NIA - Golden Eye - Teil 2

Autor: Bellyflop
veröffentlicht am: 27.08.2013


Kapitel Eins

Nur noch 21 Tage, dachte Nia, als sie einen Blick auf ihren Kalender warf. Das sind drei Wochen. In drei Wochen bin ich weg.
In einem plötzlichen Anfall von Wut gemischt mit Verzweiflung riss sie den Kalender herunter und trampelte solange auf ihm herum, bis man nichts mehr lesen konnte. Kraftlos sank das Mädchen anschließend auf ihr Bett und vergrub das Gesicht in ihren Händen.
Warum sie? Warum ausgerechnet sie?
Das Geräusch von scharrenden Krallen an ihrer Tür, ließ sie hochschrecken. Nia wusste, wer vor der Tür war und machte sich nicht die Mühe, die Tränen wegzuwischen.
»Komm rein.«, sagte sie leise, als sie die Tür öffnete. Herein kam ihr Nitish. Seine blauen Augen blinzelten wissend. Er legte seine Schnauze auf ihren Schoß und Nia kraulte ein wenig geistesabwesend seinen Kopf.
Ein Nitish, war (ausgewachsen) eine zwei Meter lange und etwa anderthalb Meter große Raubkatze, die die Fähigkeit besitzt, bis zur Unsichtbarkeit zu verblassen.
»Hallo Nish.«
Nish warf Nia einen treuherzigen Blick zu. Blaue Augen blickten in goldene, goldene in blaue. Dann legte sie ihren Kopf auf seinen Rücken.
»Ich will das nicht tun.«, murmelte sie in sein Fell. »Ich weiß gar nicht, was ich machen soll.«
Der Nitish rieb tröstend seine Nase an ihrem Bein. Dann biss er zärtlich in ihre Hand und zog sie Richtung Tür.
»Willst du raus?«
Nish knurrte zufrieden und zog sie weiter. Nia folgte ihm.
Als sie das Wohnzimmer durchquerten, sah sie Momó am Küchentisch sitzen. Vor sich lagen wie immer irgendwelche alten Schriftrollen, die er versuchte zu entziffern.
»Ich geh ein bisschen mit Nish raus.«, sagte sie. Momó sah auf und nickte.
»Nimm bitte deine Waffe mit. Und sei bis zur Dämmerung wieder zurück.«
»In Ordnung.«
Nia schnappte sich ihre Umhängetasche, schritt dann zur Vorratskammer und steckte einen Apfel für sich ein.
Momó besaß einen ungeheuer großen Waffenschrank. Und Nia wusste fast alle Waffen zu benutzen. Sie wählte eine Pistole, die Momó eigens für sie erfunden hatte, und einen langen Dolch, dessen Schneide von einem dunklen Blau überzogen war. Die Pistole war eines ihrer besten Waffen, denn anstatt Eisenkugeln zu schießen, wie es eine gewöhnliche Pistole tat, schoss diese eine seltsame Masse, die, wenn sie das Ziel traf, sich zu Eis verwandelte und das Ziel vollkommen umschloss und unschädlich machte. Und jetzt kam der Dolch ins Spiel. Wenn man mit dem Dolch das Eis durchbohrt, zerspringt es und das Ziel ebenso.
Perfekt geeignet für Dämonen, deren natürlicher Feind das Wasser oder eben das Eis war.
Draußen war es stark bewölkt, doch der Wind, der wehte, war warm. Das Mädchen schwang sich auf den Rücken der Raubkatze und spürte das vertraute Zittern, das ihn durchlief. Für einen Augenblick schloss sie die Augen, fühlte, wie das Band, was sie zusammenhielt, stärker wurde. Alle Ängste und Sorgen fielen von ihr ab, sie entspannte sich, schaffte es sogar zu einem leichten Grinsen, als Nish sich in Bewegung setzte und immer schneller wurde.
Nia stieß einen Schrei der Freude aus. Mit Nish konnte sie alles vergessen. Es gab dann nur noch sie und ihn und den Wind, der durch ihre Haare blies. Mit Nish fühlte sie sich frei. Sie hatte das Gefühl zu fliegen.
Nach einer Weile kamen sie zum Dunkelwald und Nish verfiel in einen gemächlichen Trab. Der Dunkelwald verdankte seinen Namen durch die großen, dunklen Bäume, die er beherbergte. Nia war schon oft hier gewesen, der Wald war ein Teil ihrer täglichen Strecke, die sie auf Nish ritt.
Doch heute war es anders. Etwas Unheimliches lag in der Luft und je tiefer Nia und Nish in den Wald drangen, desto nervöser wurde Nish. Er tänzelte unruhig hin und her und zuckte bei jedem Geräusch zusammen, sodass sich auch Nia mehr als einmal erschreckte. Mit der einen Hand krallte sie sich an seinen Nacken fest, mit der anderen umklammerte sie die Pistole.
Und dann, urplötzlich zerriss ein hässlicher Schrei die Stille. Nia hätte fast die Waffe fallen gelassen. Der Schrei war definitiv nicht menschlich.
»Weg hier.«, sagte sie und Nish sauste davon, den Weg zurück. Nias Herz klopfte wie verrückt, die Panik wurde immer größer. Ein Dämon, fuhr es ihr durch den Kopf. Wir sind alleine im Wald mit einem Dämon!
Ein großer Schatten ließ sich von einem Baum fallen, wenige Meter vor Nia und Nish, welcher abrupt stoppte.
Riesige schlammfarbene Augen und ein gehässiges Grinsen, mit ungeheuer scharfen Zähnen. Mit einer Größe von etwa zwei Metern, überragte der Dämon Nia um Einiges. Schritt für Schritt kam er mit gezückten Klauen auf sie zu und kreischte wieder, so laut, sodass das Mädchen dachte, sie würde ihr Gehör verlieren.
Sie schloss die Augen, als sie abdrückte und hörte die Kreatur erneut schreien. Die Augen öffnend, schleuderte sie den Dolch in einer fließenden Bewegung in die Brust des jetzt vereisten Monsters.
Es klang wie ein zerbrechender Spiegel, als alles in tausend Stücke sprang. Nia sah ihren Dolch in einem hohen Bogen ins Gebüsch fliegen und fluchte. Doch immerhin ist die Gefahr jetzt vorüber, dachte sie sich.
Aber da irrte sie sich gewaltig. Denn als sie erleichtert aufatmete, hörte sie hinter sich, ein tiefes Knurren.





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