Dafür hasse ich ihn - Teil 13

Autor: Wolfskatze
veröffentlicht am: 20.05.2015


Vor Aufregung habe ich die Nacht sehr schlecht geschlafen. Immer wieder bin ich aufgeschreckt und dachte ich hätte verschlafen. Um halb fünf stehe ich schließlich auf. Es hat keinen Sinn mehr liegen zu bleiben. Ich dusche lange und ziehe mir Trainingssachen an. Meine noch feuchten Haare flechte ich zu einem Zopf. Das dauert länger als gedacht, weil ich ein wenig aus der Übung bin.
Um sechs gehe ich zu den Breuers zum Frühstücken, aber ich bekomme kaum einen Bissen hinunter. Auf Frau Breuers Nachfrage was denn mit mir los sei antworte ich ausweichend ich hätte einfach einen schlechten Tag und sie belässt es dabei.
Noch schneller als sonst verabschiede ich mich und kehre ins Internat zurück. Dort laufe ich rastlos umher. Mein Herz rast. Wie wird das Training mit Finn wohl werden?
Kurz vor sieben öffne ich die Haustür, um noch ein wenig frische Luft zu schnappen - und zucke zusammen. Genau in diesem Moment kommt Finn in mein Blickfeld. Auch er trägt schon seine Trainingssachen, hat aber auch einen Rucksack dabei - vermutlich mit Wechselsachen.
Ich sehe, dass sein zuckersüßes Lächeln ins Spöttische übergeht, als er mich so verdutzt sieht.
"Erschreck mich doch nicht so." beschwere ich mich mit gespielter Verärgerung und bleibe in der Tür stehen. "Dir auch einen guten Morgen." entgegnet er nur belustigt. Ich knurre ein "Das wird sich zeigen." und schaue ihn fragend an. Er guckt genauso fragend zurück.
"Was?" frage ich schließlich stirnrunzelnd und achselzuckend. "Ähm, lässt du mich rein?" ist seine Antwort. Mir schießt die Röte ins Gesicht. Wie kann ich vergessen ihn reinzulassen? Ich drehe mich schnell um, damit er mein Gesicht nicht sieht und gehe vor zur Sporthalle.
Dort angekommen müsste mein Gesicht wieder seine normale Farbe haben - hoffe ich.
Wir machen uns warm. Dann jedoch schaue ich ihn unsicher an. "Und jetzt? Wie fangen wir an?"
Er denkt kurz nach. "Wie wäre es mit einem kurzen Kampf? Und verwende ruhig Techniken, bei denen du dir noch nicht sicher bist. Dann haben wir etwas woran wir arbeiten können." - "Ach, aber DU bist perfekt und kannst alles oder was?" - "Ja natürlich, was denkst du denn?" antwortet er ironisch. Ich öffne den Mund, um etwas zu erwidern, aber so viel Selbstbewusstsein seinerseits macht mich sprachlos. Also besteht meine Antwort aus dem Versuch ihm in den Bauch zu boxen, was er jedoch blitzschnell abwehrt.
Und schon hat der Kampf begonnen. Tatsächlich probiere ich ein paar neue Sachen aus - und scheitere prompt. Kaum ist mir ein Trick misslungen, hat er mich auch schon auf den mit Matten ausgelegten Boden geworfen und fixiert. "Ok, das reicht fürs Erste." sagt er und gibt mich frei. Als ich seine Hand ergreife, die er mir entgegen streckt, zieht er mich hoch.
"Du hast zu weit oben angesetzt." ist seine Diagnose. "Schau, wenn ich es hier versuche" - er legt seine Hand sanft auf meine Hüfte - "dann funktioniert das nicht."
Bei dieser unerwarteten Berührung fängt mein Herz an zu rasen und ein angenehmes Kribbeln geht von seiner Hand aus und wandert durch meinen ganzen Körper. Aber das war noch nicht alles. Nun streicht er über meine Hüfte bis zum Ansatz des Oberschenkels. Dabei redet er weiter. "Aber ein Stück weiter unten hast du genug Kraft um selbst mich umzuschmeißen." - Und schon liege ich wieder auf dem Boden. Dieses Mal stehe ich alleine wieder auf.
"So, und jetzt du." fordert er mich auf. Ich komme der Bitte sofort nach und Sekunden später liegt er auf dem Boden. Mit einem "Geht doch." drehe ich mich um, um auf die Wanduhr zu schauen. Diesen Moment der Ablenkung nutzt er, um mir die Beine wegzuziehen. Als ich neben ihm auf dem Boden liege, fragt er mich plötzlich, ob ich eigentlich kitzelig sei. Ich antworte nicht, weil ich es selbst nicht weiß. Also probiert er es einfach aus.
Leider bin ich sehr kitzelig. Vor lauter Lachen und Kreischen komme ich kaum dazu ihn zurück zu kitzeln. Nach einer Weile habe ich den Dreh jedoch heraus. Zum Glück ist er mindestens genauso kitzelig wie ich.
Einige Minuten später liegen wir beide nach Atem ringend auf dem Boden und grinsen uns an.
Nachdem wir uns ein wenig erholt und etwas getrunken haben, trainieren wir weiter - bis ich plötzlich merke, dass ich das Mittagessen fast verpasst hätte. Mit den Worten "Verdammt ich muss zum Essen. Du wartest hier, Finn. Jungs sind nämlich verboten." verschwinde ich schnell.
Beim Essen habe ich dann doch ein schlechtes Gewissen, dass ich ihn einfach so da habe stehen lassen. Als ich zurück komme, liegt er mit ausgestreckten Armen und Beinen auf den Matten. Ich halte ihm meine Hand hin, um ihn hochzuziehen, aber er dreht den Spieß um und zieht mich zu sich runter. Ich lande auf ihm und er schlingt beide Arme um meinen Oberkörper. "Und, was machst du jetzt?" fordert er mich heraus. All meine Befreiungsversuche scheitern, sodass ich schließlich aufgebe und mich schlaff hängen lasse. Erst jetzt wird mir bewusst in was für einer Position wir uns befinden und die Sehnsucht nach mehr breitet sich in mir aus. Ich versuche dagegen anzukämpfen, doch auch dieser Versuch scheitert. "Warum tust du das?" frage ich traurig.
"Na aus Rache, weil du einfach Essen warst und mir nichts mitgebracht hast." Ich denke über die Antwort nach und vergesse darüber selbst etwas zu sagen. Auch rühre ich mich nicht.
Finn lockert seinen Griff, um mir in die Seite zu piksen. Das nutze ich aus, um mich loszureißen und aufzuspringen. Schnell bringe ich mich aus seiner Reichweite.
"Sind wir zum rumliegen hier oder zum kämpfen?" provoziere ich ihn. Statt einer Antwort greift er mich an.
Wir trainieren noch ein paar Stunden, bevor er sich verabschiedet und geht.
Ich setze mich auf mein Bett und denke nach. Das Training mit Finn war ganz anders als mit Regina oder meinen Mitschülerinnen. Wir haben beide viel gelernt und uns verbessert. Ich muss zugeben, dass ich lange nicht mehr so viel Spaß hatte wie heute mit ihm. Dafür hasse ich ihn.





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