Heb den Kopf und sag mir, dass du eine Grenze siehst! - Teil 3

Autor: Cookieprincess
veröffentlicht am: 29.12.2014


Kapitel 5

Am Tag 4 meiner Ausgangssperre besuchte mich Doktor Genver, was extrem unüblich war.
Er kam rein ohne anzuklopfen und guckte sich angewidert in meinem Zimmer um.
„Guten Tag Herr Genver. Womit habe ich denn Ihren Besuch verdient?“, fragte ich übertrieben freundlich.
„Gar nicht, Miss Liman. Aber ich darf Ihnen verkünden, dass Ihre Ausgangssperre schon heute aufgehoben ist, da Sie ein Gespräch mit mir zu führen haben. Folgen Sie mir.“ Ich stand auf und folgte ihm nicht in sein Büro, sondern in den Keller.
Ich kannte die Tür, sie war groß, aus Metall und anscheinend Schallundurchlässig, denn als Herr Genver die Tür aufschloss, drangen Schreie an meine Ohren.
Ich schreckte zurück.
„Angst?“, fragte er mit einem widerlichen Lächeln.
„Nein.“
„Dann folgen Sie mir.“
Je tiefer wir unter der Klinik verschwanden, desto grauenhafter und lauter wurden die Schreie.
„Mir scheint, als wüssten Sie nichts von der Gruppe Z.“ „Gruppe Z?“, fragte ich panisch.
„Ohja unser Herzensstück der Klinik. Die extremen Fälle. Keinerlei Hilfe, aber diese hier bringen das meiste Geld.“ Er sagte das ohne Reue oder Trauer. Dieser Mann war ein Monster.
Die Treppe führte zu einem langen Gang, nur beleuchtet durch ein paar flackernde Lampen, die über ihm hingen. Links und rechts vom Gang erstreckten sich Verließe, mit einem Gitter von der Außenwelt getrennt. Überall saßen Menschen, manche kauerten in der hintersten Ecke; verängstigt und völlig am Ende. Andere streckten ihre Hände nach mir aus und sahen mich wehleidig an. Es war schrecklich. Einige lagen auf den Boden und schrien die Schmerzen weg, die zu plagen schienen.
„Wieso zeigen Sie mir das?“, fragte ich und konnte das Zittern in meiner Stimme nicht unterdrücken.
„Wenn dein Verhalten sich nicht bessert, dann bekommst du hier einen Ehrenplatz.“, sagte er nur und blieb plötzlich vor einem Gitter stehen.
Hier hinten war das Licht richtig schlecht, weswegen ich mich anstrengen musste um zu sehen, was sich hinter dem Gitter abspielte.
Ein Mann war an einen Stuhl gefesselt, den Kopf nach unten gesenkt. Er atmete schwer. Ein weiterer Mann in einem weißen Kittel und grauen Haaren stand ein paar Schritte weiter weg, an einem Generator.
„Das ist Doktor Ostari. Er ist einer der intelligentesten Köpfe unserer Zeit, meiner Meinung nach. Er ist grade an einem sehr interessanten Experiment dran. Er untersucht wie viel Elektrizität der menschliche Körper aushält. Ich dachte, dass das für dich auch wissenswert sein könnte. Deswegen dachte ich, dass du dir das angucken solltest.“ „Menschenversuche?“, fragte ich panisch, da ich nun wusste, was hier passierte, wollte ich weg nur weg. Doch dann hob der Mann auf dem Stuhl den Kopf. Er guckte mich direkt an, voller Blutergüsse und Platzwunden die sich über sein ganzes Gesicht zu erstreckten schienen.
Boris.
Ich konnte mein Gesicht nicht abwenden. Er formte mit seinen Lippen die Worte >Dara< und dann sagte Herr Genver neben mir: „Sie können anfangen.“ Der Doktor Ostari betätigte einen Knopf und schon bekam Boris einen Stromschlag, der ihn aufschreien ließ. Seine Arme und seine Brust waren mit Aufklebern und daran befestigten Kabeln verbunden.
„Bitte nicht!“, winselte er kleinlaut. Mir traten Tränen in die Augen.
„Noch einer.“
Und wieder zuckte Boris vor Schmerzen zusammen. Er fing an zu weinen und krümmte sich unter der Gewalt, die auf ihn ausgeübt wurde.
„Ich stelle eine höhere Zahl ein“, erklärte der Doktor und gab ihm noch einen Stromschlag.
„Hören Sie auf!“, schrie ich den Genver an. „Ich bitte Sie, hören Sie auf damit.“ Es wurde noch ein Stromschlag abgesetzt. Diesmal wurde Boris bewusstlos.
„Es reicht?“, hörte ich mich schluchzen, doch für beiden Männer war das noch nicht genug.
Ich zerrte an den Gitterstäben, doch es gab nichts, was ich tun konnte. Nichts.
Nach weiteren Stromschlägen sank ich auf die Knie, konnte die Augen nicht abwenden, musste zusehen wie mein bester Freund starb.
„Boris!“, schluchzte ich. Ich nahm nichts mehr in meiner Umgebung wahr, nur den leblosen Körper, der nur 5 Schritte von mir entfernt saß.
Als sie endlich aufhörten war Boris schon lange nicht mehr am Leben. Sie hatten einfach weiter gemacht. Immer weiter. Diese Mörder. Ich zitterte weiter, als Doktor Genver mich am T-Shirt- Kragen packte und mich aus dem Keller zog.
Er brachte mich in mein Zimmer, warf mich praktisch mitten in mein Zimmer und mit den Worten: „Das war dir hoffentlich eine Lehre.“, knallte er die Tür zu.
Ich lag dort, konnte mich nicht bewegen, ich wollte mich selbst nicht spüren, wollte nichtfühlen, dass ich lebendig war, da ich wusste, dass es Boris nicht war.
Aber ich fühlte die Leere in mir, diese unausgesprochene Leere. Ich wollte schreien, doch ich konnte nicht. Ich wollte weinen, doch ich konnte es nicht. Meine Luft blieb mir öfter weg.
Boris war nicht mehr da. Boris würde niemals wiederkehren.
Langsam raffte ich mich auf und wollte auf Toilette gehen und zu der musste ich über den Gang. Ich stützte mich an der Wand ab. Mir war auf einmal schrecklich übel und mich überkam ein Schwindelgefühl, so dass ich nach hinten schwankte.
Bevor ich fiel, wurde ich aber aufgefangen. Ich guckte in Julians Augen und dann bevor ich meine Augen schloss und in eine Ohnmacht hinein driftete, hörte ich ihn doch: „Ach du Scheiße.“, sagen.
Dann wurde es schwarz um mich.







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