Autor: Anny
veröffentlicht am: 23.07.2013
Verfallen
Seit sehr, sehr langer Zeit, habe ich mal wieder Lust zum Schreiben gefunden. Ich war so inspiriert von Euren Geschichten, da wollte ich auch mal wieder anfangen. Hier nun mal wieder ein neuer Teil. Bitte sagt mir, ob ihr die Wendung gut findet oder nicht. Kritik ist wie immer erwünscht. ;) Viel Spaß beim Lesen.
Liebe Grüße, Anny
Kapitel 5
Da war ich wieder, enttäuscht und verletzt, zweifelnd, den Glauben an die Liebe verloren. Für was auch lieben, wenn es einem sowieso nicht gedankt wird, wenn man sowieso nur verletzt wird, wenn man sowieso immer nur zweite Wahl ist. Ist es dann nicht besser gar nicht zu lieben, als vergebens zu lieben?
Versunken in Gedanken verging die Zeit und es war schon sehr dunkel geworden. Ich beschloss mich auf den Heimweg zu begeben. Ich lief den schnellsten Weg zurück Nachhause. Als ich kurz vor unserem Haus angekommen war, sah ich, dass jemand auf unserer Treppe saß. Ich ging näher und erkannte Dan. Was wollte Dan bitte vor meiner Tür? Ich meine hat er mich nicht schon genug gedemütigt und verletzt? Ich ging langsam auf die Treppe zu und versuchte einfach an ihm vorbei zugehen. Völlig ignorieren, dachte ich mir. In dem Moment als er mich sah stand er auf und versuchte zu sprechen, ich hörte ihm jedoch nicht zu. Ich wollte nichts hören und vor allem nicht von ihm. Ich schloss wortlos die Tür auf und er lief hektisch um mich herum. Gerade als ich einen Schritt ins Haus machen wollte, hielt er mich an der Hand fest. Es kribbelte in meinem ganzen Körper, aber ich missachtete meine Gefühle und Empfindungen. Ich drehte mich kurz zu ihm um, legte meinen Kopf schräg und sagte „Verschwinde, okay.“ Ich sagte es ganz ruhig, ich hatte weder Kraft noch Lust mich aufzuregen. „Aber ich bin extra hier her gekommen und ich will wissen, was mit dir los ist!“ wimmerte er beinahe. Mit meiner anderen Hand nahm ich seine Hand von meinem Arm weg und drehte mich einfach um, schloss die Tür, ließ ihn draußen stehen. Ich ließ meine Wut, meine Trauer und selbst meine Hoffnung draußen stehen. Verschloss die Tür, verschloss mein Herz. „Wo warst du denn so lange Maus?“ fragte mich meine Mutter, als ich an der Küche vorbei lief. „Joggen.“ Sagte ich kurz. „Wir essen gleich, okay.“ Antwortete sie mir. „Komme gleich, bin erst Duschen.“ Rief ich als ich die Treppe hochging. In meinem Zimmer angekommen begab ich mich gleich ins Badezimmer und ging duschen. Das Wasser prasselte auf meinen Körper hinab, umhüllte mich wie ein Schleier. Wie ein Schutzmantel, der meine Gefühle und Ängste, gar meine Hoffnungen umschloss und sie nicht heraus ließ. Ja, ich war ein emotionales Wrack, aber ich schwor mir, dass mir niemals wieder jemand so wehtun würde. Egal wie kalt und schroff ich sein musste, mir würde niemals wieder ein Junge so wehtun, da ich einfach keinen mehr an mich heran lassen werde. Meine Tränen wurden zu Kugeln und mit diesen Kugeln würde ich es jedem Kerl heimzahlen. Es gibt genug Mädchen wie mich, Mädchen die Wochen, Monate, Jahre verarscht und hintergangen wurden. Alle diese Gleichgesinnten werde ich rächen. Fast wie Uma Thurman in Kill Bill, nur ohne Schwerter…. „JULIE!“ schrie es von unten. Und schon war ich aus meinen wilden Fantasien gerissen und wieder in der Realität. Naja vielleicht ist die Uma Thurman Geschichte doch etwas zu hart, immerhin hat er mich nicht angeschossen und mir mein Kind weggenommen. Aber mein Herz hatte er gestohlen und zerrissen. Ich zog mir schnell den Bademantel über und ging hinunter zum Esszimmer. Als ich zur Tür hinein kam, traf mich der Blitz. Saß da nicht ernsthaft Dan am Esstisch! Dieser Arsch will jetzt ernsthaft mit der –deine-Eltern-mögen-mich-Nummer kommen. „Was soll der Mist?“ fragte ich wütend. Meine Mutter sagte: „Och der arme saß ganz traurig vor der Tür und sagte er wäre ein Freund von dir, da hab ich ihn zum Abendessen eingeladen.“ „Freund ist wohl übertrieben.“ Sagte ich dann kühl und war selbst von mir überrascht. Ich nahm mir ein Belegtes Brötchen und ging in mein Zimmer zurück. Ließ ihn einfach mit meiner Mutter und meinem Bruder sitzen. Nur weil er in meinem Haus ist muss ich wohl kaum mit ihm reden. Nach einer Weile klopfte es an meiner Tür und ich öffnete sie. „Hey.“ Flüsterte Dan und wollte eintreten. Sein Gesicht war meinen total nah und ich konnte seinen Atem spüren, aber es regte sich nichts. Mein Körper kribbelte nicht so, wie er es sonst tat. Ich war zu sehr verletzte, so dass die Wut und der Kummer alle meine Empfindungen überlagerten. War vielleicht gar nicht so schlecht, dachte ich mir. „Ich geh schlafen. Du weißt ja wo die Tür ist.“ Antwortete ich ihm abweisend. Man konnte hören, dass ich sauer war, richtig sauer. Ich schlug ihm die Tür vor der Nase zu und setzte mich wieder auf mein Bett, genoss mein Brötchen und feierte mich selbst, dass ich meine Gefühle beisammen hatte und bei seinen hässlichen dunklen Augen nicht eingeknickt war. So toll war er gar nicht, wenn ich darüber nachdenke. So muskulös ist er auch nicht, eigentlich schon, aber er ist so dünn, dass es blöd aussieht und seine Augen sind auch nicht so der Hammer. Wenn ich mir diese braunen Oreo Kekse auf die Augen lege, habe ich den selben Effekt erreicht und kann sie sogar noch essen. Langsam musste ich über meine eigenen Gedankengänge lachen und beschloss Marie anzurufen, sie wusste noch gar nichts von der freudigen Nachricht. „Hey Marie!“ rief ich freudig ins Telefon. „Hey Süße. So freudig heute?“ , lachte sie. „Ohja, ich muss dir was erzählen. Das glaubst du mir nie!“ … redete ich weiter. Ich erzählte ihr über eine Stunde lang, was den ganzen Tag passiert war. „Was nein, der saß echt in eurer Küche?“, staunte Marie. „Jaa, krass oder?!“, entgegnete ich. Wir schwatzten noch eine Weile und dann ging ich zu Bett. Immerhin war ich total fertig und ausgepowert. Als ich noch einmal auf die Uhr schaute grinste der Wecker förmlich, dass ich nur noch 4 Stunden zu schlafen hatte und er dann wieder unbarmherzig klingeln durfte. Ich hasste früh aufstehen, ich kam einfach so verdammt schlecht aus dem Bett. Trotzdem musste ich leicht schmunzeln und drehte mich zur Seite. Ich schlief auch sofort ein.
Piep, Piep, Piep…. Ich hörte das Klingeln meines Weckers und sprang förmlich aus dem Bett. Ich wusste gar nicht, dass ich so schnell aus meinem kuschligen Bett springen kann, aber heute Morgen fiel es mir sehr leicht aufzustehen. Ich schaute auf mein Handy, eine SMS von ich-nenne-alle-Weiber-Süße. Im Badezimmer sah ich den Spiegel und machte Fratzen, einfach weil ich so gute Laune hatte. Dann stockte ich und setzte mich auf den Klodeckel. Moment, war das gestern echt passiert? Habe ich das echt alles gesagt? Ohja, das habe ich! Ich habe diesen Dreckskerl richtig die Meinung gesagt und mich nicht wieder einlullen lassen. Und das Beste war, ich müsste ihn nicht mal in der Schule sehen, da er Gott sei Dank auf eine andere ging. Das machte den Tag fast noch schöner. Ich dachte mir, es wäre mal wieder Zeit sich richtig hübsch zu machen, so symbolisch mal etwas Neues auszuprobieren. Anstatt meine welligen Haare zu glätten, lockte ich sie und schminkte mich auch etwas weniger als sonst. Also nur etwas Rouge, Lipgloss und Wimperntusche. Ich zog mir ein lässiges weißes Kleid an und eine kurzgeschnittene Jeansjacke darüber, Ballerinas und schon stand ich mit meinem Bruder an der Bushaltestelle. Laura und Emy bekamen große Augen, also sie mich erblickten. „Mensch, du siehst heute echt wunderschön aus!“ sagten sie im Chor. Ich verstand gar nicht was sie meinten. Ich meine, ich hatte heute nur etwas weniger Make-up aufgelegt und habe meine Haare gelockt, aber ich freute mich über das Kompliment. „Dankeschön.“, Grinste ich sie an und gab ihnen einen Begrüßungskuss auf die Wange. Laura zupfte die ganze Zeit an meinen Haaren herum und fragte wie ich die so schön hinbekommen hätte. Ich zwinkerte ihr zu: „Glätteisen.“, „Was echt? Ich bekomme das nie hin, dass musst du mir mal zeigen!“, antwortete sie. Ich war ein wenig stolz, da ich selbst ewig gebraucht hatte, bis ich den Dreh raushatte. Dann kam auch schon der Bus, ich erzählte meiner Lieblings-Sitznachbarin alles und wir liefen zusammen zur Schule. Ich verabschiedete sie, atmete einmal tief ein und überwand die Treppen bis zum Kunstraum. Kunst war eines meiner Lieblingsfächer. Man konnte so schön kreativ sein. Man konnte abstrakt sein. Man konnte frei sein. Unsere Lehrerin erklärte uns die Aufgabe für die nächsten Stunden und ich freute mich richtig. Die Aufgabe war „Handlung“, ob man nun eine Handlung darstellte oder mit dem beinhaltetem Wort „Hand“ spielte, war egal. Mein Hang zur Dramatik und Horrorfilmen ließ mich auf eine recht gute Idee kommen. Ich zeichnete ein Herz, aber kein perfektes wie man es auf alle Blätter kritzelt, wenn man verliebt ist, sondern ein echtes, mit Adern und tropfendem Blut, als ob es herausgerissen wurde. Dieses Herz wurde von einer Hand gehalten, man konnte an den langen Fingernägeln erkennen, dass es eine Frauenhand war. Diese Idee symbolisierte meine Entscheidung, meine Emotionen, mein herausgerissenes Herz der letzten Woche und vor allem von Gestern Nachmittag. Ich war richtig vertieft in meine Arbeit und machte zunächst ein paar Skizzen von Herzen und Händen. Als ich eine schöne Zusammenstellung hatte, fing ich auch schon an die „richtige“ Zeichnung zu erstellen. Mein Handrücken war schon total grau vom Bleistift. Ich frage mich immer, warum jeder mit Fineliner oder Wasserfarbe malen musste, warum man riesige Leinwände mit Ölfarbe begießen muss, wenn ein Bleistift doch viel mehr über das Bild aussagen würde. Erst einmal gefällt mir, dass nichts endgültig ist. Man kann jeden Strich wegradieren oder jeden wegradierten Strich neu dazu zeichnen. Es gab nicht nur grau und weiß, wie man vielleicht Denken vermag. Es gab viele Grautöne, die miteinander verschmelzen, wenn man schattiert, die Dunkelheit, aber auch Hoffnung aufzeigen. Vielleicht habe auch nur ich so eine Philosophie von Kunst, aber ich finde sie gibt so viel mehr, als nur einen hübschen Dekoeffekt. Ein Bild hat mindestens so viel auszusagen wie ein 500-seitiger Roman oder ein 120minütiger Film. Was hat der Künstler gedacht, gefühlt als er es malte? Was hat ihn dazu gebracht es zu malen? Was will er damit sagen? Verarbeitet er etwas oder soll es die Menschen, die es sehen anregen? All das ist Kunst für mich, es ist ein Teil meines Lebens, ein Teil von mir. Und Dan war ebenfalls ein Teil von meinem Leben, ein Teil von mir. Doch dieser Teil ist jetzt nicht mehr wichtig, denn er wird bald von etwas anderem ausgefüllt. Vielleicht fange ich einen neuen Sport an oder Stricken? Meine Oma ist immer sehr erfüllt, wenn sie Strickt, vielleicht wäre das etwas. „Julie, hey die Stunde ist vorbei.“, lachte Marie neben mir. Ich merkte gar nicht, wie die Zeit verging, da ich so in Gedanken war. „Oh, ich war so eifrig beim Zeichnen.“, lachte ich zurück und legte meine Zeichnung nach vorne. Ich freute mich schon auf nächste Woche, da ich dann endlich weiter an meiner Zeichnung arbeiten konnte. Die Schule ging recht schnell vorbei und ich sah, als ich auf den Bus wartete, ein Mädchen und einen Jungen. Das Mädchen warf ihm vor, dass er sie betrogen hatte und er hatte nur müde Ausreden. Dies bestätigte meine Entscheidung, irgendwie gab es mir ein Gefühl der Genugtuung, da sogar ein wildfremder Typ scheinbar ein Arsch war. Ich stieg in den Bus und fuhr nach Hause. Ich machte mir etwas zu Essen, Schnitzel fand ich gut. Ich mochte Schnitzel, Nuggets, Schweinebraten, Gulasch. Alles was mit Fleisch zu tun hatte mochte ich. Nicht ganz typisch für ein Mädchen, so ein „Fleischfan“ zu sein, aber ich war auch in Bezug auf andere Sache nicht unbedingt Ladylike. Zum Beispiel mochte ich meine Playstation 3. Ich habe sie erst zu Weihnachten bekommen und war stolz wie Oskar. Also warf ich mich auch gleich mit meinem Schnitzel vor den TV und zockte eine Runde Resident Evil 6. Wenn ich nicht joggen ging, zockte ich um meine Wut zu katalysieren. Nach einer Weile war mir jedoch langweilig, ich sah mir meine anderen Spiele an, aber jedes langweilte mich. Also beschloss ich in die Stadt zu gehen und mir mal ein neues zu gönnen. Gesagt getan, ich zog mir wieder meine Ballerinas an und verließ das Haus. Meine Mutter kam auch gerade nach Hause und ich fragte sie ganz lieb, ob ich nicht das Auto nehmen dürfte, da ich keine Lust auf Bus fahren hatte. Sie erlaubte es mir, war jedoch noch etwas besorgt, da sie findet, man sollte das Alter für den Führerschein in den USA, wie in Deutschland, auf 18 hochsetzen. Naja ihr Leid, mein Glück! Nach kurzer Zeit war ich auch schon in einem Gameshop angekommen und durchsuchte die Regale. Da sah ich Infamous 2, es blitzte mir in die Augen. Ja klar, es war nicht neu, aber es war ein Klassiker! Ich griff also zum Spiel und wollte mich gleich mit meiner Beute zur Kasse machen, als ich merkte, dass noch jemand das Spiel in den Händen hielt. Ich drehte mich wütend zurück und sah in Smaragdgrüne Augen, die von einer blonden Mähne umgeben waren. Sie funkelten und strahlten mich an. „Hast dich verlaufen, Süße?“ ,Grinste mich der Typ an. Zack, da war es wieder ‚Süße!‘ Da könnte man doch schon wieder kotzen. Noch so einer!
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