Gestern, heute, morgen - Eine Liebe für die Ewigkeit - Teil 10

Autor: Raindrop
veröffentlicht am: 17.04.2015


Meine Beine gehorchten mir nicht mehr und ich blieb stehen. Ich stand einfach nur da und fühlte mich so müde. Ein Gefühl, das ich als das schlimmste in meinem Leben beschreiben würde, machte sich in meiner Magengrube breit und vertrieb alle anderen vom Glück erfüllten Empfindungen. Die Liebe zu Mila, unsere langjährige Freundschaft, das alles schien nicht mehr zu gelten.
In diesem Moment hasste ich sie. Sie stellte sich zwischen Sean und mir.
"Abby?“ - hörte ich ihre Stimme und blickte in ihr Gesicht. "Was ? was ist los?“ - fragte sie und in ihrer Stimme hörte ich diese Unsicherheit, die man empfand, wenn man das Gefühl hatte, etwas falsch gemacht zu haben.
"Es ist nichts.“ - sagte ich und es hörte sich so gar nicht danach an. "Warum fragst du?“ "Weil du mich gerade ansiehst, wie eine Schlange ein weißes Kaninchen.“ - erklärte sie mir.
"So ein Quatsch.“- ich machte eine wegwerfende Bewegung mit der Hand und zwang mich zu einem Lächeln. "Ich habe heute Nacht nur so schlecht geschlafen.“ - log ich sie an. Einen Moment lang sah sie mich an, versuchte abzuschätzen, ob sie mir nun Glauben schenken sollte oder nicht. Aber da ich sie noch nie in meinem Leben zuvor angelogen hatte, lächelte sie mich nur an.
"Ich weiß nicht, was mich da geritten hat.“ - meinte sie und ihre Augen fingen an verträumt zu glänzen. "Ich war noch am Würstchenstand und habe meiner Mutter geholfen, alles aufzuräumen. Da sah ich Sean über den leeren Platz gehen und bin zu ihm hin.“ - erzählte sie mir. Am liebsten hätte ich mir die Ohren zugehalten, weil ich es einfach nicht ertragen konnte, das zu hören.
"Hm.“ - machte ich aber nur, nicht im Stande ein Wort heraus zu bringen. Vor Schmerz war ich wie gelähmt.
"Dann habe ich ihn gefragt und er hat nur mit den Schultern gezuckt und Ja gesagt.“ - beendete sie meine Folter und grinste mich glücklich an. "Wir wollen am Samstag ins Kino gehen. Ich bin so froh und so ?nervös.“ - fügte sie hinzu.
"Hm.“ - sagte ich wieder und schluckte meine Tränen runter.
"Ich war noch nie mit einem Jungen alleine irgendwo.“ - erklärte sie mir. "Oh Gott, ich schaffe es einfach nicht.“ - entsetzt schlug sie sich die Hände vor den Mund, als ob ihr erst jetzt bewusst wurde, welche Folgen ihre Frage und Seans Zusage hatte. Beinahe musste ich über ihre Naivität lächeln. "Ich kann das nicht.“ - ihr Atem ging nur sehr schnell und sie fing an zu hyperventilieren. "Ich ? kann ? das ? einfach ?nicht.“ "Mila.“ - ich stellte mich vor ihr und legte meine Hände auf ihre Schultern. "Mila.“ - meine Stimme wurde lauter und jetzt sah sie mich an. Ihre Augen schauten mich erschrocken an. "Es zwing dich keiner dorthin zu gehen.“ - sagte ich zu ihr.
"Aber wenn ich mich jetzt nicht überwinde, dann tue ich es nie.“ - erklärte sie mir und ich sah Tränen in ihren Augen. "Ich will nicht so schüchtern sein, Abby. Ich möchte auch mal etwas wagen.“ - sagte sie leise.
Ich schluckte und fühlte mich schlecht. Meiner Freundin ging es schlecht und ich fühlte mich nicht in der Lage ihr beizustehen. Ich fühlte mich wie die mieseste Freundin aller Zeiten.
"Mila, dann machen wir doch ein Doppeldate daraus.“ - sagte ich nach einer kurzen Atempause. Ich würde es bereuen, das war mir schon jetzt klar, doch ich wollte Mila einfach helfen. Sie musste wissen, dass sie sich auf mich verlassen konnte und meine Probleme schob ich erstmal beiseite, obwohl es mir gar nicht leicht fiel.
"Wirklich?“ - Milas Stimme war voller Hoffnung und Dankbarkeit. "Das würdest du für mich tun?“ - wollte sie wissen.
"Klar, du bist doch meine beste Freundin und das tun beste Freunde.“ - ich lächelte sie an und versuchte sie als Mila zu sehen, meine beste Freundin seit dem Sandkasten, als das Mädchen, was mir immer beistand und immer für mich da war, egal wie missgelaunt ich war, und nicht als die Frau, die mir Sean wegnehmen wollte und sicherlich auch konnte. Ich konnte mich nicht vorstellen, dass Sean Mila lange widerstehen konnte. Immerhin war sie süß und hübsch und wenn sie anfing zu reden, dann fand sie keinen Halt, doch auch diese Eigenschaft an ihr war niedlich. Das alles würde Sean irgendwann bemerken und sich in sie verlieben.
"Das ist so toll von dir.“ - Mila fiel mir um den Hals. "Du bist die allertollste und die allerschönste und die allerliebste und ?“ "Ich habe es verstanden, ich bin super.“ - sagte ich dann und konnte mir kein echtes Lächeln verkneifen. Das war ihre Art, die mich zum Erliegen brachte. SIE war die allertollste.
Mila brach im Gelächter aus und ließ mich endlich los.
"Danke, Abby.“ - sagte sie und nahm meine Hand. Zusammen liefen wir weiter und ich sah auf unserer ineinander verhackten Finger und fragte mich, ob ich Mila jemals wieder so sehen würde, wie zuvor. Ich biss mir auf die Wange, weil ich ein schlechtes Gewissen bekam. Ich machte sie für etwas verantwortlich für das sie nichts konnte. Immerhin hatte sie keinen blassen Schimmer von meinem Kummer und meiner Sehnsucht. Für einen kurzen Augenblick überlegte ich, ob ich es ihr erzählen sollte, doch verwarf diesen Gedanken wieder. Meine Geschichte klang zu absurd, dass sie mir sie glauben würde. Verstohlen blickte ich zu Mila rüber. Ein leichtes Lächeln umspielte ihr Gesicht und ich musste ebenfalls lächeln. Sie war meine Mila und sie sollte glücklich sein, auch wenn mich diese Tatsache unglücklich machte.

Endlich war der Tag vorbei und etwas erschöpft schlenderte ich nach Hause. Heute war Sonntag und das Straßenfest fand sein Ende. Mila hatte mir heute freundlicherweise erlaubt früher zu gehen und das nahm ich auch dankbar an.
Ich trat gegen einen kleinen Kieselstein und sah dabei zu, wie er einige Zentimeter über den Asphalt kullerte. Ich schnaubte schwer.
Mila hatte sich mit Sean verabredet, diese Tatsache lag mir schwer im Magen. Es schmerzte sehr, da ich Mila so sehr liebte, nahm ich es auf mich, doch wie würde es mir ergehen, wenn ich sie zusammen sehen würde. Was, wenn er sie küsst? Mir gefror das Blut in den Adern. Das würde mein Herz einfach nicht aushalten können.
"Warum?!“ - rief ich und sah gen Himmel. "Muss es denn sein? Ich habe dir nie etwas getan, wofür ich büssen müsste.“ - ich wusste nicht warum ich es nach oben schrie, doch ich hatte das Gefühl, mein Schicksal so erreichen zu können. "Warum bist du so gemein zu mir?“ - wollte ich wissen und Tropfen landeten auf meinem Gesicht. Es fing an zu regnen. "Danke auch.“ - sagte ich gereizt, als ich ein Tropfen ins Auge anbekam. "Als ob du mich noch nicht genug gestraft hast.“ - murmelte ich nur und ging weiter, ohne jedoch meinen Gang zu beschleunigen. Ich hatte es nicht eilig nach Hause zu kommen und der Regen machte mir auch nichts aus.

Die nächsten Tage waren sehr schwer für mich gewesen und ich hatte mir mehrmals vorgenommen, das Doppeldate abzusagen, doch als Mila davon schwärmend erzählte, brachte ich es einfach nicht über mich und lächelte nur schweigend.
Meine letzte Hoffnung war Tony.
"Ich weiß, dass ich dir schon zugesagt habe, aber ich weiß ja nicht, ob Tony damit einverstanden ist.“ - meinte ich zu ihr, als wir uns an unseren Tisch in dem Klassenraum setzten. Und wenn man vom Teufel sprach. Im gleichen Moment betrat Tony den Raum und lächelte mich freundlich an, was ich erwiderte.
"Tony.“ - rief Mila schon nach ihm, bevor ich etwas dazu sagen oder es verhindern konnte. "Kann ich dich kurz etwas fragen?“ - sagte sie dann, als er sie fragend an sah. An unserem Tisch blieb er stehen und ich nahm sein Parfüm war. Mir war noch nie aufgefallen, dass Tony Parfüm auflegte. Aber in so eine Situation, in der ich gerade war, achtete man auf Kleinigkeiten. Ich nahm mir eine Minute und sah Tony richtig an. Natürlich sah ich ihn jeden Tag, doch so wirklich angeschaut habe ich ihn nie. Ich schwärmte schon lange von ihm, warum auch nicht. Er war sehr hübsch mit dem blonden verwuschelten Haar und den blauen Augen. Auch sein einfaches weißes T-Shirt und die weite Jeans gefielen mir. Er sah immer so lässig aus. Mein Blick blieb an seinem Gesicht hängen. Diese blauen Augen mit dem kleinen Funken an Hochnäsigkeit ließen mein Herz etwas schneller schlagen. Noch nicht so rasend wie Sean es tat, und dennoch ließ er mich nicht gleichgültig.
"Von mir aus. Aber natürlich wenn Abby nichts dagegen hat?“ - diese Worte brachten mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Meine Hoffnung verpuffte im Nichts. Tony sah mich lächelnd an.
"Nein, sie hat es ja vorgeschlagen.“ - beeilte Mila ihm zu antworten, noch bevor ich meine Sprache wiederfand.
"Na dann, geht klar.“ - fügte Tony noch dazu und sah zu Mila und wieder zu mir. Er grinste noch einmal und ging zu seinem Tisch. Ich seufzte.
"Abby.“ - sprach mich Mila an und etwas verwirrt sah ich zu ihr rüber. "Kannst du damit nicht warten bis ihr alleine seid?“ - wollte sie wissen und lächelte frech.
"Was?“ - sie irritierte mich.
"Du hat ihn ja mit den Blicken verschlungen.“ - sagte sie und ich lief rot an.
"Habe ich gar nicht.“ - verteidigte ich mich leise und peinlich berührt. Ich legte meinen Rücksack auf den Tisch und holte meine Hefte raus, um irgendetwas zu tun.
Doch schon einige Augenblicke später verflog dieses Gefühl was ich gerade Tony gegenüber verspürte. Sean kam an mir vorbei und ich schloss meine Augen. Tony war toll und ich war in ihn verliebt, versuchte ich mich einzureden, doch es funktionierte nicht. Mein Herz wusste es besser und so sah ich Sean nach.
Ich würde jetzt alles dafür geben, normal zu sein. Doch ich habe den Schwarzen Peter gezogen und mein Schicksal saß mir im Nacken und wartete nur auf einen kleinen Fehler meinerseits.

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