Ray- die Verbindung - Teil 4

Autor: blue-haze
veröffentlicht am: 19.06.2013


3. „...Luce“

Ich trat nervös auf den Bürgersteig und zwang mich, nicht gleich los zu rennen, sondern zu warten. Schließlich hatte ich es ihm versprochen. Und wer konnte einem Engel schon etwas abschlagen? Natürlich war mir klar, dass ich mir das alles nur eingebildet hatte, doch allein, dass er sich für mich einsetzte, machte aus ihm für mich einen Engel.
Nach einer gefühlten Ewigkeit, kam er auf mich zu, mit einem schüchternen Lächeln im Gesicht, was ihm auch noch gut stand. „Morgen, Ray.“ Warum klang das aus seinem Mund nur so anders als bei anderen? „Morgen...“ Ich überlegte seinen Namen hinzuzufügen, kam mir blöd vor und ließ es.
In der Schule und in den Pausen, bemerkte ich die Blicke der anderen auf mir. Stechend, böse, darauf wartend, dass Luce mich nur einen Moment aus den Augen ließ. Und sie hatten Recht: Er würde nicht immer da sein können und dann war ich ihnen ausgeliefert.
„Worüber denkst du nach?“, fragte er mich, als er mich wieder nach Hause begleitete.
„Es ist keine gute Idee.“
„Fängst du schon wieder an?“, seufzte er.
„Ja, ich fange wieder damit an!“ Noch bevor ich weiter sprechen - ich korrigiere mich - weiter schreien konnte, ergriff er meine Hand und zog mich in eine andere Richtung. Ehe ich mich versah, spazierten wir über die Einkaufspassage, Hand in Hand und ich fühlte mich wie der größte Depp auf Erden. Mit gesenktem Blick, wartete ich darauf, dass er meine Hand los ließ, doch er tat es nicht. „Warum lebst du in einem Appartment?“
„Kann mir keine Wohnung leisten.“ Er lenkte vom Thema ab!
„Und deine Eltern?“
„Abgehauen, tot...was weiß ich?“, fauchte ich unbeabsichtigt.
„Tut mir leid, ich wollte dir nicht zu nahe treten.“
„Warum zum Henker, bist du so verständnisvoll?“ Als ich die ersten Blicke der Passanten bemerkte, senkte ich meine Stimme, atmete tief durch und setzte nochmal an: „Meine Mutter war plötzlich nicht mehr zu Hause, als ich nach der Schule nach Hause kam und einen Vater hatte ich nie.“
„Das tut mir leid.“
Ich sagte nichts und lange gingen wir schweigend nebeneinander her. „Und wieso bist du hergezogen?“
Mit einem nervösen Lachen, sagte er etwas, das ich nicht erwartet hätte: „Um ehrlich zu sein, habe ich nicht einmal eine Ahnung, wie ich hier her gekommen bin. Eines Tages bin ich in meinem Zimmer aufgewacht und wusste nur noch wie ich heiße. Du hättest sehen sollen, wie die mich im Rathaus angesehen haben. Aber ich habe erfahren, dass ich vor kurzem umgezogen war, und offensichtlich keine Familie habe. Ach ja, und mein Alter. Das war alles.“
Ungläubig starrte ich ihn an. „Japp! Genauso haben die mich im Rathaus angesehen“, grinste er.
Ich wandte mich ab und schämte mich für meine harten Worte. Wir schritten langsam nebeneinander her, und noch immer hielt er meine Hand. Sollte ich ihn darauf ansprechen? Ich kam mir etwas dumm vor, und gleichzeitig wollte ich nicht, dass er losließ. Du verhältst dich wie ein verliebter Teenager, Ray! Andererseits...genau das war ich wohl. Ein verliebter Teenager, der sich in den ersten Menschen verliebte, der mal nett zu ihm war. Ich zog meine Hand aus der seinen und er sah mich an. War da ein Funke Enttäuschung in seinen Augen aufgeblitzt? Doch er lächelte mich warm an. Wir waren Mittlerweile in einem Park neben der Einkaufspassage angekommen. Es waren nur wenige Menschen hier unterwegs. „Du wirst nicht immer da sein können. Es ist besser für mich, wenn ich genauso weitermache wie vorher auch.“
„Ray! Hör auf damit!“ Er bebte am ganzen Körper. Ich hatte ihn wütend gemacht. Einerseits tat es mir leid, doch andererseits -
Von einem Moment auf den anderen, befand ich mich in seinen Armen. „Ich weiß, dass ich es kann.“ Seine Arme schlossen sich fester um mich. Ich fühlte seinen Herzschlag, er raste förmlich. „Gib mir eine Chance zu beweisen, dass ich dich beschützen kann. Ich fühle es tief in mir. Es ist als wäre ich nur dafür hier.“
Ich sah ihn irritiert an und versuchte seine Worte einzuordnen. Ein verlegenes Lächeln stahl sich auf seine Lippen. „Ich weiß, es klingt kitschig, aber es ist wirklich nicht so gemeint... Na ja, vielleicht ein bisschen.“ Er zeigte zur Einkaufspassage. „Dort stand ich, vor einigen Monaten. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte und vor allem wo und warum. Ich musste ausgesehen haben wie ein Kind, das seine Eltern verloren hat. Und plötzlich sehe ich dich und ich weiß es einfach. Ich weiß, dass du der Grund bist, dass ich hier bin und dass ich zu dir muss. An diesem Tag bin ich vermutlich Tausenden von Menschen begegnet und ausgerechnet du fällst mir auf. Ich habe oft versucht dich zu vergessen. Aber ich habe jede verdammte Nacht von dir geträumt.“
Sein entschlossener Blick haftete an mir und ich konnte nicht anders als ein mechanisches Nicken von mir zu geben, bis sich mein Verstand wieder einschaltete. „Mo-ment. Ich habe ja schon vieles gehört. Ich war der Sündenbock, die Psychisch gestörte... ich war schon vieles. Aber der Sinn des Lebens von irgendwem... das klingt nun wirklich...“
Er grinste wie ein kleiner Junge, „verrückt?“
„Haargenau!“
„Ray.... gib mir doch einfach eine Chance. Ich weiß nicht, was das zu bedeuten hat. Mir fällt es ja selbst schwer genug es zu glauben, was denkst du wie ich mich fühle? Aber wir können hier entweder rumstehen und uns darüber streiten ob du es wert bist der Sinn meines Lebens zu sein – und glaub mir, ich würde gewinnen – oder wir können es einfach ausprobieren.“
Ich war mein Lebenlang einsam gewesen. Selbst mit meiner Mutter, war ich einsam. Ich musste kein Psychologe sein um zu sagen: Ich gehörte eindeutig zu der gefährdeten Gruppe Mädchen, die auf den nächstbesten Kerl reinfielen, der ihnen etwas von der großen Liebe vormachte und dann zu den Arschlöchern zählte, die ihre Frauen schlagen. Ich gebe es zu, ich war bestimmt eines dieser Mädchen und wenn ich Pech haben würde, dann wäre ich gerade eben an genau so einen Typen geraten. Aber jeder der schon einmal so einsam war, der weiß, dass man in einem solchen Moment einfach machtlos ist und darauf angewiesen, dass der Mensch, in dessen Hände man sein Leben übergibt es tatsächlich gut mit einem meint.
„Okay...Luce“
Ein breites Grinsen, huschte über sein Gesicht. „Warum grinst du so? Das ist mir unheimlich.“
„Du hast mich beim Namen genannt.“
„Und?“
„Das ist das erste Mal.“
„Schüchtern hast du mir besser gefallen.“
„Wirklich?“
Natürlich nicht! Sein freches Grinsen war so Sexy, dass jeder der es nicht gesehen hat, nicht gelebt hat!





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