Autor: Kaja
veröffentlicht am: 09.09.2013
Ich spürte dass er deutlich überfordert war, konnte ihm aber auch nicht helfen, nach einer, mir unerträglich lang erscheinenden Pause ergriff er schließlich zögerlich wieder das Wort.
„Weißt du, wir können ja darüber reden, ich glaube in der Schule haben wir jemanden der weiß was man da machen kann.“
Versuche, etwas zu klären, das noch unausgesprochen zwischen uns hing, seine Worte schlängelten sich vorsichtig daran vorbei, bedacht nichts zu berühren und wurden schließlich mit dem Wind davongetragen, nichts erreichte mich.
„Du bist doch eine schöne, starke Frau, du brauchst doch nicht so jemanden wie mich?“
Wieder diese Frage die nicht sein sollte. Danach war es ruhig, er wusste nicht mehr weiter, ich merkte dass er fast darum flehte das ich etwas sagte, irgendwelche Worte auf die er eingehen konnte. Ich schwieg, tat ihm diesen Gefallen nicht.
„Na dann, lass uns reingehen, es ist kalt, ich muss außerdem wieder nach den anderen sehen.“
Der Wind rauschte immer noch, ungeachtet dessen was sich hier abspielte.
„Schlaf darüber, denk nach was ich dir gesagt habe, du kannst gerne mit mir reden, wenn du möchtest.“ Er sah mich noch eine Weile an, dann ließ er seine Arme sinken, die Kälte von der er vorhin sprach, packte mich schlagartig, breitete sich in mir aus. Er machte ein paar zögerliche Schritte, stockte. Meine Gefühlte tobten in mir, versuchten mich zu etwas blödsinnigem, unüberlegten zu drängen, doch die Kälte die sich meiner bemächtigt hatte, hatte mich eingefroren. Ich war mir sicher, wenn ich mich jetzt bewegte, würde ich Zerbrechen, wie eine Eisfigur die man umstößt.
Er stand immer noch ein paar Schritte vor mir, ich sah seinen verwirrten Blick, irgendwo in dem Kaos in meinem Kopf bildeten sich ein paar zusammenhängenden Gedanken. ‚Es muss sehr komisch aussehen wie ich hier stehe und vor mich hinstarrte‘ Fast zeitgleich merkte ich, dass meine Beine sich bewegten, sah seinen erleichterten Gesichtsausdruck. Er drehte sich um, ging vor mir her, ich tappte ihm unsicher, mit meinen eingefrorenen Beinen und meinem Kaos im Kopf hinterher. Im Schwachen Mondlicht das durch einen Riss in Wolkendecke strahlte, sahen seine Haare sehr Grau aus.
Die nächsten Tage stieg immer wieder eine dunkle Panik in mir auf wenn ich ihn sah, meine Körper war nach wie vor gefroren und wollte einfach nicht auftauen. Josi spürte dass etwas nicht in Ordnung war, fragte aber nie, sondern brachte mich immer mal wieder zum Lachen.
Am dritten Tag wurde die Reise Abgebrochen da es anfing zu Regnen. Das Wasser stürzte wie in Bindfäden vom Himmel. Seine Haare sahen wieder Grau aus. Das einzige was mein Herz daran hinderte zu brechen, war, das es zugefroren war, kalt und gefühllos. Ich musste ihm eigentlich dankbar sein.
Zuhause viel mir etwas auf was mich zum Staunen brachte, es gab auch Menschen außerhalb der Schule, auch Männer mit blauen Augen. Ich hatte die Welt einfach vergessen, hatte aufgehört die Blumen zu sehen die neben der Straße blühten. Ab und zu traf ich jemanden der mir Sympathisch war, der etwas an dem Eis kratze, doch niemand den ich traf, hatte Aschblonde Haare, niemand machte Worte so lebendig wie er. Ein, zwei Mal passte ich nicht auf, wachte eines Morgens auf und stellte erstaunt fest dass etwas nicht stimmte. Bald traf es mich dann wie einen Schlag und ich wand mich und versuchte vor mir selbst zu fliehen. Das traf immer ein wenn sich einer der Männer Hoffnungen machte und dann stand ich wieder in der Nacht, war es aber auf einmal selbst die Eis und Kälte verteilte. Ich hasste mich dafür und versprach mir jedes Mal erneut vorsichtig zu sein. Niemanden Hoffnungen zu machen. Oft gingen mir dann die Worte durch den Kopf die er mir sagte, überlegte ob ich reden sollte, ob es einen Unterschied machen würde. Dann stand das Angebot wie eine Versuchung vor mir. Mit ihm zu sprechen, doch dann schob ich den Gedanken immer wieder zur Seite.
Wenn ich Mr. Valess sah, konnte ich ihm nicht mehr in die Augen sehen, ich streifte ihn immer nur noch. Auch er ging vorsichtig mit mir um. Ich denke nicht dass die anderen etwas bemerkten, aber ich spürte es sehr deutlich wenn sein unsicherer, vorsichtiger Blick auf mir ruhte. Mir fehlte die Kraft etwas daran zu ändern, war nicht zufrieden, doch ich denke es hätte auch schlimmer kommen können. Er bedrängte mich nicht mit jemandem über mein „Problem“ zu reden, er ließ mich einfach in Frieden.
Eines Nachts, ich streifte durch die Straßen, suchte niemand Bestimmten, wollte einfach meine Ruhe, begegnete ich einer der Personen die mich in meinem Eis berührt hatten. Ich dachte nicht nach, mitten im Gespräch streifte ich seine Hand. Er sagte mir dass ich kalt sei. Ich ließ seine Hand nicht los. Er war warm. Er war noch immer warm als er mich Küsste. Es war ganz interessant dieses Gefühl zu verspüren. Ich ließ es geschehen. Er hatte keine Aschblonden Haare, sie waren dunkel, fast Schwarz. Auch seine Augen waren dunkel, er war sehr groß. Immer wenn er mich in dieser Nacht küsste musste er sich zu mir herabbeugen und ich mich trotzdem auf die Zehenspitzen stellen. Er drängte mich an die Wand, hüllte mich ein in seine Wärme, ich ließ es geschehen, hing aber eher teilnahmslos in seinen Armen. Es schien ihn nicht zu stören. Seine Hände wanderten über meinen Körper, er küsste meinen Hals. Ich stand, stand und staunte, es löste so gar nichts in mir aus. Aber ich blieb, lauschte seinen Worten, er sprach von Liebe, ich sagte etwas von Kälte. Erneut küsste er mich, seine Zunge drang erneut in mich ein, so intensiv, er umspielte meine, so fordernd. Ich verlagerte meine Gewicht etwas, stieß ihm dabei unabsichtlich in den Schritt. Es war mir nicht bewusst dass er so erregt war, dass ihn das alles so sehr anmachte, spürte es aber auf einmal sehr deutlich. Die Art wie er mich Küsste, wie er seine Hände auf meinen Hintern schob, mich an sich Presste. Auf einmal flüsterte er mir etwas ins Ohr, seine Stimme war genauso wie er warm. „Ich will dich.“
Ich war wie vor den Kopf gestoßen, wusste nicht was ich machen sollte, klar könnte ich mit ihm gehen, ihn machen lassen, es vielleicht genießen, aber war es das was ich jetzt wollte? War es nicht so etwas wie Rache an dem Mann der mir das alles verweigerte? Waren aber das die Richtigen Gründe mitzugehen? Er flüsterte mir erneut etwas ins Ohr und unterbrach so meine Gedanken für einen kleinen Moment. „Ich will dich jetzt!“ Man konnte es sehr deutlich spüren, er presste sich gegen mich, ich wusste das ich etwas tun könnte, aber ich tat nichts, meine Hände hingen einfach herab, leblos. „Ich weiß dass du es auch willst.“ Seine Hände glitten Zwischen meine Beine strichen auffordernd über meine Hose. Nein ich wollte es nicht. Ich weiß nicht mehr wie ich es ihm beibrachte, auf jeden Fall schaffte ich es. Am Nächsten Morgen wollte ich mit ihm darüber reden, doch er reagierte kalt auf meine Versuche. Es würde nie etwas zwischen uns geben das begriff er und genauso begriff ich es. Diese Nacht verfolgte mich noch lange, manchmal mischte sie sich mit einer anderen und auf einmal hatte er Aschblonde Haare, die Grau aussahen in der Dunkelheit. Ich muss oft über ein Sprichwort nachdenken das mich seither verfolgt ‚Nachts sind alle Katzen grau‘. Ich überlege ob es stimmt, manchmal tröstet es mich, wenn ich traurig bin. Ich weiß nicht von wem es stammt, aber es brachte mir viel.
Ich spürte wie die Zeit mich Veränderte, wie ich immer älter wurde, nicht äußerlich, aber innerlich. An einem Tag, als die Sonne wieder einmal gerade so, durch ein paar einsame Strahlen zu erahnen war, konnte ich aufsehen, konnte Mr. Valess in die Augen sehen. Es traf mich tief, tief in meiner Kälte fing dieser Augenblick Feuer. Ich schaffte es nicht lange, brach nach einer Angemessen Zeitspanne ab. Fing gerade noch so seinen Gesichtsausdruck auf. Verwirrt, er hatte gesagt dass ich ihn verwirre, ich konnte nichts verwirrtes feststellen. Ich lächelte als ich daran zurück dachte wie sich die Sonnenstrahlen in seinem Haar verfingen, es war golden, dass es Grau sein konnte, war nicht vorstellbar.
Eines Morgens streifte ich erneut durch die Gänge, sah die Schatten, die diesmal lebten, die Gänge waren nicht still und lehr, sie waren belebt und laut, aber nicht unbedingt sauberer. Doch auch diesmal hörte ich die Schritte zu spät.
Wieder Mr. Valess der mich ansah, seine Blicke die mich kurz trafen, wieder über meinen Körper glitten. Ich weiß nicht ob er es merkte wie sehr mich das traf, ob es absichtlich war.
„Ich muss mit dir sprechen, komm doch nachher bitte zu mir.“ Die Worte, sie Strudelten, drehten sich, hüllten mich ein, verwirrten mich.
Ich nickte, versuchte den Augenblick in die Länge zu ziehen, ihn zu durchschauen, den Grund zu finden. Doch ich schaffte es nicht, er zersprang einfach als er weiterging.