Die Bestimmung - Flucht - Teil 4

Autor: lucy-josephin
veröffentlicht am: 31.03.2012


"Bitte!" sagte sie und ihre Augen weiteten sich, als er ein wenig in ihre zarte Haut schnitt. Sie schluckte und hielt in ihrer Bewegung inne. Nathan kannte die Prinzessin von früher, er hatte sie als kleiner Knabe immer beobachtet, wie sie lernte, mit Pfeil und Bogen umzugehen. Samaya war damals schon hübsch, doch sie hatte sich zu einer echten Schönheit entwickelt, genau wie ihre grandiosen Fähigkeiten bei Schießen. Ihre großen, dunkelbraunen Augen waren sanft und ihre lockigen Haare waren weich, nur ihr Körper war dünn geworden. Es tat ihm plötzlich Leid, sie so zu quälen, indem er sie verfolgte. Denn er selbst konnte sie nicht töten. Nein, ging es ihm durch den Kopf, er wollte sie nicht töten! Er lockerte seinen Griff und ehe er sich versah, schlug sie ihm ohne zu zögern ins Gesicht und verschwand lautlos. Nathan fluchte und betastete seine Nase. Sie war nicht gebrochen, aber tat höllisch weh. "Kleines Miststück!", schrie er, "Das wirst du noch bereuen!" Samaya war jedoch nicht mehr zu sehen. Natürlich nicht, was hatte er erwartet? Er träumte einfach zu viel. Da traf auch schon sein erster Kamerad ein: "Sag mal, was ist denn hier passiert!?" fragte er, als er die zwei Leichen sah. "Die Prinzessin..." knurrte Nathan und wischte sich das Blut von der Nase. "Sie ist eine der besten Schützinnen." stellte er klar und zog seinen Kameraden davon. "Samaya ist schwach, sie wird heute Nacht nicht weit gehen und morgen werden wir sie finden." Ein zweites Mal wollte er sie nicht entkommen lassen. Nathan verdrängte seine Zweifel, dass die angebliche Mörderin des Königs unschuldig ist und dachte nicht länger an sie. Doch als er es sich schließlich am Feuer gemütlich gemacht hatte und die Augen schloss, schweiften seine Gedanken zu ihr.

Ich beschloss, die Nacht durchzulaufen. Es würde anstrengend werden, aber mir blieb nichts anderes übrig. Es war ein Spiel auf Zeit: entweder schnell und unsichtbar oder tot. Mein nächstes Ziel war Cecha, die zweit größte Stadt des Landes. Doch vorher musste ich über die 2 verfluchten Berge. Sie waren zwei riesige Gräber von früheren Völkern, die Unheil und Tod verbreiteten. Ich blieb abrupt stehen, denn eine Idee machte sich breit. Dieser Weg war nämlich zu weit! Nie würde ich es schaffen! Meine Idee war, nun ja, sehr gewagt.

Nathan schlief. Er hatte nur eine Wache aufstellen lassen, um Diebe und wilde Tiere fern zu halten. Das Lager lag ruhig und still da, seine Männer schnarchten leise und die Wache schnitzte kleine Figuren. Sie hatten heute zum ersten Mal seit langem die Verräterin gesehen. Nun waren sie alle der Meinung, dass sie nicht nur einem Schatten gefolgt waren. Nathan träumte von seiner Kindheit, die er am Hofe des Königs verbrachte. Stets spielte er im Garten mit seinen Freunden und eines Tages sah er die Königin mit ihren zwei Zwillingen heraustreten. Die Geschwister, etwa 7 Jahre alt, gleichten sich wie ein Ei dem anderen. Nur ein kleines Muttermal am Kinn zierte das Gesicht des Mädchens. Sie sahen sich an und erst, als ihn der Ball am Kopf traf, drehte er sich um. "Hey, Nat!" hörte er seine Freunde lachen. Rot wie eine Tomate warf er zurück. Etwas packte ihn am Arm. Was?! Nein! Das war doch gar nicht so gewesen... "Nathan!! Kommandeur!" holte ihn jemand in die Wirklichkeit zurück. Verwirrt schlug er die Augen auf. Erste Sonnenstrahlen fielen ihm ins Gesicht und er blinzelte ein paar mal. Fynn, ein Soldat, zog ihn hoch. "Schau dir das an!" sagte er und deutete auf eine Ecke des Lagers. Dort standen friedlich alle Pferde, doch - stopp!! - eins fehlte: seines! "Verflucht!! Wo ist mein Pferd!?" er sah den Soldaten wütend an. Dieser stotterte nur eingeschüchtert: "Gestohlen." Nathan fluchte erneut. "Wer?" brüllte er fast und statt zu antworten, deutete Fynn auf den Wächter. Er lag zusammengesunken am Fuße des Baumes, tot, ein Pfeil ragte aus seinem Schädel. Nat wandte sich ab. "Findet sie!" knurrte er gefährlich leise. Wie konnte es sein, dass dieses Mädchen von höchstens 17 Jahren drei seiner Männer in einer Nacht tötete. Und das, obwohl er fast immer dabei war?! Er würde Samaya finden und zur Strecke bringen. Doch in diesem Punkt war er sich nicht so sicher, wie er hätte sein sollen.

Ich grinste breit, als ich durch den Wald ritt und dem Pferd in die Flanken trat. Ein wenig tat mir die Wache leid, aber er hatte mich gehört, und das war gefährlich. Die Umgebung huschte an mir vorbei und ich lenkte das Tier geschickt über Baustämme und unter Ästen hindurch. Inzwischen war es Mittag und die Sonne zwischen den Baumkronen schien grell und warm, sogar sehr warm. Ich wünschte mir wie so oft ein Bad. Ich stellte mir das kühle Nass auf meiner Haut vor, und wie ich erfrischt weiter gehen würde. Doch im Moment waren das nur leere Träume, und selbst diese Träume waren unnötig, denn eigentlich bräuchte ich nur etwas Nahrung, um wieder auf die Beine zu kommen. Ein Ast riss mich jäh aus meinen Gedanken, denn er streifte meinen verwunderten Arm, sodass ein schmerzhafter Stich durch meinen Körper fuhr. Wie bei meinem Hals hatte ich etwas Moos darauf gelegt, dass, laut Magdalena, die Blutungen stillte. Dann befestigte ich das Ganze mit einem Fetzen meines Hemdes. Es ärgerte mich, dass ich gegen diesen Soldaten verloren hatte und ich nur davon gekommen war, weil er mich nicht sofort getötet hatte. Normalerweise wäre ich glücklich, einen weiteren Tag überstanden zu haben, doch dieser, musste ich zugeben, gutaussehende Mann, brachte mich aus dem Konzept. Mit Leichtigkeit hätte ich ihn erschießen können, nachdem ich geflohen war, doch er ließ mich ja auch laufen. Ein zweites Mal würde das nicht so sein... dafür würde ich sorgen.
Der Wind pfiff durch meine Haare und wirbelte sie umher. Nach einer Weile stoppte ich den Schimmel und glitt von seinem Rücken, ehe ich die Reste des Brotes bedacht aß und ein paar Beeren, die ich von Magdalena kannte, in den Mund stopfte. Magdalena,... wie ihr es wohl erging? Wahrscheinlich war sie zu ihrer Tante gegangen und hatte dort nach einer Herberge gefragt. Dort durfte sie dann in einem Bett schlafen. Ein Bett! Allein die Vorstellung, darin zu schlafen war gigantisch. Aber ich würde nicht lange dort schlafend liegen, denn ein Soldat oder Söldner würde mir sofort einen Dolch in die Brust jagen. Ich seufzte schwer und nahm die Zügel des Pferdes, führte es ein wenig umher. Plötzlich hörte ich ein leises Gurgeln, kaum hörbar hinter einem dichten Busch. Es war ein kleiner Bach und ach, wie schön, war er sauber und klar. Ich stürzte hin, nachdem ich hastig die Zügel an einen dicken Ast band. Ich fiel auf die Knie und schöpfte mit den Händen das kühle Wasser des Bachs, welches ich dann gierig hinunter schluckte. Ich hatte natürlich Wasser dabei, aber es musste für noch etwa 2 Tage reichen, weil es keine anderen Orte vor Cecha gab. Nun schaute ich mich nervös um. Ich hatte nicht darauf geachtet, ob jemand oder etwas in der Nähe war, also spitzte ich die Ohren. Nur das leise Zwitschern von Vögeln und das Rauschen der Blätter war zu hören. Ich packte dennoch meine Sachen wieder ein und stieg in den Sattel. Wie auch immer, ich musste Cecha erreichen.





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