Erinnerungen am Wasserfall - Teil 12

Autor: dreamy
veröffentlicht am: 12.08.2014


Als ich aufstand und nach unten ging, war das Frühstück auf den Tisch. Meine Mutter rückte gerade noch ein paar Sachen zurecht und bemerkte mich dann.
„Guten Morgen. Komm nimm dir ein paar Brötchen.“
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Während ich mir mein Brötchen schmierte, fragte ich meine Mutter nach ihren Plänen. Sie stocherte in ihrem Obst herum, schob sich etwas in den Mund und ließ sich Zeit mit der Antwort.
„Ich weiß noch nicht, heute ist es etwas ruhiger. Ich wollte eigentlich den Tag mit dir verbringen.“
Sie schaute mich erwartungsvoll an. Ich konnte mir nicht ausmalen, was sie denn mit mir vorhatte.
„Können wir machen. Ich wollte nachmittags dann noch zu Elli.“
Sie strich sich rasch eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Ist kein Problem. Ich wollte mit dir in der Stadt ein wenig herumlaufen, danach kannst du rüber zu Elli.“
Ein wenig Abwechslung konnte echt nicht schaden und bis zum Nachmittag in der Bude herumhocken hatte ich auch nicht vor.
Also machten wir uns dann auf dem Weg in die Stadt. Wir waren einige Stunden unterwegs und ich war auch ein wenig müde, aber den Nachmittag mit meiner besten Freundin wollte ich nicht auslassen.
Elli lag auf ihrem Bett, als ich hereinkam. Sie schaute mich kurz an und lächelte mir zu.
„Hey, setz dich. Ist gut, dass du vorbeikommst.“
Ich nahm Platz und streckte meine Füße aus.
„Achja? Hab ich dir so gefehlt?“
Sie lachte und drehte sich zu mir rüber.
„Naja, ich brauchte mal ein bisschen Beschäftigung.“
Dann war sie mit einem Mal ruhig. Es fiel mir auf, dass sie mich etwas komisch anschaute.
„Was hast du heute denn so gemacht?“
„Ich war mit meiner Mutter in der Stadt unterwegs.“
Sie blickte auf ihr Kopfkissen. Zuerst dachte ich, das war’s dann, aber sie fragte weiter.
„Und sonst nichts mehr? Eigentlich wollte ich ja mit dir über die Abschlussfeier reden.“
„Nein, nichts mehr. Was willst du denn bereden?“
„Nur ein paar Details. Ok, was denn eigentlich mit Timo ist.“
Meine Augen weiteten sich und ich fühlte mich in einer misslichen Lage.
„Was soll denn mit ihm sein?“
Sie lächelte kurz und machte keine Anstalten sich zurückzuhalten.
„Wird es demnächst ein weiteres Treffen zwischen euch geben?“
Ich lehnte mich gelassen zurück und wollte eigentlich nicht weiter drauf eingehen. Nicht, dass es mir etwas ausmachte meiner Freundin etwas zu erzählen, aber bei diesem Thema verschloss sich mir der Mund. Elli ließ jedoch nicht locker und ich gab nach.
„Ich weiß es nicht, er hat sich nicht weiter gemeldet.“
„Das ist ja echt ein Hin und Her mit euch. Und wenn du ihm schreibst?“
Eigentlich ging es mir bestens damit, dass wir einen schönen Nachmittag hatten und alles gut war. Ob er sich mal meldet oder nicht, dass sollte mir keine Sorgen bereiten.
„Ist ja auch nicht tragisch. Und was soll ich ihm denn schreiben?“
„Dass du dich mit ihm treffen möchtest.“
Ich fühlte mich unfähig zu antworten. Wenn ich ihm schreiben würde, hatte ich das Gefühl, etwas Falsches zu machen. Wenn er sich schon nicht meldete, hieße das, dass alles ok war. Ich wollte nicht etwas erzwingen, solche spontane Treffen machten es auch viel anders.
„Ok, wenn du nicht willst, wir können auch über etwas anderes reden.“
Ich wollte nach draußen. Reden war nicht das, was mir jetzt angenehm war.
„Komm schon, lach mal wieder.“
Ich rappelte mich auf und wollte meine Freundin am Arm nehmen und nach draußen befördern.
„Oh nein, wir bleiben schön hier. Ich will dir noch etwas zeigen.“
Ich setzte mich wieder und sie holte ihren Laptop hervor.
„Schau dir mal diese Bilder an.“
Ich kam rüber und schon kam mir ein Lächeln auf. Da tummelten sich ein paar Infos unserer Schule und längst vergessene Bilder auf irgendeiner Website. Das sollte so eine Art, Abschiedsgeschenk sein.
„Wie hast du sie entdeckt?“
„Ich kam irgendwie auf den Link, als ich am surfen war.“
Das versetzte mich in äußerst guter Laune. Dennoch wollte ich nicht die ganze Zeit herumhocken. Ich versuchte Elli zu etwas anderes zu bewegen. Sie stand dann irgendwann auf und schaute mich an.
„Was sollen wir denn machen? Ich hab ja auch keine Lust meine Freizeit im Zimmer zu verbringen.“
„Wir müssen nicht unbedingt sofort wegfahren oder so. Lass uns Pläne machen, das ist ja auch etwas.“
Sie ließ ihren Blick schweifen.
„Da können wir genauso gut auch nur rumsitzen.“
„Nein, das machen wir jetzt.“
Da wir sonst keine Ideen hatten, machten wir Vorschläge für ein paar Unternehmungen. Irgendetwas mussten wir ja mit uns anfangen, obwohl es mich schon frustrierte, dass wir anscheinend keinen Einfallsreichtum besaßen. Ich war mir dennoch sicher, dass uns das auch gelingt, wir hatten immerhin so viele Erwartungen. Da wir anscheinend alles beredet hatten, wollte ich mich schon auf dem Heimweg machen.
„Und denk daran, Timo zu kontaktieren. Ein Gespräch ist immer gerne gewünscht, ruf mich gleich an, wenns etwas Neues gibt.“
Sie brachte mich immer in Verlegenheit. Aber ich versicherte ihr, sie auf dem Laufenden zu halten. Ich verabschiedete mich und wollte den Abend dann doch gemütlicher gestalten. Meine Mutter bestand jedoch auch auf ein Gespräch. Sie wollte, dass ich ihr Gesellschaft leistete.
„Erzähl mal, gibt es etwas neues?“
Neues gab es einiges, aber ich wollte ihr nicht auch noch etwas in den Kopf setzen. Deshalb beschränkte ich mich aufs Wesentlichste, aber sie wollte mehr aus meinem Leben wissen.
„Ist auch alles ok bei dir? Du hast mir doch sonst so viel erzählt.“
„Das regelt sich schon. Erzähl mir mal lieber, was ich mit meiner Freizeit anstellen kann.“
Sie schaute mich überrascht an.
„Ich? Das müsstest du schon selber wissen. Ich hab eher gedacht, du kämst schon auf irgendetwas.“
Das stimmte. Aber ich wollte mir jetzt nicht die Laune vermiesen.
„Egal. Was hältst du von einer Feier, hier bei uns? Wir laden ein paar Leute ein.“
„Oh du, nicht jetzt. Ich brauche jetzt ein wenig Entspannung. Irgendwann anders, lass dir den Schlaf und du wirst genug Chancen bekommen etwas zu unternehmen.“
Ich war ein wenig enttäuscht, aber sie hatte auch Recht. Ich ging dann in mein Zimmer und irgendwann auch schlafen. Die nächsten Abende war ich dann entweder alleine unterwegs, bei Elli oder unternahm etwas mit meiner Mutter. Es stellte sich alles so ein, ich wurde hin und wieder gebraucht, konnte aber nicht das sehen, was ich eigentlich wollte. Dann bestellte mich meine Mutter wieder zum Gespräch.
„Wenn du willst, können wir mal wieder etwas gemeinsam machen, aber ich denke eher du erwartest etwas anderes.“
„Natürlich können wir das. Aber ich versteh nicht, was du meinst.“
Sie lächelte und ich hörte einfach nur zu.
„Wenn du etwas erreichen willst, muss du dir eben etwas einfallen lassen. Ich habe es immer bewundert, wie du und deine Freundin so viele Ideen hattet, ihr wolltet nicht das gleiche machen. Du brauchst dich nicht anzustrengen, du kannst das regeln. Ich will dich auch nicht hier aufhalten, wenn du wohin willst, kannst du gehen.“
Da versuchte ich sie gleich zu bremsen.
„Nein, ich bleibe hier. Es ist nicht immer außerhalb das beste zu haben. Manchmal will ich einfach mit dir meine Zeit verbringen.“
„Das hört eine Mutter gerne. Von so einer Tochter, die man sofort ins Herz schließt. Jetzt aber genug, im Kühlschrank ist noch etwas zu Essen, nicht dass du hungrig durch die Gegend laufen musst.“
Ich musste lachen. Wie sie es einfach schafft auf unvorhersehbare Themen zu kommen. Ich lief zum Kühlschrank und holte mir etwas heraus.
„Du brauchst gar nicht zu lachen. Oder soll ich dich nicht mehr an so was erinnern, damit du dir unterwegs etwas kaufst?“
Ich lächelte ihr noch zu.
„So ist das also, ich muss erst erinnert werden.“
„Wenn du einfach so aus dem Haus gehst, ohne einen Happen gegessen zu haben, dann ja.“
Ich lachte noch mehr und auch meine Mutter prustete los. Ich mochte diese Momente, sie kamen genau dann, wenn man sie brauchte. Wir ließen noch ein paar Kommentare ab und brauchten dann erstmal eine Pause. Ich gesellte mich wieder zu ihr. Mich brachten manchmal echt Kleinigkeiten aus der Fassung, aber bei ihr war irgendwie alles gut. Meine Mutter wollte sich gerade aus dem Staub machen, da holte ich sie noch ein.
„Warte kurz, wie wärs, wenn wir einen Spaziergang machen?“
Sie blickte mich etwas erstaunt an.
„Was denn, jetzt noch?“
„Komm schon, was spricht denn dagegen?“
Sie ließ sich dann doch überreden.
„Na gut.“
Das könnten wir echt öfters machen. Egal wie schlecht der Tag war, so was versüßt einem den Abend. Da fiel mir wieder Elli ein. Ich hatte vor, mir etwas auszudenken, was wir gemeinsam machen könnten. Sie stand mir immer bei und ich wollte nicht diejenige sein, die alle Aufmerksamkeit auf sich zog. Ich konnte mir keine bessere Freundin vorstellen und das sollte sie erfahren. Und dann kam ich irgendwie auf Timo. Ich wusste einfach nicht, wie ich zu ihm stand. Wir liefen währenddessen einen Landweg entlang. Meine Mutter sagte nichts und das war mir im Moment auch recht. Ich wusste, dass ich mit Timo noch etwas bereden musste. Doch ich kam einfach nicht darauf, wie ich ein Gespräch mit ihm anfangen sollte. Das war doch eigentlich einfach. Doch bei ihm war es entweder so, dass ich sprachlich versagte oder mich ohne Bedenken auf diesen Moment einließ. Manchmal verspürte ich so eine Sehnsucht. Aber bevor ich nicht wusste, wie ich was anfangen sollte, konnte und wollte ich einfach nichts unternehmen. Wir waren dann schon eine ganze Weile unterwegs und kehrten dann um. Dann nahm ich sämtliche Gegenstände war oder eben was uns auf dem Weg begegnete. Ich schaute runter auf meine Hosenbeine, zu meiner Mutter rüber und dann wieder auf den Weg. Irgendwann versuchte ich ein Gespräch anzufangen. Ich lächelte einfach.
„Weißt du eigentlich, dass wir bis eben kein einziges Wort miteinander gesprochen haben?“
Meine Mutter lachte.
„Stimmt. Aber irgendwann gehen einem die Gesprächsthemen aus.“
„Achwas, man kann über alles reden.“
Sie lächelte jetzt.
„Reden wir über meine Auszeit auf der Couch, wenn wir nach Hause kommen.“
„Oh nein. Du machst doch nicht etwa jetzt schlapp?“
„Tut mir leid, aber ich kann auch nicht den ganzen Tag auf den Beinen stehen.“
Sie grinste versöhnlich. Eigentlich bin ich auch schon bettreif. Aber ich wollte einfach nicht jetzt schon schlafen gehen und noch nicht ein paar Sachen erledigt haben. Ich wollte mich vor allem aber nicht zu etwas drängen. Zu Hause versuchte ich erstmal mich abzulenken.






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