Tell the truth Teil 9

Autor: Angel of Summer
veröffentlicht am: 18.10.2009




Kyle schien sie nicht gehört zu haben, denn er ging einfach weiter. Wieder wurde Mag schwindlig. Hatte sie anstatt Schmetterlingen im Bauch, Hubschrauber in der Birne? Sie hielt sich ihren Kopf. Die Umgebung drehte sich so merkwürdig. Schon die ganzen letzten Tage hatte sie Kreislaufprobleme. Allmählich kam die Vermutung auf, dass sie zu wenig trank und ihr dadurch Flüssigkeit fehlte. Sie musste also dringend etwas bekommen. Am besten ein frisches, kühles Wasser.
Etwas unsicher lief sie den Beiden hinterher. Immer noch ängstlich, Lara könnte etwas Falsches ausplaudern. Sie wollte Kyle doch die Wahrheit sagen. 'Mag, jetzt komm doch endlich!', lief Steffi zu ihr zurück und zog sie an ihrem Handgelenk. 'Kyle und Niclas sitzen schon da hinten und warten auf dich.'
'Aber Kyle war doch eben noch bei…', sie sah sich um. Wie lange hatte sie dort eben gestanden? Lara tänzelte schon zwischen anderen Gruppen herum. Komisch.
'Komm jetzt!', Steff schien schon etwas angenervt zu sein, dass Mag heute mit ihren Gedanken ganz woanders war. 'Hab Mag aus ihrer Traumwelt geholt.', berichtete Steffi stolz, als sie wieder bei den zwei Kerlen standen. 'Von was hast du denn geträumt?', Kyle lehnte sich über den Tisch zu ihr hin und nahm ihre kleine Hand zwischen seine. 'Ich weiß nicht, mir ist heute irgendwie nicht so gut.', gestand Mag. 'Was hast du denn?!', Kyle blickte sie besorgt an und rückte näher an sie heran. 'Ist mir schon aufgefallen. Stellt euch vor!', Steff machte ein feierliches Gesicht, 'Neulich wurde Mag vor die Tür geschickt und hat hochkant in den Mülleimer gekübelt.'
Niclas grölte lauthals los, doch Kyle blickte Mag überaus besorgt an: 'Soll ich dich nach Hause bringen?'
Das wäre die Chance! So hätte sie Kyle der Menschheit gezeigt, könnte ihm die Wahrheit sagen und konnte sich wirklich etwas ausruhen.
Mag nickte glücklich. 'Kommt ja gar nicht in Frage, wir sind doch erst gekommen! Wir gehen gleich mal tanzen.', musste Steffi richtig gegen die laute Musik brüllen. Mag erkannte ihre Freundin an diesem Abend kaum wieder. Hatte sie irgendwie jetzt schon zu viel getrunken? Wollte sie einfach dazugehören oder war sie immer noch im Rausch ihrer gewonnenen Wette?
'Na gut, wir bleiben noch ein Weilchen. Ich bringe dir was zu trinken.', beschloss Kyle und stand auf.
'Ja, danke, aber bitte unalkoholisch.'
'OOOH!', machte Niclas spöttisch, doch Mag ekelte sich heute irgendwie bei dem Gedanken an Prozentigen Getränken.
Kyle drückte Mag einen kleinen Kuss auf die Schläfe und machte sich auf den Weg zur Theke.
Was dieses Mädel schon ein Vermögen hatte! Wunderte sich Kyle ernsthaft. Er sah durch die Gegend: Scheinwerfer, die im Sekundentakt die Farbe änderten und so die Party noch meilenweit entfernt kenntlich machten, ein Dj vor einem großen Mischpult, eine Theke mit Barkeeper. Unfassbar. Na gut, er musste sich eingestehen, dass er auch so aufgewachsen war. Er hatte sogar eine Firma geerbt und jetzt hing er auf einer Teenagerparty ab. Damit hatte er vor ein paar Wochen auch noch nicht gerechnet.
'Ein stilles Wasser.', bestellte er und wendete seinen Blick auf die Tanzfläche. Das Alter der Gäste war wohl im Durchschnitt siebzehn Jahre. Kleingemüse.
Er entdeckte diese nervige Lara, die plötzlich auf ihn zugelaufen kam und drehte sich weg. So ein ordinäres, selbstsicheres Mädchen…erinnerte ihn ein klein wenig an Bianca.
Gut, dass Mag da vollkommen anders war. 'Hi Kyle.', schon stand sie neben ihm und lehnte sich provozierend an der Theke ab und streckte ihm seinen großzügigen Oberkörper entgegen. 'Wie hast du Mag denn kennen gelernt?'
'Warum fragst du?', wollte sie ihn aushorchen. Warum hatte so eine denn Mag eingeladen? Freunde waren sie ja wohl nicht.
'Sie hat mir von dir erzählt, wegen der Pärchenparty, du erinnerst dich bestimmt daran? Du musstest Arbeiten.'


Was machte denn Kyle so lange? Er wollte doch nur ein Glas Wasser bestellen! Mag suchte die Gegend ab. Nein! Er plauderte mit Lara an der Theke, der war echt alles zuzutrauen. Schnell sprang sie auf, ignorierte den erneut aufflammenden Schwindel, und kämpfte sich durch die Menge.
'Mag, ich gebe es zwar ungern zu, aber dein Freund gefällt mir unglaublich gut, er ist süß und hübsch.'
Mag lächelte Lara flüchtig zu und sah zu Kyle. Dieser starrte merkwürdig Löcher in die Luft. Mag wollte ihn an der Schulter berühren, doch da begann Lara schon wieder mit ihrem Gequatsche.
'Wie wäre es denn, wenn du in Zukunft mehr mit uns machst? Hm? Du passt gar nicht zu dieser Steffi, die mochte ich nämlich nie.'
'ÄH, also ich…?', Mag war komplett überfordert mit dieser Situation.
'Dann hast du ja erreicht, was du wolltest.', murmelte Kyle so leise, dass Mag ihn nur mit Mühe hatte verstehen können. Er entfernte sich von der Theke und ging Richtung Ausgang. 'Was hat er gesagt?', fragte Lara und sah ihm mit offenen Augen nach.
'Keine Ahnung.', log Mag, die nun wusste, dass es zu spät war, 'Ich lauf ihm mal schnell nach.'
'Natürlich, wir sehen uns später.'
Was war sie denn auf einmal so scheiß freundlich?! Falscher Ort und falscher Zeitpunkt.Schnell eilte Mag Kyle nach. Er hatte einen eiligen Schritt drauf und lief schnurstracks auf den metallic-blauen BMW zu. 'Kyle, Kyle, bitte warte!'
Er hörte wieder nicht. Er drückte die Bedienung, wodurch die Blinker zustimmend leuchteten und stieg ein. Schnell raste Mag hinterher, riss die Tür auf und schmiss sich auf den Beifahrersitz, da er gerade hatte losfahren wollen.
'Bitte, Kyle, lass mich dir alles erklären.'
Kyle senkte seinen Kopf und kniff schmerzverzehrt die Augen zusammen.
'Du kannst ruhig zurückgehen, niemand weiß bescheid, sie feiern dich. Geh schon''Aber darum geht es mir nicht mehr!', Mag spürte, dass ihre böse Vorahnung nun wahr werden würde, 'Es geht mir nur noch um dich, Kyle. Hörst du? Um dich! Ja, ich gebe zu, ich wollte dich kennen lernen, um meine Lüge zu decken, doch das ist vorbei! Seit ich dich auf der Gala-'
'Sei ruhig, verdammt und verschwinde einfach.', er wurde richtig laut und ausfallend.'Du musst mir glauben!', die ersten Tränen kamen hervor. Mag kämpfte nicht gegen sie an. Schließlich unterstrichen sie ihre Glaubwürdigkeit.
Kyle jedoch stieg aus, lief um den Wagen herum und schleuderte die Tür auf. 'Verschwinde einfach!', wiederholte er und blickte in die andere Richtung. Doch was er zu verbergen versuchte, hatte Mag schon gesehen. Er weinte!!!
'Ich will, das du mir glaubst. Ich liebe dich!', platzte es aus ihr heraus, doch das war ein verhängnisvoller Fehler gewesen. Kyle brannte die Sicherung durch. Er packte Mag am Handgelenk und zog sie vom Sitz auf den harten Asphalt. 'Das kannst du gar nicht. Lügen! Nichts als lügen! Was kannst du denn sonst noch!'
Ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, stieg er zurück hinters Steuer. Mag beobachtete nur noch die Rücklichter und wusste, dass sie ihn für immer verloren hatte.

….

'Mag, bitte mach die Tür auf, das bringt doch alles nichts!', Steffi hämmerte wie verrückt gegen die Badtür, in der sich Mag eingeschlossen hatte. Eine beunruhigende Ruhe herrschte. Maggan stand zwei Meter entfernt und biss sich aufgeregt auf die Fingernägel. 'Sie hat schon wieder nichts gegessen.', murmelte sie und richtete den Blick auf die bereits abgekühlten Nudeln.
Es waren nun drei Wochen vergangen seit dem Drama auf Laras Geburtstag. Mag hatte seit dem kaum einen Schritt aus der Wohnung getan. 'Ich bleib doch eh sitzen!', war ihre Begründung, warum der Schulbesuch ausfiel.
Nur heute war sie unterwegs gewesen. In der Apotheke und kurz drauf hatte sie sich im Bad eingeschlossen. Mags Mutter ahnte bereits wieso. Steffi tappte noch vollkommen im Dunkeln. Die Übelkeit, der Schwindel, es passte alles wie die Faust aufs Auge.
'Mach endlich auf!', hämmerte Steffi noch wilder drauf ein und war ganz überrascht, als ein kleines Klicken die Stille unterbrach. Die Tür öffnete sich quietschend und gab den Blick zu Mag frei. Diese saß geschockt auf dem Fliesenboden und starrte Löcher in die Luft. Die Tränen hatten ihr gesamtes Gesicht verunstaltet. Maggan hielt sich die Hand vor den Mund. So hatte sie ihre Tochter noch nie sehen müssen.
Steffi schmiss sich auf den Boden und nahm wortlos ihre beste Freundin in den Arm. Diese ließ sich wie eine Puppe zur Seite auf die tröstende Schulter fallen. Mags Hand öffnete sich und ein blau-weißer Gegenstand entglitt ihr.
Steffi hob ihn auf und sah auf das kleine Display. Ein kleines, viel sagendes Kreuzchen strahlte ihr entgegen. Sie nahm den Beipackzettel in die Hand und verglich noch einmal. Schwanger! Mag war Schwanger! Sie konnte es kaum fassen. Maggans Gesichtsausdruck lockerte sich und sie hockte sich ebenfalls vor ihre Tochter. Sie nahm die Hände in ihre und drückte sie ganz fest.
'Mach dir keine Gedanken. Wir sind für dich da!'
Mag sah auf und versuchte zu reden, doch ihre Stimme versagte. 'Shht, das ist jetzt alles etwas viel, aber wir schaffen es!'
Steffi sah die beiden abwechselnd an. Was hatte Mag doch ein Glück mit ihrer Mutter. Bei ihr wäre jetzt die Hölle heiß gewesen!
'A-aber…Ich kann das nicht!', murmelte Mag und erneute Tränen machten sich breit. 'Wir werden Kyle bescheid geben und er wird schön bezahlen!', versuchte Steffi ihre Freundin aufzuheitern, 'Vielleicht kommt er ja auch zu dir zurück.'
Mag sah auf: 'Ich will nicht, dass er wegen irgendeiner Verantwortung zurückkommt'Klang einleuchtend. 'Informieren werden wir ihn trotzdem, doch nicht jetzt.', Maggan streichelte ihre Tochter immer noch liebend über die Schulter, 'komm, wir gehen erst einmal hier raus.'

….

Mag erinnerte sich schluckend an diese Situation vor ein paar Stunden im Bad. Ihre Tränen waren nun getrocknet, jedoch nur, weil ihre Augen so rot und trocken waren, dass gar keine Tränen mehr produziert werden konnten. Nach Erlaubnis der Freundin, nahm sie Steffis Handy, da Kyle diese Nummer nicht hatte, und rief ihn an. Steffi selbst hielt durchgehend ihre Hand. Es klingelte…
Wie immer brauchte Kyle sehr lange, um ans Handy zu gehen. Als dann jedoch seine Stimme am anderen Ende erschien, musste Mag schlucken.
'Wer ist denn da?', fragte Kyle anscheinend genervt.
'I-ich bin schwanger.', stotterte.
'Wer ist denn da?' 'Mag hier.', flüsterte sie fast und hörte das Tuten in der Leitung.
'Aufgelegt…', murmelte sie.
'Schreib ihm eine SMS, wie scheiße es auch ist!', schlug Steffi vor, musste die Nachricht jedoch selbst schreiben, weil Mag so sehr zitterte.
'Kyle, ich bin wirklich schwanger.', diese fünf Worte wurden nun in die Weiten losgelassen…Die Einzige Antwort, die von Kyle kam, war folgende:
'Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.'
Mag sackte in sich zusammen. 'Ich will dieses Kind nicht.', weinte sie erneut drauf los, 'ich kann das nicht!'
'Du kannst, Mag, du kannst.'
'Ich werde es abtreiben!'


Sie sah auf und lächelte sanft…wenigstens hatte sie Freunde, wie es andere nicht hatten.Sie streichelte über ihren dicken Bauch und sah auf das Wasser, welches mit unglaublicher Macht durch die Felsen strömte. Sie war trotz ihres seelischen Tiefs davon überzeugt, dass es ein Licht am Ende des Tunnels gab. Ohne Kyle. Neun Monate hatte sie gehabt, um erwachsen zu werden. Sie nahm ihren Schuhkarton und widmete einen letzten Blick hinein. Alles was sie von Kyle hatte, war dort drinnen. Das Bild, welches er ihr am ersten Tag geschickt hatte und alle Seiten, die sie in ihr Tagebuch geschrieben hatte. Sie verschloss den Deckel und setzte das Schuhkartonbootchen behutsam auf dem Wasser ab. Es wurde sofort mit den Fluten mitgerissen, hielt sich jedoch tapfer an der Oberfläche. 'Hier beginnt mein neues Leben.', dachte sich Mag und war froh alle Erinnerungen fortfließen zu lassen. Ein kleiner Tritt des jungen Lebens in ihr, schien diese Einstellung bekräftigen zu wollen. Sie lächelte in sich hinein und schloss die Augen: eines würde sie ihrem Baby vom ersten Tag an predigen:'Tell the truth!'
THE END







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