Ich laufe durch die Strasse, und halte vor einem kleinen Laden der 'Baby an Bord' heißt, schon seit Jahren gehe ich mit Freundinnen am Schaufenster vorbei und betrachte die winzigen Schuhe, oder die kleinen Mützchen, und schon immer wollte ich da drinnen mal einkaufen gehen. Es sind jetzt schon zwei Monate vergangen seitdem ich es Vince gesagt habe ,ich bin also etwa im vierten Monat, und man sieht noch nicht wirklich einen richtigen Baby-Bauch, aber ich selber merke es immer deutlicher, vielleicht realisiere ich es nur langsam und deshalb glaube ich etwas zu spüren. Um mir selber zu zeigen dass ich ein Baby bekomme, betrete ich also langsam den Laden. Eine Verkäuferin kommt auf mich zu, sie ist jung und sieht nett aus. 'Bist du sicher dass du hier richtig bist?' fragt sie mich zögernd. Verlegen sehe ich auf meine Füße, eigentlich müsste ich stolz das Kinn heben und verkünden dass ich ein Kind in mir trage, aber ich bin noch nicht soweit, deshalb sage ich nur leise 'Ja.' Die Verkäuferin lächelt. 'Dann ist es dein erstes, vermute ich.' Ich nickte nur und starrte immer noch nur auf den Boden. 'Ich hab auch grade mein Erstes bekommen, ich kann dir also fachmännisch helfen.' Gott sei dank, endlich jemand der gut damit umgeht, denke ich. Während Erika, so hat sie sich vorgestellt, und ich durch die Gänge laufen stöbern wir zusammen etwas in den Regalen. Sie plappert fröhlich drauf los. Erzählt dass sie ein Kind mit 20 bekommen hat, und sich gut vorstellen kann wie es mir grade geht, sie fragt nach dem Vater und ob wir uns auf das Kind freuen. Ich denke kurz an Vince, der es noch am selben Abend seinen Eltern gesagt hatte. Die nächsten Tage war er noch wie erstarrt wenn er mich gesehen hat, doch er hat sich Mühe gegeben normal mit mir umzugehen. Jetzt erwische ich ihn manchmal wie er nachts die Hand auf meinen Bauch legt und nachdenklich schaut. Nicht unruhig, nur in Gedanken versunken. Eine Weile lang haben wir nicht darüber geredet, aber einmal hatte ich es nicht ausgehalten und es war aus mir herausgeplatzt. 'Willst du einen Jungen oder ein Mädchen?' er hatte mich erst geschockt angesehen, und dann lächelnd geantwortet, er wolle nur ein Kind das aussehe wie ich.
Also nicke ich eifrig auf ihr Frage. 'Das ist gut' antwortet sie 'zu viele Jugendliche zerstören ihr eigenes Leben, indem sie sich die Schuld am Tod ihres Kindes aufbürgen. Ich glaube nämlich es gibt viele junge Mädchen die eher mit einem Kind zurecht kämen als damit es wegmachen zu lassen. Sie werfen es sich vor und fragen sich immer, was wäre wenn sie es anders getan hätten…sie kommen mit der Schuld nicht klar.' Kurz glaube ich einen traurigen Schimmer in ihren Augen zu sehen, doch es war so kurz, dass es wohl nur Einbildung war.Letzten Endes kaufe ich nichts, denn es ist noch zu früh, aber Erika und ich tauschen unsere Nummern aus, und trinken noch einen Tee zusammen, Kaffee trinkt sie nicht, und mir rät sie davon ab. Ich bin froh jemanden zu haben der mich versteht und mir Tipps geben kann, meine Mum… na ja sie kommt noch nicht so damit klar und war auch mit mir damals schon überfordert, da will ich sie nicht so mit reinziehen, auch wenn ich zu ihr zurückgezogen bin, um ihre Hilfe zu bekommen. Sie kommt schlechter damit klar Oma zu werden als ich damit Mutter zu werden. Immer wieder fragt sie mich wie ich für das Kind sorgen will, und immer antworte ich dasselbe 'Vince und ich werden das schon schaffen.' Erika nickt und erzählt mir dass ihre Mutter sie damals auch eher schlecht als recht unterstützt hatte, weil Erika noch nicht verheiratet war. Sie war bis jetzt nur verlobt, und möchte warten bis das Kind alt genug ist um nicht als Grund für die Hochzeit zu gelten. 'Ich möchte meinen Freund nicht wegen unserem Kind heiraten' erklärt sie mir, sie will warten um zu wissen ob er der Richtige ist. Ich denke an Vince und daran ob ich ihn heiraten könnte. Bei dem Gedanken muss ich lächeln, ich sehe uns nämlich im geistigen Auge bereits mit Bierbauch, Lockenwicklern und Bademantel vor dem Fernseher sitzen. Meinen Eltern übrigens zum verwechseln ähnlich. Aber wenn ich Erika betrachte, sie ist jung und schön und frisch, ja sie ist eine tolle junge Braut, sogar jetzt in Jeans und Bluse. Bevor es Zeit für mich ist zu gehen, drückt sie mich und sagt ich solle sie anrufen oder gleich besuchen wenn es zu viel wird. Zwar weiß ich noch nicht was 'zu viel' ist, werde mich aber sicher dran erinnern wenn es soweit ist.Ich atme zweimal tief durch und öffne dann die Tür zur Praxis. Frage Regine wo der Chef ist, und sie nickt nur in Richtung Behandlungszimmer, ihr Blick verrät mir dass der Chef schlecht drauf ist. Na toll. Ich betrete den Raum. 'Herr Eichinger?' Ich hasse es das zu tun. Nachdem er mich sehr kühl hereingebeten hat und ich ihm die Lage geschildert habe. Sieht er mich aus zugekniffenen Schweinsaugen an. 'Nun ja, ich dachte mir schon dass so etwas bei ihnen kommen würde' WAS sollte das nun wieder heißen?! 'Ich erwarte ihre Kündigung Montag im Briefkasten.' Ich nicke nur, verlasse erhobenen Hauptes den Raum und pralle mit Regina zusammen. Sie zwinkert mir zu und sagt 'Wenn du willst mach ich dir gleich jetzt Ultraschallbilder.' Achja, meine liebe Kollegin Regina, bei ihr und diesem Idioten machte ich bis dahin eine Ausbildung zur Arzthelferin, doch aus der Traum. Um Reginas Charakter zu verstehen sollte man nur eins wissen, sie schämt sich nicht mal, beim Lauschen erwischt worden zu sein, sie grinst nur frech und zieht mich in den anderen Behandlungsraum. Ich bin jetzt fast im sechsten Monat und auf einmal habe ich einen für mich riesigen Bauch.Ich starre auf die Bilder und bin erschrocken, man erkannt ja schon einen Menschen in mir, beim letzten Mal war es noch nicht so ausgeprägt, und seitdem war ich nicht mehr. Ich bitte Regina um die Bilder und rahme sie zuhause ein. Ich klaue mir einen Pulli meiner Mutter der nicht ganz nach alter Frau aussieht, denn meine passen nicht mehr, da schaut unten immer ein stück Bauch heraus, und Erika hatte gesagt dass das Baby immer warm haben sollte. Also Pulli meiner Mum. Ich ziehe ihn mir über und laufe schnell die Treppe runter um das Bild Vince zu bringen. Immerhin habe ich meine Energie noch nicht verloren, ich hab gehört manche Mütter verbringen drei Viertel der Schwangerschaft im liegen weil sie so schnell fertig sind. Zum glück habe so was und andere schlimmen Symptome einer Schwangerschaft wie zum Beispiel aufgebläht sein und Übelkeit nicht. Ich genieße jeden Tag inzwischen, ich freue mich auf den September denn am 2. ist der erwartete Geburtstag meines Kindes. Regina wollte mir sagen was es wird, doch ich wollte es mit Vince zusammen auf dem Ultraschall herausfinden, ich konnte das zum Glück sehen, praktisch so eine Ausbildung, denke ich. Nein, eigentlich habe ich in allem furchtbar viel Glück, denke ich. Glück im Unglück.Ich komme bei Vince an, und wieder öffnet seine Mutter die Türe. Sie schaut mich wie schon so oft seit man meinen Bauch sieht irritiert an und lässt mich wortlos zu Vince. Einmal hatte sie mir gesagt: 'Es ist nichts gegen dich Mädchen, ich mag dir sehr und ich glaube es ist besser dir passier so was wie einer anderen die wahrscheinlich anders damit umgehen würde, aber lass mir Zeit. Ich wollte dass Vince Arzt wird, er studiert wie sein Vater und er ein sicheres unspektakuläres Leben führt, jetzt ist alles unsicher.' Ihr liefen dabei Tränen die Wangen herunter, und um sie zu trösten hatte ich erwidert dass Vincents Leben schon aufhörte unspektakulär zu sein als er mich kennen lernte. Sie hatte gelacht und war an dem Abend nett zu mir, doch ich merkte dass es ihr schwer fiel. Jetzt ist sie wieder kalt, doch ich werfe es ihr nicht vor.
Ich komme im Zimmer an und klopfe leise, er öffnet langsam, küsste mich lange und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht die sich aus meinem Zopf gelöst hat. Upps. Hier stimmt etwas nicht, normalerweise war das anders. Er nahm mich an der Hand und führte mich zum Bett, diese Szene kam mir bekannt vor… und machte mir Angst! 'Schatz, ich muss dir was sagen, und ich… ich weiß nicht wie du es aufnehmen wirst.' Ok, DAS machte mir Angst. 'Sag schon, was es ist, bevor ich ohnmächtig werde.' Drohte ich mit gespielt ernstem Blick, doch er ging nicht auf den Spaß ein. 'Ich habe eine gute Uni gefunden die mir ein BA-Studium anbietet, allerdings müsste ich umziehen… nach Reims.' Reims? Reims… wo zur Hölle liegt das noch mal??? Ohoh, böse Vorahnung!!! 'Dir ist klar dass wir in St Etienne leben?' er nickte. Ich war noch nie gut im Kopfrechnen, aber ich überlege fieberhaft. 'Wie viele Kilometer sind das?' 'Schatz ich möchte dass du weißt…' 'Wie viele??' Er sieht zu Boden, obwohl wir im Bett liegen, das heißt nichts Gutes. Von St Etienne sind es mindestens 500 km… '510 km' gesteht er schließlich. Ich schaue an mir herunter, den dicken Bauch in dem einen Kind liegt, ein echtes kleines Kind, später hat es vielleicht Zöpfe oder eine Latzhose an… Da fällt mir etwas ein, ich ziehe das Ultraschallbild aus der Tasche. 'Schau her, das ist dein Kind! Und wenn wir genau hinsehen kriegen wir heraus ob es ein Junge oder ein Mädchen ist! Siehst du das?! Schau!' Ich zeige das Bild und weine, er sieht es nur an, ohne es näher zu betrachten. Er nimmt es, legt es weg und sieht mir in die Augen. 'Ich will doch auch für euch sorgen können, später. Ich möchte studieren, einen tollen Job und dann meine Familie umsorgen können. Ich habe lange darüber nachgedacht, und ich weiß es klingt jetzt schlimm, aber wir werden uns in den Ferien sehen können, ich besuche euch jedes Mal wenn ich hier bin.' Er streicht wieder über mein Haar. 'Und du bist und bleibst meine Liebste…' Ich bin traurig, nein, ich bin am Ende, ich werde ein Kind bekommen und alleine mit ihm sein… 'Mein Studium dauert etwa 8 Jahre' sagt er als hätte er meine Gedanken gelesen 'Aber sobald das Kind alt genug ist, kommst du einfach nach und fängst da oben eine Ausbildung an.' Ich werde mein Kind alleine großziehen, bis es alt genug ist?! Wie viel ist denn bitte alt genug??! 'Es fällt mir schwer euch so allein zu lassen aber ich hatte das nicht geplant…' 'Glaubst du ich? glaubst du ich habe geplant mit grade mal 18 Jahren so einen fetten Bauch zu haben? Ich habe nicht geplant rausgeschmissen zu werden, bei meinen Eltern leben zu müssen die es gerade mal schaffen sich selbst zu versorgen!!! Und ich hatte nicht geplant hier alleine sitzen zu bleiben während ich ein Kind zur Welt bringe und es großziehe, ich hatte gar nichts von dem ganzen geplant, aber wie praktisch für dich dass du weglaufen kannst, ich kann es nicht, aber allein die Vorstellung der Geburt macht mir solche Angst dass ich weglaufen will!! Ich tue es aber nicht und selbst wenn ich es könnte, ich würde dich nicht hängen lassen!!' Ich rede mich richtig in Rage, und werde unfair, er kann wirklich nichts dafür aber ich kann nicht anders, meine Angst hat ihren Höhepunkt erreicht und jetzt gibt es kein Zurück. Er hält mich nur in den Armen, nimmt stumm meine Vorwürfe an, er kennt mich zu gut. Er muss nur etwas warten dann bin ich wieder ok. Und es stimmt, ich bin wieder normal. Ich muss stark sein? Gut das schaffe ich. ich muss stark genug für zwei sein? Ich schaffe das. Ich stehe auf und gehe wortlos, nur ein kleiner Kuss auf die Stirn weg bin ich, er soll nicht denken dass ich ihn hasse.