The Night of the Black Devil

Autor: Ascaeldor
veröffentlicht am: 03.12.2014


„Ich will das nicht! Hör doch bitte bitte auf!“
Immer fester drückte er sich an sie heran und küsste sie gegen ihren Willen.
„Wir sind fast verheiratet! Da macht man so was!“
„Ja eben! Fast! Lass mich endlich los! Ich will das nicht, verstehst du das nicht du Schwein?!“
Die Tränen liefen ihr über das Gesicht. Ungeachtet dessen riss er ihr die Bluse vom Leib.
„Wenn du nicht endlich aufhörst, dann bringe ich dich um! Lass mich los!“
„Ey Sophia! Jetzt stell dich nicht so an! Wir haben das schon so oft gemacht! Ich weiß doch, dass dir das gefällt!“
„Ich möchte jetzt aber nicht!“
Sie riss sich endlich los und stieß ihn weg.
„Eric! Wenn ich dir sage, dass ich nicht will, dann meine ich das auch so!“
Unter Tränen suchte Sophia nach einer neuen Bluse in ihrem Schrank. Zittrig durchwühlte sie ihre Sachen und zog sich notdürftig wieder an. Danach richtete sie ihre zerzausten Haare. Eric stand neben ihr und blickte erniedrigend auf sie herab.
„Wenn ich dich erstmal geheiratet habe, kommst du mir nicht mehr so leicht davon! Du weißt doch, deine Eltern stehen auf meiner Seite! Vielleicht solltest du endlich einsehen, das deine Gegenwehr erfolglos ist!“
Lautstark schmiss er die Tür hinter sich zu. Sophia weinte, griff nach dem Hörer des Telefons und wählte hastig eine Nummer.
„Hallo?“
„Luise! Ich bin es! Sophia!“
„Hey Süße! Was ist denn los? Du weinst ja!“
„Er hat es schon wieder gemacht! Ich habe solche Angst! Wenn ich seine Frau bin, dann will er mich nehmen, egal ob ich will oder nicht! Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll!“
„Dieses Schwein! Was sagen deine Eltern dazu?“
„Die brauche ich nicht mehr zu fragen! Sie stehen voll auf seiner Seite! Vater hat mich heute morgen sogar geohrfeigt, als ich ihm sagte, dass ich die Verlobung lösen möchte!“
„Kannst du zu mir kommen?“
„Ja! Ich will nur warten bis Eric gefahren ist!“
„Ok, dann melde dich, wenn du losgehst! Ich hole dich dann ab! Habe sturmfreie Bude, meine Eltern sind auf einer Gala.“
„Ist gut! Bis dann!“
„Ja, bis dann.“
Nach zwanzig Minuten zog Sophia sich an und machte sich auf den Weg. Es war Ende August, doch die Blätter waren schon von den Bäumen gefallen. Alles war kahl und wirkte so steril. Es war dunkel, gegen neun Uhr abends. Sie bog auf einen schmalen Weg ab, der nur spärlich von den Laternen erhellt wurde. Vorbei an einem Friedhof und leer stehenden Häusern lief sie immer weiter. Der Wind wehte und die Bäume knackten als wollten sie die schweren Äste abwerfen. Auf einmal blinkte ein Licht auf. Es waren die Scheinwerfer eines Autos. Luise stand in einer Gasse und wartete. Zügig lief Sophia zu ihr und stieg ein. Unter Tränen erzählte sie, was alles geschehen war und wie sehr sie es verfluchte, die Tochter eines reichen und angesehenen Ehepaars zu sein.
Ihr Vater hatte sich in der Juwelierbranche einen guten Namen gemacht und besaß mehrere Geschäfte in den umliegenden Städten verteilt. Ihre Mutter war erfolgreiche Staatsanwältin.
„Luise! Ich halte das nicht mehr aus! Ständig dieser Erwartungsdruck! Immer diese vornehmen Anlässe, die Kleider, die mir die Luft zum atmen rauben! Ich will das nicht! Aber vor allem Eric! Wie konnten sie mich nur an so ein Schwein verkaufen?“
„Beruhig dich! Wir fahren jetzt zu mir und dort erzählst du mir alles noch mal in Ruhe bei einem heißen Kakao!“
Eric war der Sohn einer adligen, sehr bekannten Familie. Diese wusste mit Geld um sich zu werfen. Seine Mutter liebte jegliche Art von Schmuck und so war damals Sophias Vater mit seiner Mutter ins Gespräch gekommen. Am Anfang war alles anders. Sophia war verliebt in ihn, machte er ihr doch immer teure Geschenke und war ganz anders als er es heute und die vergangenen Wochen zuvor war. Damals wurde Sie ihm auch als Frau versprochen. Das einzige was er bieten konnte war ein Titel und das Geld seiner Eltern. Er war ein kühler berechnender Mensch geworden. Ein Mensch der scheinbar vor nichts zurück schrecken würde und der trotzig wurde, wie ein Kind, wenn er nicht bekam, was er wollte.
„Das hasse ich so an ihm!“
Am nächsten Morgen kehrte Sophia zurück nach Hause. Ihre Tränen waren getrocknet und der erste große Schock überwunden. Am Frühstückstisch versuchte sie nochmals ihre Eltern dazu zu bewegen, die Trauung ab zu sagen.
„Bitte ihr müsst die Verlobung lösen! Ich kann dieses Monster nicht heiraten!“
„Halt endlich dein vorlautes Mundwerk! Du wirst Eric heiraten! Er ist ein guter Junge! Stell dir nur vor! Sophia Gräfin von Blackville! Was für ein Titel!“
„Aber Mama!“
„Deine Mutter hat ganz Recht! Außerdem ist er vermögend und arbeitet in der Baubranche seines Vaters im Vorstand!“
„Mich interessieren aber weder der Titel, noch seine Arbeit! Bitte! Ich will einen Mann der mich liebt und den ich liebe! Und außerdem bin ich doch erst 17! Ich bin noch viel zu jung um zu heiraten!“
„Halt deinen Mund! Für so etwas ist man niemals zu jung! Ich war damals 18 als ich deinen Vater heiratete!“
„Aber bei euch war es Liebe!Und außerdem ist das immer noch ein Jahr älter als ich! Bei mir..., Er schlägt mich! Er tut mir weh! Bitte verschließt doch nicht eure Augen! Ich bin eure Tochter! Bitte!“
„Setz dich wieder und iss auf! Das Thema ist beendet! Du wirst Eric in drei Wochen heiraten! Und hör auf, solche Märchen zu erzählen!“
Sophia schmiss ihren Teller mit aller Wucht gegen die Wand und verließ geschockt das Zimmer. Noch nicht einmal ihre Eltern wollten ihr Glauben schenken. Die Menschen, die ihr helfen wollten konnten nicht und die, die konnten, wollten nicht. Sie lief durch das Haus, die Treppen hoch durch die langen Flure und schloss sich in ihrem Zimmer ein. Ihr Herz raste, sie atmete hastig. Sie warf einen Blick auf ihr Bett. Hier hatte sie mit Eric das erste Mal geschlafen. Das war vor einem halben Jahr. Noch zwei weitere Male folgten. Danach veränderte er sich, wollte merkwürdige Sachen mit ihr ausprobieren. Er wollte sie beim Sex schlagen und fesseln. Als sie sich nicht drauf einließ wurde er wütend, flippte regelrecht aus. Seitdem hatten sie nie wieder miteinander geschlafen. Zu groß war die Angst, das er ihr wieder diese Phantasien eröffnete oder diese gar, gegen ihren Willen, praktizierte.
So mied sie möglichst alles und jeden, der sie mit ihm wieder in Kontakt bringen konnte. Eine Woche später, es waren noch 14 Tage bis zur geplanten Hochzeit wurden die Einladungen verschickt und Sophia musste zur Anprobe ihres Brautkleides.
„Sitzt es Ihnen so recht junges Fräulein?“
„Es spielt keine Rolle, wie das Kleid sitzt. Ihr lasst mich alle in die Hölle fahren und fragt auch noch wie mir mein Kleid dafür gefällt? Schämt ihr euch denn gar nicht?“
Die zwei Dienstmädchen senkten den Kopf.
„Man hat uns untersagt mit Ihnen darüber zu sprechen gnädiges Fräulein.“
„Ist schon gut, ihr könnt ja nichts dafür!“
Es wurde an ihr herum gezupft und abgesteckt. Das Kleid wurde von Tag zu Tag weiter, denn Sophia aß nicht mehr richtig und verlor zusehend an Gewicht.
„Gnädiges Fräulein, bitte entschuldigt, dass ich mich einmische aber Sie müssen doch etwas essen. Sie werden ja immer dünner! So wird das Kleid zur Hochzeit nicht richtig passen!“
„Gut so! Je schlechter ich aussehe, desto besser.“
Auf einmal klingelte das Telefon.
„Hallo?“
„Wo bist du?“
„Eric?“
„Ich will nicht wissen, wie ich heiße sondern wo du bist! Verdammt nochmal!“
„Hast du schon wieder getrunken?“
„Ich prügle dich windelweich, wenn du mir nicht sofort sagst, wo du bist!“
„Eric bitte... Ich... ich bin in der Schneiderei! Aber warum willst du das wissen?“
„Frag doch nicht so blöd! Ich hole dich in 15 Minuten ab! Wir haben heute Abend noch eine geschlossene Gesellschaft! Hast du das vergessen?“
„Nein! Wie könnte ich!“
„Na also dann beeil dich und such dir nicht so einen teuren Fummel aus! Ich reiß ihn dir eh wieder runter!“
Nach lautem, hämischen Lachen beendete er das Gespräch abrupt.
Sophia stiegen wieder Tränen in die Augen. Wie oft hatte sie schon geweint, alles vergebens. Sie war in ihrem goldenen Käfig gefangen. Er war ein brutaler und eiskalter Mensch. Ihn sollte sie heiraten und das wurde am heutigen Abend mit einer vorhochzeitlichen Feier noch gewürdigt.
Sophia saß teilnahmslos am Tisch. Das Kleid wurde ihr möglichst eng geschnürt, sie bekam kaum Luft. Dies war die Strafe der Mutter, die damit erreichen wollte das ihre Tochter doch endlich erkannte, dass man ihr nur etwas Gutes wollte. Nach einiger Zeit, das Essen hatte Sophia nicht angerührt verließ sie das Esszimmer.
„Mir geht es nicht so gut. Bitte entschuldigen Sie mich! Ich glaube ich kann dem Abend nicht länger beiwohnen!“
Sie lief die Treppen zu ihrem Zimmer hinauf. Dort angekommen löste sie den Knoten des Kleides und atmete tief durch.
Auf einmal hämmerte Eric an die Tür.
„Das war das letzte Mal das du mir so davon kommst! Du frigides Miststück. Fühl dich von mir gefickt!“
„Du penetrantes Etwas! Verschwinde endlich aus meinem Leben! Hoffentlich haben dich meine Eltern gehört, damit sie wissen was du für einer bist!“
Mit aller Wucht trat er gegen die Tür. Sophia zuckte zusammen.
„Werd nicht frech! Ich werde dir dein vorlautes Maul schon noch stopfen!“
Nachdem sie sicher war, das er von der Tür verschwunden war, rief sie bei Luise an.
„Ja das hat er gesagt! Was soll ich nur machen?!“
„Hast du was zu Schreiben?“
„Ja, wieso?“
„Schreib mit! 0163 0....!“
„Und wessen Nummer ist das?“
„Ruf an! Das ist ein professioneller! Er kann dir helfen. Das Passwort lautet Black Devil!“
„Was meinst du mit 'Professioneller'?“
„Ruf ihn einfach an!“
„Woher kennst du ihn?“
„Ich kenne ihn nicht!“
„Na und woher hast du dann seine Nummer?“
„Das tut nichts zur Sache! Ich muss jetzt Schluss machen! Ruf ihn an!“
Luise legte auf. Verdutzt starrte Sophia auf die Nummer. Plötzlich klingelte das Telefon.
„Hallo?“
„Und pass auf, dass niemand außer dir diese Nummer sieht! Chiao!“
„Chiao!“
Lange überlegte Sophia, was sie mit dieser Nummer sollte. Schließlich wusste sie nicht, wer sie am anderen Ende erwarten würde.
'Luise will mir helfen! Also wird sie sich schon etwas dabei gedacht haben, als sie mir die Nummer gab! Ich rufe einfach mal an und sehe dann weiter.'
Sie wählte die Nummer auf dem Telefon, es klingelte. Eine düstere weibliche Stimme meldete sich.
„Das Passwort?“
„Äh Black Devil!“
„Moment, ich verbinde!“
Musik spielte, auf einmal ein Freizeichen. Es dauerte ewig, keiner nahm ab. Sophia verlor den Mut, wollte auflegen. Im letzten Moment nahm jemand ab und meldete sich. Eine Männerstimme war am anderen Ende.
„Hallo?“
„Äh, ja hallo! Mit wem spreche ich denn?“
„Zu wem wollen Sie denn?“
„Weiß ich nicht!“
Sophia vernahm ein leises Lachen. Die Stimme am anderen Ende war so sympathisch. Wie würde wohl der Mensch dazu aussehen?
„Wie sind Sie denn zu der Nummer gekommen?“
„Ich weiß nicht, ob es gut ist wenn ich ihnen das sage!“
„Also gut, warum rufen Sie an?“
„Sie wurden mir empfohlen!“
„Also haben Sie ein Problem bei dem ich Ihnen behilflich sein soll?“
„Nun ja, ich weiß nicht, ob Sie mir behilflich sein können!“
Wieder vernahm sie ein Lachen.
„Darf ich fragen wie alt Sie sind?“
„Ich bin 17!“
„Dann gehe ich mal zum „Du“ über.“
„Ok!“
„Wie ist dein Name?“
„Was geht Sie das an?“
„Naja, ich muss schon wissen wie du heißt, sonst kann ich dich nicht benennen. Ist doch doof. Oder soll ich dich „Mädchen ohne Namen“ rufen?“
„Nein! Mein Name ist Sophia!“
„Gut Sophia. Ein schöner Name.“
„Danke. Und Ihr Name?“
„Nenn mich einfach Black Devil!“
„Das ist doch kein Name und schon gar nicht Ihrer!“
„Ich habe die Angewohnheit, nie meinen richtigen Namen zu nennen.“
„Achso, na wenn das so ist, dann nennen Sie mich doch einfach Kiss from a Rose!“
Wieder ertönte ein Lachen.
„Also Sophia ist mir lieber. Das kann ich mir leichter merken und der ist schneller ausgesprochen!“
„Hmm... Na gut.“
„Also, wie kann ich dir helfen?“
„Ich weiß ja noch nicht mal, ob Sie mir überhaupt helfen können. Sie kennen mich schließlich gar nicht und so.“
„Das macht nichts! Erzähl mir doch mal was los ist!“
„Ich kann doch einem wildfremden nicht erzählen, was los ist?“
„Wenn ich dir helfen soll wirst du es wohl oder übel tun müssen!“
„Es ist aber eine lange Geschichte!“
„Das macht nichts! Ich habe die ganze Nacht Zeit!“
„Hmm... Also gut.... Es begann so....“
Nachdem sie ihm alles erzählt hatte, die alte Turmuhr am Friedhof schlug gerade zwölf, fühlte Sie sich etwas besser. Es war merkwürdig. Sie hatte sich bisher nur Luise anvertraut. Ihr hatte sie immer alles erzählt. Doch so gut fühlte sie sich danach nie.
„Nun. Das klingt tragisch! Und du möchtest jetzt, das ich die Heirat verhindere?“
„Können Sie das denn?“
„Ich denke schon. Aber was bist du bereit dafür zu geben?“
„Was möchten Sie denn?“
„Hmm... klären wir das später. Gib mir erstmal den Namen und die Adresse deines Verlobten.“
„Ja aber, was haben Sie denn vor?“
„Ich werde die Hochzeit verhindern, das ist es doch, was du willst? Oder etwa nicht?“
„Ja schon. Aber wenn Sie ihm jetzt eine rein hauen, verhindert das nicht, sondern verschiebt die Hochzeit nur und wenn er herausbekommt, wer ihn geschickt hat dann....“
„Sophia, ich bin kein Stümper! Also gib mir schon seine Adresse und den Namen.“
„Warten Sie kurz!“
Vor Sophias Tür waren leise Stimmen zu hören.
„Nein! Ich könnte ihrer Tochter doch kein Haar krümmen, ich liebe sie doch so sehr!“
„Ja ja das dachten wir uns schon. Sie spinnt sich da was zusammen!“
„Das ist sicherlich die Aufregung!“
„Ja ich denke auch! Wenn die Heirat erstmal vollzogen ist wird sich das alles wieder normalisieren! Und das ihr uns dann aber auch schnell Enkelkinder schenkt!“
„Worauf Sie sich verlassen können!“
'Wie Schrecklich! Kinder?! Mit diesem Mann?! In Gewalt gezeugt? Gegen meinen Willen? Wie könnt ihr mir das antun?!'
„Sind Sie noch dran?“
„Ja natürlich!“
„Also seine Adresse lautet wie folgt...“
„Gut ich habe mir alles notiert und werde sehen was ich tun kann.“
„Bitte! Es ist wirklich ganz schlimm! Wenn ich daran denke, dass ich den Rest meines Lebens mit ihm verbringen muss wird mir Angst und Bange!“
„Ich werde das regeln!“
„Die Hochzeit ist in 13 Tagen! Bitte helfen Sie mir! Sonst bringe ich mich um!“
„Na na! So darfst du nicht reden! Reden wir jetzt über das geschäftliche, was bist du bereit mir dafür zu geben?“
„Was wollen Sie? Geld spielt bei meiner Familie keine Rolle!“
„Also gut. Du bist noch jung, wie viel hast du?“
„Ich hab genug! Was verlangen Sie?“
„Zwanzigtausend?“
„Was?! Um Gottes Willen was haben Sie denn vor? Sie sollen eine Heirat verhindern und nicht halb Afrika vorm Hungertod retten!“
„Zahlst du oder nicht?“
„So viel habe ich nicht!“
'Ich habe ein Sparbuch. Das haben meine Großeltern damals für mich eröffnet. Da sind fünfzehntausend drauf. Aber woher kriege ich die restlichen fünftausend?'
„Also gut, was hast du?“
„Fünfzehn!“
„Gut! Abgemacht und für die fehlenden fünf kriege ich einen Kuss von dir!“
„Waaaaas?!“
„Willigst du ein oder nicht?“
„Ich kenne Sie nicht, Sie kennen mich nicht!“
„Du gefällst mir!“
„Ja aber vielleicht sagt Ihnen mein Äußeres ja gar nicht zu?“
„Doch das tut es!“
„Woher...?“
„Ich sehe mir gerade ein paar Bilder auf deiner Homepage an!“
„Aber woher...?“
„Also, abgemacht oder nicht?“
„Vielleicht gefallen Sie mir ja gar nicht?!“
„Du wirst mich eh nie zu Gesicht bekommen also...“
„Ja wie wollen Sie mich dann küssen?“
„Abgemacht oder nicht?“
„Also gut!“
„Muss ich Ihnen jetzt schon etwas geben?“
„Nein, erst wenn der Auftrag erledigt ist! Ich melde mich wieder! Gute Nacht!“
„Warten Sie!“
„Hmm?“
„Bitte helfen Sie mir! Lassen Sie mich nicht im Stich! Ich weiß nicht, was Sie vor haben aber bitte...“
„Ich helfe dir! Versprochen!“
„Danke!“
„Gute Nacht Sophia!“
„Gute Nacht, Black Devil!“
Sie legte sich aufs Bett und begann zu grübeln. Was könnte er vor haben? Wie wollte er ihr helfen? Kurze Zeit später schlief sie ein. Ein paar Tage später telefonierte sie wieder mit Luise.
„Nein der Typ hat sich nicht wieder gemeldet! Luise! Noch 9 Tage, dann ist mein Leben vorbei! Wem habe ich denn da am Telefon alles erzählt? Wer war das?“
„Sophia! Er wird dir helfen! Habt ihr euch auf einen Preis geeinigt?“
„Ja!“
„Dann wird alles gut!“
„Luise ich verstehe dich einfach nicht! Sag doch bitte endlich, was los ist! Wer ist er? Was hat er vor?“
„Wirst schon sehen! Vertrau mir!“
Die Tage strichen ins Land. Sophia wurde immer verzweifelter.
Noch ein Tag, dann war es so weit. Ihr Brautkleid lag auf dem Bett. Die Visagistin war für neun Uhr bestellt. Die Trauung sollte in der großen Stadtkathedrale stattfinden. Mit einer Kutsche, von vier weißen Pferden gezogen, würde man Sophia um 13 Uhr abholen. Sie nahm das Kleid und legte es über einen Stuhl. Mit bitterlichen Tränen weinte sie sich in den Schlaf. Niemand konnte ihr noch helfen. Der mysteriöse Mann, den sie vor 14 Tagen angerufen hatte, hatte sich nicht wieder gemeldet. Jegliche Versuche, ihn nochmals zu erreichen schlugen fehl. Beim letzten Versuch ihn zu erreichen hörte Sophia nur eine Stimme „Kein Anschluss unter dieser Nummer!“ sagen.
Der nächste Morgen brach an. Es war bewölkt als würden die Götter den Tag der Trauung beweinen. Immer dunkler wurde der Himmel und die Wolken zogen sich immer dichter zusammen.
Nachdem man sie zurecht gemacht hatte stieg Sophia kurz nach ein Uhr Mittags in die Kutsche. Alles war festlich geschmückt. Die Leute auf der Straße winkten ihr freudig zu und riefen ihr Glückwünsche nach.
'Es ist alles so schrecklich! Was soll ich nur tun? Wenn ihr doch wüsstet, dass mich diese Kutsche zu meinem Untergang fährt!'
An der Kirche angekommen warteten schon die Gäste. Über dreihundert Leute von Etikette wurden eingeladen und jubelten, als sie die Kutsche herannahen sahen. Vorsichtig stieg Sophia aus. Ihr Vater reichte ihr die Hand, geleitete sie zum Eingang wo ihr Zukünftiger schon stand.
'Er ist betrunken!'
Sie sah ihn nur kurz und wusste sofort, dass er mal wieder getrunken hatte.
„Meine Liebste!“
„Heuchler!“, flüsterte sie ihm zu.
„Du wirst schon sehen!“
Die Musik zum Hochzeitsmarsch ertönte.
„Bitte nicht! Ich will das nicht!“
„Reiß dich endlich zusammen du dumme Schnepfe, sonst baller ich dir vor allen Leuten eine!“
Langsam liefen sie zum Eingang der Kirche. Unsanft zog Eric Sophia hinter sich her. Auf einmal sackte er zusammen. Blut tropfte aus seiner Nase. Er kippte nach vorn über und blieb reglos liegen. Die Menge erschrak.
„Aus dem weg! Ich bin Arzt!“
Er fühlte nach seinem Puls am Hals.
„Tut mir Leid, er ist tot!“
Aufgeregt lief die Menge durcheinander. Sophia stand neben ihm und blickte zu ihm herab. Auf einmal bemerkte sie winzige Blutspritzer auf ihrem Kleid.
'Das ist ja Blut? Woher...?!'
„Er wurde erschossen!“
Die Menge kreischte auf alles lief noch wilder durcheinander. Sophia stand vollkommen neben sich. Man hatte Eric auf offener Straße einfach erschossen. Es war kein Schuss zu hören. Sie weinte, nicht aus Trauer, eher als Schockreaktion. Kurze Zeit später traf die Polizei ein, nahm alles auf. Alle wurden befragt. Eine Woche später wurde Sophia zur polizeilichen Aussage vorgeladen.
Das Verhör dauerte ewig.
„Und wie ist es mit dieser Karte hier? Sagt Ihnen die irgendetwas?“
Sie hielten ihr eine Visitenkarte vor die Nase. Auf der Vorderseite stand in weinroter Schrift auf schwarzem Grund „Black Devil“ geschrieben. Auf der Rückseite wurde handschriftlich „Du kleiner Spinner! Das ist deine Belohnung für dein großes Maul und deinen Umgang mit Frauen!“ notiert.
Sophia stellte sich dumm.
„Tut mir wirklich Leid! Ich weiß von nichts! Ich kenne weder diese Karte noch irgendjemanden, der sich so nennt!“
Nach einer weiteren Stunde durfte Sophia gehen.
„Ich dachte eigentlich, dass sie etwas wissen müsse! Schließlich liebte sie ihn nicht aber ich glaube, sie sagt die Wahrheit!“
„Glaub ich auch!“
'Er war es! Black Devil! Er hat wirklich die Heirat verhindert. Er ist also ein Auftragsmörder! Luise hat mir die Nummer eines Auftragsmörders gegeben! Und sie wusste, was passieren würde. Ich wusste schon immer, wie sehr sie Eric hasste aber das ihr Hass so groß war hätte ich nicht gedacht!'

Drei Monate später, Sophias Eltern waren im Urlaub, kam sie von einer Feier erst spät Nachts nach Hause.
Dort angekommen ließ sie sich ein Bad ein. Sie steckte sich ihre langen schwarzen Haare zusammen und legte sich in die Wanne. Sie genoss das warme Bad. Draußen schneite es und es war bitterkalt. Auf dem Heimweg hatte sie kalte Finger bekommen. Sie puckerten als sie diese in das warme Wasser tauchte. Auf einmal ging das Licht aus.
'Na toll. Ein Stromausfall!'
Leise näherte sich ihr jemand.
„Hallo!“
Erschrocken richtete sich Sophia auf.
„Wer ist da?!“
„Erkennst du mich etwa nicht?“
„Black Devil? Sind Sie das?“
„Hmm... Ich bin gekommen um meine Belohnung abzuholen.“
„Ich kann Sie nicht sehen und hoffe ehrlich gesagt auch, dass Sie mich ebenso wenig sehen können!“
„Ich sagte dir doch, dass du mich niemals zu Gesicht bekommen wirst. Bade ruhig in Ruhe zu ende. Ich warte in deinem Zimmer auf dich!“
„Nicht! Die Angestellten könnten Sie erwischen!“
„Die schlafen! Vertrau mir!“
Sophia drehte sich, versuchte dem Schatten zu folgen. Ihr Blick verharrte auf der Tür. Dort war schließlich der Lichtschalter. Wenn er das Licht wieder einschalten würde, könnte sie etwas von ihm sehen.
Das Licht ging wieder an. Das Zimmer war leer. Niemand war zu sehen. Enttäuscht sank sie wieder in die Badewanne zurück. Sie ließ das Wasser ablaufen und trocknete sich hastig ab. Er wollte in ihrem Zimmer auf sie warten. So hatte er es ihr gesagt, also lief sie den Flur entlang ihrem Zimmer entgegen. Immer wieder blickte sie um sich. Wie war er ins Haus gekommen? Alle Fenster waren verschlossen und die Bediensteten hatten ihn sicherlich nicht rein gelassen. Vorsichtig öffnete sie die Tür. Alles war dunkel. Niemand war zu sehen.
„Ich komme jetzt rein!“
Immer wieder drückte sie auf den Lichtschalter doch das Zimmer blieb dunkel.
„Schließ die Tür!“
„Oh, ok!“
Sie schloss die Tür und es war stockduster, man konnte die Hand vor Augen nicht sehen.
„Wieso darf ich kein Licht machen?“
„Dann würdest du mich sehen! Ich habe die Glühbirnen herausgedreht, überall, also gib dir keine Mühe!“
„Wo sind Sie?“
„Na hier!“
„Wo denn?“
„Hier!“
Er tippte ihr von hinten auf die Schulter. Schnell drehte sie sich um, wollte nach ihm greifen, doch er war schon wieder weg, stand an einer anderen Stelle.
„Hast du das Geld hier?“
„Nein! Ich habe nicht damit gerechnet dass...“
„Dass ich es abholen werde? Ich arbeite nicht für umsonst!“
„Nein das meinte ich nicht, es ist nur, Sie sagten, Sie wollten sich melden.“
„Hab ich doch jetzt!“
„Ja aber jetzt kann ich es Ihnen nicht geben!“
„Weißt du, was ich mit Leuten mache, die bei mir die Zeche prellen?“
Sophia fühlte wie sich eine Hand mit ledernen Handschuhen um ihren Hals legte.
„Bitte nicht weh tun! Ich habe es ihnen versprochen und ich halte meine Versprechen immer! Ich werde am Montag zur Bank gehen und es holen!“
Sein Griff löste sich wieder.
„Und was ist mit deinem zweiten Versprechen?“
„Welches zweit.... Oh mein Gott!“
„Genau das!“
„Nun, ich bin keine besonders gute Küsserin!“
„Versprochen ist versprochen! Ich hab dich auch nicht hängen lassen oder?“
„Nein, aber, Gott! Wie können Sie einfach so auf Menschen schießen?“
„Man stumpft ab nach einer Zeit. Irgendwann zielt und schießt man nur noch!“
„Sie kennen die Menschen doch gar nicht! Ich hätte ihnen sonst was erzählen können! Schießen Sie jeden ab, wenn Sie Geld dafür bekommen?“
„Nein!“
„Aber...“
„Ich lerne die Menschen kennen. Ich beobachte sie und ich beobachte auch meinen Auftraggeber. Ich sah, dass du die Wahrheit sagtest und so war es nicht schwer.“
„Sie haben mich beobachtet?“
„Allerdings. Ich weiß sogar, dass du dir mit rechts den Hintern wischst!“
„Was ist?!“
„Beruhig dich! Meine Beobachtungen beschränken sich nur auf das Nötigste!“
„Dann ist ja gut aber der Gedanke, dass Sie mich beobachtet haben macht mir Angst!“
„Brauchst du aber nicht haben. Willst du dein Versprechen jetzt einlösen oder lieber bei der Geldübergabe?“
„Hmm... lieber gleich, dann habe ich es hinter mir!“
„Wenn du willst, kannst du mich anfassen, damit du dir ein wenig vorstellen kannst, wie ich aussehe!“
„Na gut!“
Er griff nach ihrer Hand, führte sie von seinen Beinen über seinen Bauch hoch zu seinen Schultern.
'Er ist stattlich gebaut! Er sieht bestimmt nicht so aus, wie ich anfangs dachte!'
„Und? Gefällt dir, was du bisher gefühlt hast?“
„Ja aber viel lieber würde ich Sie sehen!“
„Ist besser wenn du mich nicht siehst!“
„Aber warum?“
„Das ist zu gefährlich für dich kleines, reiches, verwöhntes Mädchen!“
„Ich bin nicht....!“
„Pssst!“
Er führte ihre Hand über seine Schultern runter zu seinen Armen und seinen Händen.
'Er hat große Hände und kräftige Arme. Und seine Stimme klingt so sanft.'
„Und? Gefällt dir immer noch was du fühlst?“
„Was ist das?“
„Das weißt du doch ganz genau!“
„Oh mein Gott!“
Erschrocken zog Sophia ihre Hand wieder weg.
„War das ihr...?“
„Schlimm?“
„Und ob!“
„Tut mir Leid! Ich bin auch nur ein Mann und wenn ich bedenke, dass du nur mit einem Nachthemd bekleidet vor mir stehst, staune ich selber, dass ich noch nicht über dich hergefallen bin!“
„Sie haben doch nichts der gleichen vor, oder?“
„Nein! Ich will nur einen Kuss! Mehr nicht!“
Wieder fühlte sie die Hand in den Lederhandschuhen an ihrem Hals. Diesmal strich sie sanft ihre Haare nach hinten.
Sie spürte, wie er immer näher kam. Auf einmal berührten sich ihre Lippen. Ganz zaghaft erwiderte sie seinen Kuss.
Er roch gut und war ein ausgezeichnet guter Küsser. Niemals würde sie diesen Geruch vergessen. Sophia stand auf Zehenspitzen vor ihm. Ein Mann, den sie nicht kannte, niemals zuvor gesehen hatte. Und sie küssten sich. Er hielt ihre Hände nach unten, damit sie ihm nicht durch das Gesicht streifen konnte. Auf einmal fühlte sie seine Zunge in ihrem Mund. Noch nie hatte sie einen so erotischen Kuss erlebt. Er ließ ihre Hände los, ging einen Schritt zurück.
„Dann verabschiede ich mich jetzt von dir.“
„Warten Sie! Bitte!“
„Tut mir Leid aber ich kann nicht bleiben. Ich habe heute noch einen sehr wichtigen Termin!“
„Aber...!“
Doch so plötzlich, wie er aufgetaucht war, war er auch wieder verschwunden. Der Wind wehte die Gardine zur Balkontür heraus. Es schneite immer noch. Sophia griff nach ihrem Handy, versuchte damit etwas Licht zu machen. Auf dem Balkon waren Fußabdrücke zu erkennen. Es schneite so stark, dass diese in weniger als fünf Minuten wieder verschwanden. Auf einmal vernahm sie das Geräusch eines weg fahrenden Autos. Sie schaute sich um, stand im Nachthemd auf dem Balkon und fror beinahe fest. Doch schlimmer als die Kälte und der Schnee der auf ihrer Haut begann zu schmelzen, war die Tatsache dass sie das Auto zwar hörte aber nicht sah. Er war einfach verschwunden.
Nach einer Weile ging sie wieder rein, schloss die Tür hinter sich. Ihre Lippen waren ganz blau und die Finger schmerzten. Ihre Füße waren so kalt, dass sie sie schon nicht mehr spürte. Also ging sie wieder ins Bad und ließ sich nochmals neues Wasser ein um sich aufzuwärmen.
Auf dem Weg zurück in ihr Zimmer fiel ihr auf, das die Tür geschlossen war.
'Ich hatte sie doch extra offen gelassen, damit ein bisschen warme Luft von den Fluren rein zieht?'
Vorsichtig öffnete sie die Tür, das Licht brannte! Jede einzelne Lampe in ihrem Zimmer brannte wieder.
„Sind Sie etwa noch da?“
Keine Reaktion, alles war still.
„Hallo?“
Nach einer Weile gab sie es auf. Sie trank noch einen Schluck Wasser und schaltete die Lampen aus. Sie setzte sich aufs Bett und überlegte. Auf einmal spürte sie etwas spitzes, das sie in ihren Hintern piekte. Sie stand auf, versuchte zu erfühlen was es war. Es war eine Karte. Mit rasendem Herzen schaltete sie die Nachttischlampe an.
'Eine Visitenkarte! Das muss seine sein! Tatsächlich... Black Devil. Und was ist das? Eine Telefonnummer? Und ein Text?'
„0176 2...! Vielen Dank! Es war mir eine Ehre mit dir zusammen zu arbeiten. Bitte vergiss am Montag das Geld nicht! Ich melde mich! Die Nummer ist für dich, falls du weiterhin meine Hilfe brauchst! Gute Nacht, Kiss from a Rose!“
'Wie süß! Er hat sich sogar meinen Namen gemerkt! Ich wüsste zu gern, was er für ein Mensch ist!'
Sie legte die Karte in ihr Tagebuch, schloss es ab und versteckte es wieder in der Nische hinter ihrem Schreibtisch.
Sie legte sich ins Bett und schlief kurze Zeit später ein. Die ganze Nacht träumte sie von dem Unbekannten, der sich heimlich ins Haus geschlichen und sie geküsst hatte.

Am nächsten Morgen wachte sie auf. Die Sonne strahlte in ihr Zimmer und wärmte es auf. Die Landschaft war verschneit. Auf den Bäumen lag der Schnee so dick, dass sich die Äste unter der Last nach unten bogen. Sophia griff nach ihrem Handy und rief Luise an.
„Hallo?“
„Guten Morgen! Was hältst du davon, wenn wir heute zusammen ausreiten gehen?“
„Ja klar! Gerne! Ich mache mich schnell fertig und komme dann zu dir!“
„Na super! Ich bin dann hinten im Stall!“
„Ist gut! Bis dann!“
Es versprach ein wunderschöner Tag zu werden. Sophia verließ das Haus und stampfte dick eingepackt durch den Schnee über den Hof zum Stall. An den Regenrinnen am Haus hatten sich dicke Eiszapfen gebildet. Sie glitzerten wie Diamanten als das Sonnenlicht darauf fiel.
„Guten Morgen, junges Fräulein!“
„Ah! Guten Morgen Christoph! Wie geht es Ihnen?“
„Danke! Mir geht es gut und Ihnen? Wollen Sie ausreiten gehen?“
„Ja! Ich habe mich mit Luise verabredet!“
„Dann passen Sie aber bitte auf! Die Wege sind vereist und am nördlichen Tal soll es einen Erdrutsch gegeben haben!“
„Das geht schon in Ordnung! Wir wollen in die Stadt reiten!“
„Dann viel Spaß!“
„Danke!“
Christoph war der Privatchauffeur der Familie. Er war schon über fünfzig, arbeitete schon für die Familie bevor Sophia geboren wurde. Er war auch sonst ein sehr netter Mensch, man nannte ihn auch „Das Mädchen für alles!“ weil er immer versuchte zu helfen, wo es nur ging. Er stapfte über den Hof und streute Salz. Im Stall angekommen sattelte Sophia ihr Pferd. Sie hatte es zu ihrem 16. Geburtstag geschenkt bekommen. Sie hatte hart darum gekämpft. Ihren Eltern war das Tier zu wider. Schließlich war es nicht reinrassig. Im Gegenteil, der Vater war ein Brauereipferd die Mutter ein gewöhnliches Reitpferd. Doch Sophia liebte es. Seinen breiten Rücken die treuen Augen, einfach alles. In der tat war es ein stattliches Pferd. Bei einem Stockmaß von 1,89m tat sich Sophia am Anfang schwer, auf den Rücken des Tieres zu kommen. Sie legte ihm eine warme Decke unter den Sattel und zäumte es auf.
„Mensch Blue, jetzt wackel doch nicht so! Es geht doch gleich los! Hm? Na du freust dich wohl auch was?“
Sie stieg auf und ritt mit ihm eine Runde über den Hof. Das gestreute Salz zeigte Wirkung und so schmolz der Schnee langsam dahin.
„Sophiiiiaaa! Juhuuuu!“
„Hey Luise! Da bist du ja schon!“
„Ja! Ich habe mich extra beeilt!“
Langsam ritten sie vom Hof in Richtung Stadt.
„Morgen beginnt der Weihnachtsmarkt! Ich will unbedingt hin! Der Glasbläser vom letzten Jahr wird auch wieder da sein! Er hatte mir versprochen, noch eine Christbaumkugel mit zubringen, eine die zu meiner ersten passt!“
„Du immer mit deinem Glitzerfummel!“
„Lass mich doch!“
„Weißt du, was mir gestern passiert ist?“
„Nein, woher denn?“
„Uff... also, pass auf. Ich hatte gestern Besuch,... von einem Mann!“
„Ach nee ne?! Und? Wie heißt er? Wie sieht er aus? Läuft da was?“
„Nein. Ich, ich weiß gar nichts über ihn!“
„Du hast Besuch von einem fremden?“
„Es war Black Devil!“
Luise stoppte.
„Willst du mich verscheißern?!“
„Nein! Im Ernst!“
Auch Sophia stoppte, die Pferde scharrten mit den Hufen im Schnee. In der nähe floss ein kleiner Bach entlang. Leise vernahm man sein Plätschern. An den Rändern war er zugefroren, doch das Wasser bahnte sich seinen Weg.
„Er war bei dir?“
„Ja! Wenn ich es dir doch sage!“
„Wie sieht er denn aus?“
„Keine Ahnung, es war dunkel!“
„Hä?! Und was wollte er?“
„Er hat sich seine erste Prämie für seinen Auftrag abgeholt!“
„So? Was denn?“
Langsam ritten sie weiter.
„Naja, einen Kuss!“
„Einen Kuss?! Ich glaube dir kein Wort!“
Luise gab ihrem Pferd die Sporen und ritt davon. Sophia folgte ihr. Sie ritten über einen Feldweg, über eine kleine Brücke an einem Park vorbei. Nach einiger Zeit hatte sie Luise wieder eingeholt.
„Warum reitest du denn wie eine Bekloppte davon?!“
„Er zeigt sich niemandem! Deswegen glaube ich dir nicht!“
„Er hat sich ja auch nicht gezeigt! Ich weiß nicht wie er aussieht!“
„Weißt du,“ Luise drosselte abrupt das Tempo, „ich habe die Nummer von ihm von einem Bekannten bekommen. Der sagte mir, was dieser Black Devil für ein Mensch ist. Ich kenne ihn selbst gar nicht aber du solltest vorsichtig sein! Er ist ein brutaler Mörder, der, wenn die Bezahlung stimmt, jeden umbringt verstehst du?“
„Woher...?“
„Von meinem Bekannten! Nimm dich bitte in Acht! Dieser Mann ist hoch gefährlich! Er ist unberechenbar!“
„Glaubst du mir denn wenigstens, dass er bei mir war?“
„Du würdest mich nicht anlügen! Oder?“
„Nein!“
„Ich glaube dir! Und er hat dich geküsst?“
„Ja und danach war er einfach verschwunden!“
Sophia versuchte die Situation zu entschärfen. Sie ließ einfach den Rest der Geschichte unter den Tisch fallen.
„Ich hoffe für dich, dass er nie wieder zu dir kommt!“
„Ja das hoffe ich auch!“
Traurig senkte Sophia ihren Kopf. Dass dieser Mann gefährlich war, wusste sie selber aber das er ein blutrünstiges Monster sein sollte... In dieser Nacht war er so anders. Was sollte sie glauben?
'Wenn er sein Geld bekommen hat, werde ich ihn nie wieder anrufen! Das wird das Beste sein.'
„Ach! Guck mal, wer da vor uns reitet!“
Sophia blickte nach vorn. Die Sonne strahlte auf den Schnee herab, ihr Blick wurde geblendet.
„Wer ist das?“
„Na das ist doch Elisa! Diese eingebildete Ziege vom Kurgestüt Angerheide!“
„Oh! Ja du hast Recht! Jetzt sehe ich sie auch!“
Elisa war ein verwöhntes Mädchen, sie war erst vor kurzem 16 geworden. Sie hatte lange, blonde, gelockte Haare. Für sie war das Beste gerade gut genug. Sie ritt auf einem Schimmel, neben ihr ein Mann. Es war ihr Verlobter, ein reicher Bänkerssohn. Die beiden passten gut zusammen. Sie waren ein Typ Mensch, der immer auf andere herab blickte. Auf einmal drehten sie sich um, ritten langsamer.
„Ach! Da sind ja wieder die beiden Neureichen! Und du reitest immer noch auf dem alten Kläpper herum? Das du dich nicht schämst! So ein hässliches Vieh hätte ich schon lange notschlachten lassen!“
„Tja, bei Leuten wie dir nennt man das ja Mord. Würde es nicht unter Strafe stehen, hätte man dich sicherlich auch schon notgeschlachtet!“, antwortete Sophia spitz.
„Du hast ein ziemlich vorlautes Mundwerk! Halt dich lieber zurück! Du sprichst schließlich mit...“
„Deiner Verlobten das wissen wir schon du Windei! Macht lieber Platz, es gibt Leute, die wollen noch heute ans Ziel kommen. Die dicken Ärsche eurer überfütterten Pferde versperren uns den Weg!“
Mit gerümpfter Nase ritt Luise an ihnen vorbei, Sophia folgte ihr.
„Ihr seid ja nur neidisch! Schließlich handelt es sich bei unseren Pferden um Rassetiere! Eure hingegen...“
Sophia sprang vom Pferd und lief zu Elisa. Sie packte sie am Arm und riss sie vom Pferd herunter.
„Wenn du nicht gleich deine Klappe hältst dann vergesse ich mich ist das klar?!“
„Lass sie gefälligst los du Schlampe!“
Mike, Elisas Verlobter riss Sophia von ihr weg und knallte ihr eine. Geschockt hatte Luise alles mit angesehen. Sophia saß am Straßenrand. Blut tropfte in den Schnee.
„Du Bastard!“
Luise holte mit der Gerte aus.
„Nein! Hör auf! Es ist gut jetzt. Lass uns gehen!“
Sophia stand auf und stieg wieder auf ihr Pferd. Sie wischte das Blut, welches ihr aus der Nase tropfte, mit ihrem Handschuh weg.
„Wo willst du hin?“
„Zurück! Ich hab keine Lust mehr!“
Sie machte kehrt und ritt los.
„Das wird Konsequenzen für euch haben! Das verspreche ich euch!“
Luise ritt ihr hinterher.
„Wir sind schon sehr gespannt!“
Sophia ritt wie der Teufel durch die Feldmark, sah nicht nach links und rechts. Immer gerade aus. Wieder zurück an dem kleinen Park vorbei, über die Brücke.
„Sophia! Jetzt warte doch endlich!“
„Lass mich! Ich reite jetzt nach Hause! Ich will meine Ruhe! Hau ab!“
Luise drosselte das Tempo. Nur noch der aufgewirbelte Schnee ließ vermuten, wo Sophia lang geritten war. Luise drehte ab, lenkte das Pferd zu sich nach Hause.
Währenddessen erreichte Sophia den Hof ihrer Eltern. Sie stieg ab und führte Blue zurück in den Stall. Nachdem sie ihn trocken gerieben hatte, drückte sie ihr Gesicht gegen seinen Nüstern.
„Du bist das schönste und tollste Pferd auf Erden! Hast du mich verstanden? Niemals würde ich dich wieder hergeben!“
Leise schnaubte er auf, widmete sich dann aber lieber dem Heu und begann zu fressen. Langsam stapfte Sophia zum Hauseingang. Ihr Gesicht war eiskalt.
Sie öffnete die Tür und hängte ihre Jacke an die Garderobe. Der Gegenwind hatte ihr Gesicht regelrecht einfrieren lassen und es schmerzte. Nachdem sie sich wieder etwas aufgewärmt hatte, lief sie ins Bad um sich im Spiegel zu betrachten. Die Stelle, an der sie Mike getroffen hatte tat immer noch weh. Umso geschockter war sie, als sie in den Spiegel sah.
'Oh nein! Es wird dick! Was mache ich denn jetzt?'
Eilig lief sie in die Küche und wickelte ein paar Eiswürfel in ein Handtuch. Vorsichtig drückte sie das Bündel gegen ihr Gesicht. Wie sollte sie das ihren Eltern erklären, wenn sie wieder nach Hause kommen würden? Es war Mitte Dezember. Am 19. wollten sie wieder zurück kommen.
'Hoffentlich reichen die vier Tage aus, damit es wieder normal aussieht!'
„Junges Fräulein? Darf ich stören?“
„Christoph! Ja sicher was gibt es denn?“
„Ja um Gottes Willen! Was ist denn passiert? Sind Sie gestürzt?!“
„Nein ich, ich war unachtsam und habe einen Zweig ins Gesicht bekommen!“
„Zeigen Sie mal her! Das sieht aber nicht gut aus! Sie sollten doch aufpassen!“
„Ja ich weiß!“
„Nun es ist nur ein wenig dick, wenn Sie weiter kühlen, dann dürfte es nicht blau werden!“
„Welch Glück!“
Sophia atmete erleichtert auf.
„Was wollten Sie denn?“
„Ach ja! Ich wollte Sie fragen ob Sie morgen frühstücken wollen oder wieder in die Stadt fahren!“
„Stimmt morgen ist ja Sonntag! Ich denke, ich werde morgen frühstücken, Sie können sich also frei nehmen!“
„Vielen Dank! Und gute Besserung! Ich ziehe mich dann jetzt in mein Zimmer zurück. Wenn Sie mich brauchen, dann müssen Sie nur...“
„Rufen, ich weiß! Danke Christoph!“
Leise schloss er die Tür.
'Er benimmt sich manchmal wie mein Vater.'
Früher hatte er häufig auf Sophia aufgepasst, wenn die Eltern nicht zu Hause waren. Sie mochte ihn. Er war es auch, der sie früher immer von Luise abholte oder sie in die Stadt fuhr.
'Morgen ist schon Sonntag! Ich muss am Montag in die Stadt und das Geld holen! Das darf ich auf keinen Fall vergessen!'
Sie steckte das Sparbuch in ihre Handtasche. Das Wochenende verging schnell und so lief Sophia am Montag morgen durch die Stadt. Bei der Bank angekommen gab es allerdings ein böses Erwachen.
„Aber ich brauche die kompletten fünfzehntausend!“
„Tut mir Leid! Aber wenn Sie das gesamte Geld von Ihrem Sparbuch abheben möchten, müssen Sie es ein halbes Jahr vorher kündigen! Ansonsten müssen wir ihnen einen Vorschusszins von der Gesamtsumme abziehen! Außerdem haben wir hier eine Verfügung Ihnen nicht das gesamte Geld auszuzahlen!“
„Und wieviel dürfen Sie mir auszahlen?“
„Zehntausend! Mehr nicht!“
„Oh Gott! Und was müssen Sie noch abziehen?“
„Naja, ca. 10 Euro. Ich müsste das jetzt erstmal ausrechnen.“
„Nein! Lassen Sie das jetzt! Geben Sie mir schon, was Sie können! Ich habe es eilig!“
„Also gut!“
Laut zählte er Sophia das Geld vor. Es waren 19 fünfhunderter Scheine, zwei zweihunderter und kleineres Geld. Eilig packte sie alles in ihre Geldbörse und verließ die Bank. Schnell lief sie wieder nach Hause. Die Schule hatte sie einfach geschwänzt. Es war nicht das erste Mal doch ihr blieb keine andere Möglichkeit. Schließlich schloss die Bank um 13 Uhr und ihr Unterricht endete erst gegen 15 Uhr.
Zu Hause angekommen warf sie sich auf ihr Bett.
'Black Devil wird stinksauer sein! Wo kriege ich nur die fehlenden fünftausend her?'
Auf einmal klingelte ihr Telefon.
„Hallo?“
„Wir treffen uns heute um Mitternacht in dem kleinen Park an dem du am Samstag vorbei geritten bist!“
„Black Devil?!“
„Sei pünktlich!“
„Warten Sie! Ich habe nicht das ganze...!“
Er hatte bereits aufgelegt.
„Scheiße! Was mache ich denn jetzt?!“
Nach langem ergebnislosen Überlegen setzte sie sich an ihren Schreibtisch und begann ihre Entschuldigung zu fälschen. Das hatte sie schon oft gemacht. Die Unterschrift ihrer Mutter beherrschte sie einwandfrei. Sie entschuldigte sich gleich für zwei Tage. Schließlich wusste sie ja nicht, ob sie je wieder zur Schule kommen würde! Vielleicht würde ihr der unbekannte schrecklich weh tun oder sie gar umbringen!
'Wenn er erfährt, dass ich die Vereinbarungen nicht einhalten kann, wird er sicher ausflippen! Woher wusste er nur, dass ich am Samstag dort war? Er scheint mich immer noch zu beobachten. Vielleicht weiß er sogar schon, dass er nicht die vereinbarte Summe bekommt und schmiedet Rachepläne!'
Je später es wurde, desto unruhiger wurde Sophia. Beim Abendessen bekam sie keinen Bissen herunter und so zog sie sich früher als sonst wieder in ihr Zimmer zurück. Es war bereits dunkel draußen, die Bediensteten waren nach Hause gefahren. Nur ein paar schliefen im Haus. Unter ihnen Christoph. Er bewohnte den kleinen Ostflügel des Anwesens. Die Turmuhr am Friedhof schlug elf und Sophia zuckte zusammen.
'Ich muss mich langsam auf den Weg machen! Sonst komme ich zu spät! Ich hab Angst! Eigentlich will ich da gar nicht hin! Nach allem was mir Luise erzählt hat!'
Widerwillig zog sie sich dann aber doch an und machte sich auf den Weg. Sie hatte sich eine Taschenlampe eingesteckt, weil es in der Feldmark keine Laternen gab. Es begann wieder zu schneien. Die Wind blies kalt über die Felder und es war stock dunkel. Ängstlich lief Sophia den Weg entlang. Sie weinte, denn es raschelte und knackte auf allen Seiten, jedes mal, wenn sie mit der Taschenlampe hin leuchtete war nichts zu sehen. Auf der kleinen Brücke blieb sie stehen. Der Mond bahnte sich seinen Weg und schien zu versuchen die Wolken zu vertreiben. Der Bach war vollkommen zugefroren. Man hörte nur den Wind rauschen. Langsam ging sie weiter. Es waren nur noch ein paar Meter bis zum Park. Dort waren auch wieder Laternen. Sie bog rechts ab und lief in die Mitte des Parks. Unter einer Laterne blieb sie stehen. Es war kurz vor zwölf. Unaufhörlich schneite es weiter. Die Wolken schoben sich wieder vor den Mond. Es schien, als würde einzig die Laterne den Park etwas erhellen. Von weitem
hörte man wieder die Turmuhr. Diesmal schlug sie zwölf mal. Zitternd schaute sich Sophia um. Keiner war da. Ab und zu war ein kleines Rascheln zu vernehmen.
'Bestimmt Feldmäuse oder so!', versuche sie sich zu beruhigen.
Auf einmal bemerkte sie, dass jemand hinter ihr stand.
„Dreh dich nicht um, sonst tu ich dir ganz schrecklich weh!“
Wie festgefroren blieb Sophia stehen, wagte es nicht sich nur einen Millimeter zu bewegen. Auf einmal band man ihr ein Tuch um die Augen.
„Ich führe dich, komm einfach mit!“
„Sind Sie es wieder?“
„Langsam müsstest du mich aber kennen!“
Er nahm sie an der Hand, lief vor. Sophia versuchte zu folgen, stolperte mehr als das sie lief. Plötzlich spürte sie, wie er sie hoch hob.
„Ich glaube ich trage dich besser. Nicht das du stürzt! Aber lass schön die Augen zu!“
„Ok!“
Sie wagte es nicht ihm zu widersprechen. Er trug sie mit Leichtigkeit. Er lief eine ganze Weile. Das leise Schnurren eines Motors kam immer näher. Auf einmal setzte er sie wieder ab und öffnete eine Autotür.
„Setz dich rein! Da drin ist es schön warm! Und lass die Augen zu!“
Sie tat was ihr gesagt wurde. Er machte die Tür zu und stieg auf der anderen Seite ein. Langsam zog er ihr das Tuch von den Augen. Es war dunkel. Sie konnte nur die Umrisse von den Bäumen erkennen. Es schien, als würden sie in einer Waldlichtung stehen. Als sie zu ihm hinüber blickte konnte sie nur schemenhaft etwas erkennen. Er hatte eine Kapuze und ein Basecap auf. Letzteres war weit ins Gesicht hinein gezogen. Über Mund und Nase war ein Schal gewickelt.
„Na? Kannst du mich erkennen?“
„Nein!“, antwortete sie enttäuscht, „es ist einfach zu dunkel.“
„Das ist doch gut! Ist doch romantisch! Ich dachte Frauen stehen auf so was!“
„Ich weiß nicht. Aber wissen Sie. Ich, ich hab da ein Problem!“
„Und was für eins?“
„Bitte Sie müssen mir erst versprechen, mir nicht weh zu tun!“
„Nein! Das kann ich dir nicht versprechen!“
Tränen liefen über ihr Gesicht, mit zittriger Stimme fuhr sie fort.
„Ich konnte nicht alles abheben, also ich meine das Geld! Ich habe nicht fünfzehn, weil ich hab weniger und...“
„Wenn du so wirr redest verstehe ich dich nicht! Versuch doch mal einen vernünftigen Satz zu Stande zu bringen!“
„Also, was ich ihnen damit sagen will ist, ich habe nur zehntausend! Mehr konnte ich nicht kriegen!“
„Hmm... Das sind aber fünftausend zu wenig!“
„Ich weiß! Bitte tun Sie mir nichts an! Ich werde versuchen das Geld wo anders aufzutreiben!“
„Und wie willst du das machen? Willst du dich prostituieren?! Fang doch bei mir an! Ich lasse mich bestimmt nicht lumpen und zahle dir einen guten Preis!“
Grob fasste er ihr auf den Oberschenkel.
„Nein! Nicht anfassen! Bitte!“
Schnell riss sie die Tür des Wagens auf und flüchtete. Sie rannte einfach drauf los, konnte nicht erkennen, wo sie überhaupt war geschweige denn wo sie hin rannte.
„Du brauchst nicht weglaufen! Ich krieg dich sowieso!“
Er folgte ihr, holte sie schnell wieder ein. Mit einem festen Griff packte er sie am Arm und riss sie zu sich.
„Nicht weh tun bitte!“
Mit aller Kraft versuchte sie sich zu wehren doch er hielt sie straff umklammert. Langsam verließen sie ihre Kräfte und sie gab auf. Sie hielt ihre Hände schützend vor das Gesicht und weinte.
Ungeachtet dessen zog er sie wieder zurück zum Auto. Dort angekommen setzte er sie wieder hinein und schloss die Tür. Sophia war außer Atem ihr ganzer Körper zitterte. Er setzte sich wieder in den Wagen. Auf einmal hörte sie, wie die Zentralverriegelung die Türen verschloss. Jetzt gab es kein entkommen mehr.
„Bitte! Ich verspreche Ihnen, Sie bekommen Ihr Geld!“
„Ich weiß!“
„Bitte lassen Sie mich jetzt gehen!“
„Nein!“
Sie blickte nach draußen, der Schnee schmolz auf den Scheiben des Autos.
„Ich gebe Ihnen erstmal was ich habe und danach besorge ich Ihnen die restlichen fünftausend! Sie kriegen doch Ihr Geld! Ich besorge es Ihnen! Ehrlich!“
„Du willst es mir besorgen?“
„Mensch das Geld!“
„Ich habe eine bessere Idee! Wir sollten noch mal auf das vorhin gesagte zurück kommen!“
„Was meinen Sie damit?“
„Ich sagte doch, dass ich mich nicht lumpen lasse! Du wärst mit einer Nummer raus!“
„Bitte nicht!“
„Fünftausend für einmal vögeln! Die Nutte, die solche Preise bekommt will ich sehen, also, was ist?“
„Ich will nicht.“
„Warum nicht? Geküsst hast du mich doch auch!“
„Das ist aber etwas anderes! Ich schlafe nicht mit wildfremden!“
„Also gut, gib mir was du da hast. Danach bekommst du von mir eine Galgenfrist von einer Woche um das restliche Geld zu besorgen!“
Seine Stimme wurde ernst.
„Wenn du es dann nicht zahlen kannst, Gnade dir Gott!“
„Was?! Wo soll ich denn in einer Woche so viel Geld her bekommen?!“
„Weißt du, das ist nicht mein Problem!“
„Aber...!“
„Nichts aber! Du hast dich auf den Deal eingelassen! Jetzt musst du dein Versprechen auch einhalten! Ich bin schon so nett und gebe dir einen kleinen Zeitaufschub!“
„Und wenn ich das Geld so schnell nicht zusammen bekomme?“
„Das wirst du schon sehen!“
„Was wollen Sie denn machen? Mich erschießen?!“
Mit hämischer Stimme sprach sie weiter.
„Wenn Sie mich erschießen, kriegen Sie Ihr Geld nie!“
„Hör zu du kleine Göre, wir können das auch anders regeln!“
Auf einmal spürte sie etwas metallisches unter ihrem Kinn.
„Pass jetzt gut auf! Ich kriege immer was ich will und wenn du mir beginnst auf den Sack zu gehen dann blase ich dir mit meiner kleinen neun Millimeter ein Loch in deinen süßen Hintern ist das klar?!“
Ängstlich nickte sie.
„Also, eine Woche, kein Tag länger!“
Er steckte die Waffe wieder weg, strich ihr mit seiner Hand durch das Gesicht. Schmerzerfüllt kniff Sophia ihre Augen zusammen. Langsam zog er seinen Handschuh aus und strich ihr nochmals über das Gesicht. Wieder kniff sie ihre Augen zusammen.
„Wer war das?“
„Was denn?“
„Wer hat dich geschlagen?“
„Niemand! Ich, ich habe beim Ausreiten einen Ast ins Gesicht gekriegt und...“
„Lüg mich nicht an!!!“
Seine Stimme wurde unangenehm laut.
„Aber es war so!“
Er griff an ihren Hals, drückte leicht zu.
„Ich sagte du sollst mich nicht anlügen!“
Daraufhin erzählte Sophia ihm, wie es zu der dicken Wange gekommen ist.
„... und dann hat er mir eine geballert!“
„Ach so, nun. Ziemlich feige von ihm, ein Mädchen zu schlagen!“
„Sie sind ja auch nicht besser.“, flüsterte sie vor sich hin.
„Habe ich dich jemals geschlagen?“
„Nein aber gewürgt!“
„Das war nicht gewürgt! Glaub mir, so was fühlt sich anders an!“
„Na zärtlich kann man das aber auch nicht gerade nennen!“
„Wieso? Der Kuss war doch schön!“
Mit hoch rotem Kopf blickte sie ihn an.
'Wenn doch wenigstens der Mond raus kommen würde, dann könnte ich ihn ein kleines bisschen besser sehen!'
„Na? Was überlegst du?“
„Nichts.“
„Ich hab dir doch gesagt, ich will nicht, dass du mich anlügst! Wenn ich dich noch einmal beim Lügen erwische, knalltŽs! Also, worüber denkst du nach?“
„I-ich hatte nur überlegt, also, ich meine, wenn der Mond jetzt raus kommen würde, dann könnte ich Sie ein bisschen besser sehen!“
„Warum bist du so scharf darauf, mein Gesicht zu sehen? Vielleicht bin ich ja hässlich wie die Nacht?“
„Es interessiert mich eben, mit wem ich es hier zu tun habe! Ich kenne weder Ihren Namen noch ihr Aussehen!“
„Und was würdest du machen, wenn du wüsstest wie ich aussehe? Rennst du dann zur Polizei?“
„Vielleicht?!“
„Und was sagst du denen? Dass du mich für den Mord an deinem Verlobten engagiert hast?“
Erschrocken wich sie ein Stück zurück.
„Also, was würdest du tun?
„I-ich weiß nicht, dann weiß ich wie Sie aussehen! Mehr nicht!“
Wieder strich er mit seiner Hand durch ihr Gesicht, zog sie näher an sich heran. Sie leistete ein wenig Widerstand.
„Komm endlich her und zier dich nicht so! Beim ersten Mal warst du doch auch nicht so!“
Er zog sich den Schal vom Gesicht, küsste sie auf die Stirn, wanderte mit seinen Lippen weiter herunter zu ihrem Mund.
„Warum tun Sie das?“
„Darf ich denn nicht?“
Sophia zuckte mit den Schultern.
„Du darfst mich auch anfassen wenn du möchtest!“
Er nahm ihre Hand und steckte sie in seinen Mantel. Er hatte einen weichen Pullover an und er roch wieder so gut wie bei ihrem ersten Treffen.
Zärtlich strich er ihr durch die Haare.
„Glaubst du du wärst glücklicher, wenn du wüsstest, wie ich aussehe?“
„Ich denke schon aber ich bin mir nicht sicher!“
Anhand seines Atems konnte sie ausmachen das er leise lachte. Wieder küsste er sie auf den Mund, begann spielerisch und heraus fordernd mit seiner Zunge die ihre zu umkreisen.
„Wir hatten nur einen Kuss abgemacht!“
„Erzähl du mir nichts von Abmachungen! Du kannst sie ja eh nicht einhalten! Mir scheint, du magst es nicht, wenn ich dich küsse.“
Er schob seinen Schal wieder ins Gesicht und lehnte sich zurück.
„Du willst mich also sehen...“
Er schaltete das Autoradio an. Es erhellte das Innere des Wagens ein wenig. Mit rasendem Herzen saß Sophia wie versteinert auf dem Beifahrersitz. Er blickte zu ihr herüber.
„Du musst mich schon angucken, sonst siehst du mich nicht!“
Langsam drehte sie ihren Kopf zu ihm herüber. Er hatte sich ganz nah zu ihr herüber gebeugt. Sie sah ihm mitten in die Augen. Sie konnte dem scharfen Blick nicht ausweichen, traute sich nicht irgendwo anders hinzusehen. Langsam hob er seinen Kopf, der Blick verlor an Schärfe. Mit zittriger Stimme versuchte sie einen Satz zu formen.
„Der Schal ist im Weg!“
„Das ist auch gut so! Reichen dir meine Augen nicht?“
Sophia schüttelte zaghaft mit dem Kopf.
„Bist du immer so gierig?“
Vorsichtig hob sie ihre Hand, griff nach dem Schal. Schnell packte er sie und hinderte sie daran ihn herunter zu ziehen.
„Weißt du eigentlich, was ich mit Leuten mache die mein Gesicht gesehen haben?“
„Was denn?“
„Ich sorge dafür, dass sie niemandem davon erzählen können!“
Ängstlich schluckte sie.
„Also, lässt du den Schal jetzt los oder nicht?“
Wieder schüttelte sie zaghaft mit dem Kopf.
Auf einmal nahm er ihre Hand, die immer noch den Schal festhielt und schob sie nach unten. Ihre Augen wurden größer, denn Stück für Stück wurde sein Gesicht erkennbarer. Schnell drehte sie ihren Kopf weg.
„Was hast du denn? Du wolltest mich doch unbedingt sehen?!“
„I-ich habe A-angst.“
„Wovor?“
„Davor, dass Sie mir weh tun!“
„Traust du mir denn zu, dass ich dir weh tue?“
„Ja, ich glaube schon!“
Vorsichtig zog er sie zu sich heran. Ihr Kopf lag auf seiner Brust. Tief atmete sie seinen Duft ein.
'Es ist doch verrückt! Ich verstehe nicht, was in mich gefahren ist! Was fasziniert mich denn nur so an ihm?!'
„Du magst mein Parfum wohl sehr was?
„Es riecht gut!“
„Und wie findest du das hier?“
Er tränkte ein Tuch mit einer Flüssigkeit und drückte es ihr leicht auf das Gesicht. Alles begann sich zu drehen und sie fiel in eine Art Rausch.
Langsam setzte sich das Auto in Bewegung.
'Wo bringt er mich hin? Mir ist so schwummerig alles dreht sich.'
Sie sackte in den Sitz und versuchte wieder ein scharfes Bild zu sehen, doch es gelang ihr nicht.
„Du musst keine Angst haben! Ich bringe dich jetzt nach hause. Das Drehen in deinem Kopf hört gleich wieder auf.“
Unfähig ihm darauf zu antworten schloss sie ihre Augen. Ihr wurde übel, so etwas hatte sie noch nie erlebt!
'Was war das nur? Es roch so süßlich?'
Nach zehn Minuten hörte es dann langsam wieder auf. Sophia öffnete ihre Augen, ihr war noch ein wenig übel. Der Wagen hielt an.
„Wo, wo sind wir?“
„Zu Hause! Lauf den kleinen Weg dort entlang, dann kommst du zum Hintereingang deines Hauses!“
„Woher wissen Sie das?“
„Ich weiß es eben! Und nun geh!“
Ohne sich noch einmal um zu drehen stieg sie aus dem Auto.
„Eine Woche! Vergiss das nicht!“
Er schloss die Beifahrertür und fuhr davon.
'Ein schwarzer Audi! Aber das Nummernschild konnte ich nicht erkennen. Und mein Kopf brummt. Eine Woche also!'
Sie lief den Weg entlang und auf einmal fiel ihr auf, dass sie doch eine Handtasche mitgenommen hatte. Wo war sie also jetzt?
'Oh nein! Da ist doch alles wichtige drin! Ich muss sie im Auto vergessen haben! Mein Handy, meine Geldbörse, meine Schlüssel! Wie soll ich denn jetzt ins Haus kommen?'
Erste Tränen rollten über ihr Gesicht. Geschockt von dem, was ihr in dieser Nacht zugestoßen war setzte sie sich auf die Stufen der hinteren Eingangstür. Sie wollte nicht klingeln, schließlich würde man dann ja wissen wollen, wo sie war. Also würde sie einfach bis zum nächsten Morgen warten und dann unbemerkt ins Haus schleichen. Sie kauerte sich zusammen und hauchte immer wieder gegen ihre Hände. Es war so kalt. Sie zitterte am ganzen Körper. Bald spürte sie ihre Beine schon nicht mehr.
'Vielleicht hat sich das mit der einen Woche ja bald erledigt. Wenn es nicht bald aufhört zu schneien bin ich bis zum Morgen eingefroren. Dabei steht mir weiß gar nicht!'
Mit schwarzem Humor versuchte sie sich selbst ein wenig auf zu heitern. Es war kurz nach drei Uhr nachts. Sie wartete schon eine Stunde. Noch weitere vier müsste sie warten damit sie wieder ins Haus konnte. Um sieben Uhr nämlich, kamen die ersten Angestellten zur Arbeit.
'Ich bin so müde! Was mache ich nur?'
Auf einmal vernahm sie Schritte. Man hörte wie sie den Schnee zerdrückten und immer näher kamen.
„Warum sitzt du denn hier draußen?“
„Sie schon wieder!“
„Ich dachte mir, dass du deine Handtasche eventuell noch gebrauchen kannst. Hätte ich gewusst das dein Schlüssel auch da drin ist, wäre ich schneller gefahren. Steh auf du holst dir doch den Tod?!“
„Geht nicht, habe ich schon vor zehn Minuten probiert! Es geht einfach nicht! Meine Arme und Beine sind wie steif gefroren.“
„Komm her ich helfe dir!“
Vorsichtig hob er sie von den Stufen und fegte mit dem Handrücken den Schnee von ihrer Jacke. Er begann in der Handtasche nach dem Schlüssel zu kramen, schloss die Tür auf und brachte sie nach oben in ihr Zimmer.
„Los zieh die nassen Sachen aus!“
„Sind Sie verrückt?! Doch nicht vor Ihnen!“
„Es ist doch dunkel! Was hast du denn jetzt für ein Problem?“
„Na weil, ich, das macht man nicht!“
„Jetzt stell dich nicht so an.“
Forsch griff er nach ihrer Jacke und zog sie aus. Danach riss er ihr den Pullover vom Körper.
„Ziehst du die restlichen Klamotten alleine aus oder muss ich dir da auch noch bei helfen?!“
„Nur wenn Sie gehen!“
„Also nicht!“
Er warf sie aufs Bett und begann ihr die Hose auf zuknöpfen.
„Bitte hören Sie auf! Ich machs ja ich machs ja!“
„Na also!“
Gedemütigt stand sie auf und begann sich die Hose auszuziehen.
„Drehen Sie sich um! Bitte!“
„Ich kann genauso viel sehen wie du! Aber wenn es dich beruhigt!“
Er drehte sich um, blickte zum Fenster heraus. Wieder bahnte sich der Mond den Weg durch die Wolken. Er schien durch das Fenster hinein und zeichnete leichte Umrisse auf den Mann der da in Sophias Zimmer stand. Währenddessen zog sie sich rasch einen Morgenmantel über. Ihre Beine fühlten sich immer noch ganz steif an.
„Na? Fertig?“
„Ja! Ist Ihnen denn gar nicht kalt?“
„Nein, wieso fragst du? Willst du mich aufwärmen?“
Langsam schlich sie zu ihm ans Fenster. Wieder konnte sie, im Licht des Mondes, seine Augen erkennen. Er drehte sich zu ihr und schaute sie an.
„Du musst in Zukunft vorsichtiger sein. Ich möchte nicht, dass dein hübsches Gesicht irgendwann nicht mehr lächeln kann, weil du wieder geschlagen wurdest!“
Verdutzt blickte sie zu ihm auf. Er war groß. Mindestens zwei Köpfe größer als sie. Mit dem Finger strich er ihr durchs Gesicht.
„Deine Wangen sind ganz kalt! Leg dich jetzt lieber ins Bett!“
„Ich kann nicht!“
„Warum? Wegen mir?“
„J-ja...“
„Wieso? Ich mach doch gar nichts!“
„Das habe ich vorhin auch gedacht bis sie mir dieses Ding unter die Nase gehalten haben!“
„Welches? Das hier?“
Wieder zog er die Pistole aus dem Mantel. Erschrocken quiekte Sophia auf.
„Tun Sie sie weg! Bitte. Sie machen mir Angst mit dem Teil!“
Leise legte er sie auf der Fensterbank ab. Er wandte den Blick wieder zu ihr, schaute ihr tief in die Augen. Nachts sind alle Katzen grau, so konnte sie seine Augenfarbe nicht erkennen. Doch sie mussten hell sein. Braun waren sie auf keinen Fall. Langsam zog er seinen Mantel aus, streifte seine Kapuze herab.
„Ich darf Sie doch nicht sehen!“
„Jetzt komm schon, ich merke doch, dass du vor Neugier fast platzt!“
„Aber Sie haben doch selber gesagt, dass es gefährlich ist, wenn ich ihr Gesicht sehe!“
„Na komm, sieh mich an!“
„Bitte nicht!“
„Hast du Angst?“
Er blickte sie groß an und schien zu lächeln.
„Junges Fräulein? Ist alles in Ordnung?“
„Christoph!“ entfuhr es ihr gepresst.
„Es ist alles ok!“
„Mit wem reden Sie denn? Darf ich eintreten?“
Sophias Blick raste zur Tür, die sich langsam öffnete.
„Nicht!“
Mit aller Kraft warf sie sich gegen die Tür.
„Was ist denn los?“
„I-ich bin nicht angezogen!“
„Ich muss Sie bitten, mich herein zu lassen! Ich habe Stimmen gehört und muss mich vergewissern, dass alles in Ordnung ist!“
„A-aber...“
Verängstigt blickte sie wieder zu ihrem Fenster. Wieder wehte der Wind die Gardine zur offen stehenden Balkontür herein, Black Devil war verschwunden. Schließlich ließ ihr Druck gegen die Tür nach und Christoph trat ein.
„Verzeihen Sie mein plumpes Verhalten, aber ich... Himmel! Die Balkontür ist ja offen! Das wird doch zu kalt! Und Sie stehen hier nur in Unterwäsche bekleidet!“
Er eilte zu der Tür und verschloss sie rasch.
„Ab ins Bett mit Ihnen! Sie müssen morgen wieder zur Schule!“
„Ist gut.“
Sophia kroch unter ihre Bettdecke und blickte Christoph noch hinterher, bis er die Türe wieder hinter sich geschlossen hatte. Noch immer zitterte sie am ganzen Körper und wusste die Situation nicht so recht einzuschätzen. Plötzlich fühlte sie den weichen Stoff, den sie in den Händen hielt. Sie knipste das Licht ihrer Nachttischlampe an und blickte unter ihre Bettdecke.
'Sein Schal!'
Sie faltete ihn zusammen und sog den Duft seines Parfüms ein. Es roch so männlich und erinnerte sie wieder an den ersten Kuss von ihm. Nach einigen Minuten schließlich fielen ihr die Augen zu und sie schlief tief und fest. In ihren Armen den Schal, den sie sich in der Nacht einmal quer um den ganzen Körper wickelte.
Das schrille Kreischen des Weckers ließ sie plötzlich hoch schrecken und sie blickte schlaftrunken auf die Uhr.
'Erst sechs Uhr! Seit wann klingelt mein Wecker so früh?!'
Etwas genervt drückte sie den Weckruf aus und drehte sich noch einmal um. Draußen war es schließlich noch dunkel und man konnte nicht von ihr verlangen, in solcher Herrgottsfrühe auf zu stehen. Nach weiteren zehn Minuten klingelte der Wecker schließlich wieder und endlos genervt gab Sophia auf und öffnete die Augen. Nachdem sie sich angezogen und fertig gemacht hatte, rief sie bei Luise an, um sich von ihr abholen zu lassen. Zwanzig Minuten später ertönte ein lautes Hupen und Sophia stürmte aus dem Haus. Wie gerne würde sie ihr von der letzten Nacht erzählen, doch Luise würde ausflippen, also behielt sie es für sich.
„Morgen Sophia!“
„Morgen Luise! Na? Alles fit?“
Laut schlug sie die Autotür zu und schnallte sich an.
„Auf jeden Fall. Und? Haste gelernt?“
„Gelernt?!“
Sophia beugte sich nach vorn und blickte zu Luise, die sich gerade versuchte, auf den Verkehr zu konzentrieren.
„Na für Englisch?“
„Scheiße! Der Test! Den habe ich ja komplett vergessen!“
„Was machst du denn die ganze Zeit? Du hattest doch das ganze Wochenende und Montag Zeit, als du krank warst?“
Geschockt ließ sich Sophia in den Autositz zurück sacken. Stimmt, da war doch etwas. Dieser blöde Englischtest, den hatte sie komplett vergessen. Aber wer konnte ihr das schon verübeln? Bei dem, was sie erlebt hatte.
Schließlich wechselte Luise das Thema und Sophia entspannte sich wieder etwas. An der Schule angekommen, parkten sie das Auto in einer Nebenstraße und schlenderten langsam zum Schulhof. Aufgeregt kam ihnen Marianne, eine Mitschülerin, entgegen.
„Morgen ihr zwei! Habt ihr schon gehört, was passiert ist?“
„Morgen, nee, was denn?“
Luise blickte zu Sophia und auch sie schüttelte nichts ahnend den Kopf.
„Auf dem Kurgestüt Angerheide wurde eingebrochen! Die zwei preisgekrönten Hengste und zehn Stuten wurden vergiftet und Mike, der Freund von Elisa wurde übel zugerichtet! Er liegt im Krankenhaus.“
„Was du nicht sagst!“
Mit großen Augen blickte Luise zu Marianne. Sophia jedoch ahnte bereits, was los war.
„I-ich muss schnell rein, mir ist nicht gut.“
„Bist du noch nicht wieder richtig gesund?“
Luise legte Sophia besorgt die Hand auf die Schulter. Schnell änderte Sophia ihre Meinung wieder.
„Ich möchte lieber wieder nach Hause.“
„Aber das schaffen wir nicht mehr! Ich komme doch zu spät wieder zurück zur Schule?“
„Schon gut, ich nehme den Bus. Melde mich bitte ab. Die Entschuldigung ist ja noch gültig.“
Sophia drehte ab und hastete zur nahe gelegenen Bushaltestelle. Dort angekommen, kam ihr auch schon der nächste Bus entgegen und sie stieg schnell ein. Sobald sie zu Hause angekommen ist, würde sie ihn anrufen und fragen, ob er es war.

„Hallo?“
„Black Devil?“
„Der bin ich. Was kann ich für Sie tun?“
„Ich hätte da einen Auftrag für Sie, Black Devil.“
„Um was geht es?“
„Sein Name ist Jeremy Owen. Er muss so schnell, wie möglich aus dem Weg geräumt werden.“
„Owen? Das ist doch der nächste Wahlkampfkandidat für die Republikaner?“
„Genau.“
„Nun, das wird nicht leicht. Und billig wird das auch nicht.“
„Ich biete ihnen dreißigtausend!“
„Dreißigtausend? No Deal! Fünfzig! Mindestens!“
„Fünfzig?!“
„Wenn es Ihnen nicht passt...“
„Argh, schon gut. Geht in Ordnung.“
„Gut, ich gebe Ihnen eine Kontonummer. Überweisen Sie den Betrag noch heute auf dieses Konto. Gleich nach Geldeingang werde ich mich um ihn kümmern.“

'Was er wohl gerade macht?' Sophia kramte seinen Schal aus ihrem Rucksack und schnupperte wieder daran. Noch immer duftete er nach seinem Parfüm und sie schloss ihre Augen. Nach einiger Zeit blinzelte sie auf und erkannte ihr Haus von weitem. Nachdem sie aus dem Bus ausgestiegen war, trottete sie ihm langsam entgegen. Was sollte sie bloß den Angestellten erzählen? Warum war sie nicht in der Schule? Ihre Eltern waren zwar mal wieder nicht da, doch sicher würden sie Wind von der Sache kriegen. An einer Weggabelung stoppte sie schließlich und blickte auf das Schild, dass genau vor ihr stand. Nach links zum Zentrum, dort, wo auch ihr Haus stand, nach rechts in die Feldmark und in den Park, in dem sie ihn damals getroffen hatte. Sie blickte den Weg entlang und bemerkte die vielen Wahlplakate, die man überall befestigt hatte. Wie nervig das doch war. Von jedem Plakat grinste ein anderer Mann sie an. Keinen würde sie von denen wählen, wenn sie schon wahlberechtigt wäre. Alles Stüm
per, die keine Ahnung hatten, von dem, was sie dem Volk predigten. Schließlich drehte sie nach rechts ab und stapfte durch den Schnee in Richtung Stadtpark. Dort angekommen setzte sie sich auf die Lehne einer Bank und starrte Löcher in die Luft. Dabei wollte sie Black Devil doch so gerne anrufen. Sie musste doch unbedingt wissen, ob er etwas mit den Geschehnissen vom Kurgestüt Angerheide zu tun hatte. Plötzlich klingelte ihr Handy.
„Hallo?“
„Na?“
„Wer ist da?“
„Du erkennst mich immer noch nicht? Ich bin wirklich deprimiert.“
„Black Devil?!“
Kerzengerade saß sie nun auf der Lehne der Bank. 'Kann der Gedanken lesen?'
„Warum bist du nicht in der Schule?“
„Keine Lust. Was machen Sie gerade?“
„Ich telefoniere.“
„Ha, ha. Sehr witzig.“
„Nun, zumindest beschmiere ich mit meinen Schuhen nicht die Sitzfläche einer Parkbank.“
„Was?!“
Verschreckt blickte Sophia sich um. Wo war er nur? Sie konnte niemand verdächtiges erblicken. Vereinzelt waren ein paar Leute unterwegs. Eine Frau mit ihrem Hund, ein paar Jogger und ein älteres Ehepaar. Außerdem war da noch...
'Das muss er sein!'
Etwa dreihundert Meter weiter saß jemand auf einer Bank und las scheinbar Zeitung.
Sie visierte ihn genau an.
„Lesen Sie gerade Zeitung?“
„Tja, wer weiß.“
Sophia sprang von der Bank und machte sich auf den Weg zu dem Mann, der da saß und auch noch ein Telefon in der Hand hielt. Alles passte genau. Der lange Mantel, die Kapuze, das Basecap. Außerdem schien er der Person am anderen Ende gerade etwas zu erzählen.
„Was machst du jetzt?“
„Ich laufe etwas herum.“
„So? Wohin führt deine Reise denn?“
„Och, nur ein wenig herum laufen. Mehr nicht.“
Sie näherte sich dem Mann immer weiter. Der stand plötzlich auf und faltete die Zeitung zusammen. Noch konnte sie nichts von seinem Gesicht erkennen, aber er schien blonde Haare zu haben. Plötzlich drehte er ab und ging eiligen Schrittes zum Ausgang des Parks. Sie drückte sich ihr Handy fest ans Ohr und vernahm den leichten Gegenwind, der gegen das Handy von Black Devil wehte. Ganz klar. Das musste er sein.
„Wieso laufen Sie von mir weg?“
„Tue ich das?“
„Natürlich. Ich kann Sie sehen.“
„Wollen mal sehen, wie lange noch.“
„Bleiben Sie doch bitte stehen.“
„Also gut.“
Plötzlich verstummte das leise Rauschen des Gegenwindes am anderen Ende. Er schien zu stehen, doch der Mann, der gerade eben noch die Zeitung zusammen gefaltet hatte, lief immer noch. Sie kniff die Augen zusammen und legte einen Schritt zu. Schließlich schaltete sie Black Devil in die Warteschleife ihres Telefons und rannte los. Schon nach kurzer Zeit hatte sie ihn eingeholt und packte ihn an der Schulter. Etwas verschreckt drehte er sich zu ihr um.
„Hab ich Sie!“
„Wer bist du? Was willst du?“ piepste er ihr entgegen.
„Oh! Sorry, ich dachte, Sie wären jemand anders.“
Der Mann schüttelte den Kopf und wandte sich wieder von ihr ab. Irritiert hob sie das Handy wieder an ihr Ohr und holte Black Devil wieder aus der Warteschleife.
„Na? Das war wohl nichts.“
„Wo sind Sie?“
„Ganz in deiner Nähe. Aber ich werde jetzt wieder zu meinem Auto gehen. Da ist es wärmer als hier.“
„Was wollten Sie? Warum rufen Sie an?“
„Darf ich das denn nicht?“
„Doch schon...“
„Du wolltest mich doch etwas fragen. Und da du meine Nummer ja nicht bei dir hast, sondern sie in deinem Tagebuch versteckst, dass zu Hause in deinem Zimmer liegt, dachte ich mir, ich rufe dich einfach mal an.“
„Woher...“
„Gut, nicht?“
„Allerdings.“
„Also? Was möchtest du wissen?“
„Nun, also ich habe heute gehört, was auf dem Kurgestüt Angerheide passiert ist und...“
„... jetzt möchtest du wissen, ob ich es war?“
„Genau.“
Sophia vernahm ein leises Lachen, das mehr gehaucht, als gelacht war.
„Allerdings. Ich war es. Es hat auch riesigen Spaß gemacht.“
„Aber warum?“
„Um Mike eine kleine Lektion zu erteilen.“
Sophia wusste, dass es nicht richtig war und doch, ihr Herz machte einen kleinen Luftsprung. Sie freute sich schon ein wenig darüber.
„Mehr wolltest du nicht wissen?“
„Nein.“
„Naja, dann kann ich ja jetzt auflegen.“
„Nein!!! Warten Sie!“
„Hmm?“
„Bitte, sagen Sie mir, wo Sie sind. Ich möchte Sie doch nur ganz kurz sehen. Bitte.“
Plötzlich Stille. Angestrengt versuchte Sophia etwas zu hören, dass seinen Aufenthaltsort verriet, doch so sehr sie auch den Hörer an ihr Ohr presste, es war nichts zu hören.
„Sind Sie noch dran?“
„Ja...“
„Also?“
„Wie kann man nur so neugierig sein?“
„...“
„Was ist mit meinem Geld?“
Plötzlich rutschte ihr wieder das Herz in die Hose.
„Du hast nur noch fünf Tage.“
„Fünf?! Sie sagten doch eine Woche?!“
„Und die hat gestern begonnen.“
„Das ist nicht fair! So schnell bekomme ich das Geld nicht!“
„Und ich habe dir schon einmal gesagt, dass das nicht mein Problem ist, richtig?“
„Ja.“
„Na siehst du.“
„Was ist, wenn ich es Ihnen nicht geben kann?“
Wieder vernahm sie ein gehauchtes Lachen.
„Dann zahlst du es eben in Naturalien!“
„Was?!“
„Du hast mich schon verstanden.“
„Aber...“
„Dreh dich um.“
Sophia drehte sich um und blickte durch den verschneiten Park. Plötzlich erblickte sie einen Mann, der zu telefonieren schien. Er trug einen cremefarbenen Mantel und eine helle Mütze. Selbst seine Hände trugen cremefarbene Handschuhe.
„Sind Sie das?“
„Ich weiß nicht, vielleicht schielst du und siehst mich gar nicht an.“
„Bitte, sagen Sie mir, dass Sie das sind! Der Mann, in dem hellen Mantel.“
Plötzlich hob er den Arm und winkte ihr zu.
„Sie sind es nicht wahr?!“
„Ja.“
Ein freudiger Seufzer entwich ihr und hastig drückte sie sich die Hand auf den Mund.
„So sehr freust du dich, mich zu sehen?“
„Darf ich näher kommen?“
„Warum?“
„Ich kann Sie von hier aus doch kaum erkennen.“
„Dann komm näher, aber nicht zu weit.“
„Also gut.“
Zaghaft schritt sie auf ihn zu. Mit jedem Schritt, den sie machte, kam sie ihm etwas näher. Und je näher sie ihm kam, desto besser schien er auszusehen. Er war groß, schlank und doch kräftig gebaut.
„Bleib stehen. Das reicht.“
„Bitte, nur noch ein bisschen.“
„Nein! Das reicht. Sonst siehst du womöglich noch etwas, dass du nicht sehen solltest.“
„Was denn?“
„Na mein Gesicht du kleines Dummerchen:“
Trotz seiner Aufforderung stehen zu bleiben, lief sie weiter. Er bewegte sich nicht, schien nicht den Anschein zu machen, weg gehen zu wollen. Plötzlich verschärfte sich sein Ton.
„Bleib stehen! Ich warne dich!“
„Ich kann nicht! Ich möchte Sie so gerne sehen.“
Auf einmal nur noch ein leises Hupen im Handy. Er hatte aufgelegt und drehte sich nun ab. Mit hastigen Schritten lief er davon, Sophia jedoch dachte nicht daran, ihn einfach so ziehen zu lassen und folgte ihm. Kurz drehte er sich um und begann schließlich zu rennen und auch sie rannte nun. So sehr sie Sport in der Schule auch hasste, im Laufen war sie die Nummer eins. Sie sprintete los und folgte ihm, aus dem Park heraus direkt in die Feldmark. Immer weiter entfernten sie sich aus der Öffentlichkeit und schon bald waren sie umgeben von Bäumen, die dem nahe gelegenen Wald angehörten.
„Warten Sie doch bitte! Ich möchte Sie nur kurz ansehen! Bitte!“
Doch der Mann rannte einfach weiter. Plötzlich erblickte Sophia ein schwarzes Auto, das ganz in der Nähe geparkt war. Wenn er es erreichen würde, hätte sie keine Chance mehr, also gab sie richtig Fersengeld, um ihn doch noch einzuholen. Auf einmal stoppte er und drehte sich zu ihr um. Und auch Sophia blieb stehen. Nur noch ein paar hundert Meter und sie könnte ihn von Nahem betrachten. Langsam lief sie wieder auf ihn zu.
„Bleib stehen! Ich warne dich ein letztes Mal!“
„Niemals! Meine Neugier bringt mich sonst um!“
„Sie wird dich umbringen, wenn du nicht stehen bleibst!“
Plötzlich ein lauter Knall und das Holz des Baumes, der neben ihr stand splitterte auf. 'Er hat auf mich geschossen!'
„Noch einen Schritt und die Kugel verfehlt deinen Kopf nicht mehr.“
Der Mann richtete wieder die Waffe auf sie und schien es wirklich ernst zu meinen. Sophia versuchte sich im Zaum zu halten doch ihre Gott verdammte Neugier ließ ihr keine Ruhe und sie machte wieder einen Schritt auf ihn zu. Und wieder ein lauter Knall. Plötzlich verspürte sie einen stechenden Schmerz. Als sie nach unten blickte, um den Schmerz zu lokalisieren, erblickte sie das viele Blut, dass aus ihrem Hosenbein sickerte. Schon allein bei diesem Anblick wurde ihr übel. Ihr Bein puckerte auf und sie sackte zusammen. Verschreckt blickte der Mann zu ihr. Er hatte noch einen Warnschuss abgegeben. Doch die Kugel musste an einem Stein abgeprallt sein und hatte sie wohl getroffen. Laut wimmerte Sophia auf und weinte bittere Tränen. Schließlich verlor sie das Bewusstsein.

Langsam schlug sie ihre Augen auf und blickte sich um. Sie lag in einem großen Doppelbett. Die Bettwäsche war weich, fast wie Seide und schimmerte in einem angenehmen Schokoladenton. Die Nachttischlampe auf ihrer Seite strahlte warmes Licht aus und sie blinzelte etwas, damit sich ihre Augen schneller an die Helligkeit gewöhnen konnten. An den Fenstern, die bis zum Boden reichten, hingen schwarze Satinvorhänge und versperrten ihr die Sicht nach draußen. Das würde sie gleich einmal ändern und so schlug sie die Bettdecke auf. Plötzlich verspürte sie wieder diesen Schmerz in ihrem Bein und blickte an sich herunter. Jemand hatte es ihr verbunden. Mit aller Kraft versuchte sie trotzdem auf zu stehen.
„Du solltest liegen bleiben. Zumindest heute. Morgen kannst du dich hier umsehen. Und jetzt leg dich wieder hin.“
„Wer ist da?“
„Nenn mich Grace so lange du hier bist.“
„Wo sind Sie? Grace?“
Sie sah schemenhaft die Umrisse einer Frau in der Tür, die durch das Licht der Nachttischlampe nicht erhellt wurde.
„Wo bin ich? Und wer sind Sie?“
„Sei nicht so neugierig!“
„Aha. Na danke...“
„Wie geht es dir heute?“
„Naja, es ging schon besser. Wie spät ist es?“
„Neben dir steht eine Uhr.“
Sophia blickte auf die Digitalanzeige und erschreckte. 'Mittwoch?! Kurz nach acht abends?'
„Du hast lange geschlafen. Er wollte dich nicht mit der Kugel treffen. Sie muss an einem Stein abgeprallt sein. Allerdings bist du selber schuld.“
„Er? Black Devil? Wo ist er?“
„Schon gut. Leg dich jetzt wieder hin. Und mach vor allem die Augen zu.“
„Warum? Wer sind Sie? Was wollen Sie? Und vor allem, wo ist Black Devil?!“
„Reg mich nicht auf! Tu, was ich dir sage und gut.“
Etwas bockig legte sie sich wieder hin und schloss die Augen.
„Wenn du tust, was ich dir sage, dann erbarme ich mich vielleicht dazu dir Black Devil vor zu stellen...“
„Hmm...“
Ihre Stimme klang so scharf und beißend, dass es Sophia einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Und trotzdem, sie blinzelte leicht. Die Frau löschte das Licht der Nachttischlampe und zog die Vorhänge ein wenig auf. Als Sophia sich sicher war, das Grace ihr keine Beachtung mehr schenkte, öffnete sie ihre Augen. Das Licht der Stadt musste unter dem Fenster liegen, denn sie erblickte lediglich den sternenklaren Himmel. Plötzlich drehte Grace sich zu ihr um und Sophia kniff hastig die Augen zusammen.
„Glaubst du, ich bin dumm? Ich habe genau gesehen, dass du geguckt hast. Was bildest du dir ein?!“
Sie machte ein paar Schritte auf sie zu und packte sie an den Haaren.
„Auuu! Das tut weh!“
Laut kreischte Sophia auf, doch Grace schenkte dem keine Beachtung. Auf einmal klingelte das Telefon. Langsam ließ Grace von ihren Haaren ab und drückte auf das blinkende Knöfpchen des Apperates.
„Es reicht. Lass sie jetzt in Ruhe.“
„Aber...“
„Diskutiere nicht mit mir. Lass sie in Ruhe und zieh dich zurück.“
Leise grummelte Grace auf, verließ jedoch das Schlafzimmer.
„Black Devil?“ hauchte Sophia leise vor sich hin.
„Wie geht es dir?“
„Sie sind es, nicht wahr?“
„Ja, ich bin es. Also. Wie geht es dir?“
„Mein Bein tut weh.“
„Ich weiß, aber du bist auch selber Schuld. Warum hörst du nicht, wenn ich dir etwas sage?“
„Wo sind Sie?“
„Nebenan, über dir, unter dir, ich bin überall. In jedem Raum.“
„...“ Sophia blickte sich um. 'Wo könnte er nur stecken?'
„Du brauchst nicht zu suchen, du findest sowieso nichts.“
„Woher...“
„Ich sehe dich, das ist vollkommen ausreichend.“
„Sind hier Kameras?“
„Hmm...“
„Sie beobachten mich also schon wieder?!“
Ein leises, gehauchtes Lachen drang an ihr Ohr und plötzlich bemerkte sie, wie trotzig sie geklungen hatte.
„Das ist nicht komisch.“
Plötzlich ein lautes, schallendes Lachen. Es war so herzerwärmend, dass Sophia auch mitlachen musste.
„Du bist wirklich ein richtiger Wildfang. Ich frage mich ernsthaft, was mich geritten hat, als ich beschloss, dich mit zu nehmen.“
„Können Sie nicht zu mir kommen? Das ist sonst so unpersönlich...“
„Erst konntest du nicht schnell genug von mir wegkommen, dann rennst du mir hinterher und willst mich sehen. Du änderst deine Meinung recht häufig, was?“
„...“
„Was ist mit meinem Geld? Fünftausend stehen noch aus.“
„Ich weiß...“
„Und? Wann bekomme ich es?“
„Ich werde es Ihnen schon noch geben. Seien Sie nicht so gierig! Was machen Sie überhaupt damit?“
„Ich gehe shoppen.“
„Shoppen?“
„Ja sicher.“
„Für fünfzehntausend kann man sich aber eine Menge Klamotten kaufen...“
Wieder vernahm sie das leise, gehauchte Lachen.
„Ich kaufe mir doch keine Klamotten davon. Außerdem sind es ja nur zehntausend. Es fehlen ja noch fünf.“
„Nur?!“
„Sicher. Das, was ich kaufe, kostet viel Geld, weißt du.“
„Hmm...“
„Ich kaufe Gemälde. Ich suche schon seit Jahren einige Stücke und wenn ich sie gefunden habe, dann kaufe ich sie den Besitzern ab.“
„Gemälde? Wie öde...“
„Nicht das, was du denkst. Sie sind von meiner Mutter, weißt du? Ich sammle sie, weil ich sie niemals kennen gelernt habe. Sie sind das einzige, was mir von ihr geblieben ist.“
„Oh, tut mir Leid.“
„Schon gut...“
„Und was machen Sie, wenn der Besitzer eines Bildes es Ihnen nicht verkaufen will?“
„Hehe...“
„Was frage ich überhaupt?“
„Das gleiche dachte ich auch gerade...“
„Und was jetzt? Wo bin ich und wer war diese Frau eben?“
„Nun, gleich so viele Fragen auf einmal. Also, du bist bei mir und die Frau von eben heißt Grace, wie sie dir schon sagte. Sie ist meine Sekretärin sozusagen.“
Plötzlich klingelte sein Handy und er wandte sich kurz ab.
„Wer ist das?“
„Ich weiß nicht, lass es uns herausfinden.“
„...“
„Ja?“
Ein leises Piepen, er hatte das Handy auf freisprechen umgestellt.
„Haben Sie das Geld erhalten?“
„Ja habe ich. Aber ich sagte doch, dass ich mich um alles weitere kümmere? Warum rufen Sie also an?“
„Es muss schon heute passieren! Owen wird heute eine öffentlich Rede halten. Noch bevor er das tun kann, muss er beseitigt werden!“
Mit gespitzten Ohren und großen Augen verfolgte Sophia das Gespräch.
„Ich weiß nicht. Öffentlich Veranstaltungen sind immer so anstrengend. Da muss ich immer so aufpassen. Reicht es nicht heute Abend?“
„Tun Sie endlich, was ich Ihnen sage!“
„Werden Sie mal nicht frech. Vielleicht überbietet Owen ja Ihr Angebot? Dann stehen Sie ganz schnell auf meiner Abschussliste! Klar?!“
„Nein! Ich meine Ja! Verzeihen Sie. Ich bin nur so furchtbar nervös. Es muss einfach heute vor der Rede passieren!“
„Ich werde sehen, was ich tun kann.“
„Bitte enttäuschen Sie mich nicht.“
„Guten Tag.“
Wieder ein leises Piepen.
„Na? Ist deine Neugier gestillt?“
„...“
„Hmm?“
„Werden Sie ihn umbringen?“
„Das ist mein Job.“
„Und wenn Sie jemand dabei erwischt?“
„Ich bin doch kein Trottel. Sophia, ich bitte dich.“
„...“
„Was ist denn? Du bist so schweigsam?“
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich weiß außerdem immer noch nicht, wo ich bin.“
„Bei mir, reicht dir das nicht?“
„Naja, diese Information ist schon etwas dürftig. Außerdem habe ich Hunger und langweilig ist mir auch.“
„Gleich so viele Wünsche auf einmal. Ich werde dir etwas zu Essen bringen lassen. Magst du Tiere?“
„Ich habe ein Pferd.“
„Ich weiß. Also magst du Tiere?“
„Ja. Aber was tut das zur Sache?“
„Ganz einfach. Du könntest meinem Kater Smookey ein wenig die Zeit vertreiben. Spiel mit ihm.“
„Und wo ist er?“
„Du musst ihn nur rufen. Dann kommt er schon.“
„Hmm... Smookey! Komm her, na komm.“
Plötzlich ging die Tür auf und ein kleiner weißer Kater streifte durch den kleinen Spalt. Wieder rief sie seinen Namen und er schien zu verstehen, dass er gemeint war. Laut mauzend lief er auf sie zu und sprang auf das Bett.
„Ist der süüüüß!“
„Ich dachte mir schon, dass du ihn mögen würdest. Das Essen kommt auch gleich. Ich muss es nur noch bestellen und...“
„Ich esse aber nicht alles!“
„So? Was möchtest du denn?“
„Na wenn Sie mir schon nicht sagen, wo ich bin und ich Sie auch nicht sehen darf, muss ich mich zumindest mit einem tollen Essen trösten.“
„Sie wünschen?“
„Hmm...“ Sophia kniff die Augen zusammen. Nachdem sie ihre Denkermiene aufgelegt hatte, kam ihr auch gleich etwas passendes in den Sinn.
„Ich möchte gerne Scampies essen.“
„Scampies? Das isst man, wenn man keinen Hunger hat...“
„Na und? Ich möchte aber trotzdem welche.“
„Feinschmecker, was? Also gut. Du bekommst, was du verdienst, abgemacht?“
„Nein!“
„Doch.“
Plötzlich ein Hupen. Er hatte einfach aufgelegt. Mit großen Augen blickte Smookey sie an. Die Blicke waren viel sagend.
„Ja, ja. Ich spiele ja mit dir. Fragt sich nur was...“
Daraufhin sprang Smookey vom Bett und mauzte wieder auf. Sophia sah sich um. Neben sich entdeckte sie einen Block, aus dem sie schnell eine Seite heraus riss. Nachdem sie einen Ball aus dem Papier geknüllt hatte, warf sie ihn zur Tür. Freudig lief der Kater ihm hinterher, nahm ihn auf und brachte ihn, wie ein Hund, zu ihr zurück.
„Wow, du bist ja ein richtiger Racker!“
Wieder nahm sie die Papierkugel und warf sie von sich weg. Und wieder brachte er sie zu ihr zurück. Das ging schließlich über eine halbe Stunde und bald hatte sie beide die Lust dazu verlassen. Während Smookey sich unter ihre Bettdecke kuschelte und schlief, drehte Sophia gelangweilt eine Strähne ihres schwarzen Haares um den Finger. Wenn sie doch nur aufstehen könnte. Dann würde sie zu aller erst zum Fenster heraus sehen und danach würde sie sich die Wohnung angucken und danach... Plötzlich klopfte es an der Tür, die noch immer einen Spalt breit offen stand.
„Herein?“
Ein junger Mann betrat das Zimmer. Er war gekleidet, wie ein Page, also musste sie sich in einem Hotel befinden.
„Ihr Essen, junges Fräulein.“
„Warten Sie! Wo sind wir hier?“
Er blickte sie groß an, antwortete jedoch nicht auf ihre Frage.
„Warum reden Sie nicht mit mir?“
„Weil es mir untersagt wurde. Guten Appetit.“
So schnell, wie er gekommen war, war er auch schon wieder verschwunden und hinterließ Sophia, die ihm geknickt hinterher blickte. Kurz überlegte sie, widmete sich dann aber der silbernen Platte mit der großen Glocke darüber, die der Mann auf dem Nachttisch abgestellt hatte. Sie hob sie an und erblickte erfreut, dass dort ein Festmahl auf sie wartete. Gegrillte Scampies, frischer Salat und das Brot dazu war sogar noch warm.
Leise schnurrend bahnte sich Smookey den Weg unter ihrer Bettdecke hervor, um sie um das Essen an zu betteln.
„Nix da! Das ist meins!“
Plötzlich klingelte wieder das Telefon. Sophia drückte auf den blinkenden Knopf.
„Hallo?“
„Und? Magst du das?“
„Was? Dass Sie mich beim Essen stören?“
Wieder lachte er leise und auch Sophia musste grinsen.
„Du solltest aufpassen. Smookey hat sich gerade einen Scampie geangelt.“
„Was?!“
Sie blickte auf den Teller und schließlich auf den Fußboden, wo sich der Kater gerade an einem der Meerestiere zu schaffen versuchte.
„Das kannst du so nicht essen, Smookey.“
Sie nahm das Getier und brach die Schale auf, um dem Kater das zarte Fleisch zu reichen.
„Ich hatte schon befürchtet, dass Sie mir etwas anderes bringen lassen.“
„So? Was denn? Gegrillte Schuhsohle?“
„Ja zum Beispiel.“
„Na, das hast du nun wirklich nicht verdient. Und jetzt iss, sonst wird es doch kalt.“
„Aber ich rede doch gerade mit Ihnen.“
„Dann sei jetzt still und iss.“
„Na gut.“
Hungrig machte sie sich über das essen her und schlang alles hastig herunter. Es schmeckte aber auch zu gut. Nach einem gesättigtem Aufseufzen lehnte sie sich in die Kissen zurück und blickte sich um. Smookey verließ das Zimmer und jemand schloss die Tür hinter ihm. Jetzt war sie ja schon wieder allein! Und langweilig war es auch.
„Und? War es gut?“
„Ah! Sie sind ja noch dran!“
„Sicher.“
„Haben Sie mir etwa beim Essen zugehört?“
„Hehe...“
„Mir ist langweilig.“
„Dann schlaf noch ein wenig.“
„Ich bin aber nicht müde.“
„Ich muss dich gleich verlassen.“
„Warum?“
„Das weißt du doch. Ich habe noch einen wichtigen Termin.“
„Ich will hier aber nicht die ganze Zeit alleine sein.“
Plötzlich schaltete sich der Fernseher ein und ein leicht wackeliges Bild baute sich auf.
„Was ist das?“
„Damit dir nicht all zu langweilig wird, dachte ich mir, du begleitest mich heute Abend virtuell. So kannst du das sehen, was ich sehe. Ist doch super. Na? Erkennst du dich?“
Sie kniff die Augen etwas zusammen und blickte auf den großen Bildschirm. Es waren mehrere Monitore zu sehen und wirklich, in einem erkannte sie sich selbst.
„Da! Da bin ich!“
„Genau. So, ich muss jetzt los. Die Kamera musste sich an seinem Kopf befinden, denn überall, wo er hin schaute, folgte sie ihm. Sophia bekam alles live mit. Interessiert blickte sie auf den Fernseher. Er hielt seine Stöpsel für die Freisprechanlage in der Hand und fummelte an ihnen herum. Nachdem er sie sich ins Ohr gesteckt hatte, stand er auf und lief durch das Zimmer. Auf dem Tisch lag ein schwarzer Koffer. Er zog sich seinen schwarzen Mantel an und verließ mit dem Koffer das Zimmer. Schließlich verließ er auch das Hotelzimmer und begab sich zum Fahrstuhl. Eine Hotelangestellte kam ihm entgegen und grüßte ihn freundlich.
„Das ist gemein!“
„Was denn?“
„Sie hat Sie gesehen! Was ist mit mir?“
„Du darfst dafür etwas anderes sehen. Sei doch nicht gleich bockig.“
Draußen schien es zu schneien und als er sich durch die Drehtür am Eingang des Hotels schlängelte, bestätigte sich Sophias Vermutung. Es schneite dicke, große Flocken und alles war schon wieder in weiß getaucht.
„Ist es kalt?“
„Es geht, aber für dich wäre es zu kalt.“
„Aha...“
Etwas enttäuscht blickte Sophia weiter auf den Fernseher. Black Devil bahnte sich seinen Weg durch die Menschenmassen, die noch eilig nach Geschenken suchten.
„Außerdem wirst du sicher gleich schlafen.“
„Ich bin doch gar nicht müde?“
„Das kommt gleich.“
„Was?“
„Ich habe dir etwas ins Essen getropft.“
„Was?!“
„Mach dir keine Sorgen. Ist nur ein Beruhigungsmittel, damit du dich nicht so aufregst.“
„Aufregen? Allerdings! Ich könnte mich jetzt echt aufregen! Was bilden Sie sich eigentlich ein?!“
Leise kicherte er wieder auf. Plötzlich blieb er vor einem Juwelier stehen und blickte in die Auslage. Für einen Bruchteil einer Sekunde konnte sie ihn sehen, denn er spiegelte sich in dem Schaufenster. Jedoch war das nicht lang genug, um sich ein richtiges Bild von ihm zu verschaffen.
In der Auslage, die von hellem Licht angestrahlt wurde, lagen Ketten, Ringe und Armbänder. Mit leuchtenden Augen betrachtete Sophia die Schmuckstücke.
„Gefallen sie dir?“
„Hmm...“
„Naja, vielleicht warst du ja ein liebes Mädchen und der Weihnachtsmann bringt dir etwas schönes.“
„Morgen ist ja Weihnachten!“ entfuhr es Sophia plötzlich.
„Ich weiß. Deine Eltern werden aber sicher nicht mehr rechtzeitig da sein, da alle Flüge wegen des schlechten Wetters gestrichen wurden.“
„Woher...“
„Ich weiß es eben.“
„Ahja, und was machen Sie jetzt?“
„Ich werde mir jetzt ein gemütliches Plätzchen suchen, von dem aus ich meine Arbeit erledigen kann.“
Nach einiger Zeit, beide hatten kaum etwas gesagt, erreichte er ein Parkhaus, von dem aus man die Bühne, die vor dem Stadttheater aufgebaut wurde, gut einsehen konnte. Auf leisen Sohlen begab er sich in eines, der oberen Stockwerke. Hinter einem Van machte er es sich bequem und öffnete den Koffer. Sophia stockte der Atem. Nach und nach baute er ein Scharfschussgeweher zusammen. Nachdem er den Schalldämpfer auf die Mündung der Waffe geschraubt hatte, legte er sich auf den Bauch und visierte sein Ziel an. Viele Menschen hatten sich um die große Bühne versammelt. Jedoch war von Owen keine Spur.
„Wo haben Sie die Kamera eigentlich platziert? Ich kann ja sogar durch das Visier Ihrer Waffe gucken.“
„Ich trage heute eine nette Brille. Gut nicht? Kannst du auch alles gut erkennen?“
„Allerdings, ich weiß nur noch nicht so genau, ob ich das alles überhaupt sehen will.“
„Vielleicht solltest du jetzt auch wegsehen.“ flüsterte er gepresst. Wieder visierte er die Bühne an, als die Menschen davor begannen zu klatschen.
Owen, ein älterer Herr im Anzug, betrat mit seinen Leibwächtern die Bühne. Mit einer Hand klopfte er auf das Mikrofon und blickte in die Menge. Mit unglaublich ruhiger Hand visierte Black Devil seinen Kopf an.
„Bitte nicht! Lassen Sie das!“ brüllte Sophia plötzlich auf und er ließ die Waffe sinken.
„Kleines, du musst ruhig sein. Ich muss mich konzentrieren.“
„Nein! Ich schreie! Hören Sie auf damit!“
„Sei jetzt still!“
„Nein! Ahhhhh! Huaaaaaaaahhhhhh!“ Sophia brüllte so laut sie nur konnte herum, doch Black Devil nahm einfach den Knopf aus dem Ohr und legte auf. 'Diese blöden Tropfen helfen bei ihr ja scheinbar gar nicht.' Verärgert blickte er auf die Bühne herunter.
„Nein, bitte nicht! Lassen Sie das!“
Sie schlug die Bettdecke auf und beugte sich nach vorn, um näher am Fernseher zu sitzen. Wieder visierte er den Kopf von Owen an. Und wieder tat er das mit einer unglaublich ruhigen Hand. Schließlich drückte er ab. Überall spritzte das Blut hin und Owen brach zusammen. Laut wimmerte Sophia auf. Was hatte sie sich da nur angesehen? Black Devil ließ die Waffe noch nicht sinken und schaute weiter durch das Visier. Die Menge tobte und Menschen liefen wild umher. Owen hatte es den Kopf regelrecht weg gesprengt. Seine Leibwächter knieten um ihn herum und suchten die Gegend ab. Schließlich erhob sich Black Devil wieder und begann die Waffe auseinander zu bauen. Nachdem er die Teile in seinem Koffer verstaut hatte, schloss er den Van hinter sich auf und stieg ein. Er schob den Schlüssel ins Zündschloss und drehte ihn um. Leise surrte der Motor auf. Kurz hielt er inne und blickte noch einmal auf die Bühne. Schließlich steckte er sich seinen Knopf wieder ins Ohr und wählte die Nummer d
es Hotelzimmers, in dem Sophia alles mit angesehen hatte. Tränen liefen ihr über die Wangen und ihr war übel. In ihrem Kopf drehte sich alles und sie kam sich so schwach vor. Er musste ihr wirklich etwas ins Essen gemacht haben, denn anders ließ sich das alles nicht erklären. Und dann diese Bilder, die sie sich angesehen hatte. Er hatte ihn einfach erschossen. Warum nur hatte sie nicht die Augen verschlossen? Warum nur hatte sie sich das angesehen?
Verschreckt zuckte sie zusammen, als das Telefon neben ihr wieder klingelte. Mit zittrigen Händen drückte sie auf den Knopf.
„Ja?“
„Na? Hast du dich wieder beruhigt?“
„Beruhigt?! BERUHIGT?! Spinnen Sie?! Sie Monster! Ich hasse Sie! Sie sind ein Killer! Eine Bestie!“
„Ich weiß.“ antwortete er ihr kühl.
„Sie wissen das? Das glaube ich nicht! Sie Monster! Bleiben Sie bloß weg von mir! Ich bin fertig mit Ihnen!“
„Wie meinst du das?“
„Wissen Sie, ich hatte zwar etwas Angst vor Ihnen, aber Sie waren mir trotzdem sympathisch. Sie waren so geheimnisvoll, aber jetzt weiß ich, dass Sie eine Bestie sind! Ich gehe jetzt!“
Sie schmiss die Bettdecke von sich herunter und kämpfte sich unter Schmerzen aus dem Bett.
„Ich warne dich, bleib wo du bist oder es knallt.“
„Ah ja?! Sprengen Sie mir dann auch den Kopf weg?! Wissen Sie was? Sie können mich mal an die Füße fassen! Ich hasse Sie!“
Ungeachtet dessen, was er ihr noch sagte, robbte sie benommen auf die Schlafzimmertür zu. Er hingegen gab Vollgas und raste aus dem Parkhaus heraus. Es waren nur wenige Minuten bis zum Hotel und wenn er sich beeilen würde, könnte er sie noch abfangen. Schließlich beendete er das Gespräch mit ihr und rief Grace an.
„Grace? Wo bist du?“
„In der Lobby, wo sonst?“
„Geh sofort nach oben. Das Mädchen dreht durch. Bring sie zum Schweigen.“
„Gerne doch.“
„Ach und Grace?“
„Ja?“
„Sie soll wieder aufwachen.“
„Uhh... Na gut.“
Etwas genervt verließ Grace die Lobby und stieg in den Fahrstuhl. In dem großen Spiegel, der links von ihr an der Wand des Aufzuges befestigt war, betrachtete sie sich. Sie hatte ihre blonden Haare zu einem Zopf geflochten und sich leicht geschminkt. Sie richtete ihr Jackett noch einmal und als schließlich das leise 'Pling' des Fahrstuhls ertönte und sich die Tür öffnete, zwinkerte sie ihrem Spiegelbild noch einmal zu. Eilig lief sie auf die Suite zu und schloss die Tür auf. Aus ihr waren schon Sophias klägliche Laute zu hören. Die kroch über den Boden und hangelte sich gerade an der Türklinke des Schlafzimmers hoch, als Grace plötzlich vor ihr stand. Mit einem kräftigen Schlag knallte die ihr ihre Hand ins Gesicht und Sophia kippte nach hinten weg. Laut wimmerte sie auf und Tränen liefen ihr über die Wangen.
„Ich will hier raus!“ brüllte sie Grace entgegen.
Die lachte aber nur und trat ins Schlafzimmer. Nachdem sie die Tür geschlossen hatte, kniete sie sich zu Sophia herunter.
„Billiges Flittchen! An deiner Stelle wäre ich ganz ruhig, sonst bin ich es, die dafür sorgt, dass du deinen Mund nie wieder auf machst!“
Mit großen Augen blickte Sophia sie an.
„Ich will doch nur nach Hause! Bitte, Grace! Ich möchte nicht mehr hier sein.“
„Du weißt seine Großzügigkeit ja gar nicht zu schätzen! Ich frage mich, was er nur an dir findet. Bist du noch Jungfrau?“
„Was?! Nein... Ich...“
„Also was ist es dann?! Sag es mir!“
Unsanft packte Grace sie am Hals und drückte zu.
„Sie tun mir weh...“ röchelte ihr Sophia ängstlich entgegen.
„Du stehst ihm sowieso nur im Weg!“
Plötzlich drückte sie noch fester zu und Sophia hatte das Gefühl, als würde ihr Kehlkopf gleich brechen. Das Blut in ihrem Kopf pulsierte und angestrengt versuchte sie nach Luft zu hecheln. Plötzlich sprang die Tür auf und es gab einen dumpfen Knall. Sophia sank zu Boden, bekam einen Hustenanfall und blickte um sich. Sie hatte überall Punkte vor ihren Augen und konnte nur schemenhaft erkennen, das Grace plötzlich in der mindestens vier Meter entfernten Ecke lag. Langsam richtete die sich wieder auf.
„Jake...“
„Was bildest du dir ein?! Ich sagte doch, dass du sie nicht umringen sollst!“
Sophia lag noch immer am Boden und hustete schwer. Der Mann, der Grace durch das halbe Zimmer fliegen ließ, beugte sich zu Sophia herunter und strich ihr mit seinen kalten Händen durch das Gesicht.
„Ist alles in Ordnung?“
Zaghaft nickte Sophia und schloss ihre Augen. Die paar Meter vom Bett bis zur Tür und dann noch dieser Mordanschlag, hatten ihr die letzte Kraft geraubt. Grace kam derweil auf die beiden zu und strich dem Mann sachte über den Arm.
„Jake bitte, ich wollte doch nur...“
„Du wolltest sie umbringen. Mehr nicht!“
„Aber was willst du denn mit ihr?!“
Er richtete sich wieder auf und blickte Grace böse an.
„Was geht dich das an?!“
„Das ist noch ein Kind! Sie kann dir niemals das geben, was du von mir bekommst!“
„Was? Sex?“
„Ja, auch.“
„Sie ist eine Frau, genau wie du! Wenn ich sie vögeln will, dann tue ich es! Dafür brauche ich dich nicht!“
„Aber...“
„Geh! Sofort!“
Geknickt verließ Grace die Suite und schloss die Tür. Plötzlich riss er selbige noch einmal auf und nahm ihr die Schlüssel ab.
„Was soll das?“
„Damit du nicht auf dumme Gedanken kommst!“
Mit diesem Satz schmiss er die Tür wieder zu und schloss ab. Wütend trat Grace dagegen und eilte zum Aufzug zurück.
Sophia lag immer noch am Boden und rührte sich nicht. Sie war einfach zu schwach. Und obwohl sie das ganze und auch das Beruhigungsmittel unglaublich müde gemacht hatten, gab sie sich größte Mühe nicht ein zu schlafen.
Der Mann, der sich Jake nannte, trat wieder in das Schlafzimmer und knipste das Licht der Nachttischlampe aus. Plötzlich war es stockdunkel im Zimmer und Sophia richtete sich wieder etwas auf.
„Jake heißen Sie also?“
„Tja, Beschweren könntest du dich bei meinen Eltern. Sie werden dir auch nicht widersprechen.“
Er beugte sich wieder zu ihr herunter.
„Ich denke, Ihre Mutter ist tot?“
„Ist sie auch und mein Vater ebenfalls, also können sie nicht widersprechen, richtig?“
Sanft hob er sie hoch und trug sie zurück zum Bett. Plötzlich erinnerte sich Sophia an das, was er getan hatte.
„Lassen Sie mich los!“
„Gleich.“
„Nein sofort! Sie Monster! Sie Ungetüm! Sie Bestie! Sie...!“
Mit einem innigen Kuss erstickte er ihren Satz und legte sie sanft ins Bett zurück. Sophias Herz raste und mit aller Kraft versuchte sie wach zu bleiben, doch sie war so schwach. So unglaublich schwach.
„Warum wehrst du dich so? Mach die Augen zu und schlaf endlich.“
„Ich kann nicht! Was, wenn Sie mir etwas antun?“
„Und wenn ich dir verspreche, dass ich dir nichts tue?“
„Ich weiß nicht... Sie sind ein Killer. Wer sagt mir denn, dass Ihr Versprechen überhaupt etwas wert ist?“
„Tja, da musst du dich auf dein Bauchgefühl verlassen. Aber als ich dir damals versprochen habe, dir zu helfen, habe ich es doch auch gehalten richtig?“
„Schon...“
„Na also. Und jetzt mach deine Augen zu und schlaf. Du musst doch müde sein.“
„Warum haben Sie mir diese Tropfen gegeben?“
„Weil es besser für dich war.“
Er kniete sich neben das Bett und strich ihr sanft durch das Haar.
„Shhht. Mach schön die Augen zu. Möchtest du, dass ich ein bisschen Musik an mache?“
„Hmm...“
Er stand wieder auf und schaltete die Musikanlage ein. Schläfrig lauschte Sophia den Klängen und ihr Herz begann plötzlich zu rasen.
„Das ist Seal... Mit Kiss from a Rose!“
„Ich weiß. Gefällt es dir?“
„Hmm...“
Plötzlich spürte sie, wie die Matratze neben ihr einsank.
„Was machen Sie da?“
„Mich hinlegen?“
„Sie wollen bei mir schlafen?“
„Sicher, wo sonst?“
„Das geht nicht! Das gehört sich nicht!“
„Stell dich nicht so an. Als ich dir den Schlafanzug angezogen habe, hast du auch nicht so einen Aufstand gemacht.“
Er legte sich hin, zog die Decke hoch und stützte seinen Kopf auf seinen rechten Arm.
Sophia tastete nach dem Kleidungsstück, dass sie die ganze Zeit schon an sich trug. Ein zweiteiliger Schlafanzug aus Satin, der ihre Haut umschmeichelte. UND NICHTS DARUNTER!!! Ihr wurde flau.
„Was haben Sie mit mir gemacht?!“
„Nichts. Ich habe dein Bein verbunden, deine Sachen ausgezogen...“
„Und warum? Was soll der Scheiß?“
„Darf ich dich daran erinnern, dass du zusammengebrochen bist? Deine Sachen waren nass bis auf die Knochen. Sogar deine Unterwäsche war nass. Das könnte zwar auch an meinem unverschämt guten Aussehen liegen, aber...“
„Sie sind ein Schwein! Aber trotzdem danke, dass Sie mich nicht einfach liegen gelassen haben.“
„Tja, wir haben beide Fehler gemacht. Ich wollte dich eigentlich gar nicht treffen.“
„Hmm... Wer ist eigentlich diese Grace? Die ist ja total ausgeflippt!“
„Ich weiß, tut mir Leid.“
„Wer ist sie?“
„Eine Komplizin sozusagen. Sie hast du auch gehört, bevor du mich ans Telefon bekommen hast.“
„Und warum hat sie versucht mich umzubringen?“
„Sie ist eifersüchtig.“
„Eifersüchtig?“
„Ja. Weil ich ihr erzählt habe, dass ich dich geküsst habe. Und dass ich es schön fand.“
Sophia merkte, wie ihr Gesicht heiß wurde. Sie musste rot wie eine Tomate sein. Gut, dass er sie nicht sehen konnte.
„Hat es dir auch gefallen?“
Gekonnt ignorant drehte sie sich zu ihm und erhob ihre Stimme.
„Es war Teil der Abmachung. Außerdem können Sie überhaupt nicht küssen! Ich musste mir danach erstmal die ganze Sabber aus dem Gesicht wischen.“
Ohne auf diese Unverschämtheit zu reagieren rückte er etwas an sie heran.
„Das tut mir wirklich Leid. Lass es mich wieder gut machen! Und diesmal gebe ich mir auch richtig Mühe, ja?“
„Was? Nein! Ich...“
Er strich ihr sanft durch das Gesicht und näherte sich ihren Lippen. Sie wurde regelrecht vom Blitz getroffen, als er sie mit seinen weichen Lippen im Gesicht streifte. Noch nie hatte sie einen so gefühlvollen Kuss bekommen. Noch ganz baff über diese Tatsache bemerkte sie erst viel zu spät, wie sich seine Hand in ihren Schlafanzug schob. Sanft glitt er ihr über die Brust und sie stöhnte leise auf. Und wieder rückte er etwas zu ihr. Schließlich lagen sie eng bei einander und sie fühlte seinen erregten Atem auf ihrer Haut.
„Was haben Sie vor?“
„Na was wohl?“
Wieder küsste er sie zärtlich und spielte fordernd mit ihrer Zunge.
„Ich schlafe nicht mit Ihnen. Immerhin kenne ich Ihr Gesicht nicht!“
„Lass mich nur machen. Vielleicht überlegst du es dir ja noch einmal.“
Langsam knöpfte er ihr den Schlafanzug auf und wanderte mit seiner Zunge an ihrem Hals entlang. Immer und immer wieder fragte sie sich, was sie an ihm fand. Sie wusste nicht, wie er aussah. Dafür wusste sie aber, dass er ein Mörder, ein eiskalter Killer war. Doch so sehr sie sich auch anstrengte, seine Berührungen machten sie an. Sanft aber bestimmt drückte er ihre Beine auseinander und legte sich auf sie. Jetzt konnte sie ihn genau spüren. Auch er war erregt und sein Atem brannte förmlich auf ihrer Haut. Doch noch bevor er irgendetwas mit ihr anstellen konnte, fielen ihr wieder die Augen zu. Diesmal schlief sie ein. Mit einem sanften Lächeln im Gesicht stand er wieder auf.
'Scheiß Tropfen... Wenn ich das jedesmal bei ihr machen muss, damit sie einschläft, brauche ich zu viel Zeit.' Nachdem er eine Tablette mit einem Schluck Wasser herunter gespült hatte, schnaufte er leise auf. Seit achtzehn Stunden war er jetzt schon wach und nur diese beschissenen Pillen halfen ihm dabei, nicht einzuschlafen. Er schob den Vorhang ein wenig auf und blickte runter auf die Straße. Plötzlich zuckte er kurz zusammen.
'Dieses Miststück!'
Hastig begann er sein Hemd wieder in die Hose zu stecken und zog seinen Mantel wieder an. Er telefonierte kurz und begann dann, Sophias Sachen in eine Tasche zu packen. Plötzlich klopfte es an der Tür.
„Mein Herr? Ich bin der Page! Darf ich eintreten?“
„Kommen Sie rein!“
Wieder trat der junge Mann ein, der Sophia vor ein paar Stunden das Essen gebracht hatte.
„Die Taschen stehen dort! Mein Wagen steht auf Deck B. Hier sind die Schlüssel und beeilen Sie sich. Ach! Die Katze! Das Halsband mit Leine liegt auf dem Sideboard. Und jetzt Beeilung!“
„Sehr wohl.“
Der Mann schnappte sich die zwei Taschen und den schwarzen Koffer mit dem Gewehr als Inhalt und hastete, dicht gefolgt von Smookey, durch die Flure des Hotels. Jake strich Sophia kurz durch das Gesicht und wickelte sie in die Bettdecke. Leise schmatzte sie auf und schlief bedächtig weiter.
„Ganz ruhig Kleine. Schlaf schön weiter.“
Sachte hob er sie aus dem Bett heraus und blickte sich noch einmal kurz im Zimmer um. Schließlich ließ er die Tür ins Schloss fallen und fuhr mit dem Fahrstuhl in den Keller. Von dort aus erreichte man die Parkdecks, die dem Hotel angehörten. Völlig außer Atem kam ihm der Page entgegen.
„Hier! Nehmen Sie das als kleines Trinkgeld, weil Sie so schnell waren!“
„Danke! Das wäre doch nicht....“
Der Mann erschrak, als er die Pistole erblickte. Doch noch bevor er einen Mucks machen konnte, sackte er zusammen und blieb in seiner Blutlache liegen. Jake hastete zu seinem Wagen und legte Sophia auf die Rückbank. Schließlich verließ er mit quietschenden Reifen das Parkhaus und fuhr vorbei an den zwei Streifenwagen der Polizei, die vor dem Hotel standen. Just in diesem Moment stellten die Beamten fest, dass die Suite 666 leer stand. Und merkwürdigerweise wollte auch niemand den mysteriösen Mann gesehen haben, der in diesem Zimmer genächtigt hatte.
Als sie schließlich die Autobahn erreichten, atmete Jake etwas erleichtert auf. Smookey hingegen mauzte unruhig auf. Ängstlich blickte er zum Fenster heraus und verfolgte die grellen Lichtpunkte der Scheinwerfer, die ihn verfolgten. Es war kurz nach Mitternacht und die Autobahn war kaum befahren. Gegen drei Uhr schließlich wachte auch Sophia auf und blickte sich um. Im Auto war es schön warm und Smookey hatte sich zu ihr unter die Bettdecke des Hotels gekuschelt. Als sie aufblickte, erkannte sie wo sie sich befand. Etwas misstrauisch blickte sie zum Fahrersitz. Jake hatte sich sein Basecap und die Kapuze aufgesetzt. Den Rückspiegel hatte er von sich weg gedreht und er blickte konzentriert auf die Straße.
„Wo sind wir?“
„Auf der Autobahn. Bleib schön hinten liegen. Ich habe es leider nicht mehr geschafft dich an zu ziehen. Also deck dich schön zu.“
„Darf ich zu Ihnen nach vorne kommen?“
„Lieber nicht. Bleib hinten.“
Kurz lauschte er, um zu erahnen, was sie als nächstes tun würde. Sicherheitshalber zog er seinen Schal, den er aus ihrem Rucksack gefischt hatte, über seine Nase. Und das kam keine Sekunde zu früh, denn kaum hatte er das gemacht, kletterte Sophia schon im Schlafanzug auf den Beifahrersitz.
„Ich sagte doch, dass du hinten bleiben sollst?“
„Ich kann aber nicht hinten bleiben, weil mir dort schlecht wird!“
Aus dem Augenwinkel heraus blickte er zu ihr herüber. Sie sah ihn nicht an und so ließ seine anfängliche Anspannung langsam nach. Sophia wusste, dass sie ihn nicht ansehen durfte. Das er nicht nur leere Versprechen macht, hatte er mit dem Auftragsmord bewiesen. Etwas müde ließ sie ihren Kopf gegen die Scheibe sinken und starrte stur geradeaus auf die Fahrbahn. Die Schilder flogen nur so an ihr vorbei, doch sie schenkte ihnen keine Aufmerksamkeit. Smookey krabbelte zu ihr nach vorn und rollte sich in ihrem Schoß zusammen. Als sie begann, sein weiches Fell zu streicheln schnurrte er leise vor sich hin.
„Wohin fahren wir?“ stammelte sie müde vor sich hin.
„Erst einmal weg von hier.“
„Und wieso mitten in der Nacht? Und warum haben Sie mich mitgenommen?“
„Es musste eben schnell gehen. Grace hat mich verpfiffen.“
„War die Polizei da?“
„Ja. Aber du hast ja alles verschlafen.“
Vorsichtig blinzelte sie ihn an.
„Ist es nicht zu stickig mit dem Schal vor dem Gesicht?“
„Tja, was soll ich machen?“
Sie blickte zum Fenster heraus und verfolgte die Straßenmarkierung, die an ihnen vorbei zog. Plötzlich packte sie beherzt zu ihm herüber und zog seinen Schal herunter. Vor Schreck riss er am Steuer herum und das Auto begann zu schlingern.
„Bist du verrückt geworden?!“ blaffte er sie lautstark an, als er es schaffte, den Wagen wieder ruhig auf seine Spur zu bringen.
Doch als er zu ihr herüber blickte, bemerkte er, dass sie ihn gar nicht anschaute.
„Ich werde nicht hin sehen. Fahren Sie nur, ich döse noch etwas.“
Er zog seine Augenbrauen zusammen und starrte sie an. Sophia hingegen schloss wieder ihre Augen und legte ihre Hand auf Smookeys Rücken.
'Gefährlich... Das ist viel zu gefährlich! Was mache ich hier überhaupt?! Bin ich verrückt? Was, wenn sie doch mein Gesicht sieht?' Kurze Zeit später war Sophia eingeschlafen und reagierte nicht auf sein leises Rufen. Also fuhr er schweigend weiter. Sie waren jetzt schon über zwei Stunden unterwegs, als sich eine Raststätte näherte. Nach kurzem Überlegen fuhr er rechts ab und hielt an. Der Parkplatz war nur spärlich beleuchtet und eine Tankstelle gab es auch nicht. Nur ein Toilettenhäuschen und ein paar beschmierte Tische und Bänke. Er schaltete den Motor ab und stieg aus. Er lehnte die Tür des Wagens nur an, um Sophia nicht zu wecken. Mit zittrigen Händen suchte er nach seinen Zigaretten in der Hosentasche und steckte sich eine in den Mund. Mit einem leisen Klicken brachte das Feuerzeug den Tabak zum Glimmen und er sog den Rauch tief ein.
Ein paar LKWŽs standen auf dem etwas weiter entfernten Parkplatz. Der Verkehr auf der Autobahn nahm zu. 'Sicherlich die Berufspendler, die alle zur Arbeit wollen.' dachte er sich und lief ein wenig herum. Plötzlich gefror ihm das Blut in den Adern, als er einen Streifenwagen sah, der auf ihn zu kam. Zum Wegfahren war es bereits zu spät, das hätte verdächtig ausgesehen. Also blieb er wie angewurzelt stehen, die Zigarette im rechten Mundwinkel hängend. Der Wagen stoppte und die Beamten stiegen aus.
„Guten Morgen!“
„Guten Morgen, was gibt es denn? War ich zu schnell?“
„Nein, nein. Nur keine Panik. Das ist nur Routine. Sagen Sie, wir suchen ein Mädchen.“ Der Beamte blätterte in einem Hefter herum und zog ein Foto heraus.
„Haben Sie die hier schon mal gesehen?“
Seine Blicke rasten vom Foto hinüber zu seinem Wagen. Es war Sophia, nach der gesucht wurde.
„Äh, nein, tut mir Leid. Ich kenne sie nicht.“
„Aha...“
Etwas misstrauisch beäugte der Beamte ihn. Jake schluckte schwer und zog an seiner Zigarette.
„Sind Sie allein unterwegs?“
„J-ja.“
„Wo geht die Reise denn hin, wenn ich fragen darf?“ rief ihm der andere Beamte zu, der auf dem Weg zu JakeŽs Auto war.
„Ich fahre in die Berge. Ich habe dort ein kleines Ferienhaus und will dort ein wenig Ruhe und Kraft tanken.“
„So,so.“
Er warf die Zigarette auf den Boden und trat sie aus. Seine Hand hingegen wanderte langsam in seine Manteltasche, wo sie schon auf das kalte Metall seiner Waffe stieß. Sein Herz raste und plötzlich zog der Beamte eine Taschenlampe, um ins Innere des Wagens zu leuchten. Jake hielt inne. Würde er Sophia entdecken, müsste er die beiden erschießen. Das macht nur wieder mächtig viel Aufsehen und das konnte er jetzt gerade gar nicht gebrauchen. Mit der Taschenlampe in der Hand durchleuchtete der Beamte das Innere des Wagens.
„Oh, Sie haben eine Katze im Auto?“
„Äh, J-ja.“
„Haben Sie keine Angst, dass die Ihnen auf die Sitze macht?“
„Nein, so etwas macht der kleine nicht.“
„Hmm... Würde es Ihnen etwas ausmachen, den Kofferraum zu öffnen?“
„Den Kofferraum? Nein...“
Er kniff seine Augen zusammen und lief zu seinem Auto zurück. Flüchtig warf er einen Blick hinein. Sophia war verschwunden.
Schließlich öffnete er die Klappe des Kofferraums und der Beamte leuchtete auch dort hinein.
„Tja, es scheint alles in Ordnung zu sein. Dann wünschen wir Ihnen noch eine angenehme Fahrt. Und sollten sie das Mädchen sehen...“
„Dann melde ich mich...“
„Genau! Auf Wiedersehen.“
„Chiao...“
Die Beamten stiegen wieder in ihr Auto und fuhren davon. Erleichtert seufzte er auf und blickte sich um. Aus dem noch offen stehenden Kofferraum holte er seinen Koffer, in dem sich eine Lampe befand, die man auf die Pistole setzen konnte. Nachdem er sie an seiner Waffe befestigt hatte, machte er sich auf die Suche nach ihr. Aus den nahe gelegenen Büschen kamen verdächtige Geräusche und so schlich er langsam zu ihnen hin.
„Sophia? Wenn du das bist, dann dreh dich um. Ich komme und hole dich.“
Doch er erhielt keine Antwort. Als er die Büsche erreichte verstummten die Geräusche und er blickte sich um. Seine Waffe hielt er schussbereit im ausgestrecktem Arm. Langsam schritt er durch das bodennahe Gehölz und schob die dünnen, verschneiten Äste von sich weg, als er plötzlich Fußspuren entdeckte. Mit einem lichten Lächeln folgte er ihnen. Plötzlich blieb er stehen. Missmutig grummelte er auf, als er weitere Fußabdrücke entdeckte, die der Spur vom Anfang zu folgen schien. Er lief noch ein paar Minuten weiter und stoppte schließlich, als er Stimmen vernahm.
„Du kannst doch mit mir mitkommen. In meinem LKW ist es schön warm und ich habe auch ein paar nette Sachen für dich.“
„Ich will aber nicht mit Ihnen mitkommen! Wie oft denn noch?! Lassen Sie mich in Ruhe!“
„Du kommst jetzt mit, ob es dir passt, oder nicht!“
„Ich will aber nicht!“
'Sophia!'
Jake lugte hinter dem Baum hervor, den er als Deckung gewählt hatte. Sophia saß am Boden und weinte. Vor ihr stand ein Mann, mehr breit als hoch und zerrte an ihrem Arm herum. Ihr Schlafanzug war schon vollkommen durchnässt.
„Machen Sie lieber Ihre Hose wieder zu! Ich mag gar nicht sehen, was sich da drinnen verbirgt!“
„Tja, wer kann auch ahnen, das ich beim pinkeln eine so schöne Frau treffe. Komm jetzt mit, es wird dir bestimmt gefallen. Oder stehst du darauf es draußen zu treiben?“
„Lassen Sie mich in Ruhe! Bitte!“
Hämisch lachte sich der Mann in den Bart. Jake platzte der Kragen und er trat aus seinem Versteck hervor.
„Finger weg von ihr!“
Verschreckt drehte der Mann sich zu ihm um und erblickte das Licht der Lampe, dass auf ihn fiel.
Jedoch war es so grell, dass er nicht ausmachen konnte, dass Jake auch eine Waffe in der Hand hielt.
„So? Bist du ihr Freund oder was?“
„Allerdings.“
„Na dann leihst du sie mir doch bestimmt mal aus oder?“
„Mit Sicherheit nicht! Lass sie los!“
Mit einem metallischen Klicken sprang die Klinge eines Butterflymessers heraus. Wild fuchtelte der Mann damit herum.
„Na los, Bursche. Wenn du sie wieder haben willst, musst du schon etwas dafür tun.“
„Mit dieser lausigen Waffe wagst du es, mich zu bedrohen?!“
„Immer noch besser, als mit einer Taschenlampe, meinst du nicht?“
Plötzlich ließ der Mann Sophia los. Die rappelte sich schnell auf und verschwand in den umliegenden Gebüschen. Drohend kam der LKW-Fahrer auf Jake zu und fuchtelte mit dem Messer herum.
„Na los. Komm her.“
Jake fackelte nicht lange und drückte ab. Es gab einen lauten Knall und sein gegenüber schrie schmerzerfüllt auf. Schließlich sank er zu Boden. Leise röchelte er auf. Sophia hingegen lief so schnell, wie sie ihre Beine tragen konnten. Sie hatte den Schuss gehört und wollte nur noch weg. Jake folgte ihr und sprintete durch die zu gewucherte Landschaft, immer den kleinen Fußabdrücken im Schnee hinterher. Plötzlich trat Sophia, die ja keine Schuhe an hatte, auf etwas spitzes und quiekte kurz auf. Sie sank zu Boden und hielt sich die Hand auf den Mund. Jedoch fand Jake sie schnell wieder und knipste das Licht seiner Waffe aus. Er ließ die Pistole in seine Manteltasche gleiten und blickte zu ihr herunter. Nicht nur, dass Sophia ein angeschossenes Bein hatte, nein, jetzt war sie mit selbigen auch noch in etwas Spitzes getreten und konnte gar nicht mehr laufen. Jake zog seinen Mantel aus und wickelte sie hinein. Ihre Zähne klapperten unaufhörlich auf einander und sie kniff die Augen
zu. Es war noch immer dunkel.
„Warum läufst du denn vor mir weg?“
„I-ich hatte Angst.“
„Vor mir?“
„Nein... Davor, dass ich wieder sehen muss, wie ein Mensch stirbt.“
Er hob sie hoch und drückte sie an seine Brust. Langsam lief er mit ihr den Weg zurück, auf dem sie gekommen waren. Als sie den leblosen Körper errichten, drückte er ihr Gesicht näher an seine Brust und legte an Tempo zu. Doch plötzlich packte Jake etwas an den Beinen.
Wieder röchelte der Mann auf.
„Du dreckiger Bastard. Hast du immer noch nicht genug?“
Er riss sich los und setzte Sophia hinter dem nächsten Baum wieder ab. Dann lief er zu dem Mann zurück und beugte sich zu ihm herunter.
„Unkraut vergeht nicht, was?“
Mit diesen Worten packte er seinen Kopf und brach ihm das Genick. Das laute Knacken der Knochen drang selbst Sophia an die Ohren, die sie sich daraufhin schnell zu hielt. Immer noch liefen ihr Tränen an den Wangen herunter und selbst, als er sie wieder in seine Arme nahm und zum Auto trug, konnte sie sich kaum beruhigen. Sanft sprach er auf sie ein, dass sie es alles vergessen und nicht mehr daran denken sollte, doch wie um alles in der Welt sollte sie das vergessen?
Er setzte sie wieder auf den Beifahrersitz und schloss die Tür. Noch einmal zog er seine Zigaretten aus der Hosentasche und steckte sich eine an. Sophia blickte sich um. Hinter dem Tränenschleier wirkte alles so furchtbar verschwommen und sie wischte sich ihre Augen. Plötzlich fiel etwas aus der Manteltasche und sie tastete danach. Ihr Herz begann zu rasen, als sie die Waffe in der Hand hielt, mit der Jake eben noch jemanden getötet hatte. Zaghaft stieß sie die Autotür wieder auf und stieg aus.
„Wir fahren gleich wieder. Setz dich rein, ich beeile mich.“
„Ich will wieder zurück.“ antwortete sie ihm mit zittriger Stimme. Schnell warf sie die Autotür wieder zu, damit Smookey nicht entwischen konnte.
„Ich bringe dich schon wieder zurück.“
Er hatte sich von ihr abgewandt, damit die Laternen nicht sein Gesicht offenbaren konnten.
„Nur jetzt geht das nicht. In ein paar Tagen kannst du wieder nach Hause.“
„Ich will aber sofort!“
„Vergiss es.“
Sie hob die Waffe, die ihr so unglaublich schwer vor kam und richtete sie auf ihn.
„Ich habe Ihre Waffe. Also sollten Sie darüber noch einmal nachdenken.“
Er drehte sich leicht zu ihr und erblickte die Pistole in ihren Händen. Ein kurzes Lächeln huschte durch sein Gesicht.
„Willst du mich jetzt erschießen?“
„Vielleicht?“
„Tu dir keinen Zwang an.“
Locker und flockig wandte er sich wieder ab und zog an seiner Zigarette. Sophias Herz raste. Wenn sie einen Warnschuss abgeben würde, dann würde er es sich sicherlich noch einmal überlegen. Sie hob die Waffe in die Luft und versuchte abzudrücken, doch es geschah nichts. Es gab nur ein leises Klicken.
„Du kleines Dummerchen. Hast du überhaupt Ahnung von Waffen? Scheinbar nicht!“
Jake schob seine Basecap weit ins Gesicht und drehte sich zu ihr um. Mit sanfter Gewalt nahm er ihr die Waffe ab und entsicherte sie.
„Hier. Jetzt kannst du loslegen.“
Er drückte sie ihr wieder in die Hand und machte ein paar Schritte zurück. Immer abwechselnd blickte Sophia auf die Waffe und dann auf ihn. Er breitete seine Arme aus und legte sein Kinn auf seine Brust.
„Na los. Erschieß mich. Worauf wartest du?“
Mit zittrigen Händen hob sie die Waffe an und richtete sie auf ihn. Das Zittern übertrug sich auf die Pistole und wieder rannen ihr Tränen über das Gesicht.
„I-ich kann nicht.“
„Stell dich nicht so an! Los! Schieß!“
Wieder zog er an seiner Zigarette.
„A-aber ich kann nicht.“
Langsam schritt er auf sie zu, den Kopf immer noch gesenkt.
„Dann gib mir die Waffe, das ist schließlich kein Spielzeug.“
„Wohin bringen Sie mich?“
„Wir werden erstmal ein wenig untertauchen. Ich habe beschlossen, dass wir in die Berge fahren. Dort habe ich ein Ferienhaus. Wenn wir da sind, kannst du deine Eltern anrufen. Vielleicht hört dann die Polizei auch auf, nach dir zu suchen. Gib mir die Waffe.“
Sanft zog er ihr die Pistole aus der Hand und sicherte sie wieder. Nachdem er sie in den Bund seiner Hose gesteckt hatte, wandte er sich wieder ab.
„Die Polizei hat also nach mir gesucht?“
„Ja.“
„...“
„Steig wieder ins Auto, du musst doch frieren.“
„Lassen Sie mir was dran?“
„Hmm?“
„An der Zigarette?“
„Hier.“
Er warf ihr die Schachtel zu und Sophia angelte sich eine heraus. Das Feuerzeug steckte in der Folie, der Schachtel und so zündete sie mit zittrigen Händen die Zigarette an.
Jake lehnte sich lässig gegen die Motorhaube seines Wagens. Wieder ein schwarzer und doch ein anderer als bei den letzten beiden Malen. Selbst, wenn sich Sophia das Nummernschild damals gemerkt hätte, was hätte das gebracht? Er schien die Autos zu wechseln, wie seine Unterhemden. Langsam schlich sie um den Wagen herum. Ein schwarzer BMW, der mehr einem Jeep ähnelte. Kurz musste sie lächeln, als sie Smookey sah, der sich von innen gegen die Scheiben lehnte. Vorsichtig öffnete sie die Tür und griff nach seiner Leine, um ihn ein wenig draußen spazieren zu führen.
„Ja, da guckst du, was? Es ist kalt, nicht?“
Freudig mauzte der Kater auf und spielte mit der Leine. Sophia zog noch einmal an der Zigarette und warf sie weg. Lauthals tobte sie mit dem Kater über den Parkplatz und lachte freudig auf. Mit einem Lächeln im Gesicht beobachtete Jake alles und schüttelte schließlich mit dem Kopf. Eben konnte sie kaum noch laufen und jetzt tobte sie mit Smookey über den Parkplatz. Und das nur im Schlafanzug, der ohnehin total durchnässt war. Jake lief zum Kofferraum und schraubte die Lampe von der Pistole herunter. Nachdem er sie wieder im Koffer verstaut hatte, legte er die Waffe ins Handschuhfach und stieg wieder ins Auto.
„Sophia komm, wir müssen weiter.“
„Och ich möchte aber noch nicht!“
„Komm, wir fahren noch ein Stück weiter und dann...“
Plötzlich sprang er aus dem Wagen und packte Sophia. Schnell schmiss er sie in den Wagen und stieg wieder ein.
„Was ist denn?“
Mit einer nickenden Bewegung bedachte er ihre Frage und startete den Motor. Wieder fuhr ein Streifenwagen auf den Parkplatz, doch diesmal hatten die Beamten Sophia gesehen und auch, dass Jake sie ins Auto gezerrt hatte. Sie schalteten Blaulicht und Sirene ein und fuhren auf sie zu. Mit quietschenden Reifen schoss Jake mit dem Wagen vom Parkplatz herunter, zurück auf die Autobahn. Der Streifenwagen folgte ihnen und der Beamte auf dem Beifahrersitz winkte immer wieder mit der Kelle.
„Was wollen die denn?“
„Na dich! Was sonst?!“
Sophia blickte zu ihm herüber und erschrak. Er war so sehr damit beschäftigt, die Polizei abzuschütteln, dass er seine Tarnung aufgegeben hatte. Angespannt blickte er auf die Straße und immer wieder fiel das Licht der Autos, die sie überholten, in sein Gesicht. Sophias Blicke rasten durch sein Gesicht. Plötzlich dämmerte ihm etwas und er blickte zu ihr. Ihre Blicke trafen sich und Sophia drehte hastig den Kopf zur Seite.
„Gott, du dummes, kleines Mädchen! Warum musstest du mich ansehen?!“
„T-tut mir Leid! I-ich habe auch kaum etwas gesehen... Ehrlich!“
„Wie kann man nur so dumm sein?!“
Kurz schwiegen sie sich an. Auf einmal schlug er wütend mit der Faust auf das Lenkrad und fluchte herum.
„Verdammt! Ich könnte dich ohrfeigen!“
„Bitte nicht! Es war doch keine Absicht!“
Sie fuhren mit überhöhter Geschwindigkeit auf der Überholspur und wurden noch immer von dem Streifenwagen verfolgt. Unsicher blickte Sophia in den Rückspiegel. Ihr Herz rutschte in die Hose, als sie an der nächsten Autobahnauffahrt drei weitere Streifenwagen entdeckte.
„Sie haben Verstärkung angefordert! Jake! Sehen Sie?!“
„Ja ich sehe sie... Verdammt... Mit dir hat man nur Ärger.“
Er drückte immer mehr auf das Gas und die Tachonadel näherte sich der zweihundert. Hupend wichen ihnen die Autos auf der Überholspur aus und die, die nicht ausweichen konnten, wurden von Jake in gefährlichen Manövern umfahren.
Nach weiteren zwanzig Minuten drang ein dumpfes Geräusch an ihre Ohren und Jake blickte durch die Windschutzscheibe nach oben.
„Was ist das?“
„Ein Hubschrauber.“
„Was? Oh nein!“
„Kannst du Auto fahren?“
„Was? Nein... Ich bin doch erst siebzehn.“
„Hast du es schon einmal probiert?“
„Naja, ein oder zwei mal.“
„Gut, das muss reichen. Du übernimmst das Steuer.“
„Was?!“
„Mach schon!“
Er nahm ihre Hand und legte sie auf das Lenkrad.
„Ich kann das nicht!“
„Mach einfach. Und versuch das Lenkrad ruhig zu halten.“
Vorsichtig kletterte er nach hinten und sie auf den Fahrersitz.
„Das ist aber zu schnell! Ich hab Angst!“
„Halte einfach das Lenkrad ganz ruhig und versuch nicht so viele Autos zu rammen.“
„Autos rammen?!“
„Mach!“
Er klappte die Rückbank herunter und zog ein anderes Gewehr heraus.
„Was haben Sie vor?“
„Ich werde dafür sorgen, dass denen die Lust auf eine Verfolgung vergeht.“
Mit einem Knopfdruck öffnete sich das Dachfenster des Wagens und Jake ging in Position. Mit dem Oberkörper, der dem scharfen und eisigen Fahrtwind ausgesetzt war, beugte er sich heraus und visierte den Helikopter an.
„Da kommt ein Auto! Da! Was mache ich jetzt?“
„Hupen! Lichthupe, ausweichen. Egal mach was!“
„Ich kann nicht...“
Sie saß wie versteinert da und krallte sich an das Lenkrad. Also drehte er sich um und visierte den rechten Hinterreifen an. Ein roter Punkt des Lasers, der an dem Großkaliber befestigt war, leuchtete daran auf und er drückte ab. Mit lautem Quietschen flog das Auto aus der Bahn und krachte in die Leitplanke des Standtstreifens.
„Oh mein Gott! Was machen Sie denn?!“
„Wenn du nicht ausweichen kannst, muss ich sie eben abschießen.“
Die Flutlichter des Helikopters strahlten nun auf das Auto und mit dem Megaphon ließen sie Jake eine Nachricht zu kommen.
„Hier spricht die Polizei! Halten Sie sofort den Wagen an!“
„Leck mich...“ flüsterte er leise und visierte die Scheinwerfer des Hubschraubers an. Fast geräuschlos raste die Kugel aus dem Gewehr los und das laute Klirren des Glases übertrumpfte das dumpfe Geräusch der Rotorblätter. Und noch ein Schuss. Und wieder splitterte das Glas der Scheinwerfer.
„Hören Sie auf zu schießen oder wir müssen...“
Plötzlich fiel der Beamte aus dem Helikopter und stürzte auf die Autobahn. Bei dem Versuch ihm auszuweichen krachte ein Streifenwagen in die Leitplanke und blieb zurück.
„Hehe, Volltreffer. Und jetzt der Hubschrauber.“
Er visierte den Motor der Rotoren an und drückte mehrmals ab. Plötzlich stiegen Flammen auf und der Helikopter drehte ab. Nachdem er auch die anderen Streifenwagen abgeschossen hatte, kletterte er in sein Auto zurück und schloss die Dachluke.
Sophia saß noch immer stocksteif da und krallte sich an das Lenkrad.
„Du fährst gut.“
„Hmm...“ antwortete sie ihm gepresst. Ihr Herz raste.
„Soll ich wieder das Steuer übernehmen?“
„Ja, bitte.“
Er nahm das Lenkrad in die Hand und ließ Sophia nach hinten klettern. Nachdem er wieder der Fahrer und sie der Beifahrer war, blickte er zu ihr herüber.
„Alles ok?“
Zaghaft zuckte sie mit den Schultern und blickte stur gerade aus.
„Hattest du Angst?“
Ein leichtes Nicken.
„Wir müssen uns jetzt erstmal ein anderes Auto organisieren. Laut dem Schild da, kommt gleich eine Tankstelle. Dort werden wir bestimmt fündig.“
Wieder nickte sie ihm zu. Schließlich fuhren sie auf den Parkplatz der Tankstelle. Überall liefen bereits Leute herum und der Verkehr auf der Straße nahm immer mehr zu. Nach und nach realisierte Sophia das eben Geschehene und ängstlich zog sie die Nase hoch.
„Komm mal her.“
Er legte seinen Arm um ihre Schulter und zog sie zu sich herüber.
„Ist doch gut. Es ist vorbei. Hmm? Na komm, beruhige dich wieder. Hast du Hunger?“
„N-nein.“
„Ich hole dir trotzdem etwas. Was magst du denn?“
Teilnahmslos zuckte sie mit den Schultern.
„Hier in der Nähe ist eine größere Stadt, wollen wir mal gucken, ob wir für dich etwas zum Anziehen finden?“
„Es ist ja noch nicht mal acht. Die Geschäfte haben ja noch gar nicht auf.“
„Wer sagt denn, dass wir so lange warten müssen?“
Etwas ungläubig blickte sie ihn an.
„Wollen Sie da etwa einbrechen?“
„Warum nicht?“
„Sind Sie verrückt? Was, wenn uns jemand erwischt?!“
Verschmitzt grinste er sie an. Da sie sein Gesicht ja nun gesehen hatte, brauchte er sich auch nicht mehr zu verstecken und doch wagte sie es nicht, ihn anzusehen.
„Warum siehst du mich nicht an?“
„Weiß nicht...“
„Erst kannst du es gar nicht erwarten und lässt dich sogar anschießen und dann hast du die Gelegenheit und nutzt sie nicht?“
„...“
„Komisches Mädchen...“
„Ich dachte immer, dass es mehr weh tun würde, wenn man erschossen wird.“
„Tut es auch, aber erstens wurdest du nicht erschossen, sondern angeschossen und zweitens war es nur ein Streifschuss.“
„Und drittens?“
„Werd nicht frech.“
Daraufhin steckte sie ihm die Zunge heraus und kniff die Augen zu.
„Du bist echt frech, weißt du das? Ich hole uns jetzt erstmal was zu essen.“
„Ich will mit.“
„So?“
Er deutete auf ihre Kleider und Sophia sank enttäuscht in den Sitz zurück.
„Warte hier.“
Er stieg aus dem Wagen und warf die Tür zu. Eiligen Schrittes lief er zu der Tankstelle und durchstöberte die Regale. Nachdem er etwas essbares gefunden hatte, zahlte er und verließ den Verkaufsraum wieder. Seine Blicke wanderten an den Zapfsäulen vorbei zu einem Sportwagen, dessen Besitzer ihn gerade voll tankte.
„Hey du. Kannst du mir vielleicht helfen? Mein Auto hat eine Panne und ich habe mein Handy nicht mit dabei.“
„Ja klar! Wo stehst du denn?“
„Da hinten!“
Mit einem Knopfdruck verschloss der Mann seinen Wagen und folgte Jake zu seinem Auto. Dort angekommen öffneten sie die Motorhaube und blickten auf das Getriebe.
„Springt er nicht mehr an oder was?“
„Ja, er macht nur so komische Geräusche.“
Jake öffnete die Tür des Wagens und legte das Essen auf den Fahrersitz. Unter Sophias Blicken griff er in das Handschuhfach und holte die Waffe heraus.
„Was haben Sie vor?“ flüsterte sie ihm entgegen.
„Ich beschaffe uns mal eben ein neues Auto.“
„Bitte erschießen Sie ihn nicht... Bitte...“
„Lass mich nur machen.“
Sie griff nach seiner Hand und blickte ihn flehend an.
Kurz zogen sich seine Augenbrauen zusammen und er verließ das Auto wieder.
„Starte mal den Motor. Ich kann nichts auffälliges Sehen.“
„Und das hier?“
Er schlug dem Mann den Griff der Pistole auf den Hinterkopf. Kurz wimmerte dieser auf und ging dann ohnmächtig zu Boden.
Sophia hielt sich noch immer die Hände vor das Gesicht. Währenddessen nahm Jake ihm den Autoschlüssel ab und schlenderte seelenruhig zu dem Sportflitzer. Er startete den Motor und fuhr zurück zu seinem Wagen. Nachdem er alles umgepackt hatte und Sophia in das andere Auto gestiegen war, setzte er den Mann in seinen Wagen und schloss die Tür. Schließlich fuhren sie von der Raststätte herunter und preschten über die Autobahn. Langsam setzte die Dämmerung ein und die Sonne ließ den Schnee weiß glitzern.
„Dort vorne fahren wir erstmal ab, um dir in der Stadt ein paar Sachen zu kaufen ok?“
„Kaufen?“
„Ja kaufen. Ich kann ja schlecht irgendwo einbrechen, wenn der Laden geöffnet hat oder?“
„Hmm...“
„Zieh dir deine Sachen an. Mit Schlafanzug fällst du zu sehr auf.“
Sie kramte in den Taschen herum und zog ihre Klamotten heraus. Nachdem sie sich auf dem Beifahrersitz fast verknotet hatte, blickte sie ihn an.
„Fertig, aber die Hose ist hin.“
„Ich kaufe dir eine Neue. Weißt du denn schon, was du haben möchtest?“
Plötzlich grummelte ihr Magen auf.
„Wir beeilen uns mit dem shoppen und danach frühstücken wir, ja?“
„Ist gut. Aber sagen Sie mal, sind Sie denn gar nicht müde?“
„Nein, es geht. Nur erschöpft.“
„Wie lange sind Sie denn schon wach?“
„Naja...“ Er blickte auf die Digitalanzeige der Uhr und runzelte die Stirn. „Seit sechsundzwanzig Stunden oder so.“
„So lange?!“
„Ich sagte doch, dass man mit dir nur Ärger hat.“
„Pfft.“
Sophia verschränkte die Arme und blickte schmollend in den Rückspiegel. Schließlich fuhren sie von der Autobahn ab und erreichten kurze Zeit später die Stadt. Zielstrebig fuhr er in ein Parkhaus und beide stiegen aus.
„Wohin jetzt mit Smookey?“
„Gute Frage. Lassen wir ihn erstmal im Auto.“
Sie liefen zum Ausgang und mischten sich unter die Menschen, die in der Einkaufsstraße unterwegs waren.
„Na? Gefällt dir etwas?“
„Schon, aber ich habe noch nie in die Klamotten von der Firma gepasst. Sind immer zu weit.“
„Zu weit?“
„Ja. Und die Sachen, die mir passen würden, kriege ich nicht, weil die die Schaufensterpuppen an haben.“
„Na das haben wir gleich, komm mit.“
Sie durchstöberten das ganze Geschäft und mit einem riesigen Berg Klamotten verschwand Sophia in der Umkleidekabine. Als sie den Vorhang wieder öffnete, blickte Jake sie an.
„Sehen Sie? Viel zu weit.“
„Warte hier.“
Er machte sich auf die Suche nach einer Verkäuferin und wurde schließlich fündig.
„Genau und das Oberteil von der Schaufensterpuppe würde ihr passen.“
„Ich kann das jetzt nicht einfach holen. Das ist ein Ausstellungsstück und ich bin nicht verpflichtet es Ihnen zu verkaufen.“
„Ist ja nicht mein Problem. Geben Sie es mir freiwillig oder muss ich erst nachhelfen?!“
Böse blickte er sie an. Sie überlegte kurz und gab schließlich klein bei. Nachdem sie die Puppe entkleidet hatte, reichte sie ihm das Oberteil, drehte sich auf dem Absatz um und verschwand.
„Eingebildete Schnepfe...“ murmelte Jake vor sich hin und überreichte Sophia seine Beute. Die verschwand freudestrahlend in der Kabine und sprang kurze Zeit später hinter dem Vorhang hervor.
„Tata! Passt wie angegossen!“
„Stimmt. Aber sag mal, warum trägst du immer solche hochgeschlossenen Schlabberpulis? Ich meine, bei deiner Figur...“
„Es ist Winter...“
„Ja und?“
„Ach Sie haben doch keine Ahnung...“
„Warte hier. Probier derweil die Hosen an.“
„Na gut.“ Etwas irritiert blickte Sophia ihm hinterher. Und überhaupt. Ein Mann der freiwillig mit ihr shoppen geht? Was war das denn? Sie zog sich die Hose an, die auf Anhieb passte und zog den Vorhang etwas auf, um nach ihm zu suchen. Schließlich musste sie sich doch präsentieren! Etwas weiter weg entdeckte sie ihn dann auch, wie er zwischen den Kleiderständern herum wühlte und ein paar Pullis über seinen Arm hängte. Er trug noch immer sein Basecap und die Kapuze. Ihre Blicke blieben an seinem Gesicht kleben. Im Auto war es schließlich noch dunkel und hier, wo überall Strahler hingen, konnte sie ihn genau sehen. Plötzlich blickte er zu ihr herüber und sie blieb starr stehen. Was hatte er nur für unglaublich blaue Augen? Als er ihr plötzlich einen Kussmund zu warf, drehte sie sich schnell um. 'Was war das denn?'
„So. Hier, probier die mal.“
„Ist gut!“
Sie riss den Vorhang auf, ihm die Klamotten aus der Hand und zerrte ihn wieder zu.
'Wenn er mein Gesicht gesehen hat, sterbe ich. Ich bin bestimmt knall rot!'
Nachdenklich schlüpfte sie in den ersten Pullover und schob den Vorhang wieder bei Seite.
„Und?“
„Sehr schön. Wirklich, der steht dir ausgezeichnet.“
Sie drehte sich zum Spiegel, um einen Blick hinein zu werfen. Sie trug einen weißen, flauschigen Pulli, der eng an lag und ihre Figur unterstrich.
„So kann ich doch nicht herum laufen?“
„Sicher kannst du das. Du siehst wirklich heiß darin aus!“
„Sie sind unmöglich!“ Kurz blickte sie in den Spiegel, um seine Reaktion zu sehen.
Er lächelte kurz und wandte sich ab.
„Zieh die anderen doch auch mal an?“
„Lieber nicht. Da war ein roter bei. Nachher sehe ich aus, wie eine vom Kinderstrich!“
„Gut, dann nehmen wir die Sachen eben mit, ohne das du sie anprobierst!“
„Was? Alle?“
„Sicher.“
„Aber...“
„Wie findest du das hier?“
Er hielt plötzlich ein schwarzes Abendkleid in der Hand, dass bis zum Boden reichte.
„Sehr hübsch.“
„Gut, dann nehmen wir das auch noch mit. Dann kann ich dich mal nett ausführen!“
„Ausführen?“
„Ja. So, jetzt zieh mal die Klamotten wieder aus. Ich gehe bezahlen und danach kannst du sie wieder anziehen.“
Nachdem sie ihm die Sachen gereicht hatte, bezahlte er diese und sie zog sich wieder an. In den neuen Kleidern fühlte sie sich wesentlich besser, als in ihrer zerrissenen Hose. Als sie im Parkhaus wieder angekommen waren, stellten sie die Einkaufstüten in das geklaute Auto. Laut mauzend kam Smookey ihnen entgegen gesprungen. Und noch ehe sie sich versahen, war er aus dem Wagen gehüpft und hinter der nächsten Ecke verschwunden.
„Oh nein! Smookey! Komm wieder her!“
Sophia hastete ihm hinterher, als plötzlich ein kleines Mädchen sie mit großen Augen anblickte.
„Ist das deine Katze?“ fragte sie und strich ihm über den Rücken.
„Nein, sie gehört dem Mann dort.“
Jake kam auf die beiden zu und kniete sich zu dem Mädchen herunter.
„Wie heißt du denn?“
„Magdalena!“
„Und wo ist deine Mami?“
„Sie parkt das Auto ein und mein Papa schimpft die ganze Zeit. Deshalb laufe ich ein bisschen herum, weil ich mag nicht, wenn sich die beiden streiten.“
„So, so.“
„Ich mag die Katze.“
„Ja? Möchtest du sie haben?“
„Darf ich denn?“
„Ich schenke sie dir.“
„Au fein! Wie heißt sie denn?“
„Es ist ein Er und er hört auf den Namen Smookey.“
„Smookey, der Name ist ja toll. Und ich darf ihn wirklich behalten?“
„Ja, aber nur, wenn du ganz schnell zu deinen Eltern zurück gehst!“
„Ist gut! Tschüüühüüs!“
Prompt machte sie kehrt, nahm die Katze auf den Arm und lief davon.
Etwas geknickt blickte Sophia zu Jake.
„Sei nicht traurig. Es ist das Beste für ihn. Wir können doch eh nicht auf ihn aufpassen.“
„Na gut.“
„Komm, lass uns frühstücken gehen.“
„Haben Sie keine Angst, dass ich vor Ihnen weg laufe?“
„Du bist zwar flink, aber ich bin schneller.“
Er reichte ihr seine Hand und etwas zögernd erfasste sie sie dann auch. Nach ein paar Minuten erreichten sie ein nobles Café und er hielt ihr elegant die Tür auf. Nachdem sie sich gesetzt hatten, schlug Sophia die Karte auf.
„Das kann ja keiner bezahlen. Ein Kaffee sechs Tacken! Sind die Tassen vergoldet oder was?!“
„Tja, vielleicht schwimmen ja Schmuckstücke in der Kanne!“
Er grinste sie breit an und vertiefte seinen Blick in die Karte. Nachdem er eine riesige Bestellung aufgegeben hatte, bei der die Kellnerin schon die Augen verdrehte, wandte er sich wieder Sophia zu.
„Haben Sie eigentlich keine Angst, dass man Sie hier erwischt?“
„Wer soll mich denn erwischen? Alle, die mein Gesicht kennen und wissen, wer ich bin, sind tot außer dir. Und von dir lasse ich mich gerne erwischen.“
Wieder grinste er sie breit an.
Schließlich tafelte die Kellnerin das Frühstück auf und Jake schenkte Sophia und sich den frischen Kaffee ein. Der Dampf des heißen Getränks stieg auf und leise klirrte die Porzellankanne, als er sie wieder abstellte. Das Café war gut besucht, obwohl heute Weihnachten war und sicherlich noch nicht alle ihre Geschenke beisammen hatten. Sophia blickte sich um. Die Einrichtung hatte so viel maritimes Flair, dass sie sich schon so fühlte, als wäre sie in Hawaii. Nur dass draußen der Schnee zwanzig Zentimeter hoch lag und alle mit dicken Jacken herum liefen. Nachdem sich Sophia den Zuckerstreuer gegriffen und ihn fast in ihrer Tasse entleert hatte, kippte sie sich noch einen Tropfen Milch in den Kaffee.
„Trinkst du deinen Kaffee immer so süß?“
„Tja,“ gekonnt rollte sie mit den Augen. „süße Mädchen müssen ja von irgend woher ihre Süße nehmen, nicht?“
„So,so.“
Er lächelte leicht und biss in sein Marmeladenbrötchen. Fasziniert blickte sie ihn an.
„Was denn? Magst du nichts essen?“
„Doch schon... Mir fiel nur vorhin im Laden auf, was für schöne blaue Augen Sie eigentlich haben.“
„Gefallen sie dir?“
„Hmm...“
„Gut.“
„Nehmen Sie doch mal diese blöde Mütze herunter. Und Kapuze gehört sich am Esstisch auch nicht.“
„Was du nicht sagst.“
Er streifte die Kapuze herunter und legte das Basecap neben sich auf die Bank. Nun schaute Sophia noch faszinierter zu ihm. Er hatte kurze, blonde Haare. In der Mitte zu einem leichten Iro gestylt, der heller gefärbt war, als seine restlichen Haare. Im Nacken hatte er sich ein kleines Zick-Zack-Muster einrasieren lassen. Und erst seine Lippen. Sie waren so sinnlich. Schnell versuchte sich Sophia wieder zu besinnen und wandte sich dem Frühstück zu.
„Du hast gerade geguckt, wie eine läufige Hündin, der die Sabber aus dem Mund tropft, weißt du das?“
„Na, jetzt wo Sie es sagen...“
Etwas sauer schnitt sie das Brötchen auf und schmierte die Butter darauf. Plötzlich hielt er ihr eine Erdbeere vor den Mund.
„Was ist?“
„Du sollst sie essen. Süß hebt sauer wieder auf, nicht?“
Missgünstig blickte sie ihn an und aß schließlich die süße Frucht.
„Sie sind wirklich ungehobelt, wenn ich das mal so sagen darf.“
„Darfst du. Aber ich habe dir doch vorhin die Tür aufgehalten?“
„Trotzdem. Sie sind ein Gefühlstrampel.“
„Tut mir Leid. Manchmal bin ich eben ein unromantischer Klotz.“
„Manchmal?“
Gerade als er Luft holte, um ihr auf diese Unverschämtheit zu antworten, klingelte sein Handy.
„Ja? Uh, Grace, was willst du?“
„Da ist jemand für dich an der Leitung.“
„Jetzt nicht, du störst.“
„Wo bist du?“
„Das werde ich dir jetzt sagen, wo du mich verpfiffen hast, was?“
„Tja, Strafe muss sein.“
„Du dämliche...“
„Ich stelle mal durch.“
„Warte!“
Doch sie legte einfach auf.
„Hallo?“
„Ja!“ giftete Jake in den Hörer.
„Black Devil?“
„Wer sonst?!“
„Ich brauche Ihre Hilfe. Griffin mein Name.“
„Um was geht es?“
'Wie viele Aufträge bekommt der denn? Ist ja nicht normal!' Hungrig biss Sophia in ihr Brötchen und betrachtete JakeŽs Gesicht, um sein Empfinden daraus lesen zu können. Genervt runzelte der die Stirn und kratzte sich am Kopf.
„Und deswegen müssten Sie nach Paris fliegen, noch heute! Am Ticketschalter Nummer fünf habe ich ein Ticket für Sie hinterlegen lassen.“
„Eins reicht nicht. Ich pflege zu zweit zu reisen.“
„Gut, dann buche ich Ihnen noch eines! Aber bitte, beeilen Sie sich! Es ist von höchster Dringlichkeit!“
Sophia blickte sich um. Die Kellnerin, die sie bediente war eine arrogante, blöde Kuh. Schon allein, wie sie auf ihrem Kaugummi herum kaute, war ihr zuwider. Schließlich wandte sie ihren Blick wieder zu Jake.
„Normalerweise arbeite ich nur mit Vorkasse!“
„Ich kann Ihnen dort auch das Geld hinterlegen.“
„Ich reise doch nicht mit sechzig tausend Glocken durch die Kante!“
„Gut, dann überweise ich es Ihnen.“
„Haben Sie etwas zum Schreiben?“
„Ja!“
„Gut, dann schreiben Sie mal. 800 530 .. Auf dieses Konto überweisen Sie den Betrag. Ich werde alles erledigen. Ach und... Wenn ich bis morgen keinen Geldeingang feststellen kann...“
„Das wird nicht passieren!“
„Gut. Das warŽs?“
„Brauchen Sie nicht noch ein paar Informationen? Sicher würde es zu lange dauern, bis Sie sich alles selber besorgt haben.“
„Gut, wo kann ich Sie treffen?“
'Treffen?' Sophia blickte ihn an. Wohin wollte er denn nun? Erst in die Berge, dann doch woanders hin. Sie war vollkommen durcheinander.
„Gut, dann sehen wir uns.“
„Ja. Vielen Dank!“
„Guten Tag.“
Er steckte das Handy wieder in seine Manteltasche und schnitt das nächste Brötchen auf.
„Also, was ich sagen wollte...“
„Wer war das?“
„Neugierig bist du gar nicht, was?“
Sophia zuckte mit den Schultern und trank ihren Orangensaft aus. Irgendwie war es schon toll. Es war alles so neu und aufregend. Sie wurden von der Polizei gejagt und er hat sie gerettet. Und jetzt saßen sie in einem noblen Café und frühstückten gemütlich. Er hob die Hand und ließ ihr noch einen Saft bringen.
Verträumt blickte sie ihr leeres Glas an. Was Luise wohl dazu sagen würde?
„Luise!“ entfuhr es ihr plötzlich.
„Was ist mit ihr?“
„Na, ich muss Sie doch mal anrufen! Sie macht sich bestimmt Sorgen!“
Schnell kramte sie ihr Handy aus dem Rucksack und blickte es an.
'Ausgeschaltet? Wieso das denn?'
Doch noch bevor sie es einschalten konnte, riss er es ihr aus der Hand.
„Was soll denn das? Geben Sie das wieder her!!!“
„Erstens schreist du mal nicht so rum, die Leute gucken schon und zweitens wirst du von meinem Handy aus anrufen.“
„Aber warum?!“
„Weil ich keine Lust habe, wieder von der grün-weißen Scheiße verfolgt zu werden, alles klar?!“
Mit einem scharfen Blick schaute er sie an. Sie schien noch immer nicht zu verstehen.
„Schon mal was von Handyortung gehört?“
„Oh....“
Nun dämmerte es ihr. Und deswegen hatte er es sicherlich auch ausgeschaltet.
„Weißt du die Nummer auswendig?“
„Logisch.“
Er reichte ihr sein Handy und sie wählte die Nummer. Kurz darauf klingelte es.
„Hallo?“
„Luise? Ich bin es!“
„Sophia! Gott! Wo bist du?!“
„Beruhig dich.“
„Wie geht es dir?“
„Mir geht es gut. Und dir?“
„Wo bist du?“
„Ich weiß nicht, habe das Schild der Stadt nicht sehen können.“
Sanft lächelte Jake sie an.
„Bist du allein?“
„Nein.“
„Wer ist denn bei dir?“
„Black Devil...“
Jake bekam große Augen und blickte Sophia an. Hatte sie ihrer Freundin eben gesagt, dass sie mit ihm unterwegs war?
Er riss ihr das Telefon aus der Hand und legte auf.
„Hey! Ich war doch noch gar nicht fertig!“
„Sag mal, wie naiv bist du eigentlich?! Du kannst ihr doch nicht sagen, dass du bei mir bist! Jeder, der mich mit dir zusammen gesehen hat, weiß doch jetzt, wer ich bin!“
Verschreckt blickte sie ihn an. Sie wusste nicht warum, doch plötzlich tat es ihr so Leid, dass sie Luise angerufen hatte. Warum musste sie es ihr auch unbedingt erzählen?
„Geben Sie her!“
Sie riss ihm das Telefon wieder aus der Hand und rief Luise nochmals an.
„Hallo?“
„Luise?“
„Sophia! Warum legst du einfach auf?!“
„Luise, hör zu. Du darfst das niemandem erzählen ist das klar? Bitte!“
„Bist du verrückt? Komm lieber wieder nach Hause! Oder hat er dich gekidnappt?!“
„Was? Nein... Ja schon, aber irgendwie auch nicht! Luise bitte verrate es niemandem!“
Jake schüttelte nur den Kopf, als Sophia wieder auflegte.
„Dir ist klar, was das jetzt heißt?“
„Was denn?“
„Deine Freundin muss verschwinden.“
„Verschwinden?“
Er machte eine unmissverständliche Handbewegung.
„Sie wollen sie umbringen?!“ flüsterte sie ihm gepresst entgegen.
„Ich habe ja keine Wahl.“
„Bitte nicht! Jake! Sie wird es nicht verraten, das hat sie mir versprochen!“
„Darauf kann ich mich nicht verlassen.“
„Aber...“
„Iss jetzt auf.“
„Fahren wir jetzt wieder zurück?“
„Nein, Grace wird sich darum kümmern.“
„Jake bitte!“
Sie fasste ihn an der Hand und blickte ihn verzweifelt an.
„Bitte tun Sie ihr nichts! Bitte!“
Er zog seine Augenbrauen zusammen und blickte sie an. Schon allein die Tatsache, dass sie ihn dazu brachte, zu überlegen, ob er diese Luise doch nicht beseitigen sollte, brachte ihn in Rage. Diese Sophia schien ihn regelrecht zu verweichlichen. Wie sie so da saß, mit einem Brötchenkrümel im Mundwinkel, den zerzausten Haaren, und diesem Hundeblick.
„Ich werde darüber nachdenken.“
„Wirklich?“
„Ja. Und jetzt iss schnell auf. Wir müssen weiter.“
'Was habe ich da gerade gesagt?! Ich werde es mir überlegen?! Bin ich noch ganz bei Trost?!'
Er blickte sie an, wie sie den letzten Rest Kaffee trank. Sie schien noch gar nicht verstanden zu haben, was ihre Neugier ihr eingebrockt hatte.
„Na? Fertig?“
„Ja... Ich bin satt. Danke.“
„Schon gut... Dann gehe ich jetzt bezahlen und du ziehst deine Jacke derweil an ok?“
„Ist gut.“
Er stand auf, nahm sein Portemonnaie und schritt zum Tresen. Doch anstatt sich an zu ziehen, wühlte Sophia in seinem Mantel herum. Schließlich entdeckte sie sein Handy, packte es und flitzte die Treppen zu den Damentoiletten hinauf. Nachdem sie sich in einer Kabine eingeschlossen hatte, wählte sie nochmals LuiseŽs Nummer.
„Hallo?“
„Luise? Ich bin es nochmal.“
„Sophia! Was in Aller Welt ist denn bitte los? Beendest du das Gespräch gleich wieder?“
„Nein! Hör mir jetzt gut zu. Black Devil will dich umbringen, weil du jetzt weißt, dass ich bei ihm bin! Du musst verschwinden!“
„Was ist?!“
„Ja! Pack deine Sachen und tauch irgendwo unter.“
„Willst du mich verscheißern?!“
„Nein! Das ist mein Ernst, ich...“
„Sophia?“
'Oh nein, Jake...'
Sie drückte sich das Handy ans Ohr und lauschte. Auch Luise war plötzlich ganz still, als sie die männliche Stimme gehört hatte. Plötzlich begann sie zu flüstern.
„Ist das Black Devil?“
Doch Sophia antwortete nicht.
„Wo bist du? Komm schon her. Ich weiß, dass du hier bist.“
„I-ich sitze gerade auf dem Klo. Ich kann jetzt nicht.“
„Ach wirklich?“
Jake schritt zu der Tür, aus der er Sophias Stimme gehört hatte. Plötzlich ein Knall. Er war von außen an der Tür hoch geklettert und blickte in ihre Kabine.
„Wahhh!“
„Musst du dafür nicht erstmal die Hosen ausziehen? Und wofür brauchst du mein Handy?“
„I-ich...“
Mit einem Satz war er über die Tür geklettert und stand nun vor Sophia, die im Schneidersitz auf dem Klodeckel saß.
„Mit wem telefonierst du denn?“
Er riss ihr das Handy aus der Hand und blickte sie böse an. Plötzlich war am anderen Ende eine Stimme zu hören.
„Black Devil? Sind Sie das?“
„Mit wem habe ich die Ehre?“
„Hier ist Luise. Ich bin die beste Freundin von Sophia.“
„Luise! Wie schön, dass ich dich auch mal kennen lerne.“
Wild fuchtelte Sophia herum, um ihm das Handy wieder ab zu nehmen, doch er ließ sich davon nicht beeindrucken.
„Hören Sie! Wenn sie ihr auch nur ein Häärchen krümmen, dann bin ich die erste, die bei der Polizei eine Aussage macht! Ist das klar?!“
„Du naive Schnepfe willst mir drohen? An deiner Stelle wäre ich ganz vorsichtig! Ich bin immer und überall! Vielleicht beobachte ich dich gerade und muss nur noch abdrücken?“
„Nein! Sie Monster! Lassen Sie Luise in Ruhe!“
Sophia sprang vom Klodeckel auf und packte ihn am als. Vor Schreck ließ er das Handy fallen und Luise hörte nur ein lautes, klirrendes Geräusch.
„Ich bringe Sie um, wenn Sie ihr etwas antun!“
„Jetzt komm mal wieder runter! Sie war frech zu mir...“
Mit aller Kraft riss sie ihre Hand aus seiner und kratze ihn quer über den Hals.
„Du kleine Ratte!“
Mit einem Schlag flog sie in die Ecke und sank am Boden zusammen. Tränen rannen ihr über das Gesicht und ihr Herz raste. Und wieder quäkte eine Stimme aus dem Telefon.
„Was haben Sie mit ihr gemacht?!“
Er hob das Handy wieder auf und blickte zu Sophia.
„Ihr blöden, kleinen Gören geht mir langsam auf den Sack!“
„Dann bringen Sie sie gefälligst wieder zurück!“
„Das hast du nicht zu bestimmen! So lange ich hier noch ein Wörtchen mit zu reden habe, bestimme ich, wie es weiter geht. Und ich rate dir, wenn du deine Sophia wieder sehen willst, dann halt bloß deine Klappe! Sollte ich feststellen, dass du irgendetwas verraten hast, siehst du sie nie wieder!“
Mit diesem Satz beendete er das Gespräch und ließ das Handy in seine Hosentasche gleiten. Wieder blickte er zu Sophia herunter. Die wischte sich gerade mit einem Stück Toilettenpapier das Blut von der Nase. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen und er hockte sich zu ihr.
„Du bist selber Schuld. Hast du wirklich geglaubt, dass du gegen mich eine Chance hast?“
Kurz schaute sie zu ihm auf und strafte ihn mit einem verletzten Blick. Tränen standen ihr in den Augen und hastig wandte sie sich wieder von ihm ab. Plötzlich reichte er ihr die Hand.
„Komm her. Steh jetzt auf, wir gehen.“
Doch sie dachte nicht daran, seine Hilfe an zu nehmen. Am Klobecken zog sie sich wieder hoch und tupfte noch etwas an ihrer Nase herum.
„Zeig mal her. Tut es doll weh?“
Er griff nach ihrer Hand und blickte sie an, doch sie drehte wieder den Kopf weg, schob ihn bei Seite und öffnete die Tür. Nachdem sie noch einen Blick in den Spiegel geworfen hatte, stieg sie die Treppen ins Café hinunter und setzte sich wieder an ihren Platz. Etwas argwöhnisch folgte er ihr und nahm auch wieder Platz.
„Möchtest du noch etwas trinken?“
Leicht schüttelte sie den Kopf.
„Dann gehen wir jetzt. Zieh dich an.“
Sie zog sich an und beide verließen das Café. Er führte sie durch die Stadt, vorbei an unzähligen Geschäften und Restaurants, doch Sophia schenkte ihnen keine Aufmerksamkeit. In dem Moment, als er ihr die Hand ins Gesicht schlug, hatte sie für einen Bruchteil einer Sekunde Eric vor sich stehen gesehen. Auch er hatte sie immer geschlagen und diese Situation erinnerte sie wieder an alles. Alles kam wieder hoch. Schnell wischte sie die aufkommenden Tränen weg und atmete tief ein. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, als sie sich vor der Polizei versteckte? Sie hätte im Wagen bleiben und sich von den Beamten entdecken lassen sollen. Dann wäre sie jetzt schon lange wieder zu Hause. Aber nein, sie musste ihm ja unbedingt helfen und aus dem Auto schleichen. Plötzlich packte er sie an der Jacke und blieb stehen.
„Was ist denn los? Schmollst du jetzt?“
Er blickte sie an. Seine meerblauen Augen blickten ihr ins Gesicht, doch ihre Augen glitten über den Asphalt. Den Schnee hatte man an die Seite geschoben. Überall lag das Streugut und alles wirkte so schmutzig.
„Also redest du jetzt nicht mehr mit mir? Naja, auch gut. Dann lässt du es eben.“
Er nahm ihre Hand und zerrte sie hinter sich her. Nach einem ewig andauernden Fußmarsch erreichten sie einen Stadtteil, der dem, aus dem sie gekommen waren, in keinster Weise ähnelte. Die Häuser waren herunter gekommen, die Straßen verschmutzt und an allen möglichen Ecken standen Jugendliche, die mit Drogen zu dealen schienen. Sophia blickte sich nervös um. Irgendwie wurden sie von allen angestarrt. Eine wahnsinnige Unruhe machte sich in ihr breit und schließlich stoppten sie vor einem Nachtclub, der um diese Uhrzeit natürlich geschlossen war. Jake führte sie zu einem Hintereingang und klopfte an. Plötzlich wurde eine Luke geöffnet und zwei Augen blickten sie an.
„Ja?“
„Ich habe einen Termin bei Mister Dallan.“
„Ihr Name?“
„Ich komme im Auftrag von Black Devil.“
Mit einem lauten Knall wurde die Luke wieder geschlossen und die Tür geöffnet. Der Mann ließ sie rein und blickte Sophia an.
„Und wer ist die?“
„Halt deine Fresse. Kümmere dich um deinen eigenen Scheiß.“ fauchte Jake ihn an. Er war mindestens so breit, wie er hoch war. Leise murmelte er etwas in seinen Bart und führte sie schließlich durch lange, düstere Flure in eine Art Büro. Dort angekommen, nahmen sie Platz und der Mann stellte sich an die Tür.
„Was machen wir hier?“
„Ach, redest du jetzt doch wieder mit mir?“
Sophia blies die Backen auf und verschränkte die Arme. Plötzlich öffnete sich eine andere Tür und ein junger Mann trat ein. Er blickte etwas irritiert und richtete seine Krawatte neu. Schließlich nahm er Platz und blätterte in seinen Unterlagen.
„Sie sind also im Auftrag von Black Devil hier?“
„Allerdings.“
„Und wer ist die Kleine?“
„Meine Sekretärin. Problem damit?“
„Nein, nein. Ich frage ja nur.“
Mit seinem scharfen Blick musterte er Sophia. Er hatte blau graue Augen und schwarze Haare. Schließlich lächelte er sie an. 'Igitt... So was von künstlich...' ging es ihr durch den Kopf.
„Nun, hier sind die Unterlagen, die Black Devil benötigt, um den Auftrag aus zu führen.“
Er reichte einen dünnen Ordner über den Schreibtisch und ließ sich dann wieder in die Polster seines Sessels fallen.
„Dort steht alles drin, was er wissen muss. Datum, Uhrzeit, Ort. Einfach alles.“
„Gut. Das WarŽs?“
„Allerdings.“
„Dann gehen wir jetzt.“
„Warten Sie. Da wäre noch etwas.“
„Ah und was?“
JakeŽs Hand glitt langsam hinter seinen Rücken. Dabei streifte sie Sophias Arm und sie blickte ihn verunsichert an.
„Sind Sie mit einem Wagen hier?“
„Momentan zu Fuß, warum?“
„Ah, nur so.“
„Wissen Sie. Sie sehen gar nicht aus, wie Mister Griffin...“
Der Mann stand auf und blickte Jake missgünstig an.
„Sie kennen mich doch gar nicht?“
„Stimmt. Aber ich weiß wohl, was für eine Masche ihr Bullen spielt!“
Plötzlich sprang Jake auf und schoss auf den Mann. Der ging verletzt zu Boden und schrie laut auf.
„Komm her, Sophia! Stell dich hinter mich!“
Er packte sie und drückte sie in die Ecke des Zimmers, als plötzlich der Türsteher von vorhin hinein gesprungen kam und die Waffe auf ihn richtete. Sophia drückte sich mit aller Kraft die Hände auf die Ohren. Plötzlich ein Kugelhagel. Immer und immer wieder ertönte das laute Knallen der Schusswaffen und sie weinte laut auf. Auf einmal Stille. Überall roch es nach Schwefel und Sophia ließ die Hände von ihren Ohren sinken. Jake packte sie und schleppte sie auf der Schulter aus dem Nachtclub heraus. Ein paar Straßen weiter ließ er sie wieder herunter und sackte zusammen.
„Was haben Sie?“
Sein Atem zitterte und er hielt sich die Schulter. Als Sophia seinen Mantel etwas bei Seite schob, entdeckte sie die Schusswunde, aus der das Blut sickerte.
„Sie sind ja verletzt! Oh mein Gott. Tut es sehr weh?“
„E-es geht.“
„S-sie bluten stark! Was soll ich denn machen?!“
Er packte ihr Genick und zog sie an sich heran.
„Verschwinde. Jetzt hast du die Möglichkeit dazu also geh!“
„Ich kann Sie doch nicht hier alleine...“
„Verschwinde!“
Er richtete seine Waffe auf sie und blickte sie böse an. Sophia richtete sich auf und machte ein paar Schritte zurück. Schließlich machte sie kehrt und rannte los. Sie hatte keine Ahnung, wo sie war oder wo sie hin musste. Sie wusste nur, dass sie so schnell wie möglich von ihm weg musste. Von Jake, der sie entführt und geschlagen hatte. Sie fühlte kaum noch ihre Beine und auch der Streifschuss hielt sie nicht davon ab, immer schneller zu laufen. Schon bald erreichte sie die Einkaufsmeile, in der sie gefrühstückt hatten. Sie musste nur noch ein Telefon finden und die Polizei rufen. Dann würde man sie wieder nach Hause bringen. Und Jake? Den würde sie auch nicht wieder sehen. Schließlich war er verletzt und würde das vielleicht nicht überleben. Schließlich hatte er ziemlich stark geblutet. Und er musste große Schmerzen haben... Plötzlich blieb sie stehen und blickte auf ihre blutverschmierten Hände. Wieder rannen ihr Tränen über die Wangen und sie blickte sich um. In der Stadt
war jetzt schon eine Menge los und überall waren Leute unterwegs. An einem Juwelierladen hing eine Uhr. Es war kurz vor elf und die Geschäfte würden bald schließen. Plötzlich tippte sie jemand an.
„Hey! Bist du nicht das Mädchen, nach dem gesucht wird?“
Sie drehte sich um und starrte eine Gruppe Jugendliche an.
„Klar! Das ist sie doch! Läuft doch überall im Fernsehen. Wenn wir sie zurück bringen, gibt es Knete.“
„I-ihr verwechselt mich bestimmt.“
„Ganz sicher nicht! Los komm!“
„Lasst mich los! Ich muss zu ihm zurück! Er ist verletzt!“
Sie stammelte nur wirres Zeug, doch die Jungen packten sie einfach und zerrten sie durch die Straßen.
„Wo bin ich hier überhaupt?“
„In Mannheim. Man musst du durch den Wind sein! Los! Mach hin!“
Kurz überlegte sie. Sie hatte Jake einfach liegen gelassen. Und das, obwohl er sich schützend vor sie gestellt hatte, als die Beamten in Zivil auf ihn geschossen hatten. Was war sie nur für ein Miststück? Plötzlich riss sie sich los und hastete los. Die Jungen folgten ihr.
„Ey! Bleib stehen! Josh! Ruf die Bullen! Wenn die uns entwischt entgeht uns das ganze Geld!“
„Ist gut!“
Während sie hinter Sophia her sprinteten, rief einer der beiden die Polizei. Nachdem er ihnen gesagt hatte, wo sie gerade waren, sicherte man ihnen Hilfe zu und bald darauf bog ein Streifenwagen mit Blaulicht in die Straße ein. Der andere hatte Sophia inzwischen gepackt und hielt sie an den Haaren fest. Laut wimmerte sie auf. Schließlich stoppte der Streifenwagen und zwei Beamte stiegen aus. Sie kramten nach einem Foto und verglichen es mit Sophias Gesicht.
„Das ist sie. Das habt ihr gut gemacht, Jungs. Also steigt ein. Wir fahren zum Revier.“
„GibtŽs da die Kohle?“
„Wir verständigen jetzt erstmal ihre Eltern, danach gibt es das Geld.“
„Oh super!“
Sie klatschten sich in die Hände und stiegen mit Sophia zusammen in den Streifenwagen. Während der ganzen Fahrt versuchte Sophia sie davon zu überzeugen, dass sie wieder aussteigen müsse, doch niemand hörte ihr zu. Am Revier angekommen, zerrten die Beamten Sophia aus dem Auto.
„Lassen Sie mich bitte gehen! Ich muss noch etwas dringendes erledigen! Bitte!“
„Das kannst du machen, wenn deine Eltern dich hier abgeholt haben.“
„Aber ich muss ihm doch helfen!“
„Jetzt beruhige dich endlich! Wem willst du helfen?“
Der Beamte blickte sie groß an.
„Meinem Retter!“
„Rede keinen Unsinn! Komm jetzt!“
„Nein! Nein! Bitteeeeee!“
Weil sich Sophia durch nichts und niemanden beruhigen ließ, wurde sie kurzerhand in die Arrestzelle gesteckt. Nach einer Stunde herum schreien und gegen die Tür treten, gab sie schließlich auf und ließ sich auf die Pritsche nieder. Vollkommen aufgelöst schaltete sie ihr Handy ein. Plötzlich bekam sie eine SMS.
'Meine Nummer, weil du sie ja nicht gespeichert hast! Black Devil... Die ist ja schon mehrere Tage alt?'
Schnell tippte sie die Nummer ein und rief an. Doch so oft sie die Nummer auch anwählte, das Handy war ausgeschaltet und es meldete sich noch nicht einmal eine Mailbox. Unter Tränen schrieb Sophia eine SMS.
'Hallo Jake! Ich hoffe, du hast dich noch retten können. Es war dumm von mir, dich einfach zurück zu lassen. Ich machen mir deswegen wahnsinnige Vorwürfe. Ich sitze hier in einer Arrestzelle auf dem Polizeirevier und muss warten, bis mich meine Eltern abholen. Sobald ich wieder zu Hause bin, werde ich die restlichen fünftausend organisieren, damit du weiter die Bilder deiner verstorbenen Mutter kaufen kannst. Sophia'

„Es ist mir immer noch ein Rätsel, wie du mich hier finden konntest!“
„Du bist doch der Professionelle hier! Von dir habe ich mir doch sagen lassen, dass man ein Handy orten kann, solange es noch an ist.“
„Ahhh! Pass doch auf Grace!“
„Stell dich nicht so an. Wo ist eigentlich das Mädchen hin?“
„Sie ist weg.“
„Ja das sehe ich.“
Grace parkte das Auto in einer Gasse und nahm den Mulltupfer von seiner Wunde.
„Tja, dein Handy ist wohl Schrott was? Ein glatter Durchschuss!“
„Nimm wenigstens die SIM raus. Vielleicht brauche ich sie ja noch.“
„Ja, ja. Ich lege sie in das Handschuhfach. Wir sollten jetzt zusehen, dass deine Wunde versorgt wird. Ich gehe schnell in eine Apotheke. Warte hier so lange.“
„Ist gut. Ach äh, Grace? Lass mir doch bitte dein Handy da.“
„Wozu?“
„Ich muss wissen, ob es diesen Mister Griffin wirklich gibt und ob ich einen Auftrag habe.“
„Oh, ach so. Ja, hier.“
Sie drückte ihm ihr Handy in die Hand und warf die Autotür zu. Schmerzerfüllt lehnte Jake seinen Kopf gegen die Scheibe und blickte hinaus. Es war zu offensichtlich, dass dieser Mister Griffin nicht existierte. Er hatte nicht nur sich, sondern auch Sophia in Gefahr gebracht, obwohl er hätte wissen müssen, dass es eine Falle war. Auf einmal kamen ein paar Jugendliche die Straße entlang. Einer der beiden brüllte lauthals in sein Handy.
„Ja Mann! Eintausend Mäuse! Wenn ich es dir doch sage!“
„Gib mal her! Ey Steve! Lass mal heute Abend weggehen. Wir können dich ja jetzt auch einladen! Klar! Die Knete wurde bar ausgezahlt.“
„Wir hätten vorher noch unseren Spaß mit ihr haben sollen!“ brüllte der erste wieder dazwischen. Jake zog seine Augenbrauen zusammen. Diese verkommene Jugend von heute war kaum zu ertragen.
„Ja! Diese Sophia war das! Mensch, die aus dem Fernsehen! Ja!“
Plötzlich riss Jake die Augen weit auf. Mit zittrigen Händen wechselte er die SIM-Karten aus und schaltete das Handy an. Es dauerte keine zehn Sekunden, bis er benachrichtigt wurde, dass er siebzehn Anrufe in Abwesenheit und eine SMS bekommen hatte. Hastig las er sie durch. Er drückte den Mulltupfer wieder auf seine Schusswunde und setzte sich auf den Fahrersitz. Es gab da nämlich noch etwas, das ganz dringend erledigt werden musste. Mit quietschenden Reifen raste er los, zurück zu dem Parkhaus, wo der geklaute Sportflitzer stand.

Durch das Gitter der Tür in der Arrestzelle blickte ein Beamter zu Sophia.
„Na? Hast du dich wieder beruhigt?“
„Gehen Sie weg. Ich will niemanden sehen.“
„Deine Eltern können leider nicht kommen, aber ein gewisser Christoph ist auf dem Weg hier her.“
„Christoph?!“
Sophia sprang auf und lief zur Tür.
„Wann wird er hier sein?“
„Naja, halbe Stunde wird er sicher noch brauchen. Aber er ist schon eine ganze Weile unterwegs.“
„Darf ich hier raus?“
„Sicher! Sobald dieser Christoph hier ist.“
Enttäuscht sank ihr Blick gen Boden und sie nahm wieder auf der Pritsche Platz. Plötzlich gab es einen lauten Knall und höllisches Geschrei. Wieder sprang Sophia auf und rannte zur Tür.
„Maul halten! Alle runter auf den Boden!“
„Junge!“ brüllte ein Beamter. „Bist du verrückt?! Das ist ein Polizeirevier und keine Bank!“
„Ich sagte Maul!!!“
Mit einer Maschinenpistole feuerte der vermummte in die Decke und alles warf sich auf den Boden. Schließlich schnappte er sich eine Frau, die laut auf wimmerte und hielt ihr die Waffe an die Schläfe.
„Wo ist das Mädchen?“
„I-ich weiß nicht, wen Sie meinen?“
„Stell dich nicht dümmer, als du bist! Das Mädchen, was vor kurzem hier her gebracht wurde!“
„I-ich weiß wirklich nichts!“
„Lüge!“
Wieder feuerte er aus allen Rohren und die Beamtin kreischte laut auf.
„Ich bin hier! Hey!“
Sophia drückte ihr Gesicht gegen das Eisengitter in der Tür. Sie hatte JakeŽs Stimme sofort erkannt. Nur seinen Namen rief sie nicht. Schließlich wusste sie, dass ihm das Ärger bringen würde.
„Alle aufstehen! Los! Legt eure Waffen auf den Boden und bringt mich zu ihr. Na wird?s bald?!“
Nach und nach wurden die Waffen auf den Boden gelegt und zu ihm herüber geschoben. Schließlich liefen die Ersten los. Plötzlich verlor einer die Nerven und sprintete zum Ausgang. Es gab einen lauten Knall und er sank zu Boden.
„Jeder von euch Vollidioten kann eine Kugel haben! Es sind genug für alle da! Hey! Du da! Schnapp dir ein paar Handschellen und leg sie deinen Kollegen an! Und mach hin!“
Nachdem der Mann sämtliche Beamte an ihre Schreibtische gekettet hatte und auch er selber festgebunden war, widmete Jake sich wieder der Frau, der er seinen Arm von hinten um den Hals gelegt hatte.
„Wo sind die Schlüssel für die Zellen?“
„D-dort drüben... In dem Schrank.“
Langsam schritt er mit ihr zu dem Schrank und öffnete ihn. Er holte einen Schlüsselbund heraus und blickte sich wieder um. Plötzlich schlug die Beamtin mit der Faust auf den Alarmknopf der Feuerwehr.
„Du dreckiges Miststück!“
Wieder gab es einen Knall und die Polizisten blickten verschreckt zu ihrer Kollegin, die blutüberströmt am Boden lag.
„Verdammt!“
Er hastete zu Sophias Zelle und suchte nach dem richtigen Schlüssel.
„Jake!“ flüsterte sie ihm gepresst entgegen.
„Sie müssen gehen! Man wird Sie erwischen!“
„Ach was. Red keinen Unsinn. Verdammt, es sind zu viele! Geh von der Tür weg!“
„Was haben Sie vor?“
„Du sollst von der Tür weg gehen!“
Sophia verzog sich in die hinterste Ecke der Zelle und hielt sich die Ohren zu. Immer und immer wieder schoss Jake auf das Türschloss und schließlich trat er sie ein.
„Ich habe gedacht, ich würde Sie nie wieder sehen!“
Sophia stürmte auf ihn zu und fiel ihm um den Hals.
„Ahh.. Vorsichtig.“
„Oh nein! Die Wunde! Wir müssen...“
„...verschwinden, genau. Komm!“
Er nahm sie an der Hand und zerrte sie aus dem Revier heraus. Schon von weitem waren die Sirenen der Feuerwehr zu hören und so sprangen sie rasch in den Sportwagen und rasten davon. Nach kurzer Zeit klingelte das Handy von Grace und Jake nahm ab.
„Ja?“
„Sag mal, wo bist du? Ich versuche dich schon eine ganze Weile zu erreichen? Wo ist mein Auto?“
„Im Parkhaus an der kleinen Freßgasse. Ich hatte keine Zeit, um auf dich zu warten.“
„Wo um alles in der Welt bist du?!“
„Ich muss vorübergehend untertauchen.“
„Warum?“
„Weil die Polizei hinter mir her ist.“
„Hast du etwa das Mädchen...“
„Ja habe ich. Und?“
„Ja bist du denn noch ganz bei Trost?! Sie wird dich ins Unglück stürzen!“
„Erzähl du mir nichts von Unglück. Grace, ich muss Schluss machen!“
„Warte! Was ist mit uns?“
„Was soll mit uns sein?“
„Liebst du dieses Kind etwa?“
„Warum fragst du?“
„Weich mir nicht aus! Liebst du sie?“
„Grace, ich muss jetzt wirklich Schluss machen.“
„Jake, warte! Wenn du mich sitzen lässt, dann... dann... Ahhhh!“
Mit einem Ruck knallte Grace den Hörer auf die Gabel der Telefonzelle. Jake hingegen schüttelte nur mit dem Kopf und warf das Handy in die Türablage des Wagens.
„Was wollte sie denn?“
„Keine Ahnung. Ist doch auch egal.“
Er zog sich seine Maske vom Gesicht und gähnte laut auf.
„Sie müssen wahnsinnig müde sein.“
„Es geht schon.“
„Sie sollten sich lieber ausruhen.“
„Willst du wieder fahren?“
„Was? Nein!“
„Na siehst du.“
„Aber...“
„Wir haben noch eine lange Fahrt vor uns, also haben wir keine Zeit, um zu schlafen. Ich ruhe mich dann aus, wenn wir da sind.“
„Wenn wir wo sind?“
„Wirst du schon sehen.“
„Hmm...“
„Nach dem Wagen hier wird bestimmt schon gefahndet. Wir sollten uns einen neuen suchen.“

Nach einem Autowechsel und vier Stunden Fahrt, wurde die Landschaft immer bergiger und der Schnee lag immer höher. Langsam setzte die Dämmerung ein und Jake lenkte den Wagen mitten in einen Wald hinein. Nach weiteren fünfzehn Minuten hielt er schließlich an und stieg aus.
„Wo sind wir? Hier ist es ja stockdunkel.“
„Das haben wir gleich. Komm mit.“
Plötzlich stolperte Sophia eine Treppe hinauf. Jake schloss eine Tür auf und ein wohliger Duft von Lavendel stieg ihnen in die Nase.
„Was ist das hier?“
„Ein kleines Ferienhaus in den Bergen. Allerdings habe ich keine Lampen im Haus, weil... ja, keine Ahnung. Also Strom haben wir, nur keine Lampen. Dafür aber Wasser aus einer Bergquelle, die sicherlich zugefroren ist und genügend Kerzen, um es gemütlicher zu machen.“
„Ah, ok!“
Sophia versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Indes entzündete Jake eine Kerze und stellte sie auf den Tisch, der in der Mitte der kleinen Stube stand. Fasziniert blickte sich Sophia um. Es war genau so, wie sie sich eine amerikanische Jagdhütte vorstellen würde. An der einen Wand stand ein großer Kamin, in dem schon Holzscheite aufgetürmt waren und Jake versuchte indes diese zu entzünden. Schließlich gelang es ihm und das Feuer begann genüsslich und mit lautem Knistern über das Holz herzufallen. Vor dem Kamin lag ein braunes Bärenfell, allerdings ohne Kopf und in einer anderen Ecke des Zimmers war eine Tür, von der aus man ins Schlafzimmer gelangen konnte. Die Couch war mit einem weißen Leinentuch abgedeckt, welches Jake schnell bei Seite nahm. Erschöpft ließ er sich auf ihr nieder und schloss kurz die Augen. Sophia jedoch ging noch ein wenig auf Erkundungstour und schaute sich alles an. An den Wänden hingen verschiedenste Messer, Bögen, Pfeile und Gewehre. Und übera
ll lag eine dicke Staubschicht. 'Er muss schon ewig nicht mehr hier gewesen sein.'
Plötzlich grummelte ihr Magen laut auf und sie blickte wieder zurück zu Jake.
„Ich habe Hunger...“ stellte sie fest, doch bekam keine Antwort. Langsam schlich sie zum Sofa zurück und schielte über die Lehne. Jake war einfach eingeschlafen. Einfach so. Sie hatte Hunger und er schlief. Plötzlich begann sie zu grübeln. Wann hatte er eigentlich das letzte Mal etwas gegessen? Sie lief ein wenig herum und entdeckte eine kleine Nische, wo ein Herd und ein Kühl-Gefrierschrank stand. Zaghaft öffnete sie die obere Tür und musste enttäuscht feststellen, dass nichts essbares zu finden war. Schließlich öffnete sie die untere Tür und ihre Augen begannen zu leuchten. Der Gefrierteil war voll bis oben hin. Nachdem sie alles einmal komplett ausgepackt, etwas leckeres heraus gesucht und alles wieder eingeräumt hatte, stellte sie den Backofen an und schob die zwei Pizzen hinein. Sicher hatte Jake auch Hunger. Er müsste sich aber mit der Peperonipizza begnügen, denn sie wollte unbedingt die, mit den Pilzen haben. Sie blickte auf ihre Uhr und rechnete sich die verbleibende
Zeit aus. Schließlich schlich sie sich wieder zu ihm und setzte sich vor das Sofa. Würde sie jemand sehen, würde man sie für verrückt erklären, denn sie schaute Jake beim Schlafen zu. Sie beobachtete ihn, wie er vor sich hin träumte. Seine langen, blonden Wimpern, die im Licht der Kerze golden glitzerten. Leise schmatzte er auf und Sophia blickte ihm auf seine Lippen. Irgendetwas sagte ihr, dass sie es nicht machen sollte, doch sie konnte nicht anders. Zaghaft strich sie mit ihrem Finger über seine Wange, über seine Stirn an der Nase herunter über seine Lippen. Plötzlich öffnete er seine Augen und blickte sie an.
„Sie schlafen ja gar nicht.“
„Ich sagte ja auch nicht, dass ich schlafen will oder?“
„Nein.“
„Was hast du gemacht?“
„Was? Nichts! Was soll ich denn gemacht haben?“
„Es war schön.“
Wieder schloss er seine Augen und drehte sich zu ihr.
„Wenn Sie nicht schlafen, dann mache ich das nicht.“
„Aber ich habe doch die Augen zu, also schlafe ich doch, oder nicht?“
„Ha, ha.“
„Mach doch bitte weiter.“
Verunsichert blickte sie ihn an. Und wieder streichelte sie ihm über die Wange. Wie konnten nur zwei so unterschiedliche Charaktere in ein und der selben Person wohnen? Ein leichtes Lächeln huschte ihm über das Gesicht und er ergriff ihre Hand. Zärtlich drückte er ihr einen Kuss darauf und öffnete seine Augen wieder. Wenn Sophia nicht genau wüsste, dass es unmöglich ist, dann würde sie glauben, dass man in ihnen versinken könnte. Sie waren so unglaublich blau. Zärtlich zog er sie zu sich heran und gab ihr einen Kuss auf die Nase. Verschämt drehte Sophia den Kopf weg und blickte auf ihre Uhr.
„Oh nein! Das Essen!“
Sie schoss hoch und sprintete zum Backofen. Gerade noch rechtzeitig rettete sie die Pizzen vor dem Feuertod und legte sie auf zwei Teller. Nachdem sie diese auf dem Tisch abgestellt und sich zu ihm gesetzt hatte, blickte sie ihn wieder an.
„Sie sehen blass aus.“
„Ich weiß, das ist wegen dem Blut.“
„Stimmt ja!“
Wieder schoss sie hoch.
„Sie sind ja noch immer verletzt!“
„Schon gut. Setz dich wieder. Darum kümmern wir uns nachher.“
„Aber...“
„Ahhh... Na los! Fütter mich! Ich bin verletzt! Also los! Ahhh...“
Mit einem Lächeln im Gesicht schüttelte Sophia den Kopf, pflückte aber schließlich seine Pizza auseinander und reichte ihm das erste Stück.
Hungrig schlangen die beiden das Essen herunter und als sie fertig waren, ließ Sophia sich zufrieden zurück fallen. Immer wieder strich sie über ihren Bauch.
„Soll ich dir noch auf den Rücken klopfen, damit du Bäuerchen machen kannst?“
„Ha, ha. Das ist nicht komisch.“
Schließlich stand sie auf und brachte die Teller zurück in die kleine Kochnische.
„Was ist denn jetzt mit Ihrer Wunde? Ich muss doch da jetzt nicht mit einem glühenden Messer die Kugel heraus operieren oder?“
Leise lachte er auf.
„Du hast wohl zu viele Actionfilme gesehen, was?“
„Ich muss Ihnen ja nicht helfen. Wollen Sie auch ein Eis?“
„Habe ich dir erlaubt, eines zu essen?“
„Was wollen Sie denn machen? Ihre Schulter ist bestimmt hin. So lange, wie Sie brauchen, um zu mir zu kommen, brauche ich, um mein Eis zu essen.“
„Du bist wirklich frech.“
„Tja, das heißt wohl, dass Sie keins wollen. Naja auch gut. Mehr für mich.“
Sie öffnete die Tür des Gefrierschranks und holte sich den Becher mit dem Vanilleeis heraus. Nach einigem Suchen fand sie schließlich die Schublade mit dem Besteck und löffelte es direkt aus dem Becher.
„Das ist wirklich gut. Schade, dass Sie nichts abkriegen.“
Er blickte sie an und fing an zu grinsen. Was hatte er sich da nur für ein freches Göhr geschnappt? Er beobachtete sie, wie sie genüsslich den Löffel abschleckte.
„Komm her.“
„Warum?“
„Was denn, willst du etwa nicht mit mir teilen?“
„Nö. Warum sollte ich?“
„Komm her oder ich hole dich.“
„Ich bin gespannt.“
Mit einer erwartungsvollen Miene blickte sie ihn an. Jake schwang sich auf und kam auf sie zu. Laut quiekend lief sie plötzlich los, er hinter ihr her. So tobten die beiden eine ganze Weile in dem kleinen Haus herum. Plötzlich blieb er stehen und packte sich an die Schulter.
„Was ist denn? Tut es weh?“
„Ahhh! Oh Gott!“
Er sank auf die Knie und kippte nach vorn über. Verschreckt hastete Sophia zu ihm und warf sich auf die Knie.
„Was ist? Soll ich einen Arzt rufen?“
„Hab ich dich!“
Er packte ihre Hand mit dem Löffel voller Eiscreme darin und schleckte ihn genüsslich ab.
„Sie Arsch! Ich dachte, Sie würden sterben!“
„Hehe, so schnell geht das nicht.“
„Jetzt muss ich mir einen neuen Löffel holen.“
„Wieso?“
„Na der ist doch jetzt kontaminiert!“
„Was?!“
Mit einem Arm hob er sie hoch und warf sie auf das Sofa. Wieder quiekte sie laut auf und begann zu lachen.
„Du freches, kleines, verwöhntes Mädchen!“
Plötzlich begann er sie zu kitzeln und sie lachte noch lauter.
„Ha-halt! Das Eis! Es wird alles auslaufen!“
„Na so ein Pech aber auch!“
Er dachte ja nicht daran, aufzuhören. Er kitzelte sie immer weiter und plötzlich kippte sie ihm die gesamte Ladung Vanilleeis über das Hemd.
„Na super.“
„Ich habe Sie gewarnt. Wenn Sie nicht hören, dann Huaaaahhh!“
Er zog ihren Pulli hoch und legte sich auf sie drauf. Langsam lief das Eis ihren Bauch hinunter und sie blickte ihn groß an.
„Das ist kalt.“
„Ich weiß.“
„Sie versauen mir gerade die ganzen Klamotten.“
„Och, ich bin aber auch ein böser Junge...“
Vorsichtig knöpfte er sein Hemd auf und begann ihr über den Bauch zu lecken.
„Hey! Das kitzelt! Lassen Sie das!“
Leicht klopfte sie ihm auf den Rücken und schließlich stand er auf und wandte sich ab.
„Oh, habe ich Ihnen weh getan? Oder ist das wieder ein Trick?“
„Nein, Sophia. Geh zum Kühlschrank. Gleich neben dem ist ein kleiner Schrank mit einem Koffer darin. Hol ihn schnell her.“
„Ist gut.“
Sie sprang auf und tat, was er ihr gesagt hatte. Sie legte den Koffer auf den Tisch und öffnete ihn.
„Verbandszeug!“
„Genau. Siehst du die kleine braune Flasche?“
„Ja.“
„Das ist Alkohol. Spül mir damit mal die Wunde.“
„Ist gut. Aber wird das nicht höllisch weh tun?“
Er drehte sich zu ihr um und grinste sie breit an.
„Was für eine Frage.“
„Komm Sophia. Ich muss mich bald hinlegen, sonst schlafe ich im Stehen ein.“
Sie folgte ihm in ein kleines Badezimmer, wo er sich in die Badewanne legte. Sein Hemd, dass durch den Schuss und das viele Blut ohnehin hinüber war, hatte er achtlos auf den Boden geworfen. Sophia setzte sich neben die Wanne und schraubte das kleine Fläschchen auf. Langsam ließ sie den Alkohol auf seine Wunde tropfen und blickte ihm ins Gesicht, welches schmerzverzerrt an die Decke starrte.
„Nicht tropfen, Sophia. Schütte es richtig darüber. Lass noch etwas drin, damit wir den Rücken auch noch machen können.“
„Ok.“
Mit einem kräftigen Schwung schüttete sie ihm den Alkohol nun auf die Wunde und er jaulte kurz auf. Nachdem sie auch die Rückseite seiner Schulter damit übergossen hatte, stieg er wieder aus der Wanne und führte sie zurück in die Stube.
„Ist das ein glatter Durchschuss?“
„Ja... Und glaube mir, das tut mehr weh, als dein Bein.“
„Oh ja... Das glaube ich. Ich werde mal versuchen einen Verband anzulegen. Aber ich kann nicht garantieren, dass es etwas wird.“
Sanft lächelte er sie an.
„Sie sollten das einem Arzt zeigen. Nicht dass sich das entzündet.“
„Ich werde morgen einen alten Bekannten anrufen. Er schuldet mir noch einen Gefallen.“
„Also gut. Mal nach vorne beugen.“
Sophia wickelte sämtliche Binden, die sie in dem Koffer finden konnte um seine Brust und seine Schulter. Die Wunde, aus der die Kugel ausgetreten war, sah wesentlich schlimmer aus, als die, wo die Kugel einschlug. Plötzlich erblickte sie noch mehr Narben auf seinem Rücken.
„Ist das ihre erste Schussverletzung?“
„Du siehst die alten Narben und stellst trotzdem diese Frage?“
Etwas verschreckt blickte sie ihn an.
„Es hätte ja sein können, dass die von was anderem sind?“
„Nein... Auf mich wurde schon oft geschossen. Würden diese Wunden nicht heilen, würde ich aussehen, wie ein schweizer Käse.“
„Damit macht man keine Witze.“
„Mache ich doch nicht?“
„Darf ich Sie etwas fragen?“
„Sicher.“
„Wann haben Sie das erste Mal eine Waffe in die Hand genommen?“
Kurz drehte er sich zu ihr und blickte sie an. In diesem Moment hätte Sophia sich am liebsten für diese Frage geohrfeigt.
„Ich war vierzehn und es war die Waffe meines Vaters, der immer regelmäßig auf die Jagd ging.“
„Ah. Und Ihr... Naja... ist ja auch egal.“
„Mein erster Mord?“
Zaghaft nickte Sophia ihn an.
„Mit siebzehn. Damals erschoss ich den Mann, der meine Mutter erst geschändet und dann getötet hatte.“
„Was?! Das ist ja schrecklich!“
Sophia sprang auf und blickte ihn an. Er zog keine Miene, schien gar nicht darunter zu leiden.
„Wie können Sie so ruhig darüber sprechen?“
„Weil es über sieben Jahre her ist und ich meine Mutter gerächt habe. Ich ließ ihn nicht einfach sterben. Ich ließ ihn zuerst leiden und habe mich dann dazu erbarmt, ihn zu töten...“
Sophia drückte ihm die Hand auf den Mund und blickte auf den Boden.
„Hören Sie auf damit. Ich will nichts mehr hören.“
Sanft nahm er ihre Hand und küsste sie.
„Tut mir Leid. Lass uns lieber über etwas anderes sprechen. Ich mache uns etwas Musik ok?“
„Warten Sie. Nur noch ein Pflaster, sonst geht der Verband wieder auf.“
Sie schnitt ein Stück von dem Pflaster ab und klebte es ihm auf den Verband. Schließlich stand er auf und holte eine CD aus seiner Manteltasche.
„Das Lied magst du doch so, richtig?“
Sophia lauschte den ersten Tönen und erkannte den Song sofort.
„Seal!“
„Genau. Komm her.“
Sie stand auf und er streckte seinen Arm zu ihr aus.
„Darf ich um diesen Tanz bitten?“
Gedankenverloren nickte sie ihm zu.
~There used to be a greying tower alone on the sea, you became the light on the dark side of me,~
„Ich liebe dieses Lied.“
„Ich weiß. Deswegen habe ich es auch ausgewählt.“
„Wussten Sie eigentlich, dass ich gar nicht tanzen kann?“
„Ist ganz einfach. Komm her. Ich zeige es dir.“
~ Love remained a drug that's the high not the pill, but did you know that when it snows, my eyes become large and the light that you shine can be seen~
„Siehst du? Ganz leicht.“
Er hielt sie in seinen Armen und sie drehten sich zu der Musik, die leise ertönte.
~Baby, I compare you to a kiss from a rose on the grey, ohh, the more I get of you, the stranger it feels ? yeah! Now that your rose is in bloom, a light hits the gloom on the grey~
„Sophia, es tut mir wirklich Leid aber ich bin müde...“
„Nein! Schon gut, gehen Sie nur ins Bett! Ich trample Ihnen ja doch nur auf den Füßen herum. Gehen Sie schlafen.“
„Was ist mit dir?“
„Ich quartiere mich auf dem Sofa ein.“
„Warum das denn?“
Fragend blickte er sie an. Schließlich nahm er sie an der Hand, schaltete die Musik ab und ergriff den Kerzenständer. Langsam führte er sie in das Schlafzimmer, in dem es überall nach Lavendel roch. Er zog das Leinentuch vom Bett herunter und schlug die Decken zurück.
„Hier ist doch genug Platz für uns beide?“
Etwas unsicher blickte sie ihn an.
„Du kannst gerne noch etwas lesen, wenn du noch nicht müde bist.“
„Ich weiß nicht...“
„Warte, ich hole dir ein schönes Buch.“
Noch einmal verließ er das Schlafzimmer und Sophia blickte ihm ratlos hinterher. Als er wieder zurück kam und Sophia noch immer neben dem Bett stand, legte er das Buch auf seinen Nachttisch und öffnete seinen Gürtel.
„Willst du in deinen Sachen schlafen?“
„Sicher! Ich lege mich doch nicht nackt neben Sie! Außerdem ist es hier drin nicht gerade warm.“
„Das Feuer vom Kamin braucht eben ein bisschen Zeit. Und wenn du frierst, dann kannst du dich ja an meinen Astralkörper lehnen.“
„Astralkörper?!“
Sophia blickte ihn an und biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut los zu lachen.
„Etwa nicht?“
Er posierte vor ihr und zog seine Hose aus. Schließlich kam er auf sie zu. Etwas verunsichert machte sie einen Schritt zurück. Er beugte sich zu ihr herunter und lehnte sein Kinn auf ihre Schulter. Sie spürte wie er Luft holte.
„Und wenn du wieder frech wirst, dann vernasche ich dich!“
Sophia schluckte schwer, denn ihr lief ein kalter Schauer den Rücken herunter. Oder war es ein wohliger Schauer? Sie wusste es nicht. Jake öffnete den Schrank, der hinter Sophia stand und zog ein neues Hemd heraus.
„Hier. Zieh das an. Dann bin ich zufrieden, weil du deine Straßenklamotten nicht mehr an hast und du auch, weil du nicht nackt bist.“
„Danke.“
Sie verließ das Schlafzimmer wieder und blickte auf das Hemd. Es roch stark nach Lavendel. Wahrscheinlich, damit es die Motten nicht zerfressen. Nachdem sie sich versichert hatte, dass er ihr nicht gefolgt war, zog sie schnell ihre Hose und ihren Pulli aus. Sie schlüpfte in sein Hemd und knöpfte es zu. Als sie das Schlafzimmer wieder betrat, war er bereits eingeschlafen. Kurz blickte sie ihn an und setzte sich auf ihre Betthälfte.
'Einfach eingepennt. Tzz...'
Sie beugte sich über ihn und angelte sich das Buch von seinem Nachttisch. Es war in altem Leder eingeschlagen und die Aufschrift ließ sich nur noch schlecht lesen.
'Der Nussknacker... Wie süß.'
Sie schlug das Buch auf und ihr rutschte ein kleiner Satinbeutel in den Schoß. Vorsichtig löste sie die Knoten der dünnen Kordeln und blickte hinein. Mit zittrigen Händen fischte sie eine Schatulle und einen kleinen Zettel heraus.
'Frohe Weihnachten. Jake' stand auf ihm geschrieben.
'Stimmt ja! Heute ist ja Weihnachten!'
Sie öffnete die Schatulle und zwei glitzernde Perlenohrringe kamen zum Vorschein. Ihre Augen begannen zu leuchten und sie klappte die Schatulle wieder zu.
Wieder blickte sie zu ihm herüber und lächelte ihn an. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Kurz schüttelte sie den Kopf und legte die Schatulle auf ihren Nachttisch. Schließlich blies sie die Kerze aus und deckte sich zu. Bereits nach wenigen Minuten war auch sie eingeschlafen.

Als Jake seine Augen öffnete, schien der Mond in sein Gesicht. Müde blickte er auf seine Uhr.
'Halb sechs. Uhh...'
Sophia schlief noch und sie hatte das Geschenk entdeckt. Schließlich stand er auf und machte sich im Bad frisch. Das Wasser, welches aus den ächzenden Rohren tropfte, war eisig kalt und so beließ er es bei einer Katzenwäsche. Kurz blickte er in den Spiegel. Der Verband hatte die Nacht überlebt und die Wunde hatte nicht weiter geblutet. Schließlich schlüpfte er in frische Sachen und verließ das Haus. Bis zur nächsten Stadt waren es eine dreiviertel Stunde Fahrt hin sowie zurück und gegen sieben öffneten die Supermärkte. Sie konnten sich ja nicht die ganze Zeit von Pizza ernähren.
Als er schließlich kurz vor Sieben die Stadt erreichte, machte er auf dem Parkplatz eines Supermarktes Halt und kramte nach dem Handy von Grace, mit seiner SIM. Die Wunde musste behandelt werden. Unbedingt. Also wählte er schnell eine Nummer ein und rief an.
„Uh, Hallo?“
„Gregory! Alte Socke! Wie geht?s dir?“
„Jake?! Bist du verrückt, mich zu dieser Zeit anzurufen? Es ist Feiertag und ich will ausschlafen!“
„Ach du scheiße! Es ist ja Feiertag!“
Jake knallte sich die flache Hand auf die Stirn und sackte in seinen Sitz zurück.
„Greg, hör zu. Ich brauche deine Hilfe.“
„Hat das nicht Zeit, bis nach den Feiertagen?“
„Nein.“
„Wenn es nicht lebenswichtig ist, dann...“
„Ich wurde angeschossen!“
„Was?! Ist das dein Ernst?!“
„Ja verdammte scheiße nochmal. Also, schwing deinen Arsch aus dem Bett und komm her!“
„Wohin denn?“
„Ich bin in meinem Ferienhaus.“
„Wie? Das in den Bergen?“
„Genau das.“
„Wie lange soll ich denn da fahren?!“
„Bis du da bist! Also steh auf und mach hin.“
„Du bist ein elender Sklaventreiber!“
„Ich weiß. Hehe.“
Leise grummelte Greg auf.
„Also gut. Bin unterwegs.“
„Besser istŽs! Also bis dann. Ach und äh, bring mal was zu essen mit.“
„Jo, bis dann. Der alte Treffpunkt. Wie immer.“
„Wo sonst... Wann bist du da?“
„Naja, wenn ich mich beeile...“
„...Was du ja sicher tust...“
„... dann in zwei Stunden oder so.“
„Alles klar! Bye.“
Er legte das Handy auf den Beifahrersitz und blickte sich um.
'So. Und wo kriege ich jetzt was zu spachteln her?'
Kurz überlegte er und startete den Motor des Wagens wieder. Nach einigem umher fahren, wurde er schließlich an einer Tankstelle fündig und tätigte ein paar Einkäufe.
Als er das Ferienhaus erreichte, verdrängte die Sonne gerade die Wolken der Nacht. Alles war ruhig und er stellte den Wagen in die kleine Garage.
Leise schloss er die Tür auf und erschrak.
Sophia stand mit verschränkten Armen vor ihm und funkelte ihn wütend an.
„Wo zum Henker waren Sie? Ich bin fast gestorben, vor Angst!“
„Sophia! Dir auch einen wunderschönen guten Morgen. Ich war einkaufen.“
„Einkaufen also ja?“
Wieder funkelte sie ihn an und tippte sauer mit dem Fuß auf den Boden.
„Es ist ein Feiertag. Soweit ich weiß, haben die Geschäfte geschlossen!“
„Ah ja?“ er hob die Tüte mit den Einkäufen hoch. „Und die Tankstellen?“
Plötzlich wich SophiaŽs funkelnder Blick und sie schaute ihn verdattert an. Natürlich. Tankstellen hatten ja immer auf. Jake schüttelte den Kopf und schloss die Tür hinter sich.
„Ich fühle mich regelrecht geehrt, dass du so eifersüchtig bist!“
„Ich bin nicht eifersüchtig!“
„Sondern?“
„Ich war nur besorgt!“
„Ah ja...“
Leise lachte er vor sich hin und packte die Tüte aus. Wie eine Katze kam Sophia ihm hinterher geschlichen. Schließlich blickte sie ihm über die Schulter.
„Was haben Sie denn da?“
„Tja, wer weiß. Pornos, Telefonnummern und Bilder von nackten, willigen Frauen...“
„Mann!“
Wieder lachte er leise vor sich hin.
„Geh ins Bad und mach dich etwas frisch. Wir kriegen heute noch Besuch.“
„So? Wer kommt denn?“
„Ein alter Bekannter. Er wird sich meine Verletzung auch mal ansehen.“
„Das ist gut.“
„Das Wasser müsste jetzt auch warm sein. Nimm ruhig ein Bad. Ich mache derweil Frühstück.“
„Na gut. Aber nicht gucken!“
„Na wo werdŽ ich denn?“
Argwöhnisch blickte sie ihn an und grinste etwas. Natürlich würde er! Ganz klar! Und trotzdem, oder gerade deswegen, ging sie ins Bad, schloss die Tür und zog sich aus, während das Wasser in die Wanne prasselte. Und kaum saß sie darin, öffnete er die Tür.
„Sie Ferkel!“
Sie schmiss mit einem Waschlappen nach ihm und verfehlte ihn nur knapp.
„Hey! Willst du ohne Duschbad baden?“
„Duschbad?“
Sie blickte sich schnell um. Stimmt. Da war wirklich keines.
„Na dann geben Sie her, aber nicht gucken!“
„An dir ist nichts dran...“
„Was?!“
„...dass ich nicht schon gesehen hätte.“
„Sie Ferkel!“ brüllte sie wieder und packte sich das Handtuch. Schnell stand sie auf, wickelte es sich um den Körper und sprang aus der Wanne.
„Sie sind ein Voyeur! Ein Spanner! Ein Ferkel!“
Mit der Rückenbürste rannte sie ihm hinterher. Laut lachte er sie an und lief durch die Stube.
Plötzlich blieb er hinter dem Sofa stehen.
„Du siehst aus, wie Sailormoon! Hahahaha!“
Laut brüllte er los und lachte Tränen.
„Ah ja?! Im Namen des Mondes... werde... ich dich bestrafen!“ Sophia wedelte mit der Bürste herum und posierte.
„Uh! Angst!“
„Na warten Sie! Wenn ich Sie erwische!“
„Komm doch!“
Schnell lief sie um das Sofa herum, doch er war schneller, sprang bei Seite und sprintete zur Eingangstüre. Kaum hatte er sie geöffnet, packte er sich eine Hand voll Schnee und warf ihn nach Sophia.
„IIIhhh! Sind Sie verrückt?! Das ist doch kalt!“
„Na Sailormoon? Das war wohl nix.“
Er packte ihren Arm und hob sie hoch. Schließlich ließ er sie in voller Absicht in einen riesigen Berg Schnee fallen. Laut quiekte sie auf. Plötzlich riss sie die Augen auf und blickte ihn verschreckt an.
„Hey! Was ist los?“
Er beugte sich zu ihr herunter. Die Kälte hatte sie so erschreckt, dass sie plötzlich keine Luft mehr bekam und nur noch laut röchelte.
„Hey! Mach keinen Scheiß!“
Sophia packte seinen Arm und krallte sich daran fest. Wahnsinnige Angst durchströmte sie. Schließlich zerrte er sie aus dem Schneehaufen und warf sie gnadenlos in die Badewanne. Endlich! Den ersten Atemzug tat sie so tief, dass sie sich verschluckte. Sachte strich er ihr über die nassen Haare.
„Ganz ruhig. Schön ruhig atmen Sophia.“
Tränen kullerten aus ihren Augen und sie beruhigte sich nur langsam. So etwas schreckliches war ihr noch nie passiert.
„I-ich hatte so eine Angst!“
„Ich weiß. Beruhig dich Kleine. Das hört gleich wieder auf. Ich lasse dich jetzt alleine, damit du in Ruhe baden kannst ok?“
„Nein!“
„Soll ich hier bleiben?“
Zaghaft nickte sie ihm zu.
„Dann sehe ich dich ja.“
„Egal. Lieber sehen, als sterben.“
„Ach Sophia...“
Er stand auf und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. Noch immer weinte sie und zog laut hörbar die Nase hoch.
„Weißt du, was mir meine Mutter damals über Nase hochziehen erzählt hat?“
Leicht schüttelte sie den Kopf.
„Sie sagte immer: Junge! Wenn du die Nase hochziehst, sammelt dein Kopf den Schnodder und wenn du niest, dann fliegen irgendwann überall Geschosse durch die Luft!“
Sophia blickte ihn groß an. Plötzlich musste sie lachen und vergaß kurz, was eben passiert war.
„So ist es besser. Hör auf zu weinen. Das war nur der Schreck. Das gleiche könnte auch passieren, wenn du auf den Rücken fällst. Beruhig dich.“
„A-aber ich kann nicht!“
„Sofort beruhigen oder ich steige nackig zu dir in die Wanne.“
Mit großen Kulleraugen blickte Sophia zu Jake. 'Eigentlich müsste ich jetzt gnadenlos weiter heulen...'
„Ist gut, ich beruhige mich.“
„Ok, dann lasse ich dich jetzt allein. Und wenn etwas ist, dann rufst du mich einfach ok?“
„Ist gut.“
„Hier, das Duschbad. Ich bringe dir gleich noch ein frisches Handtuch.“
Er stand auf und machte einen Schritt zur Tür.
„Sophia? Du musst mich schon los lassen. Sonst klappt das mit dem weg gehen nicht, weißt du?“
Verschreckt blickte sie auf ihre Hand, die sich in das Fleisch an seinem Arm gekrallt hatte.
„Oh nein! Das tut mir Leid! Ich habe Sie ja total zerkratzt!“
„Schon gut. Aber langsam solltest du los lassen.“
„Ach ja...“
Ihr Griff lockerte sich und er zog seinen Arm aus ihrer Hand. 'wieder ein Hemd hinüber.', dachte er sich und schloss die Badezimmertür. Nachdem er ihr ein neues, trockenes Handtuch gereicht hatte, widmete er sich wieder dem Frühstück. Aufbackbrötchen, etwas Wurst und Käse, Marmelade und zwei gekochte Eier. Wie lange hatte er eigentlich schon nicht mehr gefrühstückt? Er überlegte. Es musste schon einige Jahre her sein. Sein Beruf machte die Nacht zum Tag und umgekehrt. Wenn andere aufstanden, war er schon wach, wenn andere arbeiteten, tat er das auch, wenn andere schlafen gingen, war er immer noch wach und wenn es Nacht wurde, dann begann seine eigentliche Arbeit. Den Beruf als Makler hatte er nur zur Tarnung angenommen. Ihn interessierte es nicht, ob andere Menschen ein schönes, neues Zuhause fanden oder nicht. Seinetwegen konnten sie unter der Brücke schlafen. Das ganze hatte ihn irgendwann so angeödet, dass er den Maklerberuf aufgab und sich als Neureicher ausgab. Als Jem
and, der geerbt hatte und nicht mehr arbeiten gehen musste. Niemandem fiel das auf. Es hatte sich so wieso niemand für ihn interessiert. Seit seine Eltern verstorben waren, war er allein. Die ganzen Jahre war er allein und irgendwann ergab es sich, dass er im Auftrag eines Bekannten seinen ersten Auftragsmord beging.
Bevor seine Gedanken weiter abschweifen konnten, tippte Sophia ihn an.
„Jake?“
„Hmm?“
„Ich glaube, die Brötchen sind hin.“
„Was?!“
Er warf einen Blick in den Backofen und fand ein Blech voller Holzkohle vor. Die Brötchen waren schwärzer als die Nacht. Dumpf seufzte er auf und schmiss die Klappe des Ofens zu. Sophia stand, frisch gebadet, in seinem Hemd vor ihm und hielt sich den Mund zu, damit sie nicht laut los lachte.
„Das findest du wohl komisch, was?“
„Ja!“
Plötzlich prustete sie los.
„Püh! Ich muss nicht frühstücken! Meinetwegen mache ich das hier nicht!“
Wieder kicherte sie laut auf und er zog sich eingeschnappt ins Schlafzimmer zurück. Irgendwie tat er ihr schon Leid. Da will er sie mit einem schönen Frühstück überraschen und dann fackeln ihm die Brötchen ab. Und zu allem Überfluss lachte sie ihn auch noch aus.
Kurz überlegte Sophia und begann, etwas Mehl, dass sie im Schrank gefunden hatte, mit anderen Zutaten in einer Schüssel zu verrühren. Wenn es keine Brötchen gab, dann eben Eierkuchen. Nach einer dreiviertel Stunde harter Küchenarbeit und der Einsicht, dass das mit den Eierkuchen wenden gar nicht so einfach ist, klopfte sie an die Schlafzimmertür.
„Was willst du?!“
„Sind Sie sehr böse?“
„Und ob!“
„Darf ich rein kommen?“
„Nein.“
„Warum nicht?“
„Darum!“
„Ich kooommeeee!“
„Nein!“
Ungeachtet dessen öffnete sie die Tür und erblickte ihn neben dem Bett stehend. Nackt. Ganz unverblühmt stützte er seine Hände in die Taille und blickte sie an.
„Ich habe doch nein gesagt?“
„T-tut mir L-leid.“
„Und warum starrst du mich jetzt so an?“
Doch sie konnte ihm keine Antwort auf diese Frage geben. Sie stand in der Tür und gaffte ihn an. Und wäre sie eine Hündin, dann würde ihr die Sabber aus dem Mund tropfen und sie würde sofort läufig werden. Schließlich fasste sie sich wieder und schmiss die Tür zu. Um alles nicht so peinlich zu belassen, wie es war, öffnete sie diese noch einmal.
„Das Essen ist fertig.“
„Ich komme gleich.“
„Erscheinen reicht.“
Damit warf sie die Tür wieder zu und ging zurück zum Stubentisch, auf dem sie das Frühstück serviert hatte. Mit zittrigen Knien ließ sie sich auf das Sofa nieder und blickte zum Fenster heraus.
'Was für ein Körper!!!'
„Na? Hast du dich wieder beruhigt?“
„Ja.“ antwortete sie ihm trocken.
„Uii! Eierkuchen! Toll und ich habe nicht mal Apfelmus...“
„Ist doch egal, dann nehmen wir eben Marmelade.“
In Boxershorts setzte er sich neben sie und stibitzte sich den ersten Eierkuchen vom Teller.
„Und? Kann man die essen?“
„Heiß!“
„Selber schuld, was schlingen Sie auch so.“
Er biss ab und blickte sie an.
„Weischt du, du bischt wirglisch fresch!“
„Na und? Was wollen Sie machen? Mir den Hintern versohlen?“
Hastig schluckte er runter.
„Ja darf ich denn?“
„Was?! Nein! Natürlich nicht!“
„Schade.“
Nachdem sie das Frühstück beendet und das Geschirr abgewaschen hatten, zogen sich beide an und verließen das Haus.
„Wo wollen wir denn hin?“
„Wir fahren zum Bahnhof und holen meinen Bekannten ab. Du wirst ihn bestimmt mögen.“
„Wer ist er?“
„Lass dich überraschen.“
Sie fuhren die verschneiten Bergwege entlang und erreichten schon bald eine asphaltierte Straße. Nun kamen sie endlich zügiger voran. In einem kleinen Dorf fuhren sie durch die engen Gassen und erreichten schließlich einen kleinen Bahnhof. Dort angekommen, stellten sie sich auf den Bahnsteig und blickten die Gleise entlang.
Jake zog seine Zigaretten aus seinem Mantel und zündete sich eine an.
„Ich will auch...“
„Sag das Wort mit den zwei T und du bekommst eine.“
„Flott, flott!“
Er lachte leise und reichte ihr die Zigaretten. So standen sie nun auf dem Bahnsteig und warteten auf den Zug. Schließlich sahen sie ihn von weitem heran nahen und gingen einen Schritt zurück. Es war nicht schwer, JakeŽs Bekannten ausfindig zu machen. Schließlich war er der Einzige, der ausstieg. Er war bepackt, wie ein Esel und kam auf die beiden zu. Er war Ende dreißig, Anfang vierzig, hatte brauen, verwuschelte Haare und einen dünnen Kinnbart. Als er Sophia neben Jake erblickte, runzelte er seine Augenbrauen etwas und lachte sie schief an.
„Hallo Jake.“
„Greg, wie geht?s dir?“
„Gut, gut. Willst du uns nicht bekannt machen?“
„Doch sicher.“
Er legte seinen Arm auf SophiaŽs Schulter und schob sie zu Greg hin.
„Sophia? Das ist mein alter Freund Greg, Greg, dass ist Sophia. Meine Geisel.“
„Deine was?“
„Ihre was?“
Beide blickten Jake an.
„Ja ist es denn nicht so? Ich habe sie entführt!“ lachte er ihnen entgegen.
„Was du nicht sagst...“
„Lass uns zum Auto gehen. Ich erkläre dir dort alles weitere.“
„Wo ist Grace?“
JakeŽs Augenbrauen zogen sich zusammen und er blickte auf den Boden.
„Habt ihr euch etwa schon wieder gestritten?“
„Sei nicht so neugierig!“ funkelte Jake ihn an.
„Du hast dich kein bisschen geändert, Junge.“
„Was meinst du? Meine Klugheit? Meine Gott verdammte Schönheit oder doch meine göttliche Begabung des Sprechens?“
„Nein.“ Greg zog die Augenbrauen zusammen. „Deine Selbstverliebtheit und dein Stolz. Und jetzt nimm mir endlich was ab!!! Die Sachen sind schwer!“
„Heul doch!“
Jake packte sich die Reisetasche und lief vor. Sophia nahm den Rollkoffer und zog ihn mühsam hinter sich her.
„Und du bist seine Geisel?“
„Wenn er das sagt.“
Sophia blickte Greg an und zuckte mit den Schultern.
„Warum haust du nicht ab?“
„Ich weiß nicht.“
„Komisches Mädchen.“
„Danke!“
Sie grinste ihn an und zerrte weiter an seinem Koffer herum. Was bitte hatte er da drin? Eine Hantel? Die Wildecker Herzbuben, als Taschenformat?
„Wird es gehen?“
„Ja, ja. Ich schaffe das schon.“
Laut ächzte sie auf, als sie das Auto erreichte und Jake ihr den Koffer abnahm. Sie stiegen in den Wagen und fuhren zurück zu JakeŽs Hütte. Dort angekommen, trugen sie seine Koffer herein und Sophia ließ sich geschafft auf das Sofa fallen.
Nachdem sich Greg und Jake zwei Stühle geholt hatten, setzten sie sich zu ihr an den Tisch.
„Dann zeig mal her.“
„Jetzt?“
„Willst du mich verscheißern?! Erst war es so dringend und jetzt hast du die Ruhe weg oder was?!“
„Wir hatten eben Hunger.“
„Du Idiot!“
Greg gab ihm eine Kopfnuss und fuchtelte wild mit den Händen herum.
„Reg dich ab. Du machst dich damit nur zum Obst vor Sophia.“
Langsam knöpfte Jake sein Hemd auf und wickelte den Verband ab.
„Uh! Das sieht übel aus.“
„Echt?“
„Stell dich nicht dumm. Das musst du doch merken.“
„Es tut weh, aber das haben Schusswunden so an sich.“
„Du musst jetzt hier nicht den Coolen spielen. Setz dich lieber hin, nicht dass du wieder aus den Latschen kippst, wie beim letzten Mal.“
Leise lachte Sophia Greg an und er zwinkerte ihr zu.
„Du Arsch! Ich war damals gerade mal neunzehn!“
„Ja, ja. Spuk mal lieber nicht so große Töne. Ich behandle jetzt erstmal die Wunde, danach kümmern wir uns um etwas anderes.“
„So? Was denn?“
„Ich habe ein neues Bild ausfindig machen können!“
„Was?!“
Jake sprang auf und drehte sich hastig zu Greg um.
„Das ist ja großartig! Wann, wo, wie teuer?“
„Immer mit der Ruhe. So weit ich weiß, will der Besitzer nicht verkaufen.“
„Wie dumm von ihm.“
„Tja, das tut jetzt weh.“
„Mach einfaaaaaach!“
Nachdem Greg seine Wunde behandelt und frisch verbunden hatte, ordnete er Jake Bettruhe an. In der Zwischenzeit könnte er seine Koffer und Taschen auspacken und sein Nachtlager aufschlagen. Nur widerwillig ließ Jake sich zu einem Nickerchen überreden und legte sich schließlich hin. Sophia deckte ihn zu und zog die Vorhänge zu, damit das Sonnenlicht, welches von den Schneekristallen reflektiert wurde, nicht zu grell ins Zimmer schien.
„Sophia?“
„Hmm?“
„Ich will nicht, dass du dich mit ihm über mich unterhältst, hast du verstanden?“
„Warum nicht?“
„Weil es dich nichts angeht.“
„Aber...“
„Tu, was ich dir sage und gut.“
„Ok...“
Sie senkte ihren Kopf und schritt zur Tür.
„Sophia?“
„Hmm?“
Er hob die Bettdecke hoch und blickte sie an. Schließlich lächelte sie leicht und kroch schnell darunter. Nach ein paar Minuten waren sie eingeschlafen und Greg schloss die Tür des Schlafzimmers. Er packte seine Hemden und Hosen auf den Stubentisch und räumte die Lebensmittel in den Kühlschrank. Schließlich legte er sich auf die Couch und schlief ein.
Als Sophia ihre Augen öffnete, blickte Jake von der Seite an.
„Fragt sich, wer den Schlaf nötiger hatte.“
„Jumm, jumm... Wieso?“
„Du hast mich heiß gemacht.“
„Was?!“
Plötzlich stand sie wie eine Kerze im Bett und blickte ihn verschreckt an.
„Du hast mich schon verstanden.“
„Ich habe doch nur geschlafen?“
„Das reicht schon...“
„Sie sollten sich schämen.“
„Jetzt reichtŽs!“
Er packte sie und warf sie mit sanfter Gewalt zurück in ihr Kissen. Sie wusste kaum, wie ihr geschah, als er sich auf sie legte und sie seine warme Haut durch den Pullover fühlte. Sanft küsste er sie am Hals und strich mit seiner Zunge an ihrem Ohrläppchen entlang.
„I-ich weiß nicht, ob das so gut ist?“
„Warum nicht? Komm schon.“
Kaum hatte er ausgesprochen, da wanderte seine Hand schon unter ihren Pulli und zog die Körbchen ihres BHŽs bei Seite. Leise stöhnte sie auf. Es puckerte in ihr, überall. Aber besonders in ihrem Schritt. Sie war so nervös. Sollte sie das tun? Es war eigentlich nicht richtig. Aber sie wollte auch nicht als verklemmtes, kleines Mädchen sterben. Einmal könnte man es ja zulassen. Also packte sie sein Hemd und riss es ihm vom Körper. Es dauerte nicht lange und sie lagen nackt nebeneinander. Mit einem stechend scharfen Blick schaute er ihr in die Augen und legte sich wieder auf sie.
„Ich werde das nicht lange machen können, wegen der Schulter.“ flüsterte er ihr gepresst entgegen.
„Schon gut...“
'Tolle Antwort...' dachten sich beide und mussten grinsen.
Plötzlich fühlte sie, wie er langsam in sie eindrang. Ganz sanft und bedächtig drückte er sich in sie hinein und sie schloss die Augen.
„Warte...“
„Hmm?“ Sophia blickte ihn an.
„Stehst du auf Blümchensex?“
„Was?!“ 'Wie kann man nur so unromantisch sein?!!!!!!!'
Sie fasste sich und schauspielerisch gesehen, legte sie Bestnoten ab.
„Nein. Nicht immer.“ antwortete sie ihm ruhig und gelassen. „Aber ich möchte noch laufen können.“
„Du wirst fliegen Kleines!“
Er zwinkerte ihr zu und gab ihr einen Kuss. Eigentlich mochte sie „Blümchensex“ total gerne. Was anderes kannte sie eigentlich auch nicht, aber Luise hatte ihr mal erzählt, dass sie einen Freund hatte, der sie regelrecht auseinander genommen hat. „Zwei Tage konnte ich nur breitbeinig laufen und sitzen war die Hölle!“ hatte sie gesagt. „Als er auf mir lag, kam ich mir vor, wie der Asphalt unter einem Presslufthammer!“ hatte sie ihr geschildert. 'Wie schrecklich!' Wie sehr bereute Sophia ihre Antwort. Konnte man die nicht noch einmal revidieren? Doch Jake blickte sie nur an und schien zu verstehen. Sie wollte noch gehen können. Also gut. Mit seiner Schulter konnte er eh nicht das Tier heraus lassen. Dann würde er eben Blümchensex mit ihr machen und ein wenig von dem Unkraut zerquetschen...
Er beugte sich etwas hoch und atmete tief ein. Ach was war das für ein herrliches Gefühl... Mit sanfter Gewalt stieß er zu und blickte Sophia fragend an.
„Ist das so ok?“
Sie nickte leicht und lächelte ihn an.
Endlich konnte er sich mal wieder ein wenig austoben. Immer fester stieß er zu und Sophia blickte ihn mit großen Augen an. So hatte sie es noch nie erlebt. Eigentlich war es gar nicht so übel. Leise stöhnte sie auf und legte ihren Kopf in den Nacken. Plötzlich spürte sie seine Hände an ihrem Rücken, die sie aus dem Bett hoben.
„Im stehen?!“ fragte sie ihn schockiert.
„Ich stehe, du hältst dich fest.“
Er machte mit ihr, was er wollte. Sophia ließ es einfach geschehen und genoss es. Noch nie hatte sie so etwas erlebt. Sie probierten die unmöglichsten Stellungen, lachten dabei, wenn es nicht klappte und liebkosten sich im nächsten Moment so zärtlich, dass ihr ganz flau im Magen wurde. Ihr Herz raste wild, als sie spürte, dass er kurz vor dem Höhepunkt war. Sie ließ sich fallen und versank in einem Meer von Gefühlen. Laut stöhnten sie auf und Greg fiel vor Schreck fast von der Couch. Murrend richtete er sich auf und blickte sich um. Hatte er das nur geträumt oder war da etwas? Kurze Zeit später öffnete sich die Schlafzimmertür und Jake kam in Shorts bekleidet in die Stube.
„Was habt ihr denn für einen Lärm gemacht?!“
„Hehe...“
„Hast du sie...“
Jake grinste ihn breit an und holte seine Zigaretten aus der Manteltasche. Sophia zog sich eines seiner Hemden über und wollte ihm folgen, stoppte dann aber an der angelehnten Schlafzimmertür und lauschte heimlich.
„Ist es etwas ernstes?“
„Quatsch! Sie ist siebzehn!“
„Und du Vierundzwanzig. Wo ist das Problem?“
„Grace...“
Er steckte sich die Zigarette in den Mund und zündete sie an.
„Ist sie immer noch so eifersüchtig?“
„Und wie. Sie hätte die Kleine fast kalt gemacht.“
„Du solltest ihr aus dem Weg gehen. Sie verdirbt dich irgendwann. Ich mochte sie noch nie.“
„Ich weiß. Aber sie war der liebste Schatz meiner Mutter, also kann ich sie nicht einfach meiden und das weißt du!“
„Schon, aber was ist mit dem Mädchen?“
„Was soll mit ihr sein?“
„Na, vielleicht denkt sie, dass sie bei dir Chancen hat?“
„So ein Quatsch! Sie ist ein Kind! Ein dummes, kleines Kind!“
„Also vögelst du gerne mit Kindern?“
Wutentbrannt blickte Jake zu Greg.
„Halt lieber die Klappe, sonst hört sie uns noch.“
Greg stand auf und ging zum Schlafzimmer. Vorsichtig lugte er in das Zimmer. Sophia lag im Bett und schlief. Beruhigt zog Greg die Tür wieder zu und setzte sich auf das Sofa. Sophia liefen die Tränen durch das Gesicht. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Wie konnte sie so dumm sein? Die Tränen aus ihrem rechten Auge sammelten sich neben ihrer Nase und tropften leise in das Kissen.
„Sie erscheint mir vernünftig. Warum versuchst du es nicht mit ihr?“
„Warum sollte ich? Sie weiß genauso gut wie ich, dass es nur ein Abenteuer ist. Sobald ich sie laufen lasse, wird sie mich rasch vergessen.“
„Ich verstehe dich einfach nicht Jake. Ist es wegen Grace? Hast du Angst, sie könnte ihr etwas antun?“
„Rede keinen Blödsinn Greg!“
Jake sprang auf und lief wild auf und ab.
„Was ist es dann?!“
„Das geht dich einen feuchten Dreck an! Ich habe dich nicht hier her bestellt, damit du mich ausfragen kannst. Deine Lebensweisheiten kannst du für dich selbst aufsparen!“
„Naja, wenn sie dir so egal ist, ...“
Greg stand auf und blickte ihn an.
„... dann leihst du sie mir doch bestimmt mal aus.“
„Was hast du vor?“
Greg packte sich in den Schritt und zwinkerte ihm zu.
„Mach doch was du willst...“
Er kehrte Jake den Rücken zu und ging ins Schlafzimmer. Hinter sich schloss er die Tür ab und legte sich zu Sophia. Ängstlich blickte sie ihn an. Sie kannte ihn nicht, wusste ihn nicht so recht einzuschätzen. Was war er für ein Mensch? Was hatte er genau vor? Sie hatte zwar die Stimmen gehört, aber nicht seine Mimik sehen können. Greg strich ihr durch das Haar und wischte die letzten Tränen aus ihrem Gesicht.
„Du hast alles gehört, stimmtŽs?“
Zaghaft nickte sie ihm zu.
„Dann weißt du jetzt auch, was als nächstes kommt?“
„Was denn?“
Er zog sie an sich heran und küsste sie auf den Mund. Sophias Herz begann zu rasen und sie stieß sich von ihm weg.
„Was soll das?!“
„Jake hat es mir erlaubt, also stell dich nicht so an.“
Der stand vor der Tür und lauschte. Er vernahm leise Stimmen und grinste. Dieser Greg hatte eh nicht den Mumm, sein Eigentum zu besudeln.
Er setzte sich auf das Sofa und zündete eine weitere Zigarette an. Plötzlich schreckte er zusammen, als er SophiaŽs kreischende Stimme hörte.
„Lassen Sie das! Finger weg!“
„Stell dich nicht so an! Na komm schon! Mit ihm hast du doch auch geschlafen?!“
„Das ist etwas anderes!“
„So?“
„Ich kenne ihn besser als Sie! Ich weiß nicht, wer Sie sind und was Sie machen. Ich will das nicht! Hören Sie auf!“
„Jetzt komm schon.“
Greg hielt ihre Arme fest und legte sich mit seinem ganzen Gewicht auf ihren Körper. Sophia zitterte am ganzen Leib. Wie konnte Jake ihr das nur antun? Was hatte sie verbrochen? Sie war doch kein Gebrauchsgegenstand, den man mal eben an den Nachbarn verleihen konnte. Wild strampelte sie herum, doch es half nichts. Greg war zu schwer.
„Runter von ihr!“
Jake stand auf der Schwelle der aufgetretenen Tür und richtete seine Waffe auf ihn.
„Was ist? Sie ist dir doch egal?“
„Runter!!!“
Greg rollte sich von Sophia runter und blickte ihn grinsend an. Er hielt die Pistole in seiner Hand und starrte beide an. Sein ganzer Körper bebte, seine Hände zitterten und sein Atem raste. Sophia blickte ihm in die Augen. Sie waren weit aufgerissen und verrieten nicht, was sich in seinem Inneren abspielte. Schließlich stand sie auf und nahm ein paar Klamotten, um sich im Badezimmer an zu ziehen. Nachdem sie sich angekleidet hatte, setzte sie sich auf den Klodeckel und ergriff den kleinen Handspiegel, der neben ihr auf einem Wandregal lag. Sie blickte hinein, doch sie sah nicht sich, sondern das, was sich eben zugetragen hatte. Alles lief vor ihrem inneren Auge ab, wie ein Film. Weg hier. Einfach nur weg hier. Wer weiß, wie lange es dauern würde, bis er sie wirklich mal „ausleihen“ würde.
„Was stellst du dich plötzlich so an?! Du sagtest, dass sie dir nichts bedeutet, also!“
„Ich habe dir aber nicht erlaubt, sie an zu fassen.“
„Du hast doch selber gesagt, dass ich machen soll, was ich will?!“
Sophia spitzte die Ohren. Die beiden schienen zu streiten. Das war die ideale Gelegenheit, sich aus dem Staub zu machen. Leise öffnete sie die Badezimmertür und blickte in die Stube. Beide standen noch immer im Schlafzimmer und zankten sich. Auf leisen Sohlen schlich Sophia sich zur Ausgangstür und flitzte kurz darauf über den Weg, den sie mit dem Auto genommen hatten, um zu dem Ferienhaus zu kommen. Sie musste diesen Weg schnell verlassen, denn hier würden sie sie zu schnell finden. Also bog sie einfach mal rechts ab und stapfte durch das verschneite Unterholz des Waldes. Schon bald vernahm sie die Stimmen der beiden, die nach ihr zu suchen schienen. Doch wenn sie sich einbildeten, dass sie zu ihnen zurück kommen würde, dann hatten sie sich geschnitten! Sophia lief und lief und erreichte schließlich eine kleine Straße. Es war niemand zu sehen, kein Auto, kein Fahrrad, nichts. Und doch fühlte sie sich beobachtet. Die Straße verlief mitten durch den Wald und sie wusste nicht m
al, in welche Richtung sie nun laufen sollte. Das Dorf, von wo aus sie Greg abgeholt hatten, würde sich an dieser Straße liegen. Fragte sich nur, wo genau.
Plötzlich schreckte sie zusammen. Da war doch etwas? Hatten sie sie etwa so schnell finden können? Sie blieb ruhig stehen, schloss die Augen und spitze die Ohren, als ihr plötzlich jemand von hinten auf den Kopf schlug. Ihr wurde sofort schwarz vor den Augen und sie fiel in Ohnmacht.

„Du hast sie vergrault!“
„Iiich?!“
„Wer sonst?! Du Lustmolch! Wenn wir sie nicht wieder finden, dann mache ich aus dir ein Fischernetz!“
Wild fuchtelte Jake mit der Pistole vor GregŽs Nase herum. Sie hatten SophiaŽs Fußabdrücke entdeckt und folgten ihnen. Schließlich erreichten sie die kleine Straße und blickten sich um.
„Hier muss sie doch sein! Die Fußabdrücke enden hier.“ stellte Jake enttäuscht fest.
„Ja, und die Schleifspuren beginnen hier.“ antwortete Greg ihm kühl.
„Was?!“
Jake blickte auf den Boden und entdeckte sie schließlich auch. Schleifspuren im Schnee, die zur Straße führten. Was war nur geschehen? Wo war Sophia? Was, wenn ihr etwas passiert war?
Die beiden blickten sich fragend an.

Als Sophia ihre Augen öffnete, war es dunkel und man konnte die Hand vor Augen nicht sehen. Sie war gefesselt und saß auf einem Stuhl. Sie wollte schreien und um Hilfe rufen, doch sie hatte einen Knebel im Mund, der ihre Lippen aufgerissen hatte. Ängstlich versuchte sie irgendetwas zu hören, doch alles war still. Wie konnte das nur wieder passieren? Sie war aber auch zu dumm. Sie hätte vor Jake abhauen sollen, wenn sie mit ihm in einer großen Stadt war. Das wäre besser gewesen. Und nicht, wenn sie auf einem trostlosen Fleck Erde hockte. Sie war aber auch wirklich dumm! Aber die Frage war nun, wer hatte sie hier her gebracht? Vielleicht war es sogar Jake selbst, der sie verschleppt hatte? Vielleicht war er sauer auf sie, weil sie einfach abgehauen war? Oder es war dieser Greg. Sie zermarterte sich den Kopf, doch sie fand einfach keine Antwort. Plötzlich wurde es schmerzend hell und jemand stand vor ihr.
„Na? Bist du endlich wach?“
„...“
Schmerzerfüllt seufzte Sophia auf, als ihr der Knebel aus dem Mund gerissen wurde.
„W-wo bin ich?“
„Bei mir.“
„Sie?! Was wollen Sie von mir? Lassen Sie mich gehen, bitte.“
„Niemals! Du wirst diesen Ort nie mehr verlassen!“
Hämisches Lachen schallte durch den Raum.
„Grace! Bitte lassen Sie mich gehen.“
„Nein!“
Sie holte aus und krachte Sophia die flache Hand ins Gesicht. Das ganze ähnelte schon mehr einem Fausthieb, als einer Ohrfeige und Sophia brauchte etwas, um wieder ganz zu sich zu kommen.
„Was habe ich Ihnen denn getan?“
„Was sie mir getan hat, fragt sie mich! Pah! Das ich nicht lache! Du billiges Flittchen! Ich lasse mir Jake von dir nicht madig machen! Er gehört mir! Und wenn du etwas mit ihm machen willst, dann brauchst du meine Genehmigung dafür!“
„Aber ich will nichts von ihm! Nicht mehr...“ fügte sie schließlich leise hinzu.
„So? Hat er dich also fallen gelassen? Das freut mich jetzt aber!“
Wieder lachte Grace sie boshaft aus und stöckelte um den Stuhl herum.
„Hast du etwa wirklich geglaubt, dass er dich lieben würde? Du bist so naiv und dumm! Sicher hat er dich flach gelegt, sonst hätte er nicht so schnell das Interesse an dir verloren.“
„Warum sind Sie so gemein zu mir?! Glauben Sie nicht, dass es für mich vollkommen genügt, von Jake abserviert zu werden? Sie sind ja so gefühlskalt!“
„Oh danke! Wie lieb von dir. Wollen wir ihn doch mal anrufen und fragen, warum er dich weggeschickt hat.“
Grace zog ein Handy aus der Tasche und wählte seine Nummer. Sie kannte sie auswendig. Sie brauchte sie nicht speichern, denn diese Nummer kannte sie nur zu gut.
Es klingelte.
„Hallo?“
„Jaaaake!“ quäkte sie übertrieben freundlich in den Hörer.
„Grace...“ kam es nüchtern zurück.
„Was willst du?“
„Neuigkeiten! Was sonst? Warum hast du sie weggeschickt?“
„Wen?“
„Na dein Püppchen?“
„Sophia?“
„Wen sonst?“
„Ist sie bei dir?!“
„Ich habe mich erbarmt ihr ein Dach über dem Kopf an zu bieten. Sie fiel mir in die Arme und nahm dankend an...“
„Wenn du ihr auch nur ein Häärchen krümmst...“
„Ich freue mich auch! Ah! Sie will bestimmt mit dir sprechen, warte...“
Grace beugte sich zu Sophia herunter und hielt ihr das Handy ans Ohr.
„Jake?“
„Sophia!!!“
„E-es tut mir Leid...“ wimmerte sie los.
„Oh Sophia! Warum bist du denn weg gelaufen?“
„Weil ich wütend war! Sie haben so gemeine Sachen gesagt...“
„Du hast mich gehört?“
„...... Ja......“
„...“
„Warum?“
„Hmm?“
„Warum haben Sie mir das angetan?“
„Sophia hör mir zu. Das wäre nichts geworden! Du gehörst nicht in meine Welt und ich nicht in deine. Du musst dich verlieben, heiraten und Kinder kriegen. Mit einem Mann, der auch dich liebt und vor dem Bösen beschützt. Das bin ich nicht...“
„Aber Sie haben mich doch auch beschützt?“
„Aber ich war ja auch Schuld, dass du in diese missliche Lage geraten bist.“
„Holen Sie mich hier weg! Ich habe Angst!“
„So das reicht!“
Grace riss das Handy weg und hielt es sich wieder ans Ohr.
„Grace, ich warne dich! Wenn du ihr irgendetwas tust, dann Gnade dir Gott.“
„Was willst du schon machen?“
„Fahr zur Hölle!“
„Später. Wenn du meine Vereinbarungen ein hältst,“ sie öffnete eine Tür, schaltete das Licht aus und verließ das Zimmer. „dann können wir über ihre Freilassung sprechen.“
„Vereinbarungen?“
„Grace! Bitte machen Sie wenigstens das Licht wieder an! Ich mag diese Dunkelheit nicht!“ rief ihr Sophia mit zittriger Stimme nach.
„HaltŽs Maul!“ brüllte sie genervt zurück.
„Was machst du da?! Wo bist du Grace?!“
„Ich will, dass, wonach ich mich schon seit Jahren sehne...“
„Grace, wir haben schon so oft darüber gesprochen. Ich liebe dich nicht und ich werde dich niemals lieben. Jedenfalls nicht so, wie du es dir erhoffst. Ich sehe in dir meine große Schwester, mehr nicht.“
„Wir sind nicht verwandt! Ich bin nur deine Stiefschwester! Vergiss das nicht! Und wenn du mich jetzt nicht liebst, dann lernst du es vielleicht?“
„Nein...“
„Dann Gnade ihr Gott. Du wirst sie nicht wieder sehen.“
Kurz unterbrach Grace das Gespräch, als ein Zug an ihrem Versteck vorbei donnerte. Angespannt presste Jake den Hörer an sein Ohr.
„Was hast du jetzt vor?“ fragte er sie, nachdem wieder Ruhe eingekehrt war.
„Ich werde dafür sorgen, dass sie nicht mehr so reizvoll für dich ist.“
Mit diesem Satz beendete sie das Gespräch und lief auf ein anderes Zimmer zu. In einer Badewanne hatte sie alles vorbereitet. Es fehlte nur noch das i-Tüpfelchen.
Sie hob einen Kanister vom Boden und schraubte ihn auf. Sofort zog ihr ein saurer Geruch in die Nase und sie drehte den Kopf weg, als sie seinen Inhalt in das Becken füllte. Dort fing die Säure an, dass Metall der Wanne an zu greifen. Nachdem sie ihn entleert hatte, kehrte sie zu Sophia zurück.

„Wo willst du hin?“
„Ich muss sie retten.“
„Du weißt doch gar nicht, wo Grace ist?“ Greg packte Jake am Arm und blickte ihn an.
„Sie ist wieder in der alten Lagerhalle, wo wir früher immer gespielt haben. Das Zuggeräusch hat sie verraten. Und jetzt LASS MICH LOS!“
Jake riss sich los und sprang ins Auto. Wie ein Geisteskranker fuhr er los und schon bald waren die Rücklichter des Wagens hinter den verschneiten Bäumen verschwunden. Es war bereits dunkel und die Sterne glitzerten am Himmel. Doch Jake schenkte ihnen keine Aufmerksamkeit. Er musste zu Sophia und das, so schnell, wie nur irgend möglich. Er wusste, wie grausam seine Stiefschwester Grace sein konnte. Als Sein Vater damals noch einmal heiratete, brachte die neue Frau sie in die Ehe mit. Er sah in ihr immer nur seine Schwester, doch sie wollte mehr. Sie konnte sich mit seiner brüderlichen Liebe nicht zufrieden geben. Was hatte sie Christine damals angetan, als sie heraus bekam, dass sie JakeŽs Freundin war? Sie hatte ihr mit einer Rasierklinge das Gesicht zerschnitten! Nach dieser Tat wurde Christine verrückt und musste in eine geschlossene Anstalt eingeliefert werden. Noch einmal durfte er das nicht zulassen.

„Lassen Sie mich los! Sie tun mir weh!“
„Du wirst dir noch wünschen, dass du deinen Eric geheiratet hättest!“
Grace schleifte Sophia hinter sich her und schlug immer wieder auf sie ein. Laut weinte sie auf und flehte sie an, dass sie sie doch gehen lassen sollte. Doch Grace sah nur noch rot. Ihre Eifersucht stieg ins unermessliche, als sie Spuren von Jake an ihrem Hals fand. Er musste sie geküsst haben und hatte ihr sogar einen Knutschfleck gemacht! Das war zu viel! Sie packte Sophia am Schopf und zerrte sie zu der Badewanne. Der saure, beißende Geruch der Säure stieg ihr in die Nase und sie ahnte Böses voraus. Am Rand der Wanne hängend, versuchte sich Sophia von dem Gebräu weg zu drücken, doch Grace schob immer weiter. Nur noch ein halber Meter und ihr Gesicht würde das Säurebad berühren. SophiaŽs Augen tränten und ihre Lunge zog sich schmerzhaft zusammen. Ihr Hals fühlte sich so kratzig an und sie atmete ganz flach, um nicht zu sehr den Dämpfen ausgesetzt zu sein. Doch diese Atmung ließ sie schwächer werden und Grace schaffte es, sie immer weiter nach unten zu drücken. Noch einmal
wimmerte sie auf und plötzlich fiel eine Strähne ihres Haares in die Säure. Zischend schlugen kleine Blasen auf und fraßen sich durch ihre Haare.
„Nein! Nicht! Bitte! Hören Sie auf! Bitte!“
„Stirb!“
Grace be3ugte sich über sie und lehnte sich mit ihrem ganzen Gewicht auf sie drauf, als sie plötzlich eine Hand fühlte, die sie weg zerrte.
Sophia sprang auf und ließ sich nach hinten auf den Boden fallen. Sie weinte bittere Tränen und kniff die Augen zu.
Jake hob sie hoch und löste ihre Fesseln.
„Jake!“
Sie fiel ihm um den Hals und weinte noch lauter. Mit einem Messer schnitt er ihr die Strähne mit der Säure ab, damit sie nicht andere Körperteile verätzen konnte.
„Jake!“
Unsicher schlich Grace auf ihn zu.
„Was bildest du dir ein?!“
„Aber Jake! Sie hatte es verdient!“
Sie sagte das so ruhig und selbstverständlich, dass er es ihr fast geglaubt hätte.
„Du bist ja verrückt!“
Sophia drückte sich gegen seine Brust und legte ihre Arme um ihn. Grace riss die Augen auf und starrte sie an. Wie konnte sie an seinem Hals hängen? Und er ließ es zu? Nein! Sie zog einen Revolver aus der Tasche und visierte sie an, als Jake plötzlich auch seine Waffe zog und auf Grace zielte.
„Lass die Waffe fallen, Grace!“
„Nein! Du musst dich entscheiden! Entweder sie oder ich!“
Sie standen einige Minuten schweigend da, als plötzlich ein Schuss fiel.

Greg hielt seine Hand heraus und ein Wagen stoppte neben ihm.
„Wo soll es denn hin gehen?“
„Zu der alten Lagerhalle im Gewerbegebiet.“
„Was wollen Sie denn da?“
„Ich suche jemanden.“
Die Frau im Wagen blickte ihn spöttisch an, öffnete jedoch die Tür und winkte ihn herein.
„Wen suchen Sie denn?“ fragte sie und legte den Gang ein.
„Ach, einen Bekannten. Er rief mich an und meinte, dass er sich dort verlaufen hat.“
„Das wundert mich nicht, dort ist es so verwinkelt... Ich fahre leider nicht direkt dort vorbei, Sie müssten noch ein Stück zu Fuß gehen.“
„Ich denke nicht.“
„Was?“
Irritiert blickte sie ihn an. Plötzlich quiekte sie kurz auf, als Greg ihr die Waffe an den Kopf hielt.
„Um Gottes Willen! Tun Sie mir nichts bitte! Sie können das Auto haben, wenn Sie wollen.“
„Das ist eine gute Idee. Aber ich will kein Unmensch sein. Fahren Sie bis zum nächsten Dorf. Dort steigen Sie dann aus.“
zaghaft nickte die Frau ihm zu und blickte wieder auf die Straße. Im nächsten Dorf sprang sie schließlich aus dem Wagen und blickte Greg hinterher, wie er sich aus dem Staub machte. Tränen des Schocks rannen über ihr Gesicht.
Greg raste, wie ein Irrer zu der Lagerhalle und stieg aus. Alles war still, keine Stimmen, keine Geräusche. Nur diese erschreckende Totenstille. Plötzlich Schreie. Er hastete die Treppen hinauf. Überall war es total vermodert und es roch nach Urin und Fäkalien. Und dann dieser saure Geruch.
Das sechsstöckige Haus stand komplett leer. Die Fenster waren eingeschlagen und überall pfiff der Wind herein. Er musste sich beeilen.

„Was hast du getan?!“
„Es musste sein, Jake. Sie ist doch noch ein Kind...“
Jake packte Grace und knallte ihr die flache Hand ins Gesicht. Sophia hing in seinen Armen und röchelte schwer. Aus ihrem Bauch sickerte das Blut und tropfte leise zu Boden. Grace stand wieder auf und blickte Jake an, wie er Sophia leise ins Ohr säuselte.
Wieder stieg diese unermessliche Eifersucht in ihr auf.
„Ist sie etwa immer noch nicht tot?!“
Jake legte Sophia auf den Boden und schritt auf Grace zu.
„Das wirst du bereuen, Grace. Fahr zur Hölle!“
Er packte ihren Schopf und drückte sie in die Wanne mit der Säure. Laut kreischte sie auf und wand sich unter Schmerzen. Plötzlich fiel ein zweiter Schuss und Jake sackte zusammen. Sie hatte ihm den Revolver auf die Brust gesetzt und abgedrückt.
Schnell zog sie ihr Gesicht aus der Säure und lief zum Fenster, durch das es hinein geschneit hatte. Schmerzerfüllt rieb sie den Schnee durch ihr Gesicht und blickte beide an. Jake kroch auf allen vieren zu Sophia zurück.
„Wenn ich dich nicht haben kann, dann keine!“
Wieder hob sie den Revolver und zielte auf ihn. Es gab einen lauten Knall und plötzlich wurde es ruhig. Greg blickte sie an. Grace starrte stur gerade aus und fiel nach hinten um. Ein gezielter Kopfschuss hatte sie regelrecht hingerichtet. Als Greg Jake und Sophia am Boden liegen sah, beugte er sich schnell zu ihnen herunter.
„Jake! Was ist?“
„I-ich... E-es tut weh...“
„Ich weiß, du wurdest wieder angeschossen.“
„Nein... E-es tut weh, Sophia leiden zu sehen.“
Kurz blickte er Greg in die Augen und eine Träne rollte an seiner Wange herunter, als er schließlich zusammen sackte und alles unheimlich still wurde.


Epilog

Als das Flugzeug landete, öffnete Greg seine Augen. War er doch tatsächlich eingeschlafen! Es war aber auch ein endlos langer Flug gewesen. Müde streckte er sich und sammelte sein Handgepäck zusammen. Kurz stand er auf und putzte sich die Brötchenkrümel von seiner Hose. Schließlich kam die Maschine zum stehen und er stieg aus. Nachdem er seine Koffer vom Gepäckband geholt hatte, machte er sich auf den Weg zum Ausgang. Überall hasteten die Menschen an ihm vorbei. Alle hatten es scheinbar unglaublich eilig. Nur er nicht. Er hatte Zeit und würde nicht hetzen. Das hatte er sein ganzes Leben lang schon getan und jetzt, wo er sich endlich mal frei genommen hatte, würde er seinen Urlaub auch genießen. „Exit“ stand auf einer Tafel geschrieben, der er auch folgte. Am Ausgang war das Getümmel noch schlimmer und er wartete kurz, bis sich die größte Unruhe gelegt hatte. Langsam schritt er zum Parkplatz. Dort angekommen, wurde er schon breit angegrinst.
„Na! Lange nicht gesehen und doch wieder erkannt, was?“
„Das kannst du laut sagen.“
„Wo ist deine Frau?“
„Zu Hause. Sie hat gekocht. Wir sollten uns beeilen. Es gibt Schnitzel!“
Greg blickte in seine glitzernden Augen.
„Ja, ja. Dann hilf mir wenigstens beim Tragen.“
Beide schleppten seine Koffer zum Auto und stiegen ein. Es waren immerhin zwei Stunden Fahrt, die sie noch überstehen mussten. Sicher war das Essen schon kalt, wenn sie ankommen würden. Nach einer schier endlosen Fahrt bogen sie endlich in eine kleine Einfahrt ein. In der Haustür stand eine junge Frau und schüttelte lächelnd den Kopf.
„Jenny! Wie schön, dich wieder zu sehen! Was macht der Babybauch?“ rief Greg, als er die Tür des Wagens gerade zu schlug.
„Das siehst du doch! Er wächst! Ich fühle mich, wie ein Globus!“
Sie lächelte wieder und führte beide ins Haus. Im Flur hingen viele Bilder und Gemälde. Greg freute sich, dass die Sammlung nun endlich komplett war. Das Essen hatte sie extra warm gehalten und servierte es nun auf dem Esstisch.
„Und? Wie gefällt euch das Haus?“
„Es ist wunderbar, nicht wahr, Thony?“
„Auf jeden Fall! Nur an diese Ruhe muss ich mich noch gewöhnen. Das ist irgendwie nicht meine Welt.“
„Na, das wird schon. Wie ist es mit deinen Aufträgen? Geht es mittlerweile wieder? Du hattest dich ja beklagt, dass all deine Kunden abgesprungen wären?“
Thony blickte zu seiner Frau.
„Ich nehme keine Aufträge mehr an. Wir wollen hier in Ruhe und Frieden leben. Ich arbeite wieder als Makler.“
„Du hast dich wirklich sehr geändert, Junge. Alles hat sich irgendwie geändert. Findet ihr nicht?“
„Und ob...“
Leicht irritiert blickte Greg sie an.
„Naja, manchmal ruft er mich noch Sophia! Und ich muss gestehen, dass ich Jake auch nicht so leicht vergessen konnte. Außerdem vermisse ich Luise schon sehr. Wenn die wüsste, dass ich ja gar nicht tot bin...“
„Tja, es ist besser für euch. Hier in Florida wird euch niemand suchen und ihr habt eure Ruhe. Keine Polizei, kein Stress, einfach Ruhe.“
„Und das haben wir dir zu verdanken, Greg. Hättest du uns damals nicht das Leben gerettet...“
„Ach, das ist doch schon so lange her...“ unterbrach er Jenny.
„Zwei Jahre und ein bisschen!“ ergänzte Thony schnell.
„Naja. Wann ist denn der Geburtstermin?“
„In drei Wochen werden sie geholt.“ lächelte Jenny ihm entgegen.
„Es sind Zwillinge?!“ Greg sprang auf und warf seine Serviette neben den Teller.
„Meinen Glückwunsch! Also Thony! Was hast du ihr nur wieder angetan? Was wird es denn?“
„Ein Junge und ein Mädchen. Nicht eineiig.“
„Oh! Und? Habt ihr schon Namen?“
„Und ob!“
„Ich höre?“
Jenny und Thony blickten sich an. Im Chor antworteten sie ihm: „Sophia und Jake!“








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