Autor: MarieCurie
veröffentlicht am: 03.06.2014
Vor meinem Haus angekommen, steige ich aus, verabschiede mich von ihm und gehe zum Vorgarten. Wir haben nicht sehr viel geredet und irgendwas hat ihn bedrückt. Ich wollte aber nicht nachfragen. Ich war enttäuscht. Ich war einfach nur enttäuscht..
Er fährt weg und ich mache auf dem Absatz kehrt und laufe zu Jani. Ich muss ihr sowieso noch von meinem Vater erzählen.
Ich klingele einmal und Janis Vater macht mir die Tür auf. Im Gegensatz zu Steve mögen mich ihre Eltern. Er lächelt und schickt mich in Janis Zimmer. Dort liegt sie mit ihrem Englischbuch auf dem Bett und lernt. Ich klopfe von innen an die Tür, da sie mich noch nicht bemerkt hat.
Ihr Kopf dreht sich zu mir und lächelt. Ich schließe die Tür und lasse mich auf ihren Schreibtischstuhl fallen.
„Hey..“
„Hi..“, trällert sie fröhlich.
„Mein Dad hatte einen Herzinfarkt. Ich war eben bei ihm. Er ist auch seinen Job los. Das war übrigens der Auslöser.“, meine ich seufzend.
Schlagartig ändert sich ihre Miene von fröhlich zu todtraurig.
Sie setzt sich in ihrem Bett auf und hat mit Tränen zu kämpfen. Sie war schon immer so. Rainer ist wie ein zweiter Vater für sie.
„Oh Gott. Wie geht es ihm jetzt? Wieso, wieso hast du mich nicht angerufen? Ich hätte dich doch begleitet..ich..“, ein schluchzen erstickt ihren letzten Satz.
„Ihm geht es besser. Es tut mir leid. Ich hab, ich hab nicht nachgedacht und Darius angerufen. Der ist dann mit mir zu ihm gefahren.“
Augenblicklich erhellt sich ihre Miene wieder.
„Du hast ihn angerufen und er ist sofort zu dir gefahren? Wie süß! Ich wusste, das da was bei euch gehen könnte. Ich meine er setzt sich sofort in Bewegung und... Moment mal du siehst bedrückt aus und das nicht nur wegen deinem Vater..“, sie betrachtet mich genau.
„Ach Quatsch, es ist alles in Ordnung.“, versichere ich ihr. Glatte Lüge.
Sie steht auf, baut sich vor mir auf und zeigt mit ihrem Zeigefinger auf meine Brust.
„Dir geht es nicht gut und ich glaube, nein ich weiß, dass es nicht nur wegen deinem Vater ist. Was ist nach dem Krankenhausbesuch passiert?“
„Ich bin mit Darius Eis essen gegangen und er hat mich dann heim gefahren. Übrigens, hast du Lust am Freitag etwas zu unternehmen?“
Sie schaut mich einen Moment skeptisch an, meint aber dann.
„Äh ja klar. Luce? Zum letzten Mal, was zum Henker ist noch vorgefallen?“ Ich hasse Jani dafür, dass sie mich so gut kennt. Ich könnte sie verprügeln.
„Er hat halt gestern gemeint, er will am Wochenende etwas unternehmen. Dann habe ich ihn danach gefragt und er meinte, dass Freitag besser sei, weil er Samstags eine Verabredung mit einer Studentin hat.“
„Und was wurmt dich so richtig oder?“, grinst Jani schon fast diabolisch.
„Nein, nur dass er eine viertel Stunde bevor er mir das erzählt hat meine Hand gehalten hat und...“, meine ich in Rage. Ich könnte mich jetzt schon ohrfeigen dafür.
„Er hat deine Hand gehalten?!“, Jani kreischt schon fast. Ich nicke nur stumm und verdrehe die Augen.
„Und du hast das zugelassen? Du hast es zugelassen und es wurmt dich das er sich mit einem anderen Mädchen trifft..“, strahlt sie.
„Moment mal...das heißt“, wispert sie dann.
„Du bist verliebt! Oder du magst ihn bereits sehr. Oh Gott, Luce das ist der Wahnsinn.“ Jani heult schon fast wieder, aber diesmal aus Freude. Sie scheint sich anscheinend mehr darüber zu freuen, als ich es je tun werde.
„Nein Jani. Mögen ja, verliebt sein nein. Du hast sie ja nicht mehr alle.“
„Und warum lässt du dich dann von ihm anfassen und viel mehr warum hältst du dann mit ihm Händchen? Nicht mal Tommy durfte das.“
Ja warum eigentlich? Es fühlt sich einfach gut und richtig an. Mehr nicht.
„Keine Ahnung. Ich war verblendet oder so. Themawechsel bitte.“
Jani verdreht die Augen.
„Du bist verliebt und fertig. Dann musst du deine ganze Aufmerksamkeit am Freitag ihm schenken und dann will er niemand Anderen als dich. Du musst nur netter sein, als du es sonst bist.“
Netter sein als ich es sonst bin. Sie müsste mich einmal in Darius Nähe erleben. So zahm wie bei ihm bin ich sonst nie. Und verliebt? Wenn ich jetzt ehrlich sein müsste, würde ich sagen, dass dieses Gefühl, den Gefühlen, die ich mal für Tommy hatte, verdammt ähnlich sieht.
Apropos Tommy, ich werde ihn nicht einladen.
„Jani ich hau jetzt ab, wir sehen uns morgen.“
Mit diesen Worten verschwinde ich einfach. Es ist mir egal was sie von mir hält. Ich will nur noch nach Hause.
Dort angekommen drehe ich meine Anlage laut auf. „Glory Hole“ von Steelpanther dröhnt durchs Haus und ich singe lauthals mit. Ich gebe meiner Katze Futter und mache mir etwas zu Essen. Ich habe schon lange nichts mehr richtiges gegessen. Ich entscheide mich für Nudelauflauf und setze schon ein mal Wasser für die Nudeln auf. Danach gehe ich zum Vorratsschrank und suche nach Rigatoni. Als ich fündig werde, klingelt es an meiner Tür. Ich schalte den Herd vorsichtshalber kleiner und trotte zur Tür.
„Hey, was machst du denn hier?“, frage ich verwundert als Steve den Flur betritt.
„Jani hat mich angerufen und hat mir von eurem Gespräch erzählt. Direkt als du gegangen bist hat sie mich angerufen.“ Ach du scheiße, das wird lustig.
„Sie meinte du seist verliebt. Ich habe sie ausgelacht und ihr versucht zu erklären, dass sie sich irrt.“
Danke Steve, du bist der Hammer. Ich könnte ihn umarmen.
„Danke. Sie ist total irre geworden.“, meine ich nur.
„Ich mach gerade essen, willst du mitessen?“, frage ich hinterher.
„Das trifft sich gut. Ich hab Tommy eben getroffen, der wollte auch noch zu dir, wieso auch immer.“, meint Steve und dreht die Lautstärke meiner Anlage niedriger.
Meine Laune vergräbt sich nun endgültig im Keller. Tommy ist der Letzte den ich jetzt sehen will.
„Äh, ok..“
Und als hätten sie sich abgesprochen klingelt es wieder an der Tür.
„Mein Stichwort zu gehen..“, meint Steve und geht zur Tür. Ich schnappe mir seinen Ärmel und ziehe ihn zurück.
„Hier geblieben. Du machst die Tür jetzt auf und sagst ihm, dass ich total müde bin und du auch gerade gehen wolltest, ok?“, zische ich.
Er seufzt und geht zur Tür.
„Hey, sie ist total am Ende, hat glaub ich ihre Tage und so, ich wollte auch gerade gehen..“
„Oh nagut. Dann komme ich wann anders wieder.“
Darius.
„Lass mich nach ihr sehen. Ich will sie nur etwas fragen.“
Tommy.
Ich habe plötzlich den Drang alle 3 von meinem Gelände zu vertreiben. Steve, weil er sowieso gehen wollte. Tommy, weil ich ihn nicht sehen will. Und Darius, ich habe keine Ahnung wieso. Dieses ätzende Gefühl in meinem Magen macht sich wieder breit und es macht mich verrückt.
„Du solltest sie in Ruhe lassen, wenn es ihr nicht gut geht.“, meint Darius.
Ich höre ein Schnauben.
„Achja? Wer bist du denn schon um mir Ratschläge zu geben? Halte dich von Lucy fern, du Depp.“, meint Tommy wütend. Holla die Waldfee, kann der abgehen.
„Komm schon, man, beruhige dich. Darius hat Recht. Sie braucht Schlaf.“ Wow Stevie woher kannst du so gut lügen?
„Nein ich beruhige mich nicht. Er soll die Finger von ihr lassen!“, brüllt Tommy weiter.
Besitzansprüche hat er ja gar nicht. Was macht er da bitte für eine Szene. Ich könnte kotzen.
Ich setze mich auf die Couch und höre von dort aus zu.
„Mein Gott, was ist dein Problem? Wir sind nur Freunde. Sie ist nicht mehr für mich, ok?“, meint Darius entnervt.
Ja, sags ihm, Kumpel! Doch mein Gehirn und meine anderen Organe sind nicht derselben Meinung. Mein Magen dreht sich einmal um und mir wird kotzübel.
„Ja, nur Freunde. Ich hab euch heute gesehen. Nur Freunde. Ich lache fast. Wenn du sie noch einmal anfasst, dann schlägt es 12, man!“
„Ja was war denn da? Ich habe ihre Hand gehalten mehr nicht. Mein Gott was für ein Theater.“, brüllt jetzt auch Darius aufgebracht.
Plötzlich höre ich ein Zischen. Nochmal und Nochmal. Was ist das?
Meine Augen weiten sich und ich laufe fast im Galopp zur Küche. Das Was schäumt und tritt auf die Herdplatte, sodass diese sich durch das Salzwasser total verkrustet. Wie von der Tarantel gestochen nehme ich den Topf vom Herd, sodass das Wasser aus dem Top direkt über meinen rechten Arm schwappt. Ich lasse den Topf fallen und brülle.
„Fuck Man. Verdammte Scheiße. Fuck. Tut das Weh!“
Ich renne zum Wasserhahn, drehe kaltes Wasser auf und halte meinen brennenden Arm darunter.
Im selben Moment kommen 3 verwirrt drein blickende Herren in die Küche gelaufen und schauen mich an, als sei ich ein Alien.
„Was?“, maule ich und lasse meinen Arm weiter unter dem kühlen Strahl gleiten. Meine Fresse, tut das gut.
„Was ist..“, setzt Steve an, schaut zu meinem Arm und dann zum Kochtopf - Er scheint zu begreifen.
Darius kommt auf mich zu.
„Zeig mal her.“, meint er und zieht meinen Arm sachte zu sich.
„Du besitzt zwar bald einen Doktortitel, aber du bist kein Arzt. Was soll die Show?“, meint Tommy pampig.
„Kannst du nicht mal für eine Sekunde dein dummes Maul halten? Ist das so schwer?“, brüllt jetzt Darius wieder.
Meine Güte, der hat ja ordentlich Temperament wenn er wütend ist.
Tommy bleibt still und Steve kommt auch auf mich zu und begutachtet meine Haut.
„Fuck, ist das rot. Du solltest damit vielleicht ins Krankenhaus...“ Ach ne echt?
„Rot ja, Krankenhaus nein. Das ist nichts. Ich kühl das und..“
„Ich fahr dich ins Krankenhaus.“, meint Darius entschlossen, geht zur Gefriertruhe, kramt darin herum und reicht mir dann einen Beutel mit Eiswürfeln.
„Kannst du vergessen. Ich werde nicht..“, erwidere ich.
„Lu, das ist nicht nur ein bisschen verbrannt. Du hast dir siedend heißes Wasser übergekippt.“
Tommy der sich die ganze Zeit gegen die Küchentheke gelehnt hat, kommt nun auch auf mich zu, schaut sich dann auch meinen Arm an und meint dann. „Komm schon, das sieht nicht gut aus. Ich fahre dich, ok?“
Mh, 3 gegen einen. Sieht schlecht aus für mich.
„Na gut, fahren wir. Wenn es aber länger als eine halbe Stunde Dauert gehen wir!“
„Wer soll dich begleiten?“, fragt Tommy.
Gute Frage. Auf Darius kann ich im Moment verzichten, da ich bei ihm dieses ätzende Gefühl empfinde und ich das Gefühl habe, dass es sich immer weiter ausbreitet. Mit Steve hab ich Schiss Auto zu fahren. Er hat es letztes Jahr zu 3 Unfällen geschafft, sodass nicht mal Jani noch mit ihm fährt. Bleibt nur Tommy. Auf diesen habe ich auch keine Lust, aber was soll man machen?
„Tommy, lass uns fahren.“
Steve kratzt sich am Kopf und kann sich durchaus vorstellen, woran es liegt, dass ich nicht mit ihm fahren will. Doch Darius sieht mich an, als hätte ich ihm ins Gesicht geschlagen. Wir gehen zu meiner Haustür und verabschiede mich mit einem Nicken von Darius und Stevie.
Steve bringt noch ein „Ciao“ heraus und Darius dreht sich einfach um und geht.
Im Auto ist es still. Viel zu still. Ich beuge mich nach vorne und will das Radio anschalten, da hält ich Tommy auf.
„Was ist da zwischen Darius und dir?“, fragt er schnaubend.
Nicht schon wieder das Thema. Kann sich denn einmal alles nicht um Darius drehen? Meine Gedanken an ihn reichen mir schon.
„Nichts. Wir sind Freunde.“, meine ich ruhig.
„Achja? Du hast mit ihm Händchen gehalten. Mich hättest du umgebracht wenn ich dir in der Öffentlichkeit so nahe gekommen wäre.“, fängt er wieder an zu brüllen.
„Boa, Tommy. Ich bereue es mit dir gefahren zu sein.“, schnaube ich genervt.
„Ja, weil du lieber mit ihm gefahren wärst.“
„Eifersüchtige Kerle sind schwul.“, meine ich sachlich.
„Glaub mir ich bin alles andere als schwul.“, brummt er wütend.
„Was ist nur los mit dir, Lu? Ich erkenne dich gar nicht wieder. Wieso lässt du dich von ihm anfassen? Du hasst es. Du hasst jede Berührung und das habe ich damals akzeptiert. Und dann habe ich dich auf der Party am Arm gegriffen und du warst total sauer und als ich mich entschuldigen wollte, sitzt du da auf der Wiese und machst in der Öffentlichkeit mit diesem Deppen herum. Ist das die Strafe wegen Diane?“, mault er.
„Strafe? Was? Ich war betrunken und kann ich doch nichts dafür, dass ich betrunken mit ihm in die Kiste bin.“ Augenblicklich könnte ich mich zum wiederholten Mal an diesem Tag ohrfeigen.
„Du hast mit ihm geschlafen?!“, brüllt er nun so aufgebracht, dass sein ganzer Körper bebt.
„Was ist dein Problem? Du hast mich damals mit Diane betrogen! Lass mich raus. Ich gehe nach Hause.“
„Empfindest du etwas für ihn?“,mault er und parkt seinen Wagen am Straßenrand.
Ich bleibe still und starre gerade aus.
„Lucy, ich habe gefragt, ob du etwas für ihn empfindest? Ist er der Grund warum du mich damals in der Kneipe abserviert hast? Lüg mich nicht an, ich weiß doch sowieso, dass er dich eingesammelt hat. Ich bin nach dem du gegangen bist hinter dir her.“, brummt er.
Ich bleibe still. Ich muss mich nicht rechtfertigen. Ich drehe mich zur Türe und will sie öffnen.
„Lucy, verdammte scheiße!“, er lehnt sich über mich und greift nach meinem rechten Handgelenk. Als seine rauen Handflächen meine verbrannte Haut umfassen schreie ich vor Schmerz auf.
Er lässt meinen Arm los und schaut mich erschrocken an. Mit meiner Linken hole ich aus und gebe ihm so fest ich kann eine satte Ohrfeige, öffne die Tür und steige aus.
„Hau ab Tommy. Komm mir nie wieder auch nur einen Schritt zu nahe und ich werde dir zeigen, dass ich noch ganz ganz anders kann. Du hast doch nicht mehr alle Latten am Zaun“ Ich zeige ihm den Vogel, schmeiße die Tür zu und Tommy fährt nach einem kleinen Zögern tatsächlich weg.
Super..Du bist irgendwo im Nirgendwo und dein Orientierungssinn hat sich gerade in seinen Urlaub verabschiedet. Fuck. Ich schaue auf die Uhr. Mittlerweile ist es 22 Uhr. Jani kann ich nicht anrufen, sie hat kein Auto. Bleibt also nur Steve.
Ich wähle seine Nummer.
„Ja?“, kommt es nach mehrmaligem Tuten von Steve.
„Hi..“ Es raschelt und kurz darauf hör ich mich leicht doppelt. Er muss auf Lautsprecher gestellt haben.
„Luce? Was ist los? Was meinte der Doc? Wo ist Tommy?“
„Der hat mich angebrüllt, dann sagte ich ich will aussteigen, er hat sich an meinem verbrannten Arm festgeklammert, ich habe ihm eine verpasst und er ist dann abgerauscht. Ich hab keine Ahnung wo ich bin Steve.. Kannst du, kannst du mich abholen kommen? Bitte..“
„Klar, wo bist du?
„Ich habe dir doch gerade gesagt, dass ich keine Ahnung hab, wo ich bin..Moment. Hier steht Kaiserstraße..“ Ich höre eine Tür knallen.
„Was war das?“, frage ich.
„Nichts, die Rettung naht.“, meint er noch schmunzelnd und legt auf.
Ungefähr 15 Minuten später brescht ein Auto auf mich zu und bleibt direkt vor mir stehen.
Doch statt wie erwartet Steve zu sehen, steigt nun Darius aus.
Das ist doch nicht normal. Ich sehe Darius ja öfter als meine Katze an einem Tag.
„Steig ein.“, sagt er im bestimmenden Ton.
„Ich habe mich gerade eben erst aus den Fängen eines Irren retten können, also wäre es angebracht mich nicht an zu maulen und normal mit mir zu reden.“, schnaube ich.
„Bitte..“, meint er dann nervös.
Ich steige ein und er fährt los.
„Bring mich bitte nach Hause.“, gähne ich müde.
Er schaut mich kurz finster an. Was zur Hölle ist mit dem kaputt? Sonst kann er sich kaum ein Lächeln verkneifen.
„Ich fahr dich jetzt ins Krankenhaus und jetzt will ich nichts mehr von deinem zu Hause und deinem Gejammere hören.“, maulte er.
„Was ist denn mit dir los?“, frage ich nun auch aufgebracht.
„Was mit mir los ist? Erst ziehst du es vor mich nicht sehen zu wollen, dann entscheidest du dich dafür lieber mit Tommy fahren zu wollen, der schmeißt dich dann mitten in der Pampa raus und ich darf wieder der Dumme sein, der dich einsammelt.“, brummt er.
„Zu deiner Information, habe ich Steve angerufen und nicht dich. Außerdem bin ich von mir aus ausgestiegen und das ich dich nicht sehen wollte stimmt doch gar nicht.“
„Und wieso hast du dann nicht direkt mich angerufen, wenn du ja angeblich nichts dagegen hattest, mich zu sehen?“ Was zum Teufel? Erst beschwert er sich, dass ich ihn immer anrufe und dann plötzlich das ich ihn nicht anrufe.
„Ich wollte dir nicht auf die Nerven gehen.“, brumme ich. Das ist nicht einmal gelogen.
„Das ist doch Bullshit, Lucy. Du hättest einfach von Anfang an mit mir fahren sollen und fertig.“
„Hätte, hätte Fahrradkette..“
„Du bist manchmal einfach nur unausstehlich.“, murrt er und fährt sich mit einer Hand durchs Gesicht.
Unausstehlich ist ein hässliches Wort, das mich und meine Person sehr gut beschreibt.
Er verletzt mich damit. Ich glaube er ist der Einzige der mich mit Worten so treffen kann.
Ich starre aus dem Fenster und versuche meine Gefühle zu unterdrücken. Diese Worte lösen in mir wieder dieses unangenehme ziehen aus und plötzlich kommt wieder mal alles hoch.
\'Mh, mir wäre Freitag lieber. Samstag habe ich eine Verabredung mit einer Mitstudentin. Sie ist im ersten Semester und neu in Köln. Ich soll ihr die Gegend zeigen, danach wollten wir noch ins Kino\'
Dabei hat er gelächelt, als freue er sich sehr darüber.
\'Mein Gott, was ist dein Problem? Wir sind nur Freunde. Sie ist nicht mehr für mich, ok?\'
Tiefe Überzeugung.
\'Du bist manchmal einfach nur unausstehlich.\'
Er hat es endlich erkannt.
„Hey Lu? Lu? Es tut mir leid, ok? Ich habe nicht nachgedacht. Es tut mir leid. Ich bin einfach nur so wütend. Nicht mal auf dich, sondern auf Tommy. Wie kann er dich nur hier draußen allein lassen?“ Ich spüre seine warme Hand an meinem linken Arm.
„Nein, du hast vollkommen Recht. Ich bin unausstehlich. Es muss dir nicht leid tun. Und ich bin auch selbst schuld, dass Tommy weggefahren ist.“
Ich drehe meinen Kopf zu Darius und schaue ihm kurz in die Augen. Ich erkenne darin aufrichtige Schuldgefühle und in mir wächst der Drang ihm begreiflich zu machen, dass er oder Tommy mir mit nichts Unrecht getan haben.
„Komm lass uns rein gehen.“ Erst jetzt bemerke ich das wir auf dem Parkplatz des Krankenhauses stehen. Wir steigen aus und laufen zur Aufnahme.
Nach einigem hin und her beim Arzt, sitze ich wieder im Auto. Der Doc hat meinen Arm mit einer kühlende Creme bestrichen, als wäre ich die Tapete und die Creme der Tapetenkleister. Dann hat er meinen Arm verbunden. Mein gesamter rechter Unterarm liegt jetzt im Verband. Es tut zwar nicht mehr ganz so weh, aber ich spüre eine unerträgliche Hitze auf meiner Haut. Es fühlt sich an, als ob die Creme unter dem Verband verdampft.
„Tut es noch sehr weh?“, reißt mich Darius aus den Gedanken.
„Nein, es geht. Bringst du mich nach Hause, ich....Fuck. SCHEIßE!“
„Was hast du schmerzen?“ , fragt Darius besorgt.
„Nein, setzt du mich bei Jani ab? Ich hab meinen Schlüssel vergessen und hab mich ausgesperrt. Tut mir Leid, dass du immer Taxi spielen musst. Das war heute das letzte mal, versprochen.“
Ich könnte mich...Erst verbrenne ich mich und dann sperre ich mich auch noch aus. Ach ja und mein Dad liegt im Krankenhaus. Der Tag könnte nicht beschissener sein.
„Ach Quatsch. Lu, komm mit zu mir. Ich bring dich dann morgen ins Krankenhaus, wo du den Schlüssel deines Vaters nehmen kann und dann nach Hause, ok?“
Ich will nicht. Ich will nicht zu Darius nach Hause. Ich will überall hin, nur nicht zu ihm. Aber was soll ich tun? Mir bleibt eigentlich nichts anderes übrig.
„Ok..“, murmele ich. Ich bin müde und will schlafen.
Bei ihm angekommen, geht Darius erst mal in die Küche und macht holt etwas zu trinken.
„Hey..kann ich vielleicht bei dir duschen?“, frage ich ihn leise. Irgendwie ist unser Verhältnis an diesem Tag anders.
„Klar, ich kann dir Sachen von mir zum schlafen geben. Bad ist dort. Hab sogar noch ein Päckchen mit Ersatzzahnbürsten im Schrank.“ Er geht mit mir zum bad und kramt im Schrank über dem Waschbecken. Lächelnd präsentiert er mir eine unbenutzte Zahnbürste und drückt sie mir in die Hand. Dann verschwindet er wieder.
Ich beginne meine Kleidung auszuziehen und werfe sie ungeachtet in eine Ecke. In Unterwäsche stehe ich nun da und lasse schon einmal das Wasser an. Wie soll ich das bloß mit meinem Arm machen? Die ganze Zeit raus strecken ist doof, aber anders geht es auch nicht.
Es klopft zwei Mal und eigentlich zeitgleich kommt Darius rein gestürmt und präsentiert eine kurze Hose und ein riesiges T-shirt.
„Oh..“ Als er mich sieht, reißt er erst einmal die Augen weit auf, dreht sich dann etwas zur Seite und streckt mir die Kleidung entgegen. Er starrt gerade aus und wagt es nicht mich an zu schauen.
„Tinkerbelle sind wir erwachsene Menschen oder pickelige Teenager? Außerdem hast du mich schon nackt gesehen.“ Ich verdrehe die Augen und greife nach dem Knäuel in seiner Hand.
Darius dreht sich wieder zu mir und schaut mir in die Augen. Es scheint fast so, als versucht er seinen Blick mit meinem zu verhaken. Ich spüre ein kleines kribbeln im ganzen Körper. Seine Blicke wirken nicht aufdringlich oder ekelerregend, als er sie über meinen ganzen Körper gleiten lässt. Mit zwei großen Schritten kommt er auf mich zu, legt seine Hände auf meine Oberarme, sieht mir in die Augen und legt seine Lippen auf Meine. Ich versteife mich kurz, nicht weil ich es nicht möchte, sondern weil es so überraschend gekommen ist. Er scheint es zu bemerken, legt seine Arme um meinen Körper und zieht mich näher an sich.
Meine Muskeln lockern sich langsam und ich lege meinen linken Arm um seinen Nacken, meine Rechte lasse ich an meinem Körper baumeln. Ich erwidere seinen Kuss und Darius zieht mich noch enger an sich heran. Der Kuss, der anfänglich noch so zart und unschuldig war, wird immer fordernder. Ich höre im Hintergrund das Wasser der Dusche herab prasseln. Mir gefällt es, so nah bei ihm zu sein. Seine Hände wandern meinen Rücken herab, streichen über meine Tatoos und erreichen dann meine Hüften. Kein Blatt hätte mehr zwischen uns Platz. Ich habe die Augen geschlossen und ich weiß, dass auch seine verschlossen sind.
Ich will nichts mehr hören, nichts mehr sehen, nur fühlen, was ich noch nie gefühlt habe.
Und mir wird klar, dass Jani Recht hatte, das Darius Recht hatte. Jani, weil sie wusste, dass ich etwas für Darius empfinde und Darius, weil er wusste, dass ich noch zu mehr als 3 Gefühlen im Stande bin. Ich kann nicht sagen, dass ich ihn abgöttisch liebe, wie in diesen ekelhaften Kitschromanen für Teenager, doch weiß ich, dass ich ihn mehr mag, als eben nur als Freund, dass mich seine Aussage von heute Mittag traurig gemacht hat.
Wieso sagt er so etwas und küsst mich dann? Macht er das nur, weil ich halb nackt vor ihm stehe? Außerdem hat er mir heute noch von einer Verabredung mit einer Studentin am Samstag erzählt. Schlagartig wird mir bewusst was ich hier eigentlich tue.
Ich öffne die Augen, stoppe den Kuss und stoße ihn mit einem Mal weg.
„Ich muss weg. Gehst du bitte kurz raus. Ich will mich gerne anziehen..“, meine ich und schaue ihn auffordernd an.
Er seufzt, dreht sich um und geht.
Ich gehe zu meinem eigenen Kleiderhaufen, suche mein Handy und rufe mir ein Taxi.
10 Minuten. Die bekomme ich rum.
Ich ziehe mich an, stelle die Dusche aus und schaue in den Spiegel. Meine Lippen sind gut durchblutet und fast so rot wie meine Haare. Mein Gesicht ist ebenfalls rot, von der Hitze, die der Wasserdampf der Dusche verantwortet.
Mein Taxi müsste eigentlich jeden Augenblick kommen. Ich stürme aus dem Bad in Richtung Haustür.
Darius ist aber schneller und versperrt mir den Weg nach draußen.
„Wo willst du hin?“, fragt er enttäuscht. Weg von dir.
„Zu Jani. Ich muss noch was erledigen. Lass mich durch.“, meine ich nur.
„Wieso?“
„Was sollte das eben?“, kam die Gegenfrage von mir.
Darius fährt sich durch die Haare und dann durch sein Gesicht.
„Keine Ahnung. Es tut mir leid..“ Was, das du mich geküsst hast oder das du meintest, dass du nur mit mir befreundet sein willst?
„Kein Thema. Man sieht sich.“, meine ich stattdessen, schiebe ihn zur Seite und laufe zur Straße. Mein Taxi steht schon bereit. Ich steige ein und gebe meine Adresse an.
Verdammt nochmal wieso muss mir der Kuss auch noch gefallen haben? Das ist doch total schräg und wenn ich nicht gestoppt hätte, wäre ich bestimmt wieder mit ihm in der Kiste gelandet. Das muss endlich aufhören. Du musst dich von ihm fernhalten, Lucy. Komm schon du bist doch nicht verrückt.
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