Autor: lucy-josephin
veröffentlicht am: 27.03.2012
Ich überlegte die nächsten Schritte, erst einmal in der Stadt. Ich bräuchte irgendeine Verkleidung oder etwas, mit dem ich unentdeckt in die Stadt gelangen könnte... Ich biss mir auf die Lippe, Emian hatte bestimmt einen Preis auf meinen Kopf ausgesetzt und überall hingen Plakate mit meinem Gesicht darauf. Ich konnte mich nicht in der Stadt blicken lassen... Ich fiel in einen unruhigen Schlaf, während Magdalena neben mir von meiner Schulter glitt und sich auf den Blättern des Waldboden zusammen rollte.
Ich wurde von den warmen Sonnenstrahlen der Sommersonne geweckt. Sie streichelten mein Gesicht und kitzelten an der Nase. Ich schlug die Augen auf und blickte mich um. Lena lag einen halben Meter von mir entfernt und rührte sich nicht. Also stand ich leise auf, um sie nicht zu wecken, und packte die schmale Decke ein, die uns als Kopfkissen diente. Ich zog die Flasche hervor und trank einen Schluck, dennoch ließ ich etwas für Lena übrig. Sanft rüttelte ich an ihrer Schulter und flüsterte: "Aufstehen!" Sie räkelte sich stumm und machte die Augen auf. "Guten Morgen." sagte sie und stand auf, um ihre Kleider zu ordnen und von Laub zu befreien. Ich reichte ihr wortlos die Flasche und sie trank nur zögerlich. Unsere Vorräte waren aufgebraucht, also blieb der Magen wiedereinmal leer. Zum Glück mussten wir schlicht der Stadtmauer folgen und wir würden angekommen, in Jourell. Ich spürte, dass Lena unruhig wurde, je näher wir dem Tor kamen. "Lena, was ist?" fragte ich sie ohne zu zögern. "Du bist die Prinzessin!" platzte sie heraus, hielt sich dann die Hand vor den Mund und schaute verängstigt drein. "Es hängen überall in der Stadt Plakate von dir." Hatte ich es mir doch gedacht. Sie fuhr fort: "Zunächst dachte ich an ein dummen Zufall, doch als ich gestern Nacht deine Antworten zu meinen Fragen hörte und Amulett um deinen Hals erblickte, wurde mir schlagartig klar, dass du Prinzessin Samaya bist." Mein Amulett! Wenn ich es bei mir trug, dann durchflutete mich immer das Gefühl von Kraft. Ich hatte es von meiner Mutter zum 18 Geburtstag bekommen. Emian wurde ein Schwert überreicht. Emian, mein Herz zog sich zusammen. Ich nickte und schwang den nun federleichten Rucksack auf meine Schulter und maschierte mit Lena auf die Stadt Jourell zu, die im Licht majestätisch über uns wachte. Zuvor versteckte ich das Amulett jedoch gründlich unter meinem Hemd, sodass es niemand mehr zusehen bekam.
Wir kamen etwa zur Mittagsstunde an, doch wir gingen nicht sofort hinein. Ich könnte dort nicht einfach hineinspazieren und hoffen, dass mich keiner erkannte. Dennoch konnte ich nicht einfach wieder gehen, der Hunger und Durst würde mich nach 2 Tagen zu sehr schwächen. Zu meiner Überraschung sagte Magdalena: "Ich werde dir etwas in der Stadt besorgen. Soll ich dir noch mehr als nur Vorräte mitbringen? Zum Beispiel Waffen, Pfeile oder ..." Ich unterbrach sie: "Du bist einfach ein Schatz, Lena. Ich gebe dir Geld, dann kannst du das Ganze Zeug bezahlen! Und ich brauch unbedingt noch einen Heilsalbe gegen Entzündungen..." Sie grinste, aber nickte. "Ich kann dir das heute Abend an das westliche Stadttor bringen." Ich dankte ihr und wir trennten uns. Ich sagte ihr nur noch, dass sie bloß vorsichtig sein sollte.
Dann machte ich mich auf den Weg, die Stadt zu umrunden. Sie war breit und eigentlich wohnten die meisten Bewohner in Innern, dennoch fahren sich hier und da ein paar kleine Bauernhöfe. Hinter mir lag der Wald und vor mir eine weite, offene Landschaft, die mich nervös machte. Ich fühlte mich so unwohl auf diesem Gelände. Es bot sich mir keine Deckung. Nach zwei Stunden traf ich am Westtor ein und versteckte mich zwischen ein paar Bäumen und Büschen. Ich wollte wach bleiben, doch langsam fielen mir die Augen zu.
Ich wurde von einem wohlbekannten Geräusch wach. Zerbrechende Äste, Laub unter den Füßen einer unerfahrenen Jägerin. Inzwischen war es dunkel geworden. "Wuschelkopf!" rief Lena leise, und trat wieder auf einen Ast. Sie fluchte im Flüsterton und ich ,trat hervor, bevor wir entdeckt werden könnten. Ich zog sie wortlos ins Gestrüpp und sie plumpste ins Gras. "Die Wächter waren misstrauisch, die ganze Stadt in Aufruhr. Der plötzliche Tod des Königs war wirklich nicht gut, denn die ganzen Geschäfte mit den Ausländern brachen zusammen. Keiner kümmert sich darum. In der Stadt herrscht Hungersnot wegen schlechter Ernten." Ich verzog die Mundwinkel. Jetzt schon eine Hungersnot! Aber ich hatte das Gefühl, dass sie mir etwas verschwieg. "Ich..." setzte sie an, "Die Leute erzählten mir, dass Prinz Emian dich für den Mord an euern Eltern verantwortlich macht. Kein Mensch wird dir helfen, sage ich dir! Am besten, du verschwindest schnell. Denn auch die Wachen legten mir nah, dass hier bald der Teufel los sein würde. Sie haben uns sehr schnell eingeholt. Sie sind höchstens ein paar Meilen weit entfernt und lesen Spuren. Du musst hier weg!!" Ihre Stimme überschlug sich fast und sie brach in Tränen aus. Ich tröstete sie und nahm ihr die Einkäufe ab. Hastig packte ich alles ein und stand auf. "Du bist nicht daran Schuld. Ich habe das zu verantworten, wenn DIR etwas passiert!" Lena sah mich mit ihren großen blauen Augen an und schniefte. Ich musste lachen. Sie war so süß... Und ich hatte ihre Gegenwart so gebraucht, ich war seit einer Woche auf der Flucht. Ständig Angst, um sein Leben rennen, Gedanken verdrängen. Sie hat mich abgelenkt, aufgemuntert und wir konnten reden. Ich umarmte sie und wir standen so eine Weile da. "Lass dich nicht einfach töten!" flüsterte sie und wir lösten uns voneinander, "Viel Glück." "Das werde ich brauchen, danke. Vielleicht werden wir uns einmal wiedersehen, Lena." Mit diesen Worten drehte ich mich um und ging. Ich lief schnell über die ungeschützte Ebene und verfluchte diese heimtückische Leere. Ich schaute lediglich zu Lena, dann verschwand sie aus meinem Blick. Ich lief und lief und irgendwie kam es mir falsch vor, Magdalena so zurückzulassen. Sie war mir so ans Herz gewachsen.
Der Rucksack wog schwer auf meinen Schultern und ich musste mich beherrschen um nicht gleich nach dem herrlich duftenden Brot zu greifen. Ich musste mich an die Einsamkeit gewöhnen und sollte erst einmal die nächsten Tage überleben. Ständig drehte ich mich um und hielt nach den Häschern meines Bruders Ausschau.
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