Autor: Carly
veröffentlicht am: 05.09.2013
Mit einem Schlag riss ich meine Augen auf. Ich starrte an die Decke, die mit Stucks übersät war. Einen kurzen Moment brauchte ich, um mich zu orientieren, dann spielte sich der Tag wieder vor meinem inneren Auge ab. Die Kerze neben meinem Nachtschränkchen brannte, ansonsten war es düster. Ich kroch förmlich zum Fenster und zog die Vorhänge bei Seite. Es war tiefe Nacht. Dennoch hell. Eine wolkenlose Nacht erhellt durch einen ungewöhnlich schönen Vollmond. „Himmlischer Vater, wozu hast du mich hierher geführt?“, betete ich zum ersten Mal seit vielen Jahren laut. Enttäuscht über den Verlust meines Vaters hatte ich ihm abgeschworen. Der Mond brachte die Baumkronen zum leuchten. Ich war verzückt, obwohl meine größte Angst schon immer der Dunkelheit gegolten hatte. „Lass mich deinen Weg erkennen. Was ist meine Aufgabe. Gib mir ein Zeichen, lass mich nicht im Regen stehen.“, flehte ich. Ich kämpfte mich zurück in die Deckenmassen meines neuen Bettes. Wer hatte mich eigentlich hierher verfrachtet und in ein völlig übertrieben verziertes, dem Lichtschein nach zu urteilen, rosafarbenes Nachthemd gesteckt? Ich starrte noch eine ganze Weile vor mich hin, bevor ich endlich wieder in einen traumlosen Schlaf fiel.
Ich seufzte tief und rollte so auffällig mit den Augen, damit auch jede Dienerin, die an mir Hand anlegte registrierte, dass ich genervt war. Eine Frau war damit beschäftigt meine Nägel zu machen, eine andere entfernte die lang geerntete Hornhaut an meinen Füßen, eine weitere polierte eifrig meinen Rücken, die Nächste zupfte meine dominanten Augenbrauen…konnte man so etwas Aufdringliches genießen?! Fragte ich mich innerlich. „Muss diese Prozedur denn wirklich sein?“, hörte ich meine Stimme genervter aus mir herausplatzen, als mir selbst bewusst gewesen war, „Ich hoffe, so beginnt nicht jeder Morgen hier…“ „Nein, bei dir ist eine Grundsanierung einfach überfällig.“, tauchte eine mir altbekannte Stimme hinter mir auf. Die Dienerinnen verbeugten sich tief und demütig. Die Kaiserin Anna höchstpersönlich, anmutig und arrogant wie immer. „Lasst uns für einen kleinen Moment alleine.“, befahl sie, worauf die Damen alles stehen und liegen ließen, nickten und bin der nächsten Sekunde verschwunden waren. Ich fühlte eine Scharm über meinen Rücken laufen und zog meine Beine vor die Brust. „Du brauchst deine Erbsenbrüste nicht verstecken, habe sie bereits registriert.“, kommentierte sie meine zierliche Oberweite. „Besser als hängende Tüten.“, konterte ich und zwinkerte ihr frech zu. Sie schluckte ihren Ärger herunter und setzte sich auf den Sessel in meinem an das Schlafzimmer angrenzende Bad. „Wie komme ich zu der Ehre dieses hohen Besuches?“, fragte ich neugierig und beobachtete ihre anmutige Art, mit der sie ihren gutgebauten Körper präsentierte. Ich wusste, was sich darunter befand. Anfänge von Cellulite, ein weicher Bauch, der Schwangerschaftsstreifen, der Zwillinge aufwies, die die Lordschaft ihr in die Röhre geschoben hatte, ein Hängebusen, der viel zu groß war, für die spitzen Schultern und breite gebährfreudige Hüften. Das absurde war, in ihren Kleidern sah sie reizend und wunderschön aus. Und ihre Schminke machte sie jugendlich und frisch. Was sie mit ihren vierundzwanzig Jahren wohl auch noch sein konnte. Wahnsinn, die Gute war ganze neun Jahre älter als ich.
„Mir dünkt, ein Gespräch könnte uns beiden gut tun, da wir nicht nur das Dach, sondern auch den Mann in Zukunft teilen sollen. Ab heute Nacht. Ein Vögelchen zwitscherte mir, es sei das erste Mal für dich?“, sie grinste gehässig. Sie wusste, dass ich da war, um William glücklich zu machen, aber sie diejenige war, die vom Volk gelobt wurde, wenn der Kaiser gute Arbeit leistete.
„Euer Hoheit will mir Nachhilfe geben?“, fragte ich verwirrt. „Um Himmelswillen, nein. Das wird William schon tun. Er ist sehr fordernd, weißt du.“, Anna stand auf und blickte sich mein Bad genauer an, „da hat er sich nicht viel Mühe gegeben.“ Wie angewidert tätschelte sie über mein Waschbecken. „Ich möchte, dass dir eines bewusst ist. Du wirst niemals auf den Feiern auftauchen. Du bleibst in diesen Gemächern, du wirst nichts publik machen. Ich will dich auf keinem Ausritt mit ihm sehen. In der Stadt wirst du dich mit deinen alten Kleidern verkleiden. Meine Kinder wirst du meiden, und an unserer Tafel wirst du zu keiner Zeit sitzen. Haben wir uns verstanden?!“ „Was hab ich davon?“, fragte ich schulterzuckend und begann allmählich zu zittern, da das Wasser abkühlte. Ich wagte jedoch nicht aufzustehen und mich der Kaiserin zu präsentieren. Ich wollte nicht von ihr hören, dass William mich schlecht finden würde.
„Was du davon hast? Ich verschone dich.“ „Tze, als ob du mir was antun könntest.“ „Sei dir nicht zu sicher, Kleine.“ Ich schnalzte ungläubig mit der Zunge. „Sind euer Hoheit jetzt die böse Hexe?“ „Nicht wenn du dich benimmst! Dazu werde ich dafür sorgen, dass du deine Familie regemäßig besuchen kannst und sie dich! Sind wir uns einig.“ Ich überlegte kurz. „Ja, Hand drauf.“ Sie zögerte zwar einen kleinen Moment, schlug jedoch ein, obwohl sie den Ekel zeigte, den sie vor meiner Hand hatte. Dann verschwand sie wieder. Augenblicklich kamen die Dienerinnen zurück und führten ihre Restauration weiter, wie es die Kaiserin nannte.
„Jetzt fühlt sich meine Haut an, wie ein Babypo.“, meckerte ich, als ich im Schlafzimmer nackt und frisch eingeölt stand und auf die Kleider wartete, die für mich rausgesucht wurden. Ich schaute im Spiegel. Ich hatte wohl noch nie so frisch ausgesehen. Und seit Jahren nicht mehr so jung. Die Arbeit hatte mich gezeichnet. Sie hatten sogar die Hornhaut an meinen Händen entfernt. So war ich nun an Händen und Füßen ganz besonders empfindlich. Wobei mir meine neuen, glänzenden, gemachten Nägel gefielen.
Und schon begann die Prozedur mich in das aufwändige Kleid zu packen. Es erinnerte mich an meine wunder-, wunderbare Arbeit in dem Salzbad. Ich wusste genau, wie man Herrschaften und Ladyschaften einkleidete. War mir aber nie wirklich dessen Gewichtes so bewusst gewesen wie heute. Das Kleid war Goldgelb mit braunen Akzenten und erinnerte mich an meine geliebten Sonnenblumen. Mein Haar banden sie mir hoch und legten mir passenden aufwändigen Schmuck um und schminkten mich. „Was machen Mätressen den ganzen Tag?“, fragte ich die fleißigen Frauen, die kein Wort sprachen, ohne jemanden persönlich anzuschauen. Die älteste von allen, die gerade aufwändige Blumenstecker in meine Frisur bastelte begann zu lächeln.
„Wonach euer Sinn euch steht. Ihr seid lange nicht so unangesehen, wie es euch vorkommen mag. Jeder am Hofe kennt die Existenz und ihr habt durchaus die Möglichkeit in den Adelsstand erhoben zu werden. Lasst euch nicht unterkriegen. Geht spazieren, lernt die anderen Kurtisanen kennen, trinkt mit ihnen Tee im Schlossgarten. Genießt die Zeit, in der ihr niemand anderes sein müsst, als der ihr Seid, Madame.“ „Wie ist dein Name?“, fragte ich und schaute sie direkt an. „Ich bin Frau Helena von Kirchhain, kleine Lady.“ Wieder eine Helena, lächelte ich. Ob der Brief bereits angekommen war. „Hat der Kaiser denn noch viele Kurtisanen?“, fragte ich. In mir stieg eine unwohle Spannung auf. „Aber nein. Er kommt so eben auf den Geschmack. Seine Ehe ist ja nun erst zwölf Monate alt. Vorher ziemt es sich nicht. Die Kurtisanen des Regenten-Vaters, Madame, sie wohnen hier“ Ich nickte erleichtert. „Aber es wird nicht lange dauern, bis er eine Schar besitzt, würde ich schätzen.“, beendete sie ihren Satz. „Ja, kann ich mir vorstellen.“ „So, gut seht Ihr aus, kleine Lady, dann wären wir nun fertig.“, sie machten einen kleinen Knicks und gingen. Ich wusste gar nicht, welchen Stand ich hier hatte, warum sich alle vor mir verbeugten und mich siezten. Ich wusste nur, dass ich unter den ganzen Herrschaften der feinen Gesellschaft stand.
Ich richtete meinen Blick auf den Spiegel. Ich erkannte mich kaum wieder.
Sie hatten meine Augen betont, meine Wangen künstlich gerötet und meine Lippen hervorgehoben. Ich sah künstlich aus, wenn man mich fragte. Wie eine Gummipuppe. Aber das war ich wohl auch. Ein kleines Spielzeug des ehrenwerten Kaiserchens. Aber zu allererst wollte ich diesen erwähnten Schlossgarten auf den Kopf stellen. Vermutlich musste ich dazu nach draußen…draußen war unten. Mit meiner Intelligenz im Gepäck hüpfte ich die große Treppe im Eilschritt nach unten. Ich wollte keinem begegnen, dem ich nicht begegnen wollte. Logisch. Obwohl es in so einem großen Gebäude eigentlich sehr unwahrscheinlich sein sollte, sich über den Weg zu laufen. Ich hielt die Augen offen und spazierte raus. Hier war der Hof, der mich gestern ins neue Leben katapultiert hatte. Das war dann wohl der falsche Weg. Verflixtes Labyrinth, fluchte ich in mich hinein und drehte mich im Kreis. Eine Menge Personal arbeitete im Innenhof. Ich machte galant auf dem Absatz kehrt und stand in Kürze wieder da wo ich angefangen hatte. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis ich endlich den Garten gefunden hatte. Offen gestanden war ich ein paar Dämchen mit Sonnenschirmen nachgelaufen. Ich hatte sie direkt überführt. Es gab nichts, was leichter zu durchschauen war, als Frauen. Sie setzten sich auf die Veranda und begannen direkt zu Tratschen. Eigentlich war mir sowas zu wider, aber irgendwas musste ich den ganzen Tag ja treiben, wenn es der Kaiser nicht tat. Ich ekelte mich. Dieser Gedanke war so unwirklich. So…nein…nein…einfach keinen Gedanken wert, so war es.
„Huhu. Seid ihr die Spielgefährtinnen der alten Majestät?“, fragte ich direkt. Zuerst erntete ich als Reaktion überraschte Blicke, dann lautes Gelächter. „Du redest mit der Frau Kaiserin Mutter!“ Autsch. Ich sprach mit der Frau, die Betrogen wurde. „Oh, das war ungeschickt.“, gab ich ungern zu und trete ihnen den Rücken zu. „Wenn ich dir einen Tipp geben darf.“, ich drehte mich wieder zu der alten Frau, „Bilde dir nicht zu viel auf deine neue Stellung ein.“ „Ich hab es vermutet.“ Sie winkte mich hinfort. Jetzt wo ich es endlich in den Garten geschafft hatte, würde ich jedoch sicher nicht wieder Platz machen. Das hatte sich die Alte so gedacht. Stolz trat ich an dem Tisch alter Damen vorbei auf die Wiese. Ich spürte ihre Blicke noch lange im Nacken, bis ich endlich hinter einigen Bäumen verschwunden war. Das Gebiet war riesig. Die Landschaft erstreckte sich über Wald, Wiesen und sogar einem See. An diesem verweilte ich. Ein Pavillon grenzte an ihm. Wunderschön. Ich stieg die Stufen hinauf, die erst vor Kurzem von Laub befreit worden mussten, so sauber wie alles war. Der Pavillon war zum See hin offen. Ich setzte mich auf eine weiße Steinbank und seufzte. Das Wasser spiegelte die Gegenüberliegende Landschaft, wodurch es wirkte wie auf einer Spielkarte. Ich stand wieder auf und beugte mich über den nassen Spiegel. Das schwere und vor allem breite Kleid erschwerte dieses Unterfangen. Dann tauchte ein kindliches Gesicht vor mir auf. Eine Fünfzehnjährige, die sich immer für erwachsen hielt.
„Lady Katharina.“, ertönte eine Stimme hinter mir. Warum mussten sich eigentlich alle immer von hinten an mich heranschleichen?! Ich stand unbeholfen auf und wendete mich dem unbekannten zu. Es war Graf Emil. „Ach Ihr seid es.“, entspannte ich. „Ich wollte euch nicht erschrecken. Ich sah, wie Ihr nach draußen gingt und folgte euch, es war unangebracht von mir. Doch ich wollte mit euch über etwas reden.“ „Worum geht es?“ „Um euer Verhalten hier auf dem Schloss. Ihr könnt nicht überall herumstreunen. Das ziemt sich nicht.“ Ich ließ die Schultern hängen und ließ mich ohne Rücksicht auf das Kleid einfach auf die Bank plumpsen. „Was soll ich denn den ganzen Tag über tun?“, fragte ich verzweifelt, „ich bin kein Mensch der rumsitzt. Ich bin es gewohnt zu arbeiten, bis schlafen das einzige ist, zu dem mein Körper in der Lage ist.“ Ich betrachtete meine nun makellosen Nägel, die vortäuschten, sie hätten noch nie Arbeit verrichtet.
„In diesen Zustand dürft Ihr aber nicht mehr kommen. Der Kaiser William wird euch heute Nacht das erste Mal besuchen. Ihr müsst immer so frisch aussehen, wie die Jugend selbst, wisst Ihr? Ihr könntet sticken lernen. Damit vertreiben sich viele wohlhabende Frauen die Zeit.“ „Ich möchte nicht sticken. Ich will etwas Sinnvolles tun!“ „Das tut Ihr des Nachts. Ihr gewöhnt euch an all dies.“, er legte seine Hand auf meine Schulter und nickte mir zu. Seine Besorgnis erinnerte mich an Herrn von Cratz. Auch wenn dieser Mann hier viel gezeichneter war. Wieder musste ich seine Mondförmige Narbe betrachten. Ich wollte ihr Geheimnis kennen. Ich wollte es verstehen, was diesen Mann zu dem machte, was er war.
„Geht es Euch wieder besser?“, fragte er mich nach minutenlangem Schweigen. „Besser als wann?“, fragte ich und hörte meine Stimme verbittert und kratzbürstig. „Als gestern Abend. Ihr seid vor dem gelben Salon Ihres Körpers nicht mehr Eigen gewesen.“ „Das drückt ihr aber fein aus. Ich bin umgekippt. Und nein, davon habe ich mich nicht erholt. Der Kaiser hat jemanden zum Tode verurteilt.“ „Es wird sich um einen Straftäter, einen Mörder, gehandelt haben.“, verteidigte Emil ihn. „Ach was, dann ist er genauso ein Mörder.“, sagte ich fest und blickte den Grafen so stur an, das keine Widerrede möglich war. „Wenn ich euch einen Rat geben darf?“ „Nur zu, ob ich ihn annehme ist eine andere Sache.“ „Ja, sicher. Versucht In unserem Herrn Kaiser einen guten Menschen und in seiner Regentschaft eine positive Kraft zu sehen, sonst werdet Ihr an diesem Ort zu Grunde gehen.“ Ich blickte zurück auf den See. Wahrscheinlich hatte er recht. Ich musste lernen mit dem zu leben. Schon alleine, damit meine Familie das versprochene Geld erhielt. Das sollte das Wichtigste sein. Meine antreibende Kraft. Für meine Familie würde ich alles tun. Und wenn von mir verlangt wurde, dem Kaiser zu gefallen, musste ich auch dies versuchen. „Kommt. Ich führe euch zurück. Ihr seid schon ganz braun geworden.“ „Ich war schon immer braun. Ich habe in der Sonne gearbeitet…Sachen gibt es…“ Er seufzte. „Das wird sich auch wieder ändern.“ „Das will ich gar nicht.“, protestierte ich. „Kommt. Ich bringe euch auf euer Zimmer.“ „Gefängnis!“, rief ich dazwischen. Doch er ignorierte mich. Und lief voraus. „Kommt, Lady Katharina.“ „Könnt ihr mich nicht lieber zu diesem verlassenen Schlossturm bringen?“, den hatte ich noch nirgends entdeckt, aber keinesfalls vergessen.
„Das ist kein Ort für junge Damen.“
Das große Fenster in meinem Zimmer war bereits zu meinem Lieblingsort geworden. Ich hatte die großen Sofas dorthin geschoben. Eine unglaubliche Prozedur. Ich hatte alles etwas umgeräumt, das Schachbrett, welches eh bei mir keine Verwendung fand, vor Zorn aus dem Fenster geschmissen, nachdem ich das Bett um keine Elle verrückt bekommen hatte. Nun saß ich auf dem Sofa und starrte Richtung Wald, wo die Sonne gerade hinter den Kronen verschwunden war und nur der See leicht zwischen den Stämmen glänzte. Der Himmel tauchte in ein herrliches Rosa-Violett. Ich wünschte, ich könnte dieses Bild festhalten oder noch besser, hinausfliegen und selbst ein Teil dieses Bildes sein.
Ich hörte wie sich der Türknopf drehte, doch ich ließ meinen Blick auf dem Panorama ruhen. Die Nervosität kletterte durch meinen Körper. Ein Gefühl, dass ich nicht kannte füllte mich ganz aus. Mir war warm und kalt auf einmal. Meine Hände, die auf meinem Schoß ruhten, kneteten sich gegenseitig verspannt.
„Welch ungewöhnlich schöner Anblick“, hauchte der Kaiser. Ich würde ihn immer erkennen. Denn er war der Inhalt meiner Träume, egal ob Albträume, oder Träume von Leidenschaft, egal ob Hass oder Liebe, egal ob Abscheu oder Anziehungskraft, alles füllte er aus.
Große Hände legten sich auf meine Schulter. Ich kniff die Augen zusammen. „Möchtet Ihr mich nicht angemessen begrüßen?“ „Belehrt mich. Wie begrüßt man einen Mann eurer Absichten angemessen?“, begann ich mit dem Feuer zu spielen, ohne, dass ich es wollte.
Er marschierte langsam und leise, wie ein Raubtier, dass sein Opfer nicht aus den Augen lässt, um mich herum, bis er vor mir stand. Ich öffnete meine Lider starrte jedoch nach unten. Meine Fingerspitzen begannen zu zittern und meine Füße waren eiskalt.
„Zuallererst zollt man ihm Respekt, in dem man bei seiner Ankunft aufsteht.“
Ich gehorchte ihm innerlich protestierend und stand auf.
„und man schaut ihm in die Augen.“, fuhr er fort. Ich hob meinen Blick. Er sah bezaubernd aus. Ich musste an unsere erste Begegnung am Brunnen denken. Er hatte mich beeindruckt. Fast um den Finger gewickelt. Wäre diese Situation jetzt und hier, entstanden, weil wir beide freie, ledige Menschen freien Willens wären, wäre das der glücklichste Moment meines Lebens. Doch ich war kein Mensch, der sich im Käfig halten ließ. Dabei war ich mir sicher, er wusste das.
Er kam einen weiteren Schritt auf mich zu. Ich spürte seinen Atem auf meiner Haut. Auf meinen Schultern, in meinem Dekolleté. Er roch nach seinem Rasierwasser. Nach Männlichkeit und Wärme. Nach einem Parfum, dass ich als einfaches Mädchen nicht kannte. Er trug seine gewohnte Uniform und ich überlegte, ob ich sie ihm aufknöpfen sollte. Niemand hatte mir verraten, wie sowas funktioniert. Ich blieb steif auf der Stelle stehen, stellte mir nur vor, wie ich ihm die Kleider vom Leib riss und ihn aufs Bett schmiss, doch in Wahrheit, war ich nicht so mutig. Ich war angewurzelt. Verwirrt. Er war doch…doch ein böser Mensch.
„Dreh dich um.“, befahl er auf einmal. Doch meine Wurzeln ließen nicht locker. „Was ist los mit dir, Katharina?“
Er duzte mich zum ersten Mal…Ja…was war los?
„Du furchtest dich.“, beantwortete er sich die Frage selbst. Plötzlich lächelte er. Doch er lachte mich nicht aus. Er schien eher verständnisvoll.
Er erhob seine Hände über meinem Kopf und löste langsam eine Haarnadel nach der anderen. Die Korkenzieherlocken segelten zurück auf meinen Rücken. Wurden immer voller. Der Kaiser legte die Nadeln auf dem Tisch neben uns ab. „Zeig die Löwin in dir, meine Schöne. Deine Augen, deine Haare, du bist ein Raubtier. Und ich habe schon einmal mit deinen Krallen Bekanntschaft gemacht. Ich vergöttere deine tief schwarzen Augen, sie sind so groß und wach, wie ich nie welche gesehen habe.“
Er strich die Haare von meiner Schulter und hauchte mir einen Kuss in den Nacken, der mir eine süße Gänsehaut über die Haut legte.
Er ging um mich herum und begann nun, sich an meinem Kleid zu schaffen zu machen. Ich spürte, wie es immer lockerer wurde, bis es schließlich zu meinen Füßen glitt. Es dauerte nicht lang, da folgte ihnen Reif- und Unterrock. Auch die Korsage schnürte er auf und schmiss sie unter sich. Reflexartig legte ich meine Arme um die entblößten Brüste. „Willst du dich vor mir verstecken?“
Tränen stiegen in meine Augen, ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Was war mit mir los? So kannte ich mich nicht. Warum schlug ich nicht um mich? Warum rannte ich nicht fort? Oder anders, warum zog ich ihn nicht aus? Warum küsste ich ihn nicht? Was war los mit mir? Warum war ich nicht ich selbst? „Lass mich sie sehen.“, flüsterte er mir ins Ohr, nahm meine Handgelenke und wartete bis ich nachgab. Seine blauen Augen tasteten mich ab. Ich begann am ganzen Körper zu zittern. „Du bist traumhaft, Katharina.“
Er nahm mich an der Hand und führte mich langsam zu meinem Bett. Ohne mich zu wehren, setzte ich mich auf die weiche Matratze. Er ging vor mir auf die Knie und nahm meine Hände in seine. „Hör mir zu, Liebste. Ich möchte dir nicht weh tun. Um Himmels Willen. Doch ich habe wohl nie einen Menschen mit so einer Furcht gesehen. Weißt du, was mit Frauen in so einer Situation passiert?“
Ich schüttelte unwissend den Kopf. „Sie verkrampfen sich. Genauso ihr wunderbares Himmelstor. Und das möchten wir beide nicht, denn nur dann tut es dir weh, weißt du.“
Ich zog meine Augenbrauen zusammen. Das Zittern meines Körpers wurde stärker. „Euer Majestät….ich…ich weiß nicht warum…ich kann nicht…“
„Shhht…es ist in Ordnung. Wir haben Zeit. Ich werde dich einfach ein bisschen verwöhnen, da wirst du ganz von alleine locker. Leg dich hin.“
Ich tat wie er mir geheißen und starrte an die kunstvolle Decke. Einfach bis hundert zählen…eins, zwei, drei, vier, fünf…ich hörte wie sich der Kaiser entkleidete….siebenundzwanzig, achtund-
Meine Gedanken stockten. Der Kaiser schob meine Beine auseinander und machte sich an mir mit seiner Zunge zu schaffen. Ich richtete mich auf und blickte ihn entsetzt an. Wer ging da denn freiwillig mit seiner Zunge hin, an einen so unsauberen Ort?! Er legte mir seine Hand gegen die Brust und drückte mich mit sanfter Gewalt zurück in die weichen Kissen. Ich schloss die Augen. Achtundzwanzig, neunundzwanzig, dreißig, einunddreißig…was tat er da…was auch immer es war…es hielt mich davon ab, weiter zu zählen. Er stubbste, diese überaus empfindliche Stelle sanft mit seiner Zunge an und zog meinen heiligsten Ort nun mit den Fingern auseinander. Er bewegte seine Zunge schneller und fester gegen mich. Etwas in mir begann leicht zu Kribbeln. Der Ursprung kam von dort unten aus meiner Perle. Er unterbrach kurz und ich hörte, wie er seinen eigenen Finger in den Mund steckte. Dann wieder sanfte Berührungen. Er spielte mit meiner Spitze wurde schneller, und schneller und fester. Plötzlich unerwartet kam irgendwas dazu. Es stieß in mich ein, ohne dass die Bewegung der Zunge mich verließ. Das Kribbeln breitete sich aus. Es fühlte sich an, wie eine unbeschreibliche warme Feuchtigkeit. Eine warme Feuchtigkeit die in meinen Bauch hinaufstieg. Ein leises Seufzen entfuhr mir. Der Kaiser wurde schneller und nahm einen weiteren Finger hinzu. Schneller und schneller. Zunge und Finger im Einklang
Ein Druck baute sich in mir auf. Ein großer Druck, den ich nicht aushalten konnte. Wann kam die Erlösung? Wo war sie? Mein Körper begann zu zucken, doch die Wärme breitete sich immer weiter aus. Das konnte ich nicht ertragen, ich drückte seinen Kopf mit meiner Hand weg. Mein Gesicht glühte. Plötzlich tauchte das Gesicht des Kaisers vor meinem auf. „Ich wusste, dass du eine Löwin bist.“, hauchte er mir zart entgegen. Sein Gesicht kam meinem Näher. Sein Atem war warm und er roch nach mir. Ich nahm seinen Hinterkopf und krallte mich in seinem blonden Schopf fest um ihn an mich ran zu ziehen, um meine Lippen auf seine zu pressen. Wir küssten uns. Diese Berührung jagte eine weitere Regung durch meinen Körper, die ich nicht beschreiben konnte. Sie waren so weich. Ich folgte seinen Bewegungen, da ich nicht wusste, wie es eigentlich ging. Seine Hand erforschte meinen Körper, ging über auf seinen. Was tat er da? Etwas Komisches streichelte mich zwischen meinen Beinen. Ich wusste nicht was es war, doch ich ahnte es. Er nahm seine Hand dazu und führte seinen Schwengel in Richtung meiner Höhle. Dann drang er ein. Ein tiefer Schmerz unterbrach die Serie schöner Gefühle und er presste schnell seine Lippen ein weiteres Mal auf meine, so dass ich den Schmerzesschrei in seinem Mund entlud. Er war tief in mir drinnen, auch wenn ich nicht wusste wie er das gemacht hatte. Flehend riss ich die Augen auf. Tränen liefen über meine Schläfe und verloren sich in den Kissen. Er lächelte sanft und liebkoste mein Gesicht. Dann nickte er mir zu, ich nickte ebenfalls, worauf er sich wieder anfing zu bewegen. Mit gewohnten langsamen Stößen drang er jedes Mal ein Stück tiefer in mich hinein. Jedes Mal durchfuhr mich ein Schmerz, der jedoch von Mal zu Mal geringer wurde. Als er merkte, wie sich meine Muskeln allmählich entspannten, legte er an Tempo zu. Ich nahm meine lahmen Beine nach oben und schlang sie um seine Hüfte. Der neue Winkel war anders. Ich fühlte etwas. Wieder bäumte sich dieses ungewohnte Gefühl in mir auf. Der Kaiser seufzte tief und krallte sich in meinen Haaren fest. Ich ließ meine Fingerkuppen über seinen Brustkorb gleiten. Er war so hart. Ich fühlte die einzelnen Muskeln seines Bauches. Eine lange Narbe in seiner Taille. Seine breiten Schultern. Ich musterte ihn mit den Fingern, während ich ihm tief in die Augen blickte. Das Eis war gebrochen, der Schmerz überstanden. Ein Gefühl des Glücks brodelte in mir auf. Ein unbeschreibliches Gefühl. Und ich befürchtete, dass ich mich soeben in den Mörder meines Vaters. In den Kaiser des Deutschen Reiches, verliebt hatte.
Wieder küsste ich ihn leidenschaftlich, schob meine Zunge in sein Mundinneres, wie er es zuvor getan hatte und ergriff die Initiative. Es fühlte sich an, wie die Versiegelung meiner Gefühle. Als wäre ich für immer dazu verdammt, den Mann zu lieben, den ich am meisten hasste.
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