Badefrauen - Teil 3

Autor: Carly
veröffentlicht am: 20.06.2013


„Oh, Schatz! Wo warst du nur?“, meine Mutter schloss mich in ihre Arme und begann zu weinen. Ich drückte mich an ihre Brust und schloss meine Augen. Es war schön, Liebe zu spüren. Nach diesem Tohuwabohu war es das beste Heilungsmittel. Sie löste sich von mir und küsste meine Stirn. Sie nahm mich an der Hand und führte mich zu Tisch. „Du bist so dünn geworden in der letzten Zeit.“, tadelte sie und strich über meine Hand. „Ich weiß. Das ist der Stress.“
„Arnold, könntest du Katharina etwas von der Suppe einschippen?“
Mein Bruder knurrte lustlos und drehte sich auf seinem Sitz um. „Sie ist nicht die Einzige, die heute arbeiten musste.“
„Arnold!“
„Lass gut sein, Mutter, ich mach das schon selbst.“, beruhigte ich sie, während ich schon aufgestanden war und mich mit halbvoller Suppenschüssel zurücksetzte.
„Du kannst dir ruhig richtig voll machen, wir haben alle bereits gegessen.“, lächelte meine Mutter und ich sah ihre Augen in leichten Tränen glänzen. Ich bin doch nur zwei Tage weg gewesen. Hach, wie ich es doch genoss, auch mal vermisst zu werden.
„Ich bekomme immer Bauchschmerzen, wenn ich auf leerem Magen gleich zu viel esse.“, ist die Wahrheit, mein doofer empfindlicher Magen!
„Jetzt erzähl endlich was los war!“, drängte meine Mutter und ließ ihre Pupille weiter durch mein Gesicht fahren. Ich schaufelte mir noch einmal Suppe zwischen die Zähne und startete einen einigermaßen ausführlichen Bericht. Worte wie „hübsch, schön, attraktiv, knackig“ und diese ganzen Beschreibungen der männlichen Geschlechter ließ ich komplett aus. Immerhin war sie meine Mutter.
Sie hörte mir gebannt zu und nickte zustimmend oder schüttelte schockiert den Kopf. Kleine „Hm“’s machten immer wieder klar, dass sie aufmerksam blieb.
Als ich meine Erzählung beendet hatte und mein Gesicht frustriert über die Schüssel hängte streichelte sie mir kurz über die Haare, sprach dann aber sehr ernst meinen Namen aus, sodass ich sie wieder anblickte.
„Du hättest so mit unserem Kaiser nicht reden dürfen.“
„Warum? Er wollte mich zur Heuchelei überreden!“, ja, sie hatte ja wahrscheinlich recht! Aber ich…ich weiß auch nicht. Ich konnte und wollte mich einfach nicht so behandeln lassen!
„Wenn es vom Kaiser kommt, dann hast du es zu tun!“
„Mutter, was redest du da? Er ist ein Mensch, wie jeder andere! Nur weil seine Vorfahren Glück hatten oder über Leichen gingen, werde ich ihn sicher nicht anbeten!“
„Hör auf, Katharina!“, fauchte sie.
„Womit? Soll ich die Augen davor verschließen, dass er mir meinen Vater weggenommen hat?! Soll ich mich vor dem Menschen verbeugen, der unser aller Leben so schwer macht?!“, vor Erregung war ich aufgestanden und lehnte mich nun auf die Tischplatte. Meine Mutter stand ebenfalls auf und blickte fassungslos in meine spannungsgeladenen Augen.
„Vater würde mir Recht geben.“, murmelte ich, wohl wissend, dass ich Recht hatte. Mein Vater war zwar sehr auf Ansehen bedacht, dennoch wahrte er stets unsere Menschenwürde und erniedrigte sich nur vor Menschen, die es verdienten.
„Du bist so ein Papa-Kind! Dein Vater ist tot, Katharina!“
Ihre Augen waren so fest. Ich konnte es nicht glauben. Ich musste hier weg. Aber war Flüchten wirklich der richtige Weg? Ich konnte gar nicht über diese Frage nachdenken, da hatte sich mein Mundwerk schon wieder selbstständig gemacht.
„Wie kannst du so was nur sagen?! Hast du hier jemand aufkreuzen sehen, der diese Nachricht überbracht hätte? Kam bei uns irgendein Brief, der dies bezeugen könnte? Nein! Hör auf ihn für Tot zu erklären. Er lebt!“
Meine Mutter atmete tief durch und ließ sich wieder auf den Stuhl fallen. Ich hoffte so sehr, dass die Kleinen schliefen und von diesem Streit nichts mitbekamen.
„Ich hoffe, dass du Recht hast. Ich kann einfach nicht mehr!“
„Ich weiß.“, ich nahm sie in den Arm und drückte sie fest an mich. Die Nerven wirklich aller lagen komplett blank und nichts schien uns endlich diese Ungewissheit zu nehmen. Sie war so quälend und unbeschreiblich. Ich wünschte, ich könnte die Zeit vorspulen. Es war eine Zeit meines Lebens, an die ich mich nur ungern erinnere.

Für die nächsten Tage hatte ich mir vorgenommen, niemandem über den Weg zu laufen, der Macht über mich hatte. Dazu zählten Herr von Cratz, der mich auf die Straße setzen konnte und Kaiser William von Hohenzollern, der mich einkerkern konnte. Und ich war mir sicher, dass beide diese Macht über mich mit Genuss ausspielen würden. Wie ich es hasste, dass andere MEIN Leben in der Hand hielten. Was gab ihnen denn das Recht dazu? Ich war ein herumrennendes rohes Ei!
Jammern brachte nichts, das wusste ich. Es war nun mal so und ich hatte es wohl zu akzeptieren. Aus diesem Grund arbeitete ich stumm und freute mich erstmalig jedes Mal, wenn ich hinter den Wänden verschwinden konnte.
Diese Taktik sollte einen Tag funktionieren, denn am Tag der Abreise des Kaisers wurden wir alle nach unten geschickt und sollten unseren traumhaften Monarchen verabschieden. Ich entdeckte auch meine Familie unter der jubelnden Menge, die wie in Trance Blütenblätter warfen. Ich schüttelte nur innerlich den Kopf und behielt mein Abschiedlächeln auf den Lippen.
Ich befahl mir dankbar zu sein, dass diese Zeit nun vorbei sein sollte, auch wenn ich nicht wusste, was als nächstes kommen sollte.
Als er und seine Frau verschwunden waren, machte ich mich schnell wieder auf den Weg zu meinem Wagen. Immerhin hatte ich noch mächtig viel zu tun. Da verkniff ich es mir sogar, meine geliebten Geschwister noch einmal zu drücken.
„Katharina? Ich muss mit dir reden.“, hörte ich Herr von Cratz hinter mir, als ich gerade noch ein paar Schrittchen von der alles rettenden Treppe entfernt gewesen war. Aber was sollte das Spiel? Er war mein Arbeitgeber…früher oder später musste es soweit kommen…
Ich drehte mich zu ihm um und sah demütig zu ihm auf. Warum ich mich in solchen Momenten erniedrigte, anstatt meine Haltung zu bewahren, war mir ein Rätsel. Na gut. Eigentlich nicht wirklich. Meine Stärke war ein ständiges Schauspiel. Ich schauspielerte ständig, um meine Angst und Unsicherheit zu verdecken. Doch in diesem Moment war es, als lag mein Schild so weit entfernt, dass ich es zwar mit ausgestrecktem Arm mit einer Fingerspitze berühren konnte, doch greifen konnte ich es nicht.
„Es geht um deine Arbeit, die du in den letzten Tagen geleistet hast.“, er klang so ernst. Ich schluckte. Es war noch tausend Mal schlimmer, als ich es mir vorgestellt hatte.
„Der Kaiser hat mich sogar darauf angesprochen.“
Oh, verdammt, musste er es so spannend machen?!
„Was ist da zwischen euch vorgefallen?“, seine haselnussbraunen Augen ruhten auf mir. Was sollte ich darauf sagen? Schon komisch, dass er mir überhaupt die Möglichkeit gab, mich zu äußern, mir würde man doch so oder so nicht glauben, wenn mein Wort gegen das des Kaisers gemessen wurde.
„Wir hatten eine kleine Differenz.“, flüsterte ich und ein riesiges, blinkendes Fragezeichen blitzte über Cratz Kopf auf.
„Ich habe wirklich lange darüber nachgedacht, wie sinnvoll es ist, dich weiterhin als Kraft zu behalten.“
Ich nickte und leistete keinen Widerstand.
„Du sahst unmöglich aus, auf dem Empfang. Dennoch hat der Kaiser deine Arbeit in höchsten Tönen gelobt.“
„Wann?“, ich wuchs wieder um zehn Zentimeter, obwohl das Fragezeichen in dreifacher Größe nun auf mein Köpfchen rübergehopst war.
„Fünf Stunden nach seiner Anreise ungefähr.“
Also nachdem wir uns am Brunnen kennen gelernt hatten. Er hatte also sein Wort gehalten.
„Und sonst? Zwei Tage später?“
„Nichts. Hätte er denn noch etwas sagen brauchen? Gab es noch etwas Meldebedürftiges?“
„Dann wahrscheinlich nicht.“, mein Herz beruhigte sich.
„Ich möchte dich trotzdem abmahnen. Wäre das Wort des Kaisers nicht gewesen, hätte ich dich nicht mehr beschäftigen können. Nimm die Abmahnung einfach so hin und erlaube dir absolut keinen einzigen Fehler mehr, haben wir uns verstanden?“
„Ja, Herr von Cratz, ich danke Euch.“
„Dank nicht mir.“, waren seine letzten Worte, die er bereits im Gehen aussprach und dabei für eine halbe Sekunde seine Hand auf meine Schulter legte. Dieser charmante Kerl! Wann lernte ich denn nun endlich seine Frau kennen?!
Also gut, ich musste mich beherrschen. Ich war nun Abgemahnt. Das war zwar schlecht, aber lange nicht so schlecht wie eine Feuerung. Ich war also vorgemerkt und stand ganz oben auf der Liste derer, die bei Überfluss zuerst gekündigt werden.
Doch nicht mit mir, ich wollte meine Chance nutzen, bis ich auf Cratz Beliebtheitsliste wieder ganz weit hochgeklettert war. Wobei Hand auf Schulter legen ja nichts Selbstverständliches war für einen Arbeitgeber. Wie gesagt, Cratz ist einer von den Guten

Zwei Monate später

Ich gestehe ganz offen, dass meine anfängliche Mühe und Motivation schon wieder etwas abgekühlt war. Ich motzte über jeden Handschlag zu viel und kloppte mich mit Helena. Sie schwärmte nicht mehr ganz so oft von ihrem Kaiser und Bettina hatte sich wieder für ihren Ehemann erwärmt. Von Cratz Ehefrau hatte meinen Weg zwar immer noch nicht gekreuzt, dafür hatte ich erneut sein Kind geknuddelt, als er gerade nicht hingesehen hatte.
Auf gut Deutsch: Der Alltag hatte uns eingeholt und alle wieder auf den Boden der Tatsachen gebracht.
Doch vielleicht hätte ich diese zweimonatige Harmonie genießen sollen, denn während ich gerade ein benutztes Bad bis auf den Grund schrubbte, kam plötzlich Pralle hereinmarschiert.
„Da möchte dich jemand sprechen.“, sagte sie und blickte abfällig auf mich herab. Ich hatte es halt nicht für nötig gehalten für sie aufzustehen und streckte ihr mein wohlgeformtes Hinterteil entgegen, da ich gerade auf allen Vieren den Boden putzte.
Ein kurzer Moment Ruhe schob sich ein, bevor ein Männerräuspern mich dazu brachte, meinen Kopf in Richtung Tür zu schwingen. Ein Unbekannter in Uniform stand nun neben Pralle und sah auf mich herab. Schnell ließ ich meinen Lappen fallen und sprang auf. Ich fuhr mir unnötigerweise durch mein zugebundenes Haar.
„Ihr seid Frau Katharina Hengest.“
„Ja, ich schätze schon.“, antwortete ich verwirrt und blickte zu Pralle herüber die hochnäsig begann, meine Arbeit unter die Lupe zu nehmen.
„Ich möchte mich zunächst vorstellen. Ich bin Graf Emil von Neuschwanstein, der engste Berater des Kaisers.“
Ich nickte verstanden und wartete, dass er endlich sagte, was Sache ist. Würde ich etwa nach zwei Monaten erst die Retourkutsche für das bekommen, was ich gesagt hatte? Entweder Willi hatte eine lange Leitung, oder ein ganzes Heer seiner Krieger wartete vor der Tür, um mich abzumetzeln.
„Ich soll Euch dieses Schreiben persönlich überbringen.“, er hielt mir einen Wisch hin, der mit dem Siegel aus Wachs des Kaisers versiegelt war. Ich blickte den Mann vor mir an. Er hatte braune, ordentliche Haare, einen angedeuteten Bart, offene Augen und eine gute Figur. Graf Emil. Emil, der Name gefiel mir, doch in dem Gesichtsausdruck dieses Mannes schwang mir zu viel Vernunft und Gelassenheit mit. Neben seiner Nase hatte er eine kleine, mondförmige Narbe, die meine Aufmerksamkeit erregte, bis er mit seiner Hand noch einmal zuckte, um den Brief mir näher zu bringen.
„Ich kann nicht lesen.“, erklärte ich und zog eine Augenbraue hoch, „entweder Ihr sagt mir, lest mir vor, wie auch immer, was da drin steht, oder ich kann Euch leider nicht helfen.“
Oh, ich wollte gar nicht unhöflich klingen, aber ich glaube, ich tat es. Lesen war etwas, was ich schon immer hatte lernen wollen. Das es etwas war, was ich nie hatte lernen dürfen, wurde mir heute wieder so richtig unter die Nase gerieben.
Pralle kicherte schadenfroh und musterte den Adelsmann.
„Der Kaiser, William von Hohenzollern, wünscht Euch in seine Dienste nehmen zu dürfen.“
„Was?!“, ich verzog mein Gesicht. Was sollten das denn für Dienste sein? Boxsack? Schwertschärfetester? Oder hatte ich mich ganz einfach verhört und da stand etwas von unterjochen?
„Ist das Euer Ernst?“
Selbst Pralle war nun platt.
„Der Ernst des Kaisers.“
Hörte ich da etwas Abfälliges in seiner Stimme? Kannst dir wohl nicht vorstellen, dass eine Putze den Kaiser kennt, was?
„Als was?“
„Konkubine“
„Mätresse soll ich werden? Mit dem Kaiser…“
„Das versteht man unter Konkubine. Ihr könnt auch Kurtisane sagen, falls Euch diese Bezeichnung mehr zusagt.“
„Richtet dem Kaiser aus, dass ich ablehne.“
„Wie bitte?“, er schien fassungslos. Aber was erwartete er denn? Kurtisane! Ich wollte mich sicher nicht so nennen. Sicher NICHT.
„Ihr habt mich schon verstanden. Macht mein Siegel drunter und bestellt ihm schöne Grüße!“
Ich glaubte es nicht! Was eine Frechheit. Ich war echt kurz vorm Explodieren. Wollte er sich zwischen Seufzern mit mir streiten und über Heuchelei philosophieren oder wie hatte ich mir das vorzustellen? Unglaublich.
Ich drehte mich wieder um, und tauchte den Lappen leise in den Eimer, um lauschen zu können, wie der feine Herr das Bad verließ. Die Tür schloss sich und ich atmete laut aus. Das war unfassbar! Ich konnte es nicht glauben. Ich war vollkommen aufgebracht. Das musste ich Helena erzählen!
Und zwar auf allerschnellstem Wege! Die würde mir niemals glauben, immerhin hatte ich ihr mittlerweile auch die Misere vom letzten Mal erzählt.
Schnell packte ich mein Zeug zusammen und stürmte in Haus fünf, da ich wusste, dass sie dort zugeteilt war. Wie zu erwarten, war sie gerade in einem Bad. Ungeduldig wartete ich, bis die Adelige herauskam und stürmte zu ihr herein.
„Was ist denn mit dir?“, fragte Helena verwundert und begann das Bad zu reinigen. „Ich helfe dir ein bisschen.“, sagte ich und nahm mir einen Schrubber von ihr.
„Was ist denn los?“, fragte sie neugierig.
„Ich muss dir was erzählen, Nena!“, ich packte sie an den Schultern. „Worum geht es?“
„Um den Kaiser!“, ihr Gesichtsausdruck lockerte sich und ein Lächeln erschien auf ihren Lippen. Das konnte doch nicht sein…War es möglich, dass meine Nena…
„Bist du in ihn verliebt?!“, fragte ich schockiert. „Ich dachte du willst mir was erzählen und nicht unschickliche Fragen stellen!“, wich sie aus.
„Gib mir eine Antwort!“
„Ja, also…vielleicht…ein ganz kleines bisschen. Aber es ist nur eine Schwärmerei. Er ist zu gut für mich, Kathi.“
„Niemand ist zu gut für dich! Niemand. Rede dir so etwas ja nicht ein. Es ist eher so, dass du zu gut für ihn bist. Viel zu gut.“, ich strich ihr über die Schulter. „Seid ihr euch etwa näher gekommen?“, wir setzten uns auf den Wannenrand und ich nahm sie an der Hand. Ich hatte immer nur über mich, von mir und mit mir geredet, aber nie nach ihr gefragt. Was war ich doch für eine Rabenfreundin. Ich hätte es gleich merken müssen, dass da etwas im Busch war. Von Anfang an!
„Nein. Er war…Außer zum Baden und irgendwelchen Aufgaben habe ich ihn gar nicht gesehen. Eigentlich hatte er sogar seine privaten Diener dabei. Und am allerhäufigsten hing er einfach über dem Schreibtisch und hat gearbeitet. Ich hab ihn immer beobachtet und mir vorgestellt, wie er mir Beachtung schenken würde. Doch das hat er nicht. Ich dachte: Klar, er nimmt mich nicht wahr, wie alle anderen Adligen auch. Doch dann! Du erzähltest mir von euren Begegnungen. Du warst so aufgebracht, doch ich wünschte mir, ich wäre an deiner Stelle gewesen. Natürlich, ihr seid im Streit auseinander, doch er hat dir Gefühle und Emotionen gezeigt. Er hat sich mit dir unterhalten und dich absichtlich aufgesucht. Du hast diese unglaubliche Wirkung auf Menschen. Alle lieben dich.“
Ich umarmte sie fest und legte meine Hand auf ihren Kopf. Ich konnte ihr nicht erzählen, wozu ich eigentlich gekommen war, es wäre ein Fehler gewesen. Ein Fehler, den ich mir in dieser Freundschaft nicht leisten konnte.
„Bitte nicht aufregen, diese Frage ist jetzt wirklich lieb und ernst gemeint. Würdest du dich auch damit zufrieden geben, seine Mätresse zu werden?“, fragte ich, nachdem wir lange geschwiegen hatten. Sie richtete sich auf, um mir ins Gesicht zu sehen. „Ja.“, hauchte sie in schwärmerischer Niedergeschlagenheit.
„Dann weiß ich vielleicht eine Möglichkeit.“
„Bitte mache nicht solche gemeinen Scherze.“
„Es ist kein Scherz, ich meine es vollkommen ernst! Hoffentlich ist es nicht zu spät! Wir sehen uns noch!“, ich stürmte aus dem Bad heraus und zur Eingangshalle des Hauses, in dem ich zuvor sauber gemacht hatte.
„Ist der Graf noch da?“, fragte ich Hans, vom Empfang.
Er blickte mich nachdenklich an und sah in seinen Unterlagen nach. „Wozu wünschst du das zu wissen?“
„Egal, aber wichtig. Bitte!“
„Er-„
„Katharina!“, oh, bitte nicht jetzt. Herr von Cratz…immer…nur nicht jetzt.
„Was machst du hier im Eingangsbereich! Du weißt, dass Angestellte hier nichts zu suchen haben!“
Ach, darum ging es. „Ich weiß, ich bin auch gleich weg, ganz ehrlich.“
„Darauf kannst du wetten.“
„Nein, das meinte ich jetzt nicht.“, ich merkte, wie ich innerlich immer hektischer wurde. „Hans, bitte sagt es mir.“
„Er wollte schnellstmöglich abreisen.“
„Danke!“, rief ich noch und rannte auf den Hof, doch das Einzige was ich sah, war der Rücken der Kutsche, die sich vom Hof entfernte.
Ich trat gegen den großen Blumenkübel und fluchte laut. „Was genau war das?“, fragte Nena und grinste mich schelmisch an. „Das war der enge Vertraute vom Kaiser. Ich wollte deinen neuen Beruf klar machen.“
Ihre Belustigung wandelte sich in ein glückliches, überraschtes Strahlen. „Du hast es tatsächlich ernst gemeint.“, sie kam auf mich zu und umarmte mich. Ihr Körper war sehr warm und sie roch nach frischer Seife und Salz, wie wir wahrscheinlich alle.
„Sagte ich doch! Aber er ist mir davongefahren, ohne dass ich ihn noch einmal hatte sprechen können.“
„Kathi, wenn ich wirklich zu seiner Mätresse bestimmt bin, dann wird sich eine neue Chance für mich ergeben.“
Ich freute mich für sie mit. Ihr Optimismus war das, was ich am Meisten an ihr schätzte. In jeder Lage einen positiven Gedanken zustande bringen, war nicht gerade meine Stärke. Ich war eher der Frosch, der im Milchfass ertrank, während sie unermüdlich weiterstrampelte, bis sie auf Sahne stand und raushüpfen konnte. Komisches, altes Beispiel, doch auf uns beide traf es mehr als passend zu.
„Aber jetzt sollten wir lieber weitermachen, bevor wir wieder Stress bekommen.“
Ich nickte zustimmend, worauf sich unsere Wege trennten.





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