger gen Süden. Ein kleines Zelt stand in einer Lichtung auf einer Wiese.
Ehe ich mich gegen seine Worte wehren konnte, wurde ich auch schon hochgehoben. Er legte mich über seine Schulter und ging zügig los.
Es war mir unangenehm. Ich war eine Last und gerade in diesem Moment wurde es mir immer bewusster.
„Was hat er denn?“ Fragte die schöne Stimme, die sich wie Musik in meine Ohren anfühlte.
„Nichts, er ist nur ein wenig geschafft Caprice.“ Dafür war ich ihm dankbar. Michael verriet niemandem, was wirklich geschehen war.
Er setzte mich neben Caprice ab und stieg ins Zelt.
„Bist du wirklich ok?“ Fragte Caprice und lächelte etwas unsicher.
„Klar,“ antworte ich und versuchte meine Stimme extra überzeugend klingen zu lassen.
„Ihr wart lange fort!?“
„Ja, wir mussten warten. Die Philaes sind plötzlich aufgetaucht und haben uns den Weg versperrt.“
„Oh gott!“
„Hey, jetzt bin ich doch da,“ sagte ich beruhigend und nahm ihre Hand. Mein Kopf schmerzte nach wie vor und ich traute mich noch nicht aufzustehen. Aber ich war da. Voll und ganz. Caprice atmete erleichtert auf und nickte. Der Himmel war wolkenlos. Das Silveertal war malerisch schön. Ich war froh an ihrer Seite zu sein und erinnerte mich an unsere erste Begegnung. Sie wuchs bei Pflegeeltern auf und ging auf eine privatschule in Santa Fe. Dort sah ich zum ersten mal. Und dort verliebte ich mich. Unsterblich und unwiderruflich. Schon früh bemerkte sie, dass sie anders war. Auf ihrem Bauch verbindeten sich Jahr für Jahr, mehrere Muttermale zu einem. Das war die Karte, wie sich später herausstellte. Die Karte, die der Anführer, der Gefangene, seit Jahrzehnten suchte. Gorron der Schatten. Es war seine Dunkelheit, die der Teufel einst einspeerte. Weil selbst er, sie so sehr fürchtete. Er ahnte früh, dass sie mächtiger als er werden würde. Gorron verachtete ihn dafür und schwor ihm den ewigen Krieg. Er hielt sich selbst für teufelsgleich, für eine bessere, dämonischerere-Version. Seine Anhänger, die Gefangene, waren seine treuen Untertarnen. Etwas, dass sich mit den Jahren nicht veränderte. Warum gerade Caprice? Nun ja, ich denke, dass nur ein reines Herz den Weg in die Dunkelheit beschreiten kann. Sie wurde dafür auserwählt. Auserwählt, den Weg entweder zugehen, oder sich dagegen zu entscheiden und die Dunkelheit zubefreien. Und ich wurde auserwählt sie auf dieser Reise zu begleiten, und- zu schützen. Solange der Weg von Reinheit geprägt ist. Solange er darin bestand, die Dunkelheit und ihren Ort, verborgen zuhalten.
„Wir werden über Nacht bleiben,“ hörte ich die Stimme von Raziel. Er schlürfte gerade aus dem Zelt und musterte mich mit angehobenen Augenbrauen.
„Du solltest dich ausruhen Seith. Siehst furchtbar aus.“
„Wie immer sehr freundlich Raziel. Danke, ich freue mich auch dich zusehen,“ antwortete ich spöttisch und grinste müde.
„Was denn? Stimmt doch!“ Sagte er scherzend und hockte sich neben mir auf die Erde.
Ich sollte mich wirklich etwas ausruhen, dachte ich und legte mich hin. Ich zu Caprice rüber, die sich neben mich gelegt hatte und lächelte. Ich lächelte zurück und schlief völlig erschöpft ein.
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