ICH, DU & Meine Freundin

Autor: Natalie Körner
veröffentlicht am: 22.03.2012

Hi, ich bin Melina, aber meine Freundinnen nennen mich Melly. Obwohl – was heißt Freundinnen? Sagen wir, meine beste Freundin Cassandra nennt mich so. So wie ich sie eben Cassie nenne. Wir sind nicht nur beste Freundinnen, wir sind praktisch Zwillinge. Ach was, siamesische Zwillinge! Es gibt nicht nur Cassie oder nur Melly, es gibt nur Cassie-und-Melly. Und selbstverständlich wird Cassie immer zuerst genannt. Klar, schließlich ist sie zwei Wochen älter, und ca. Eine Millionen Lichtjahre hübscher als ich. Nicht, dass ich hässlich wäre, es ist nur so, dass ich, egal was ich auch mache, immer in Cassies Schatten stehen werde. Aber das macht mir nichts aus, weil ich zugegebenermaßen eher zu der stilleren Sorte gehöre. Da redet Cassie eben für uns beide. Das ist auch kein Problem, schließlich denken wir sowieso immer das selbe! Auch bei Jungs, übrigens. Und das wurde uns (also MIR) schon häufiger zum Problem.

Eines Tages, als Cassie-und-ich mal wieder nach der Schule in unserem Lieblings-Café chillten, kamen drei Jungs dazu. Ob bei uns noch frei wäre, fragten sie. Cassie hatte sie natürlich sofort abgecheckt, und ganz offensichtlich für gut befunden, denn sie lächelte, machte ihren typischen Cassie-Augenaufschlag und meinte frech: "Naja, da müssen wir noch überlegen. Kommt vor allem mal darauf an, wer fragt!" Die Jungs grinsten zurück, und stellten sich als Mark, Alex und Leon vor. Cassie lächelte noch breiter. Dann zog sie drei Stühle vom Nachbartisch herüber. Die Jungs schlugen sich beinahe um den Sitz neben Cassie, schließlich ergatterte Alex ihn. Leon setzte sich vor Kopf, auch so nahe wie möglich zu ihr. Mark lachte nur, und setzte sich neben mich. Wir bestellten eine Runde Milch-Shakes. Während wir warteten, beobachtete ich die Jungs. Vor allem Mark hatte es mir angetan. Aber Cassie vermutlich auch...
Aber er sah schon gut aus... die dunklen Haare, die ihn leicht in die Augen fielen, wenn er nach unten sah... die blauen Augen, die mich gerade spöttisch anblinzelten... Sekunde, wie war das?
Ich war so in meinen Beobachtungen gefangen, dass ich gar nicht bemerkt hatte, wie ich ihn angestarrt hatte. "Cassie, wir gehen auf's Klo!", rief ich, und nahm sofort reißaus. Erstaunlicherweise folgte sie mir.

"Wieso muss das immer mir passieren? Wieso bin ich immer die, die sich blamieren muss? WARUM? Das ist doch nicht fair!", beschwerte ich mich. Doch Cassie hörte mir gar nicht zu, weil sie sich den Lidstrich nachzog. "Mensch Cassie! Jetzt hör mir doch verdammt noch mal zu!", schrie ich. In diesem Moment öffnete sich die Tür, und eine ältere Dame kam herein. Irritiert blickte sie uns an, dann verschwand sie in einer Kabine. Cassie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, doch ich meinte nur: "Siehst du? Immer blamiere ich mich!" "Ach komm! Doch nicht immer! Denk doch nur an meinen 16. Geburtstag!" Zwar versuchte sie mich, damit zu trösten, aber das funktionierte natürlich nicht, da mir an diesem Tag sehr wohl etwas passiert war: "Ich habe deinen damaligen Freund mit dem Joghurt-Dressing übergossen!", lachte ich. Sie lachte ebenfalls. "Ach, das hatte der Arsch sowieso verdient! Außerdem: Bei unserer letzten Klassenfeier ist nichts passiert!" Doch ich widersprach: "Doch klar! Da habe ich Miri auf die Füße gekotzt!" Sie musste noch mehr lachen: "Ja, aber du konntest ja nichts dafür. Der Drink war eben zum Speien! Außerdem ist sie selbst Schuld, wenn sie bei sowas offene Schuhe trägt!"

Nach einem ausgedehnten Lachanfall gingen wir zurück zu den Jungs. Gleichzeitig mit uns kam auch die Bedienung am Tisch an. Sie stellte das Tablett mit den Milch-Shakes worlos auf den Tisch, und verschwand sofort wieder. Doch im weitergehen funkelte sie uns hasserfüllt an. "Was hat die denn?", fragte Cassie. "Ach, es könnte sein, dass sich jemand über zwei schreiende Mädchen auf dem Damenklo beschwert hat.", grinste Mark. Wieder lachte Cassie nur, doch etwas an diesem Lachen war anders. Und ja, da war er wieder – dieser Augenaufschlag.

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