White Night - Teil 5

Autor: SUNEstar
veröffentlicht am: 11.10.2012


Es tut mir echt leid, das ich so verdammt lang gar nichts mehr geschrieben hatte. Es gab eben meine Gründe, keine Angst, nur private Gründe und ich hoffe hier besteht noch Intresse (:

Sune

Kapitel 5

Rabeas Mund weitete sich. Ihre Augen konnten nicht von ihm lassen. Was tat er hier? Und warum er? Ihr Körper war wie angewurzelt und alle Muskeln zuckten, als der Schmerz vom Training eintrat.
„Bist du der Night von letzter Nacht?“, fragte Rabea vorsichtig und war durch ihr Stottern sehr undeutlich.
Er nickte.
„Warum bist du hier und hast mich beobachtet?“, fragte sie.
Er senkte seinen Blick, als ob er sich dafür schämen würde.
„Seit diesem Tag quält mich eine Frage.“, gab er Antwort und seine Stimme war eher sanft und vernünftig, als tief und düster. Er war ein ganz normaler Junge, wie jeder andere. Rabea entdeckte seine Flügel nicht. Ob er sie verschwinden lassen konnte?
„Welche wäre das?“
Er räusperte sich und schluckte zögernd.
„Bist du ein Jäger?“
Rabea schüttelte den Kopf. „Nein, aber ich werde einer werden.“
Er fletschte seine Zähne und stellte einen Fuß zurück, als ob er gleich auf sie losstürmen würde. Seine Fäuste waren geballt und durch das Zusammenziehen der Muskeln, zog sich der Stoff seines Hemdes straff.
„Ich hatte wirklich gedacht du wärst anders.“
„In wie fern?“
Er wich einen Schritt zurück. „Egal, vergiss es. Ich habe mich eben geirrt.“
Sein dunkelbraunes Haar schimmerte im Schein, als ein Windstoß einen Ast beiseite stieß.
„Warte! Ich habe auch Fragen.“, stoppte Rabea ihn. Trotzdem machte er kehrt und spreizte seine Flügel dem Himmel entgegen.
„Denkst du ich beantworte einem zukünftigen Jäger Fragen? Du bist mein Feind.“
„Aber woher willst du denn wissen, dass ich wie alle anderen bin?“, verdrehte sie ihm die Worte im Mund.
„Jäger sind alle gleich.“, sprach in einem bitteren und eiskalten Ton.
„Aber ich habe deine Frage beantwortet und nun finde ich es fair, wenn du eine Frage von mir beantwortest.“
Er wandte sich wieder zu ihr und senkte seine Flügel.
„Also gut, Jäger, dann leg los.“
Rabea zog eine Augenbraue hoch und ihr gefiel sein Tonfall nicht, als ob sie für die ganze Welt eine Gefahr darstellen würde. Nach einem langen Atemzug, spuckte Rabea ihre Frage aus.
„Bist du ein Schlüssel?“
Der Night spannte seinen Körper an. Anscheinend gefiel ihm die Frage nicht, aber er beantwortete sie auf geschickte Weise.
„Wenn dich das gelehrt wurde.“
„Das ist keine klare Antwort.“, entgegnete Rabea ihm und verschränkte beleidigt ihre Arme vor der Brust.
Er lächelte vergnügt.
„Ich muss dir keine klare Antwort geben. Etwa du akzeptierst es oder du frägst deine Jägerfreunde.“
„Nun hör mal, du spielst unfair!“, klagte Rabea und machte einige Schritte auf ihn zu.
„Komm mir nicht näher, sonst kann es böse für dich enden.“
„Du wirst mir nichts tun.“
Bei dieser Aussage blickte er sie verdutzt an. Tatsächlich konnte er in ihren Augen keine Angst finden. Wahrscheinlich lag es daran, dass sie keine Ahnung hatte, wie gefährlich Nights seien konnten. So reagierten Schützlinge.
„Fordere es lieber nicht heraus und gehe zurück, um weiter zu trainieren.“
„Nein! Erst wenn ich meine Antwort bekomme.“, strotzte Rabea wütend und lief weiter auf ihn zu. Irgendwann standen beide weniger als einen Meter voreinander. Obwohl der Night ihr gedroht hatte, sagte ihm sein Gefühl, das dieses Mädchen, der harmloseste Jäger seien würde. Ob es an ihrem Alter lag? Noch nie nahm ein so junges Mädchen an den Prüfungen teil. Falls sie nicht bestehen würde, dann... Er schüttelte bei dem Gedanken den Kopf. Was kümmert ihn ein Jäger? Dann wäre einer weniger. Seine Gedanken verirrten sich in einem Strudel.
„Noch einen Schritt und ich greife an.“
Rabea lachte amüsiert und setzte einen weiteren Schritt nach vorne. Ihren Kopf musste sie in den Nacken legen, um den Blickkontakt aufrecht zu erhalten.
„Ich brauche nur meine Hand zu heben und schon kann ich dich berühren. Na? Willst du mich nicht angreifen?“, spottete Rabea und forderte tatsächlich ohne Angst zu haben ihn heraus. Der Night seufzte genervt und ließ es über die kalte Schulter laufen. Sie ist nur ein dummes Kind, dachte er sich und drehte sich mit gerollten Augen um. Er setzte zum Flug an. Beim Entfalten seiner kräftigen Flügel streifte er dabei Rabeas Arm und eine Federn löste sich. In einem sanften Gleiten landete sie auf dem Boden. Ein heftiger Luftzug wehte in ihr Gesicht und der Night befand sich schon über dem Boden. Rabea hob die Feder auf. Als der Night die Bäume durchbrechen wollte, hielt sie ihn erneut an.
„Warte! Du hast eine Feder verloren.“, rief sie ihm nach er und konnte diese Worte von einem Jäger nicht glauben. Verwirrt blickte er zu ihr herunter.
„Was? Du willst sie mir zurückgeben?“, fragte er verwundert und konnte ihre Entscheidung nun wirklich nicht verstehen.
„Es ist doch deine Feder.“
Der Night landete wieder auf dem Boden und zog beide Augenbrauen hoch. Die Worte schallten noch immer unglaubwürdig in seinem Kopf. Er ging auf sie zu und nahm die Feder an sich. Fassungslos starrte er sie an.
„Du bist ein ziemlich seltsamer Jäger, weißt du das?“, sagte er und musste auflachen.
„Aber warum denn? Ich gebe dir doch nur das zurück, was dir gehört.“, erwiderte sie seine Worte und lächelte zufrieden.
„Aber weißt du eigentlich wie viel so eine Feder wert ist? Für einen Flügel geben einige Leute eine Menge Geld her.“
„Was soll ich denn mit Geld?“
„Überleben?“
„Ich bin noch minderjährig und meine Mutter bezahlt noch für mich. Außerdem suche ich mir, falls ich die Prüfung nicht bestehe einen anderen Job.“
Der Night fasste sich missverstanden an den Kopf.
„Du weißt wohl absolut gar nichts, oder?“, schrie er sie plötzlich an, weil er es nicht mitansehen konnte, wie man sie tagtäglich belog.
„Du wirst getötet, wenn du die Prüfung nicht bestehst.“, sagte er eiskalt und Rabeas Lächeln verwirkte. Ihr Kopf senkte sich nach unten und die Andeutungen von Iven und Chace waren also war. Man starb tatsächlich. Plötzlich umgab eine Kälte ihren Körper und Angst sprudelte nach oben.
„Haben sie dir das nicht erzählt?“, fragte er ruhig und hatte mit der Kleinen ein unerklärliches Mitleid.
„Nicht wirklich. Ich dachte, das benutzten sie nur als Druckmittel.“
„Und du kannst nicht fliehen...“, murmelte er enttäuscht.
Rabea schüttelte den Kopf und Tränen stauten sich in ihren Augen. Egal was man auf dieser Teufelsstrecke auch tat, nichts funktionierte. Sobald man irgendeinen Kontakt mit ihnen aufnahm, egal wie, war es aus mit dem ruhigen und bescheidenen Leben. Nun ging es um Leben und Tod.
Der Night empfand starkes Mitleid, als er ihr die Tropfen auf den Boden fallen sah. Er streckte seine Hand aus und hielt ihr die Feder entgegen.
„Hier, nimm. Vielleicht kann sie dir helfen.“
Rabea nahm sie an sich und umschlang die Finger darum.
„Danke.“
Er nickte und ein aufmunterndes Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen. In seinem ganzen Leben gab es kein Jäger, für den er solch ein Mitleid empfand. Dieses Mädchen war dafür einfach nicht geschaffen.
„Wir haben schon fast über eine halbe Stunde totgeschlagen Du solltest zurückgehen.“
Rabea nickte und wusch sich die überschüssigen Tränen aus dem Gesicht. Er drehte sich um und blieb einen Moment lang stehen, bevor er sich in den Himmel erhob.
„Ach, und du hast Recht. Nights mit schwarzen Flügeln sind Schlüssel.“
Rabea lächelte zufrieden und sah ihm nach, wie der durch die Bäume verschwand. Beim Zurückgehen versteckte sie die Feder in ihrer Weste und lief unauffällig in ihr Zimmer. Dort suchte sie ein geeignetes Versteck, fand zuerst nichts und kam dann auf die glorreiche Idee, die Feder unter ihre Matratze zu schieben. Vielleicht brachte sie ihr Glück, immerhin trug ein echter Schlüssel diese Goldstück. Die weiße Feder, die sie aus der Kiste am Anfang entnahm, steckte noch in ihrer Westentasche. Rabea legte sie dazu und dachte sich, doppeltes Glück.
Also war dieser Night bei seinem Stamm sehr beliebt, da er die rechte Hand des Oberhauptes war. Dass er solch ein Mitleid einer Person wie ihr zeigte. Das, verdiente Respekt.
Durch die gerade erlebte Situation fiel ihr das Einschlafen leicht und ihre Lider schlossen sich erschöpft.
Doch die Ruhe währte nicht ewig, denn ein furchtbar schriller und lauter Klang drang in ihr Ohr. Die kompletten Lichter waren aus und nur ein dunkles Rot, wurde durch eine kleine Lampe, wie beim Krankenwagen das Blaulicht, ersetzt. Es war düster und Rabea zog sofort ihre Kleider an. Draußen liefen einige Hotelgäste und auch Menschen an ihr vorbei. Wo war denn der Notausgang? Durch die Menge konnte man es auch schlecht erkennen, denn alle liefen kreuz und quer. Ihre Augen suchten nach jemanden den sie kannte. Schreie drangen in ihre Ohr und aus den Decken kamen maskierte Leute herausgekrochen. Ihre Gestalt war komplett in schwarz getunkt, nur ihre Augen sah man. Die Iris wurde durch rote Kontaktlinsen getäuscht, sodass man nicht einmal die Augenfarbe erkannte. Zwei dieser Leute entdeckten Rabea und kamen langsam auf sie zu geschlichen. Schnell schlug sie die Tür zu und drehte das Schloss um. Draußen schleuderte ihre Arme gegen die Tür. Rabea ging einige Schritte zurück und suchte einen Ausweg aus ihrem Zimmer. Sie wollte das Fenster öffnen, schnappte sich nebenbei ihre Feder und setzte sich auf den Fensterrahmen. Ihr Blick fiel auf einen Balkon, der circa nur zwei Meter unter ihr war. Rabea schloss konzentriert ihre Augen und fasste all ihren Mut zusammen. Ihr Gedanke glitt zu dem Hindernisparcours. Nach wenigen Augenblicken, als die zwei Männer die Tür aufstießen, sprang Rabea hinunter auf den Balkon. Erfolgreich landete sie auf zwei Beinen, die Knie leicht angewinkelt. Ihr Blick fiel nach oben, zu den anderen, die ebenfalls springen wollte. Die Balkontür stand offen und schnell stürmte Rabea das Zimmer. Hinter sich schloss sie die Glasscheiben und verließ den Raum in den Flur. Drei weitere Wächter entdeckten die eilende Rabea und liefen auf sie zu. Nach wenigen Sekunden gelang sie in eine Sackgasse und die drei Wächter bedrängten sie. Rabea saß in der Falle.
„Jetzt haben wir dich, Jäger.“, lachte einer von ihnen. Ein anderer zückte ein Messer und hob seine Hand. Im letzten Moment tauchte Cheyenne hinter ihnen auf und zog eine Pistole aus ihrem Gürtel. Allen drei schoss sie ohne zu zögern ins Bein, sodass ein Laufen unmöglich wurde. Cheyenne griff nach Rabeas Hand und zog sie zur Treppe.
„Wir müssen uns beeilen und hier heraus.“
Im Erdgeschoss kamen ihnen Iven und Jaden entgegen.
„Cheyenne, der Boss steckt in Schwierigkeiten. Sie haben ihn im Schlaf überfallen. Er ist nun als Geisel im Keller.“, rief Iven panisch.
„Alles klar! Jaden und Rabea ihr geht nach draußen und bringt euch in Sicherheit. Ich und Iven retten Carlos.“
Alle nickten einverstanden und Jaden lief voraus. Rabea drehte sich noch kurz zu den anderen beiden um, die wie gesteuert um die Ecke bogen.
„Komm schon!“, drängte er panisch und Rabea setzte ihre Füße in Bewegung. Die Angst löste einen Adrenalinstoß aus, sodass es ihr vorkam, als wäre unendliche Energie in ihr. Ein stechender Schmerz im Herz, machte ihren Körper wieder langsamer.
„Du schaffst es!“, rief er und nahm ihre Hand. Durch das Ziehen fiel ihr das Laufen leichter und nach wenigen Sekunden schnappte ihre Nase frische Luft auf. Rabea saugte alles mit einem kräftigen Atemzug ein. Jaden blieb stehen und schnaufte ächzend.
„Noch das letzte Stück zum Wald. Dort ist ein Eingang zu einem unterirdischen Sicherheitsversteck.“
Rabea nickte und folgte Jaden erneut. Ihre Lunge brannte und schrie vor Erschöpfung. Der Hals war vollkommen ausgetrocknet und ein Schwindelgefühl überkam sie.
Im dichten Wald wurde der Abstand zu Jaden immer größer. Irgendwann überhörte sie seine Worte und brach zusammen, als er nicht mehr in ihrem Blickfeld war. In einem Busch ruhte ihr rastloser Körper und nach wenigen Sekunden kam sie wieder zu sich. Jaden war weg. Die Schreie der Betroffenen waren noch immer zu hören und der Wald war dunkel. Rabea befreite sich aus den Klauen des Busches und fasste über ihre Schnittwunden. Die Äste waren scharf. Ein wenig Blut lief ihren Arm hinunter. Ihr Körper drehte sich um seine eigene Achse, aber ihre Augen fanden niemanden. Nur die fast stummen Schreie vom Gelände waren zu hören. Rabea lief deshalb weiter den kleinen Wanderweg entlang. Als pure Stille herrschte, kam es ihr so vor, als ob das die falsche Richtung gewesen war. Ihre Knie wurden weich und fielen zu Boden. Ihre Kraft versagte.
„Sieh mal einer an, ein Jäger allein im Wald.“, spottete jemand. Rabea drehte sich zu den drei Wächter um, die ihr offensichtlich gefolgt waren.
„Niemand kommt uns ungeschoren davon. Du hattest Glück, das dich noch jemand gerettet hatte. Jetzt wird dir aber niemand helfen.“, sagte der eine Typ und zückte erneut sein Messer.
Diese drei Wächter waren von vorhin, denen Cheyenne ins Bein geschossen hatte. Aber sie waren wohl eiserner, als angenommen und ein dicker Verband umschlangen ihre Beine. Rabea schob sich mit ihrem Hintern zurück und versuchte sich aufzurappeln, aber ihre Arme waren dafür zu entkräftet. Der Wächter hob sein Messer, umschlang es mit beiden Händen und warf ihr einen blutdürstigen Blick zu. Rabeas Lider schlossen sich und ihr Herz boxte gegen ihren Brustkorb, der zu sprengen drohte. Ihre Adern gefroren bei dem Gedanken in wenigen Sekunden einen qualvollen Schmerz zu durchleben. Das Messer kam immer näher, alles verlief so unglaublich schnell, das Rabeas Lider sich schlossen. Aber dann ertönte ein Schrei vor ihr und schwarze Flügel versperrten ihr die Sicht.
Rabeas Augen konnten es nicht fassen. War das der Schlüssel? Er rettet tatsächlich einem Jäger das Leben? Er wusste das beide eines Tages Feinde seien werden und trotzdem setzte er seine eigene Existenz aufs Spiel, obwohl er damit auch seinem Stamm unrecht tat. Rabea kniff noch einmal die Augen zusammen, ob es sich nicht doch um einen Traum handelte. Aber die raschelnden Federn bezeugten ihr die Wahrheit.
„Night, du hast mir das Leben gerettet.“, stotterte Rabea, als er mit den Dreien in wenigen Sekunden fertig war. Dem Großmaul hatte er sein eigenes Messer in die Brust gerammt und die anderen beiden starben am Genickbruch.
„Nenn mich Keith.“, sagte er und reichte ihr die Hand, damit ihr aufgeholfen werden konnte.
„Rabea.“
„Warum bist du nicht in Sicherheit?“, fragte er und klang in ihren Ohren ziemlich besorgt. Aber die Situation passte nicht für gegenseitig neckende Worte.
„Ich war mit Jaden unterwegs und dann verlor ich das Bewusstsein. Diese Wächter waren mir gefolgt und wollten mich umbringen.“
„Die jagen auch uns, allerdings meistens in größeren Gruppen.“
„Was machen wir jetzt? Großartig laufen können wir nicht, denn ich kann höchstens gehen. Meine Beine sind völlig ausgelaugt.“
Er hielt seinen Finger vor den Mund drehte sich um. Beide vernahmen Stimmen von unbekannten nähernden Personen. Keith griff nach den Leichen am Boden und schmiss sie in hohem Bogen in die Büsche. Bald waren Umrisse von weitem zu erkennen und es gab keinen Fluchtweg. Rabea wirbelte ihren Blick um sich herum und zeigte auf eine fast unerkennbare Lücke im Gebüsch.
„Dort hinein!“, flüsterte sie und Keith griff unter ihre Arme. Diese enge Berührung von ihm ließ ein warmes Kribbeln durch ihren Körper ziehen. Ihre Augen starrten nach oben zu seinem marklosem Gesicht, das sie bisher noch nie intensiv betrachtet hatte. Die blauen Augen waren wunderschön. Rabea schüttelte den Kopf und unterdrückte diesen Gedanken, indem sie zu sich sagte: Er ist nur ein Night. Er hob sie kurz in die Luft und stieß sich mit den Flügeln vom Boden ab. Mit einem sanften Schwung schwebte sie für einen Moment über dem Boden. Hinter dem Gebüsch duckten sich beide und Keith umschloss schützen seine Flügel um beide Körper. Ihre Gesichter drehten sich zur kleinen Öffnung im Geäst. Die dichten Blätter und die Dunkelheit dürften die zwei nicht auffliegen lassen.
„Ich war mir sicher hier war jemand. Schaut euch den Boden an. Kampfspuren!“, wies ein weiterer Wächter seiner, aus sechs Mann bestehenden, Gruppe hin. „Die Feinde müssen noch in der Nähe sein.“
„Chefchen, mal so ‘ne Frage.“, meldete sich einer von ihnen. „Wir haben doch jetzt Carlos, wieso suchen wir dann noch weitere Jäger? Ohne ihn sind die doch alle eh aufgeschmissen.“
Rabea schreckte zurück. Cheyenne und Iven mussten versagt haben. Carlos durfte nichts geschehen, immerhin war er ihr Boss. Sein gesamtes Unternehmen würde den Bach hinunter gehen.
„Du Dummkopf! Umso weniger Jäger, umso weniger wollen ihren Boss befreien. Hohlbirne!“, schimpfte der Chef.
„Alles klar, ich hab’s verstanden.“
Frustriert über seine Gruppenmitglieder schüttelte er den Kopf.
Rabea schaute zu Keith und er las in ihren Augen, dass sie Carlos retten wollte. Dazu mussten zuerst die Wächter verschwinden.
„Und was jetzt?“, lispelte ein anderer.
„Abwarten! Ich spüre sie ganz in der Nähe.“
Keith senkte seinen Kopf und überlegte, ob er es mit sechs Wächter aufnehmen konnte. Damals hatte er sogar sieben Jäger gleichzeitig bekämpft. Wieso sollte er es nicht noch einmal schaffen? Er blickte zu Rabea deren Gedanken um ihren Boss kreisten.
„Du schleichst weg, wenn die Luft rein ist. Ich werde sie von hier weglocken.“, beschloss Keith und zog seine Flügel ein. Rabea nahm seinen Arm.
„Bist du lebensmüde.“
„Rette deine Freunde.“, sagte er nur und erhob sich aus seinem Versteck. Zuerst erschraken die sechs Wächter, aber im nächsten Moment liefen sie auf ihn zu. Keith versuchte so gut es ging sich zu wehren, aber die Wächter wandten eine neue Methode an. Sich stürzten sich wie Löwen auf ihre Beute. Keith hatte keine Chance, da er von allen Seiten attackiert wurde. Rabea ergriff die Flucht, so wie es besprochen war. Beim Entkommen hörte sie Keiths Schreie, die in ihren Ohren wehtaten. Ein Feiglings-Gefühl überkam sie. Wie konnte ich nur so etwas zulassen? Er hatte mir das Leben gerettet und so dankte ich ihm? Rabea überkam eine eiskalte Gänsehaut und sie trat den Rückweg an. Ihre Beine wurden schneller bei dem Gedanken, das Keith etwas zugestoßen seien könnte. Als sie am Geschehen ankam, sah Rabea wie der Chef ein Messer nach oben hielt, die anderen ihn festhielten und den Flügel streckten, sodass er ihn durchschneiden konnte.
„Nein!“, schrie Rabea voller Angst. Die komplette Truppe hielt mir ihrem Vorhaben inne und schaute zu dem zitternden Mädchen hinüber.
„Sieh mal einer an. Eine kleine süße Jägerin.“, spottete der Chef und senkte sein Messer. „Festhalten!“
Die Gruppe ließ Keith keinen Augenblick aus den Augen und der Chef kam auf Rabea zugelaufen. Er fasste ohne zu zögern an ihre Haare und zog diese nach hinten. Rabea musste ihren gesamten Körper beugen. Der Schmerz war furchtbar, aber sie hielt solange stand bis der richtige Augenblick gekommen war. Rabea hatte in ihrer Hosentasche ein Messer versteckt, das ein Wächter zuvor an ihr ausüben wollte. Als er hinter ihr stand zückte sie die Klinge schnell und stach in sein Bein. Vor Schmerzen krümmte er sich am Boden und ließ ihre Haare los. Rabea strich sich die Strähnen aus dem Gesicht und wandte sich zu den nächsten, wodurch einige Keith losließen.
„Kleines freches Biest.“, murmelte einer und zwei Wächter kamen auf sie zu.
„Kommt nur!“, provozierte Rabea.
Zwei scharfe Dolche stachen ihr ins Auge, aber ihr Plan scheiterte, als der am bodenliegende Wächter ihre Füße unter dem Boden wegtrat, Rabea zu Boden fiel und er ihr das Messer an die Kehle hielt. Im nächsten Moment schien alles aus zu sein. Es gab keine Hoffnung mehr.
„Kylan schneide endlich diesen verdammten Flügel ab.“, schrie der Chef wütend. Die restlichen Vier straften mit Gewalt Keiths Körper und er versuchte sich dagegen zu wehren. Rabea wollte nicht mitansehen, wie sie seinen Flügel auf brutalste Art aufschneiden und schloss deshalb enttäuschend die Augen. Sie hatte versagt. Sie war nicht gut genug. Cheyenne hatte Recht, sie hätte mehr trainieren sollen. Ihr kullerte eine gefühlvolle Träne die Wange hinunter. Ein echter Jäger zu sein, bedeutet auch gegen Wächter anzukommen. Ein Schützling war nicht mehr wert, als ein unsichtbarer Schüler in der Schule. Wie sehr sie sich in dem Moment wünschte in der Kampfkunst, im Schießen und in vielen anderen Dingen besser zu sein. Mein Ziel war es der beste Jäger zu werden. Cheyenne soll stolz auf mich sein, die Leute sollen sich an mich erinnern, wenn ich mal nicht mehr da bin. Ich möchte unvergesslich werden. Eine Legende.
Im selben Moment tauchten plötzlich zwei fliegende Wurfmesser auf und durchschnitten dem Wächter mit der Waffe und der den Flügel festhielt, die Kehle durch. Auf einem dicken Ast oberhalb eines Baumes stand ein weiterer Schlüssel. Seine Flügel waren gewaltig und die Statur des Burschen war noch größer, als die von Keith. Er glitt hinunter und erledigte innerhalb von ein paar Sekunden die restlichen drei Wächter. Anschließend half er Keith auf die Beine.
„Alles in Ordnung, kleiner Bruder?“, fragte der Große.
Er nickte. Es war auch noch mit dem anderen Schlüssel verwandt? Das wurde immer interessanter.
„Lass uns gehen, Keith.“, forderte er seinen kleineren Bruder auf.
„Nein, wir müssen ihr helfen.“
Der noch größere Schlüssel bäumte sich vor Keith auf und verschränkte die Arme vor seiner Brust. Er trug ein schwarzes Hemd und seine Hose war eine normale blaue Jeans, die Schuhe dick und flexibel, die Haare kurz und schwarz und sein mürrischer Gesichtsausdruck jagte einem Angst ein. Seine Augen waren dunkelbraun und wirkten in der Dunkelheit düster.
„Uns kümmern keine Wächter und vor allen Dingen keine Jäger! Nun komm!“, schrie er und griff nach dem Arm seines kleinen Bruders. Keith befreite sich zerrend aus seinen Klauen und starrte ihn wütend an.
„Sie hat mir das Leben gerettet.“
„Ein Jäger? Wenn du jetzt nicht mitkommst, wird Vater davon erfahren und es wird einen riesen Ärger geben.“, drohte er ihm.
„Das ist mir egal, Aaron.“, fauchte er und wandte sich zu Rabea, der noch immer ein Messer an den Hals gehalten wurde. Aaron schnaubte und hob sich in die Luft. Mit einem wütenden Blick verließ er den Wald nach oben. Keiths Augen drehten sich wieder zu dem Wächter.
„Was soll das? Lass sie gehen!“, sagte er und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Wieso hilft ein Night einem Jäger? Das hat es noch nie gegeben. Ihr verdreht alle Regeln!“, motzte der Wächter und blickte zu seiner erledigten Gruppe. Aaron hatte alle umgebracht und er war ganz allein. Was würde ihm nun ein toter Jäger bringen? Sein Leben hatte keinen Sinn mehr, wenn er kein Chef mehr seien konnte ohne Gruppe. Niemand hatte diesen Moment erwartet, aber er senkte das Messer, ließ es zu Boden fallen und fing an zu jammern.
„Was bringt mir denn mein Job ohne meine Gruppe?“, heulte er und stand auf. Rabea rettete sich in der Zwischenzeit zu Keith und klammerte sich noch schockiert an ihn. Mit verweinten Augen humpelte er davon.
Keith schaute zu ihr herunter, da ihr nicht aufgefallen war, wie sehr sie sich an ihn geheftet hatte. Erst als Rabea sicher war, dass dieser Wächter sich davon schlenderte, bemerkte sie ihr Klammern an Keith aus Furcht. Mit beschämenden Gefühl lockerten sich ihre Arme von seinem Körper.
„Upps! Tut mir leid! Ich...ich war...hatte einfach nur Angst. Eine kleine Kurzschlussreaktion.“, stammelte Rabea und fiel vor Erleichterung auf den Hintern. „Es ist vorbei. Das war grauenhaft. Danke nochmals, Keith.“
„Kein Problem. Es ist auch besser, wenn ich gehe.“, sagte er kurz und bündig. Rabea schaute zu ihm hoch.
„Das war wirklich keine Absicht!“, entschuldigte sie sich abermals.
„Nein, es ist nicht deswegen. Mein Bruder Aaron ist sauer und wenn mein Vater davon Wind bekommt, wird es riesen Ärger geben.“
„Das wollte ich nicht.“
„Schon ok. Schaffst du es allein?“
Rabea nickte. Ohne einen weiteren Blick zu verschwenden, hob er vom Boden ab und flog durch die Bäume. Das war aber merkwürdig. Die Situation schien ernst zu sein.
Rabea erhob sich vom Boden, als sich die Lage beruhigte. Auf ihrem Handy waren dreißig Handynachrichten, als sie es aus ihrer Hosentasche nahm. Alle waren von Jaden. Es waren teilweise nur Kurznachrichten, die fast jede Minute abgeschickt wurden. Einige davon waren so ähnlich wie: Geh ans Handy! Wo bist du? Rabea? Alles in Ordnung? Ich suche dich. Antworte mir! Du kriegst Ärger, wenn keine Antwort gibst. Bitte, spreche zu mir!
Außerdem gab es noch eine von Cheyenne, die an alle schrieb, dass der Boss in Sicherheit war und die Wächter verschwunden wären.
Rabeas Wunde wären in den Augen ihrer Mutter fast so schlimm, wie ein Sturz in einen Dornenbusch, aber in solchen Momenten waren es nur einzelne Kratzer, die unbedeutend waren. Mit einem Verband versorgte sie die größte Wunde und den Rest bedeckte ein Pflaster.
In ihrem Zimmer musste sie ein wenig aufräumen und anschließend legte sie sich erschöpft auf ihr Bett. Ein harter Tag. Die Feder verschwand unter der Matratze und ohne sich erneut zu zudecken, schlief sie ein.






Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz