In my Life - Teil 10

Autor: MarieCurie
veröffentlicht am: 28.04.2014


Schwarzköpfchen steigt aus und scheint sehr amüsiert.
„Das war's dann wohl mit nie wieder sehen?“ Er lacht. „Was läufst du hier so alleine rum, Lucy?“
Ach man, das hat mir gerade noch gefehlt. „Ich suche mein zu Hause.“, sage ich und muss irgendwie über meine dumme Antwort schmunzeln.
„Dann bist du hier ganz falsch. Soll ich dich heim fahren?“
Wenn ich jetzt ablehne muss ich verdammt lange laufen und werde wahrscheinlich irgendwo in einer Seitengasse zusammen geschlagen.
Andererseits kenne ich Darius eigentlich auch nicht so gut. Ich stecke in einem Teufelskreis.
„Lucy? Komm ich beiße nicht.“
Er ist in Ordnung. Komm schon Luce. Er ist kein Krimineller oder so. Es ist einfach nur Schwarzköpfchen.
Na dann auf. Wird schon nichts passieren. „Nagut. Weißt du noch wo ich wohne?“
„Klar.“ Er lächelt und steigt in den Wagen. Ich tue es ihm gleich und lehne mich zurück.

„Warum bist du ausgerechnet durch diese kleine Seitengasse gefahren?“, frage ich ihn nach einer Weile.
„Ich bin Stalker, weißt du?“ Mr. Witzig. „Jetzt mal im Ernst.“ Ich puste mir eine rote Strähne aus der Stirn.
„Ich arbeite in der Kneipe, in der du eben warst und hatte Feierabend und dachte, bevor du hier allein rumläufst nehme ich dich mit.“
„Wie kommt es, dass ich dich nicht gesehen hab?“, frage ich verwirrt.
„Du hast nie zur Theke gesehen.“ Er zuckt mit den Achseln. Er hat recht. Ich habe überall hingeguckt nur nicht zu Bar.
Ist ja irgendwie nett von ihm, mich mitzunehmen. „Danke.“, murmele ich vor mich hin.
Wir schweigen wieder. Irgendwie ist mir das unangenehm. Ich will den Gedanken verdrängen, mit ihm geschlafen zu haben. Ich schaue aus dem Fenster und sehe die Gebäude an mir vorbei ziehen.

„Und wie geht’s dir sonst so?“ Er schaut mich kurz an, richtet aber seinen Blick dann wieder auf die Straße.
„Gut. Hör mal, du hast dich mit Gestern zu nichts verpflichtet, ok? Du hättest mich auch nicht aufsammeln müssen.“
Kurz muss ich an Dad denken. Er hat auch nie Hilfe einfach so angenommen. In der Beziehung sehen wir uns verdammt ähnlich. Ich muss ihn am Montag unbedingt besuchen. Ich will wissen wie es ihm geht. Ich vermisse ihn richtig.
„Ich fühle mich zu nichts verpflichtet. Ich bin einfach nur ein netter Mensch. Wer weiß was da für Gestalten draußen herumlaufen.“ Er zwinkert mir zu und lächelt. Unwillkürlich lächle ich zurück. Ich komm mir so dumm vor. Aber andererseits fühlt sich seine Nähe in gewisser Weise auch vertraut an.

„Weißt du. Ich hab mir Gedanken drüber gemacht was du Freitag Abend gesagt hast. Ich meine, Betrunkene sagen immer die Wahrheit und ich habe das Gefühl, dass du dein Leben irgendwie beschissen findest. Und die Art wie du mit anderen Menschen sprichst..Ich finde das interessant. Ich meine, wer geht so locker damit um, dass der Vater in psychologischer Betreuung ist?
Also ich muss dazu sagen..Ich bin Psychologiestudent und mich interessiert das wirklich alles. Ich mein...ach keine Ahnung. Tut mir Leid. Das kam jetzt bestimmt total bescheuert rüber.“, meint er nach einer Weile einfach so beiläufig. Mich überläuft es eiskalt und es steckt ein fetter Kloß in meinem Hals. Er hat Recht. Welchen Mensch lässt es schon so kalt wenn der Vater in der Klapse sitzt? Ja ganz genau, mich.
Ich bin schrecklich. Ich lehne mein Gesicht an die Fensterscheibe.
„Tut mir echt leid. Ich.. wie wär's mit einem Neuanfang? Ich meine wir könnten ja mal etwas Unternehmen, oder so.“, er kratzt sich mit einer Hand am Kopf.
„Du musst dich nicht rechtfertigen. Du hast vollkommen recht. Ich bin nicht normal.“
Es ist scheiße das zuzugeben.
„Und ich weiß ja nicht was du so von mir mitbekommen hast, aber willst du wirklich etwas mit mir zu tun haben?“
„Ja irgendwie schon. Ich mein, versteh das jetzt bitte nicht falsch, aber ich will mehr über dich erfahren und dir vielleicht zeigen, dass dein Leben gar nicht so scheiße ist.“
Was ist das hier für ein Gespräch? Ich fühle mich unwohl. Sieht er mich jetzt als Forschungsobjekt für sein Studium oder was?
„Siehst du mich als Forschungsobjekt?“, platzt es aus mir raus.
„Ach was, nein. Ich will dir helfen.“, er kratzt sich erneut am Kopf.
„Bist du betrunken? Mir ist nicht mehr zu helfen. Frag mal Stevie.“, brumme ich. Was hat man dem denn gegeben? Mir helfen. Will er mich jetzt therapieren oder was?
Sammelt mich ein und erzählt mir irgendwas davon, dass meine Einstellungen interessant sind. Was für ein Scheiß. Er muss krank sein. Das erinnert mich an meine erste Begegnung mit Dr. Fleischer. Der meinte auch, dass ich sehr interessant sei.
„Mein Gott, du bist schwierig. Ich dachte eher dass wir vielleicht so etwas wie eine Freundschaft aufbauen könnten.“ Er seufzt.

Irgendwie hatte ich ein ganz falsches Bild von ihm. Wenn er jetzt so da sitzt, total verlegen sich den Kopf kratzt und mich fragt ob die Möglichkeit einer Freundschaft besteht, scheint er fast schüchtern. Ich habe ihn eher für so einen selbstbewussten Frauensammler gehalten, wieso auch immer. Aber das ist irgendwie auch total unbegründet, da ich ihn kein Stück kenne. Ich weiß nichts von ihm, aber ich war sowieso schon immer total voreingenommen gegenüber Menschen, die ich nicht kannte.
Ich meine, was spricht dagegen, gegen einen Freund? Ich kann von Glück sagen, dass ich nicht im Mittelalter lebe. Es gibt sicher viele Menschen die mich als Hexe verbrannt hätten.
Ich bin hin und hergerissen. Ich meine, meine Freunde um eine Personenzahl zu erweitern schadet doch bestimmt nichts, oder? Ich nage an meiner Unterlippe und Darius schaut mich verwirrt an.
Wahrscheinlich bin ich auch das einzige Mädchen, dass sich eine viertel Stunde in ihrem Kopf zurück zieht und das ganze mit sich selbst ausdiskutiert. Ach scheiß drauf.
„Ja ok.“, meine ich dann.
„Du bist echt nicht normal, Mädchen. Du hast 5 Minuten gebraucht um mir zu antworten, nicht schlecht.“ Er lacht und ich schlage ihm reflexartig auf den Arm.
Er lacht und konzentriert sich wieder auf die Fahrt.
„Soo..wie alt bist du? Ich hoffe du bist schon Volljährig, sonst hab ich nachher einen Ruf eines Pedobärens am Arsch.“, fragt er nach einer Weile. Irgendwie gefällt mir sein Humor.
„Haha witzig Opa. Ich bin 19. Und du bist ein alter Knacker oder warum machst du dir um dein Image gedanken?“
„Nope, aber fast. Bin 24.“ Alter Knacker von wegen. Ich hätte ihm die 24 Jahre zwar nicht gegeben, aber er hat auch kein Justin-Bieber-Baby-Face. Schwarze kurze Haare, die ihm leicht in die Stirn fallen. Ein drei Tage Bart ziert sein Gesicht, dass ohne ihn sichtlich jünger aussehen würde. Insgesamt kann man sagen, dass er nicht von schlechten Eltern ist, doch kümmert mich das eigentlich nicht besonders.
„Ja wirklich du bist total alt, du Pedobär.“, fange ich an zu scherzen. „Verdammt, du kannst sogar gewollt witzig sein. Wow.“
Er lacht schon wieder und irgendwie ist sein lachen wie Musik oder so etwas. Melodisch.

Von weitem sehe ich mein zu Hause, doch irgendwie ist es nicht mehr mein zu Hause. Ich kann nicht behaupten, dass Dad sonderlich oft zu Hause gewesen wäre, aber er fehlt dort trotzdem.
„Schaffst du es alleine bis zur Tür oder hast du Schiss, dass dich 3 Meter davor noch ein Serienkiller niedermetzelt?“ Er lacht und bekommt einen bösen Blick von mir zu spüren.
„Du machst mir keine Angst, Lucy. Wir wissen beide, dass du auch nicht immer so böse sein willst.“ Er zwinkert mir zu und ich steige einfach nur aus dem Wagen, drehe mich kurz um und sage: „Das mit der Freundschaft sollte ich noch mal überdenken.“ Damit schmeiße ich die Autotür zu und laufe zu meinem Haus.
Müde lasse ich mich in mein Bett fallen und schlafe samt der Kleider ein.





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