Son of a Preacher Man - Teil 12

Autor: Maggie
veröffentlicht am: 03.04.2014


Am nächsten Tag erwische ich mich tatsächlich dabei, wie ich auf der Homepage der Friedrich-Schiller-Universität Jena surfe. Ich weiß garnicht, wie ich da gelandet bin. Etwas erschrocken vor meiner unerwarteten Neugier sehe ich mir das Studienangebot an. Bevor ich mit Chris nach Berlin abgezogen bin, hatte ich einen Studienplatz ja schon sicher, langweiliger BWL-Mist. Darauf habe ich noch immer kein Bock. Aber ich habe auch keine Lust bei NewYorker hinter der Kasse zu stehen und den ganzen Tag irgendwelche Fummel in Tüten zu packen.

Irgendwas ist da bei dem Gespräch mit Noah bei mir hängen geblieben. Auch wenn ich es mir immer noch nicht vorstellen kann zum Studenten zu mutieren. Eigentlich will ich ja wirklich nicht diesem Klischee verfallen. Außerdem muss ich langsam mal dringend eigenes Geld verdienen. Obwohl meine Eltern wohl einen Luftsprung machen würden, wenn ihre Tochter doch noch auf den rechten Pfad zurückfindet und die Akademiker-Laufbahn einschlägt. Zum Totlachen. Wäre mir da nicht dieser Studiengang ins Auge geschossen. Wie ein giftiger Pfeil hat er sich in mein Gehirn gebohrt und ich lese mir mittlerweile zum fünften mal die Kurzbeschreibung zum „Interkulturellen Musik- und Veranstaltungsmanagement“ durch. Wäre ja genau mein Ding.

Es klopft. Etwas zu ruckartig mache ich die Seite klein und rufe dann: „Ja?“
„He Anna. Wir fahren jetzt einkaufen. Brauchst du noch was?“, fragt Gordon und sieht sich dabei in meinem Zimmer um, bis er mich dann auf dem Boden sitzend findet.
Mhm. Gute Frage. Ich bräuchte so einiges. Doch bis Monatsende ist es noch viel zu lang und erst da bekomme ich wieder eine kleine Unterstützung meiner Erzeuger.

Bestimmt schüttel ich mit dem Kopf.
Gordon zieht fragend seine wild wuchernden Augenbrauen in die Höhe. „Du hast nichts mehr zum Essen?“, erinnert er mich an den gestrigen Abend.
Ich zucke mit den Schultern. „Werd schon nicht verhungern.“
„So siehst du aber nicht aus. Du hast doch abgenommen, oder?“, sagt er tadelnd.
Etwas empört frage ich zurück. „Muss ich mich hier irgendwie rechtfertigen?“
„Nö.“, antwortet mein Mitbewohner lässig. „Aber wenn du irgendwann aussiehst wie ein Strich in der Landschaft, dann gib nicht mir die Schuld.“
„Wieso sollte ich das denn bitte tun?“
„Weil ich ein Mensch bin, der dir Nahe steht und ich es als meine Pflicht sehe, meine Mitbewohnerin auf eine anbahnende Essstörung hinzuweisen!“, meint er allen Ernstes und sieht mich streng an.
„Du hast sie nicht alle!“, kommentiere ich.
Er lacht. „Mach dich mal locker Anna. Das war ein Spaß.“

Dann schließt er die Tür und erspart mir weitere niveaulose Sketche. Ich ahne es ja schon lange, aber mit jeder Unterhaltung bestärkt sich mein Verdacht, dass Gordon ein wirklich sehr merkwürdiger Vertreter seiner Art ist.
Kopfschüttelnd öffne ich wieder die Seite. Musik- und Veranstaltungsmanagement. Klingt unsäglich verlockend. Und ist ja irgendwie genau das, was ich so leidenschaftlich die letzten Jahre für Chris getan habe. Nur irgendwie professioneller. Wenn ich ehrlich bin, juckt es mich in den Fingern. Eine Bewerbung kann ja nicht schaden. Einfach so zum Spaß. Vielleicht klappt es ja. Das heißt ja noch lange nicht, dass ich dann tatsächlich studieren muss. Die Bewerbungsfrist für das Wintersemester endet in genau 4 Tagen. Verdammt!


Drei Stunden später finde ich mich auf der Post wieder und schmeiße eine Bewerbungsmappe der überarbeiteten Angestellten in schwarz-gelber Uniform auf den Tresen. Und dann ist er weg, der Brief. Irgendwie fühle ich mich richtig gut. Trotzdem brauche ich eine Arbeit, fällt mir jäh im Augenblick dieses netten Hochgefühls ein. Aber heute kümmere ich mich nicht mehr darum. Für einen Montag war ich prinzipiell schon viel zu fleißig.

Ich schlendere durch die Stadt. Das Wetter ist etwas angenehmer, da sich kleine Cumuluswölckchen am Himmel tollen und die Sonne nicht ganz so heiß auf den Asphalt knallt. Wenn ich jetzt Geld hätte, würde ich mir einen Kaffee im Pappbecher holen, mich irgendwo auf eine Parkbank setzen und meine Freiheit genießen. Warum eigentlich nicht? Ein Kaffee wird mich ja nun nicht in den Ruin stürzen. Zwei Straßen weiter ist eine Bäckerkette mit integriertem Cafe, die ich sogar aus Berlin kenne. Weimar wird ja richtig modern. Kurz bevor ich das Geschäft betrete, höre ich meinen Namen.

„Anna!“, tönt es fröhlich hinter mir.
Ich drehe mich um und Noah tritt grinsend aus dem Geschäft direkt neben der Kaffee-Bude.
„Hey!“, sage ich überrascht. „Was machst du denn hier?“
Er strahlt. Und er sieht toll aus. Das grüne Shirt steht ihm ausgesprochen gut und betont seine exotische Augenfarbe. „Ich bin doch hier in der Beratungsstelle.“, dabei deutet er auf das Gebäude. Ich erinnere mich. Caro hatte da doch erzählt, dass Noah seine Junkie-Maus kennen gelernt hat, weil er in der christlichen Beratungsstelle ehrenamtlich tätig ist.
„Und was treibt dich hier her?“, fragt er mich.

„Ich... ähh.“, ich weiß auch nicht genau. Ich fühle mich irgendwie ertappt. „Ähm. Ich wollte... ich gehe spazieren?“
Noah runzelt die Stirn. Dann blickt er zu dem Bäcker, den ich ja offensichtlich gerade betreten wollte. Es scheint bei ihm Klick zu machen und er lacht.
„Sag nicht, du wolltest dich hier bewerben?“
„Ähm...“
„Das muss dir doch nicht peinlich sein. Im Gegenteil! Das würde ja bedeuten, wir würden direkt nebeneinander arbeiten. Soll ich dich hinein begleiten? Ich kenne die Chefin ziemlich gut!“, dabei zwinkert er.

Bewerben? Wie kommt er denn überhaupt... Mir sticht der Flugzettel ins Auge, der ziemlich deutlich an die Eingangstür geklebt wurde. Aushilfe gesucht! Oh Nein!
„Äh, Noah. Eigentlich wollte ich-“ „Jetzt komm schon!“, unterbricht er mich einfach und schiebt mich in die Filiale des Konzernriesen. „Wir können auch Händchen halten, wenn du aufgeregt bist.“, sagt er neckend. Niedlich. Und ehe ich mich versehe, finde ich mich in einem sehr spontanem Bewerbungsgespräch wieder.


Eine halbe Stunde später und unendlich viele Nervenzellen weniger, habe ich einen Aushilfsjob als Kellnerin auf 20-Stunden-Basis die Woche. Und das allein habe ich Noah zu verdanken. Ich weiß nur noch nicht genau, ob ich ihn nicht lieber dafür verprügeln sollte. Die Dame der Geschäftsleitung jedenfalls war von mir nicht mal halb so angetan, wie von Noahs Charme. Ohne seine überzeugenden Argumente zu meiner Person, dürfte ich, wenn es nach meiner neuen Chefin ginge, wohl noch nicht mal die Toiletten in dem Schuppen putzen. Immerhin habe ich keine nennenswerten Qualifikationen für den Servicebereich, wie sie es so nett formulierte. Und ich frage mich, was man für Fertigkeiten zum Teller abräumen brauch?

Letztendlich darf ich morgen früh zu meinem ersten Dienst antreten. Meine Freude hält sich echt in Grenzen. Noahs Laune dagegen ist auf solch einer Hochfrequenz, dass mir die Ohren von seinen motivierenden Worten schmerzen.
„Das ist doch schon mal ein toller Anfang, Anna! Du hast einen Job!“, flötet er.
„Mhm.“
„Das nenne ich mal einen gelungenen Neuanfang. Jetzt bist du wenigstens erstmal den Druck los und kannst dich ganz in Ruhe umorientieren. Hast du nochmal über die Uni nachgedacht?“
„Noah...“
„Vielleicht hast du ja Lust mal einen Tag mit mir mitzukommen? Studentenluft schnuppern. Ein paar Infos einholen, dich inspirieren lassen. Ich stelle mich da ganz bereitwillig zur Verfügung!“, grinst er.

Wenn er nicht so unglaublich charmant wäre, hätte ich ihm jetzt ganz gern den Wind aus den Segeln genommen. Ich mag es ja bekanntlich nicht, wenn man so über mich herfällt. Jedoch hat Noah eine ganz unbekannte Strategie, so von hinten und schmeichelnd und einlullend. Sein gutherziges Verhalten ist erschreckend einnehmend. Doch ganz so stark lasse ich mich immerhin doch nicht mitreißen.

„Mal gucken.“, antworte ich schwammig und zwinge mich zu einem Lächeln.
„Ich werte das als Zusage.“, sagt er selbstsicher. „Wir können ja morgen nochmal über dieses Thema reden. Wie siehts eigentlich aus? Hast du einen bestimmten Essenswunsch?“
„Kannst du denn irgendetwas besonders gut kochen?“, frage ich dreist zurück. Er überlegt kurz. „Nudeln?“, fragt er lachend.
„Nudeln sind immer perfekt.“, bestätige ich seinen einfallsreichen Vorschlag.
„Schön, dass wir uns da einig sind.“

Irgendwie lächeln wir uns ziemlich blöde an. Viel zu lange. Bis es uns bewusst wird.
Und Noah setzt noch einen drauf. Er nimmt mich ohne Vorwarnung zum Abschied in seine muskulösen Arme. Etwas steif lasse ich es über mich ergehen. Dabei fühlt es sich verflucht gut an. Und er riecht auch noch so lecker.

„Dann bis morgen!“, murmelt er zum Abschied.
Ich nicke und sehe zu, wie er in seiner Beratungsstelle verschwindet. Der Bengel macht mich fertig.
Erst bringt er mich auf die hirnrissige Idee, mich an der Uni zu bewerben. Verdreht mir den Kopf mit seinem freudvollen Geschwätz. Und jetzt habe ich einen Nebenjob an der Backe, obwohl ich doch nur in Ruhe einen Kaffee schlürfen wollte. Wie stellt er das an? Und wie schafft er es, dass ich mich bei ihm so verdammt gut fühle? Irgendwie geborgen. Und weniger verloren.
Irgendeine übernatürliche Aura muss ihn umgeben. Blöderweise freue ich mich richtig auf den morgigen Abend. Das ist nicht gut. Überhaupt nicht.

Ich schleppe noch zu viel Ballast mit mir herum.


An jenem Abend, nachdem ich Chris von der ungeplanten Schwangerschaft erzählt hatte, verlor ich das Kind noch in derselben Nacht. Verdammt starker Zufall. Oder Schicksal? Nein, ich glaube nicht ans Schicksal. Der Stress, die Aufregung, der Streit. Faktoren, die erwiesenermaßen eine Fehlgeburt hervorrufen oder zumindest begünstigen können. Ich weiß noch, dass ich durch starke Krämpfe wach wurde. Ungefähr so, wie bei Menstruationsbeschwerden, nur viel stärker. Und dann war da überall Blut. Fürchterlich. Ich rief den Notruf und über den Rest mag ich nicht mehr nachdenken. Letztendlich wurde ich zur Ausschabung ins Krankenhaus gebracht und musste dort auch bis zum Nachmittag zur Beobachtung bleiben.
Das alles ging so schnell und ich war so machtlos in meiner Situation. Ich habe mir Chris sehnlichst herbei gewünscht. Aber er war ja in diesem Club und ich wusste, dass er nie sein Handy mitnahm, weil ihn das so stresste, wenn ihn sämtliche Leute zu erreichen versuchten. Also war ich allein.
Und als ich dann nach Hause kam, war er immer noch nicht da.

Erst am Abend kam er verkatert und mit schlechter Laune nach Hause, er missachtete mich und meine bedrückte Stimmung völlig. Wahrscheinlich ist genau an dieser Stelle etwas in mir zerbrochen. Und ab dann ging irgendwie alles vorbildlich den Bach runter. Wie ein kleines, leichtes Papierschiffchen trieben wir im Strom eines kontinuierlichen Abwärtsstrudels.

Erst war Chris schockiert über meine Fehlgeburt, dennoch sah ich ganz eindeutig die Erleichterung in seinen dunklen Augen aufblitzen. Er tröstete mich, nahm mich in den Arm, versprach das alles gut werden würde. Aber es wurde nicht gut. Schon drei Tage später flog er nach London für mehrere Auftritte. Und ich blieb allein zurück. Wie so oft in der letzten Zeit. Und ich glaube, ich veränderte mich dabei. Ich dachte mehr nach, hinterfragte einiges und letztendlich sah ich die Zeichen ziemlich deutlich – unsere Beziehung stand unter keinem guten Stern mehr. Schon vorher, nur habe ich es einigermaßen erfolgreich ausblenden können. Das strahlende Bling-Bling des berliner Nachtlebens, die luftig-leichte Lebensweise und unsere Unbeschwertheit, die Zeit, in der wir nur von Luft und Liebe gelebt haben – das war vorbei. Es war ernst geworden. Und vor diesem Ernst des Lebens kapitulierten wir in unserer kindlichen Beziehung.

Aber das wolle ich nicht. Chris war mein Seelenverwandter, meine große Liebe. Ich wollte nie einen Anderen. Trotz Fehler, trotz heranwachsender Arroganz und seiner kleinen Starallüren, die er sich im Laufe der Zeit angeeignet hatte. Er war schon irgendwie zur Diva geworden. Künstler eben. Doch auch diese Phase war nicht zu verachten. So jung wie wir waren konnte die ganze Farbpalette unseres Charakters ja noch nicht entfaltet sein. Ich fand diese Entwicklung bei ihm spannend. Und anziehend. Aber auch irgendwie beängstigend.
Und genau zu diesem Zeitpunkt kam der Erfolg im Ausland. Und seine Persönlichkeit entwickelte sich parallel zu unserer Beziehung in eine Richtung, zu der ich keinen Zugriff mehr hatte. Ich war wie eine alte Lok auf einem Abstellgleis. Nicht in der Lage mich zu bewegen. Und keine Chance für mich, denselben Weg auf meine Art und Weise zu gehen. Kein Job, kein eigenes Einkommen, kein Aussicht auf eine erfolgreiche Zukunft ohne meinen weltberühmten Star-DJ und zerfressen von der nackten Angst, irgendwann von eben jenem genau aus diesen Gründen verlassen zu werden.

Zu oft fragte ich mich, ob er mich nicht nur noch als klebriges Anhängsel aus seinen Anfängerzeiten sah? Ich war seine Brücke zum normalen Leben. Sein Anker, dass er nicht abhebt. Doch vielleicht fand er das nicht mehr erstrebenswert? Natürlich managte ich ihn noch, aber darauf war er ganz sicher nicht mehr angewiesen. Die richtig großen Dinger besorgte ihm sein Booking. Ich kümmerte mich ja nur um das bisschen Promo und die kleinen Gigs in Berlin. Ich glaubte, ich wurde überflüssig. Und genau das wurde mir erst in den Wochen nach der Fehlgeburt so richtig bewusst.

Der Gedanke zerriss mich innerlich. Er fraß sich inceptionlike in mein Gehirn und wollte mich nicht mehr loslassen. Gemein, weil es mich so fertig machte. Trotz der Reaktion auf die Schwangerschaft liebte ich ihn noch abgöttisch. Ich konnte ihm das verzeihen, sogar etwas nachvollziehen, schließlich wusste ich es ja schon eher und habe ihm nichts davon erzählt. Vielleicht auch, weil ich irgendwie eine solche Reaktion erwartet hatte? Keine Ahnung. Vorher war mir diese miese Situation, in der sich unsere Beziehung befand, ja garnicht so deutlich vor Augen gewesen. Hatte ich ihn mit dem Kind vielleicht sogar, ohne es direkt zu planen, an mich binden wollen? War ich so daneben gewesen, dass ich die offensichtlichen Anzeichen der Schwangerschaft absichtlich ignoriert hatte? Dass das Baby zu einer Art Kette zweckentfremdet werden sollte? Konnte ich so krank gewesen sein?

Ich bin mir nicht sicher, was da mit mir los war. Die Zeit zum Schluss mit Chris war sehr verwirrend und ich lief völlig neben der Spur. Seit der Erfolg so stark über ihn eingebrochen war, fühlte ich mich komplett durchsichtig an seiner Seite. Wo ich vorher noch stolz als seine Freundin vorgestellt wurde, als die Frau, die sein größter Fan ist, war ich plötzlich die Tussi, die seinem Ansehen im Weg stand. Chris ließ mich das nie spüren, seine Kumpels und die eingebildeten Futzis von seinem Booking dafür umso deutlicher.

Ich trauerte nicht besonders stark um den Verlust des Kindes. Es war eben kein Wunschkind und die Tatsache, dass ich schwanger war, war ja noch nicht körperlich spürbar gewesen. Eben weil ich ja wirklich noch ziemlich am Anfang stand. Ich versuchte mir einzureden, dass mit dem Würmchen eben irgendetwas nicht in Ordnung gewesen war. Vielleicht wäre es behindert geworden. Schließlich habe ich die ersten Wochen ja auch noch in meinem Unwissen Alkohol getrunken. Natürliche Auslese. Caro würde sagen, dass Gott es noch nicht an der Zeit für mich sah, Mutter zu werden und er wollte nicht, dass dieses Wesen geboren wird. Das ist natürlich Quatsch.
Dennoch saß der Schock irgendwie trotzdem noch tief in meinen Knochen. War ja jetzt auch nicht mal so nen Ereignis, was ganz nebenbei geschieht, wie zum Beispiel eine lästige Erkältung oder so. Ganz so abgebrüht war ich dann auch nicht. Und ich redete mit niemandem drüber. War vielleicht auch ein Fehler.


Und so plätscherte der Alltag dahin. Chris hetzte von einem Gig zum andren, seine Gagen wurden immer monströser und sein Ego wuchs dementsprechend synchron. Und ich saß zu Hause, grübelte, verzweifelte und vermisste ihn schmerzlich.
Nach vier Wochen war es dann soweit. Er wollte mit mir reden, schrieb es mir per SMS.
Grundtenor der Unterhaltung: Du bist nicht mehr die alte Anna. Er meinte, er erkenne mich nicht wieder. Ich sei nicht mehr die Person, in die er sich verliebt hatte. Ich konnte es nicht mal abstreiten. Doch dass er sich genauso verändert hatte, sah er offensichtlich nicht. Das Gespräch war die Hölle. Wir sind beide temperamentvoll. Es wurde geschrien, geheult und geflucht. Auch ihm fiel es nicht leicht. Doch Chris ist nicht der Typ Mensch, der etwas halbherzig ausspricht. Er hat einen starken Willen und Ehrgeiz. Und ich wusste, dass dies wirklich das Ende war.

Also habe ich meine Sachen gepackt und bin ohne Verabschiedung abgehauen. Immerhin hatte ich den Stolz nicht vor ihm zu Boden zu kriechen. Er war bei einem Open-Air in Wien für das ganze Wochenende und als er nach Hause kam, da war ich weg. Seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört.

Ich fiel bei meinen spießigen Eltern ein, die mich mit offenen Armen und winziger Genugtuung Willkommen hießen. Sie besorgten mir die Wohnung und haben auch sonst all das organisiert, wozu ich nicht fähig war. Ummelden, neues Konto – diese ganzen blöden Dinge eben. Und natürlich der monatliche Zuschuss, dass ich nicht an der Grenze zur untersten Gesellschaftsschicht existieren muss.
Dann habe ich mir relativ erfolgreich eingeredet, dass ich nach nur wenigen Wochen diese scheußliche Trennung so weit überwunden hätte, dass ich zu den DuskyDays fahren könnte. Wie man sieht, ich bin offiziell gescheitert. Und nebenbei das bemitleidenswerteste Wesen, was ich persönlich zur Zeit kenne.



Ich laufe in Gedanken versunken zurück zu meiner WG. Vor dem Block erwartet mich die nächste Überraschung. Mein persönliches Fluchtfahrzeug steht da ziemlich beschissen eingeparkt und blockiert mindestens drei Stellplätze. Carolin. Was macht die denn hier? Mir wird bang.

Gerade will ich an das Auto herantreten, in dem meine rotbehaarte Freundin hockt, da setzt sie ruckartig mit röhrendem Motor zurück und fährt mich beinah über den Haufen. Empört schlage ich gegen die Heckscheibe, sie bremst panisch und lässt die Karre sofort absaufen.

„Was machst du denn?“, frage ich aufgebracht, als sie mit schreckgeweiteten Augen aussteigt.
„Ich wollte gerade wieder los, weil keiner aufgemacht hat.“, sie deutet dabei auf unsere Eingangstür.“Wo warst du denn und warum stellst du dich direkt hinter den Wagen?“
„Ich habe mich nicht dahinter gestellt. Ich wollte zu dir. Kann ja keiner ahnen, dass du wie ein Berserker rückwärts ausparken willst!“
„Ich dachte, ich hätte jemanden angefahren!“, schnauft sie und wirkt noch immer ziemlich geschockt. „Du kannst doch nicht einfach gegen die Scheibe schlagen!“
„Und du müsstest einfach mal in Rückspiegel gucken, dann hättest du mich gesehen.“, gebe ich zurück. Caro ist wirklich die mieseste Autofahrerin der Welt. Generell scheint sie Probleme mit fahrbaren Untersätzen zu haben. Ich kann mich noch genau daran erinnern, dass sie nie gescheit Fahrrad fahren konnte. Ständig ist sie gestürzt oder irgendwo dagegen gefahren.

„Willst du ihn jetzt so stehen lassen?, frage ich zweifelnd.
Caro schaut sich das Parkdesaster an. Der kleine Golf steht schräg zwischen den Stellplätzen und das Heck hängt halb über dem Bordstein. Resigniert gibt sie mir die Schlüssel. „Mach du das.“ Und dann fügt sie grinsend hinzu: „Aber nicht abhauen!“
„Haha.“, bemerke ich trocken.

Nachdem ich den Wagen schwungvoll elegant und absolut gesetzestreu abgestellt habe, gehen wir schweigsam in meine Wohnung. Ich frage mich, was sie will. Solch spontane Besuche sehen ihr nicht ähnlich. Normalerweise kündigt sie sich immer ganz ordentlich per SMS bei mir an.
Wir gehen in mein Zimmer, was nur mäßig aufgeräumt ist. Die Überreste meiner ungeplanten Bewerbungsaktion gleichen einem Schauplatz von verwüstender Kriegsnatur. Offene Ordner, alte Unterlagen und Kopien von Zeugnissen zerstreuen sich über das gesamte Zimmer. Dazu noch die ausgedruckten Infos der Uni. Überall ganz offensichtlich das Logo erkennbar.
Carolin sieht sich um und braucht nicht lange, bis sie eins und eins zusammenzählt. Sie hebt einen Zettel auf, liest kurz zwischen, dann strahlt sie mich mit einer Mischung aus Freude und Unglauben an.

„Bewirbst du dich nochmal in Jena?“
Etwas verkniffen schnappe ich ihr den Zettel weg und lege ihn außer Reichweite. Dann zucke ich mit den Schultern. „Ich denke drüber nach.“
„Das hier sieht aber nicht nur nach Denken aus, Anna.“
„Was willst du überhaupt?“, weiche ich ihrer Feststellung aus und sehe sie herausfordernd an.
Caro lässt sich auf meinem Bett nieder. Dann kramt sie in ihrer selbstgehäkelten Tasche rum. Irgendwann fischt sie einen Umschlag heraus und reicht ihn mir wild grinsend. Skeptisch öffne ich das Couvert.

„Oh Gott.“, krächze ich. Es ist die Einladung zu ihrer Hochzeit. Total kitschig gestaltet und voller ominöser Kirchensymbole. Tauben, die sich friedlich die Flügel reichen, verschrumpelte Hände, die über ihre Namen gemalt wurden und wohl so etwas wie Gottes Segen darstellen sollen. Und dann dieser sinnfreie Spruch in altdeutscher Schrift. Ich sehe mir den Termin an.
„Wer heiratet denn im November?“, frage ich entgeistert. „Da ist doch total mieses Wetter!“
„Am 04. November vor drei Jahren sind wir uns zum ersten Mal begegnet. Es war ein wundervoller Tag!“, verteidigt sie sich. „Und das Wetter spielt doch keine Rolle!“
„Die meisten heiraten aber im Sommer Caro, weil es schlecht fürs Brautkleid ist, wenn es von Regen durchnässt wird oder der Novemberwind dir deine Haare zerwuselt.“, sage ich ganz faktisch.
„Wir sind eh in der Kirche und anschließend feiern wir im Gemeindesaal, da kommt kein Wind und kein Regen hin. Was ist das überhaupt für eine Reaktion? Ich dachte du freust dich über die Einladung?“

Um ehrlich zu sein, freue ich mich nicht. Aber das kann ich ihr ja so nicht zeigen. Es ist nicht so, als würde ich ihr das Glück nicht gönnen. Auch Johann ist ja im Prinzip nicht ganz so schlimm, wie ich es überspitzt empfinde. Natürlich, absolut nicht mein Typ. Aber er ist nett und ehrlich. Und er vergöttert Caro. Doch sie ist noch so jung. Und auch wenn sie denkt, er sei dir große Liebe – wer sagt, dass es ewig halten wird? Wenn etwas ewig hält, dann mein tolles Tattoo von Chris seinem Künstlernamen auf meinen Unterarm, aber nicht die Liebe. Musste ich ja selbst erst schmerzlich feststellen.

Natürlich möchte ich ihrer Freude keinen Dämpfer verpassen, auch wenn es mir schwer fällt ehrliche Begeisterung vorzutäuschen. Als sie mir am Telefon von der Verlobung erzählt hat, habe ich ja auch angemessen reagiert. Also lasse ich mich zu ihr nieder und nehme sie in den Arm.
„Natürlich freue ich mich, Caro-Schätzchen.“, flöte ich ihr ins Ohr. Dann lasse ich sie los. Ihre Schnute ist etwas geschrumpft. „Ich dachte nur, dass ihr nicht ganz so schnell heiratet.“, räume ich dann noch ein, um meine anfängliche Skepsis halbwegs zu rechtfertigen.

Caro runzelt die Stirn. „Wir haben uns im März verlobt. Das ist über ein halbes Jahr?“
„Schnell. Sag ich doch!“
„Anna! Das ist ganz normal. Wo liegt dein Problem?“
Ich hole tief Luft, um Zeit zu schinden, da reißt Caro ihre himmelblauen Augen auf und hält sich pikiert die Hand vor den Mund. „Oh!“, haucht sie. „Klar! Oh Anna.“, stöhnt sie und tätschelt mitleidvoll meine Hand. „Wegen Chris. Und dir. Und die Trennung. Natürlich ist da eine Hochzeit für dich schwer. Daran hätte ich denken müssen. Oh, ich bin so unsensibel!“
„Bist du nicht!“, fahre ich ihr sofort in die Parade. „Mach mal halb lang, ja?“
„Aber...“
„Ach Caro. Sicher ist das alles nicht einfach und auch wenn ich so ungern drüber rede, es ist natürlich offensichtlich, dass ich noch an der Sache zu knuppern habe. Aber ich bin nicht ganz so ein Wrack, dass ich keine Hochzeit meiner besten Freundin überstehen würde. Ich finde es einfach noch zu früh fürs heiraten, okay?“, entfährt es mir ungewohnt ehrlich. Ich wollte garnicht so Tacheles reden. Und Caro hält immer noch meine Hand. Sie drückt ganz fest zu und sieht gerührt aus. Jetzt wird’s schnulzig.

„Wenn du irgendwann reden willst. Ich bin da!“, haucht sie einfühlsam. Das kommt mir bekannt vor und sie sagt es auch nicht zum ersten Mal.
„Ja, ja...“, winke ich ab und entziehe ihr dabei die Hand. „Ich pack das schon.“
Wir lächeln uns an. Und dann sehe ich ganz genau, wie es hinter ihrer porzellanfarbenen Stirn zu rattern beginnt. „Sag mal...“, beginnt sie langsam. „Dass mit dem Unikram hier. Du hast dich nicht zufällig von Noah dazu anstiften lassen?“

Mir rutscht das Herz in die Hose. „Wie kommst du denn da drauf?“, schnappe ich.
Sie druckst etwas rum, lächelt aber geheimnisvoll. „Ach, Noah und ich, naja, wir haben uns gestern halt so unterhalten.“, sagt sie zurückhaltend.
„Wie so unterhalten? Wann denn? Und über was?“ Klinge ich panisch?
„Nachdem ich dich abgesetzt habe, bin ich ja wieder hoch ins Lager. Und vorher, im Auto, da haben wir uns auch schon unterhalten, auf dem Weg zu deinem Festival.“, sagt sie.

Na prima. Gut, hätte ich mir selbstverständlich denken können. Aber irgendwie bin ich da so nicht drauf gekommen. Und wahrscheinlich hätte mich das auch nicht die Bohne interessiert. Aber jetzt, plötzlich, will ich doch ziemlich ganz genau wissen, was Noah so über mich sagt und denkt. Besonders zu Caro. Aber die sollte von meiner Neugierde erst recht nichts erfahren. Zu spät, will ich meinen. Sie lächelt schon wieder so ekelhaft wissend. Ich tue das, was meiner Natur entspricht und reagiere pampig.

„Was soll dieses Grinsen Carolin? Und überhaupt! Warum redet ihr über mich?“
„Du hat uns ja allerhand Stoff zum Reden gegeben.“, antwortet sie einleuchtend.
Ich schnaube nur.
„Anna...“, beginnt sie vorsichtig. Ich kenne diesen Ton. Und ich mag ihn nicht. „Du und Noah – ihr habt euch am Freitag doch ziemlich gut verstanden, so wie ich das gesehen und von ihm gehört habe. Und ich weiß sogar, dass Noah dich früher schon sehr mochte. Aber da hast du ja von niemanden außer Chris Notiz genommen.“, stellt sie fest. „Er mag dich immer noch. Sehr sogar. Natürlich war er von der Aktion total schockiert, als du quasi mein Auto gestohlen hast. Gut, er war nicht nur schockiert. Er war sauwütend auf dich. Und er hat sich Sorgen gemacht. Im Auto hat er mir gesagt, dass er eine solche Verantwortungslosigkeit von dir nicht erwartet hätte und er kannte dich ja anders und du warst am Freitag so vernünftig. Aber trotzdem, überleg mal. Er wollte unbedingt selber fahren und dich abholen. Nicht Johann, oder Jasmin. Er hat darauf bestanden, mich zu begleiten.“ Sie macht eine kurze Pause und sieht mich erwartungsvoll an. Mir wird schwer ums Herz, als sie weiter redet: „Nach Kathrin habe ich ihn lange nicht mehr so Strahlen sehen, Anna.“

„Aber... Noah war doch schon immer so eine Sunnyboy mit Dauergrinsen. Ich kenne ihn nicht anders. Das liegt garantiert nicht an mir.“, sage ich verwirrt und versuche mich aus der Schlinge zu winden, die mir Caro gerade um den Hals legt und erbarmungslos zu zieht.
„Du hast ihn nicht erlebt. Danach. Er hat alles hingeschmissen. Sogar sein Studium. Anna, du hast ihn jahrelang nicht gesehen. Ich fast jeden Tag. Eins kann ich dir sagen, deine Gegenwart hat ihn irgendwie wieder zum Alten gemacht.“

„Jetzt übertreibst du aber.“, empöre ich mich. Das klingt so kitschig und albern. Als hätte ich Noah wieder zum Leben erweckt. Was für ein Schwachsinn.
Caro lässt sich nicht abbringen. „Ich weiß, wie das klingt. Ich kann es auch nicht beschreiben.“
„Das hast du dir in deiner romantischen kleinen Welt so eingeredet Schätzchen. Noah hat die Beziehung aber schon längst verwunden. Er hat sein Studium wieder aufgenommen, zwar ne andere Richtung, aber trotzdem. Und er arbeitet sogar bei der Beratungsstelle weiterhin. Tu mal nicht so, als sei ich sein rettender Engel. So was passiert nur im Märchen. In der wirklichen Welt müssen wir alle selber mit unseren Problemen fertig werden.“

„Nein, das behaupte ich ja auch garnicht.“, verteidigt sie sich. „Ich will dir nur etwas klar machen. Versperre dich nicht so Anna!“
Ich stöhne auf. „Was willst du mir denn klar machen?“
„Dass Noah an dir interessiert ist. Ich sollte das zwar nicht so unverblümt sagen, aber du willst es ja nicht anders verstehen.“, sagt sie verschnupft und wirkt beleidigt. „Und darüber kannst du verdammt froh sein. Denn gestern, oben im Lager, nachdem ich dich nach Hause gebracht habe, selbst dann wollte er über dich reden. Und ich weiß auch, dass er dich zum Essen eingeladen hat. Da hat er mich gestern Abend nämlich noch angerufen und es mir erzählt, weil er sich so gefreut hat!“

Kacke!
Tief hole ich Luft. Genau das wollte ich ja vermeiden. Habe ich mir nicht die ganze Zeit gesagt, dass ich Abstand von Noah und Caro nehmen sollte? Und was tue ich? Ich lasse mich zum Essen einladen, arbeite jetzt direkt neben seiner Beratungsstelle und will an seiner Uni studieren. Der Plan ist ja super aufgegangen. Und jetzt steckt mir meine ungewohnt geschwätzige Freundin auch noch, dass Noah so empfindet, wie ich es wirklich nicht beabsichtigt hatte. Irgendwo war da noch die Hoffnung, dass die kleinen Hinweise auf rein freundschaftliche Basis zurückzuführen seien. Aber das habe ich mir wohl eingeredet. Und irgendwie, ganz ehrlich, wollte ich das ja auch doch nicht. Ach, wie kompliziert. Auch wenn ich mich zu dem Pfarrersjungen hingezogen fühle, ich werde ihn wohl oder übel verletzen. Ich bin ja noch garnicht bereit für irgendwas.

Kleinlaut sage ich: „Das ist nicht gut. Ich sollte ihm für morgen absagen.“
„Warum?“, fragt Caro und sieht mich dabei bierernst an.
„Weil ich ihm keine Hoffnungen machen will?“, frage ich, weil sie das Selbstverständliche wohl nicht sieht.
„Wegen Chris?“
„Natürlich wegen Chris. Wir sind seit knapp zwei Monaten getrennt. Frag doch nicht so blöd. Du weißt genau, wie es mir geht!“, blaffe ich etwas gereizt.
„Aber Noah könnte dir helfen. Du könntest über Chris hinwegkommen. Freitag Abend warst du so gut drauf. Er hat dich abgelenkt, du hast so viel gelacht und er tut dir gut!“, sie zeigt bedeutungsschwanger auf die Uni-Unterlagen.
„Caro! Ich kann doch Noah nicht als emotionale Krücke missbrauchen. Erst recht nicht jetzt, wo ich weiß, dass er mehr als nur freundschaftliche Gefühle für mich hegt. So etwas nennt man Ausnutzen. Damit wird keiner glücklich.“
„Es ist aber kein Ausnutzen, wenn du ähnlich empfindest!“
„Das tue ich aber nicht!“
„Und das glaube ich dir nicht!“

Wir sehen uns kampfeslustig an. Was tut sie denn hier? Ich fühle mich bedrängt. Nur weil ich mich zu dem grünäugigen Lockenkopf hingezogen fühle, muss ich doch nicht gleich ins nächste Abenteuer stürzen. Erst recht nicht, nach dem ganzen Scheiß, den ich durch habe. Gut, Caro weiß nicht was genau passiert ist. Wüsste sie es, würde sie mich nicht so rücksichtslos mit ihrem Insiderwissen über Noahs Gefühle heimsuchen. Und dann auch noch versuchen, mir ein Eingeständnis zu entlocken. Echt hinterhältig für eine angehende Ehefrau.

„Ich würde ihn verletzen.“, sage ich betont ruhig und klinge verzweifelt.
„Woher willst du das wissen, wenn du es nicht versuchst?“
„Weil es noch zu früh ist!“
„Es sagt doch keiner, dass du ab morgen mit ihm Zusammensein sollst. Ich versuche dir doch nur klar zu machen, dass ihr beide euch gegenseitig gut tun würdet. Ihr könnt es doch langsam angehen. Ihr habt alle Zeit der Welt!“

Ich frage mich, an welcher Stelle das Gespräch so entartet ist. War sie eigentlich nicht hier, um mir ihre vermaledeite Hochzeitseinladung zu überreichen? Und jetzt? Ein Verkupplungsgespräch.
Ganz tief in mir drinnen bin ich sogar etwas sauer auf Caro. Sie hat die lockere Stimmung zwischen mir und Noah versaut. Jetzt sehe ich anders. Der morgige Abend, auf den ich mich echt gefreut habe, wird total verkrampft und gezwungen. Ich muss ihm absagen. Das wird nichts.



Später, nachdem ich Caro hinauskomplimentiert habe, versuche ich das Gesagte nochmal in Ruhe sacken zu lassen. Noah erhofft sich also mehr. Hat er ja diskret überspielt. Habe ich es geahnt? Etwas, vielleicht. Aber so richtig dann doch nicht. Er war überaus nett und so. Und dann hatten wir ja auch so merkwürdige Momente, die schon zweideutig waren. Ist ja auch alles so schnell gegangen. Meine Fresse, ich habe ihn ja erst Freitag Nachmittag das erste mal seit Jahren wieder getroffen. Okay, das Wochenende war ziemlich intensiv, aber trotzdem verknallt sich doch keiner nach einem Abend. Oder? Gut, scheiß Argument. Ich habe mich in Chris ja auch Knall auf Fall verliebt. Warum kann man sich eigentlich nicht genauso schnell entlieben? Das würde vieles einfacher machen.

Es hilft alles Nichts, ich muss Noah für morgen absagen. Auch wenn es mir so leid tut. Aber mit diesem Wissen kann ich ihm nicht gegenüber treten. Am besten ich erscheine auch erst garnicht bei meiner neuen Arbeit. Und ich sollte in Zukunft in meiner Wohnung bleiben. Ich könnte ihm schließlich irgendwo über den Weg laufen. Noch besser, ich ziehe einfach wieder weg. Nach Timbuktu zum Beispiel.

Noch während meiner Überlegungen ereilt mich eine eingehende SMS. Wer schreibt im Zeitalter von WhatsApp eigentlich noch veraltete Kurznachrichten? Spontan fallen mir da genau zwei Personen ein. Und das schlimmere Übel wäre meine Nachwuchs-Verkupplerin. Natürlich ist es Noah. Schon bei dem Namen auf meinem Display macht mein verräterisches Herz einen Hüpfer.

„Alles Gute für deinen ersten Arbeitstag morgen. Toi toi toi. Aber nasch nicht zu viel Kuchen nebenbei ;) Du hast ja danach noch etwas vor. Freu mich. Noah.“

Kacke.


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Kommentar:

An alle treuen Seelen: Es geht weiter!! Zur Zeit übertreffe ich mich ja selbst mit den regelmäßigen Updates ^^ Ich hoffe natürlich, der neue Teil gefällt euch genauso sehr, wie es mir Spaß gemacht hat, ihn zu schreiben. Jetzt wird es langsam interessant zwischen Noah und Anna ^^
Bitte lasst mir wieder eine Meinung da :*





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