Autor: blue-haze
veröffentlicht am: 06.07.2013
9. Tee-Time
Es vergingen einige Augenblicke bis ich die Worte dieser butterweichen Stimme verarbeitet hatte. „Bruder?“
Er reichte mir die Hand. „Wie wäre es, wenn wir das Gespräch bei einem Kaffee fortsetzen?“
Ich steckte meine Hand demonstrativ in meine Jackentasche. „Und dann setzt du mich in einem Wald aus oder mein Körper wird in einem düsteren Keller gefunden.“ Als keine Reaktion folgte, fügte ich hinzu: „Das heißt übersetzt: Ich gehe nicht mit fremden mit.“
„Nur, dass ich kein Fremder bin.“
„Das kann jeder behaupten.“
„Ich weiß, du bist von Natur aus misstrauisch. Aber hier in der Nähe ist ein nettes Café... voll von Menschen.“
Als diesmal meinerseits keine Reaktion kam fügte er hinzu: „Übersetzt bedeutet das: Zeugen, die darauf achten, dass ich dir nichts tue.“
Nun, er hatte mich mit meinen eigenen Waffen geschlagen.
Das Café war gemütlich und da ich knapp bei Kasse war, ließ ich mich widerstrebend von Aalon einladen. Noch während ich darüber nachsann, woher mir der Name so bekannt vorkam, brachte die Kellnerin mir einen Tee. „Du wunderst dich bestimmt, warum ich mich jetzt erst bei dir Melde.“
„Nein, ich wundere mich darüber, dass du behauptest mein Bruder zu sein.“
Ein leises Lachen, das mich wie ein Schlag ins Gesicht an Luce erinnerte, erklang. „Ich weiß, das ist nicht leicht zu glauben. Noch unglaublicher wird es allerdings,wenn ich dir erzähle, wer du bist... wer wir sind.“
„Keine Menschen, soweit ich mir habe sagen lassen“, brummte ich. Es fiel mir nicht leicht es zu glauben, zumindest im Bezug auf meine Person – obwohl ich Luce bereits als...Flügel...Dingens...Prisma, gesehen hatte.
Was ist Wahrheit
in dem Moment,
indem sie sich als Erkenntnis vorstellt?
Ein Schlag ins Gesicht
Mit einem Mal wusste ich, woher ich den Namen kannte. „Du bist ein Strike... deine Leute haben mich vor einiger Zeit fast umgebracht.“
„Ich bin ein Strike, das ist wahr. Es tut mir leid, dass diese Idioten dich so schlecht behandelt haben. Als mir dieser Fauxpas zu Ohren gekommen ist, haben sie selbstverständlich eine harte Strafe erhalten.“
Fauxpas? Allein dieses Wort, zeigte mir, zwischen uns offenbar ein nennenswerter Klassenunterschied war.
„Ylara...ich-“
„Wie hast du mich gerade genannt?“
„Ylara ist dein eigentlicher Name. Rayla ist der Name, den dir deine Mutter – eine Prisma gegeben hat. Dieser Name, beschreibt eine Lüge.“
Wenn er immer so redete, würde ich mich bald übergeben. „Was meinst du damit?“
„Ra – Yla, bedeutet so viel wie „Die Verbindung“. Doch du sollst nicht verbinden. Das ist nicht deine Bestimmung.“
„aahhh ja. Dir ist klar, dass ich nichts von dem Verstehe, was du mir hier verklickerst?“
„Du wirst es bald verstehen. Beginnen wir doch so: Du bist halb Prisma, halb Strike. Das hat es in der Geschichte beider Völker noch nie gegeben. Seit beginn unserer Existenz, sind wir verfeindet. Dass sich ein Strike mit einer Prisma eingelassen hat, war ein Skandal ohnegleichen.“
Konnte bitte jemand diese Wortwahl abstellen? Allein das musste der Beweis dafür sein, dass sie nicht miteinander Verwandt sein konnten.
„Yeah...ich bin ein Skandal...Erzähl mir was Neues.“
„Als dein Vater...unser Vater... zurück in unser Land geholt wurde, wusste er nicht, dass es dich gibt. Deine Mutter hat ihm ihre Schwangerschaft verschwiegen.“
Ich hörte geduldig zu. Es klang nur nicht als wäre das meine Geschichte. Mir fehlte jeglicher bezug. Ich konnte mich nicht erinnern, je nach einem Vater verlangt zu haben. Ich konnte mich auch nicht erinnern, je meine Mutter als solche registriert zu haben.
„Jedenfalls... als er herausgefunden hatte, dass es dich gibt, wurde er zum König gekrönt und durfte dich nicht als seine Tochter preisgeben.“
Ohne eine Mine zu verziehen, hörte ich zu.
„Du bist eine Prinzessin“, fügte er mit einem zögerlichen Lächeln hinzu.
„Eine Familienschande.“ - Das war es, was ich gehört hatte.
„Du bist etwas besonders, Ylara. Vater will, dass du nach Hause kommst und offiziell als Teil der Familie anerkannt wirst. Du sollst geehrt werden, als die die du bist. Du wirst das Fackel-Reich anführen … den Krieg für uns entscheiden.“
Genug gehört. „Danke für den Tee.“ Ich erhob mich und nahm meine Jacke.
„Ylara...“
„Ray“, korrigierte ich. „Nicht Ylara. Nicht Rayla, oder Ra-Yla. Es heißt Ray... und ich habe kein Interesse.“
Mit diesen Worten, ging ich.
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