Atemzeit.. - Teil 21

Autor: Caprice
veröffentlicht am: 28.08.2012


Raziel stolperte unmotiviert den Hügel hinab und deutete auf eine kleine Stelle hinter einem alten, morschen Baum. Nach einer Stunde Fußmarsch hatten wir den Sprungpunkt endlich erreicht. Er zeichnete sich durch eine kreisförmige Stelle in der Erde ab, die sich von dem dunklen Grün, was drumherum wucherte, farblich abgrenzte. Alleine die Tatsache, dass wir hier waren, rief ein Gefühl der Erleichterung in mir hervor. Sein heimlicher Blick in mein Gesicht, der unergründlich war, ließ meine Freude weiter ansteigen. Ich fragte mich, ob ich früher schon einmal ähnliche Gefühle für jemanden empfunden habe und musste zu meinem Verdruss feststellen, dass niemand, bis jetzt, die Kraft hatte. Es gab keinen, der so tief in meinem Inneren, meinen Gedanken war, wie er. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, dass er mich immer noch anstarrte. Er neigte seinen Kopf in meine Richtung. „Alles inordnung?“ Fragte ich freundlich und drehe mich so, dass wir uns gegenüberstehen. Seine Augen wirkten forschend und sein Ausdruck, als ich seinen Blick erwiderte, ließ das Wort *Schuldig!* tiefrot auf seiner Stirn aufleuchten. Ich konnte nicht aufhören in diese Augen zusehen, die mich umheimlich, klar und neugierig anfunkelten. Meine Hände begannen nervös zu zittern. Er schürzte die Lippen. „ja.“ Sagte er leise und wandte sich stirnrunzelnd ab. Ich glaubte einen Funken Verlegenheit in seiner Stimme gehört zu haben und schloss seufzend die Augen, als er sich blitzartig und mit seltsam, gesenkter Miene von mir entfernte, als hätte ich ihn gerade bei irgendetwas anderem, abgesehen von der Tatsache, dass er mich angestarrt hatte, ertappt. Jetzt war ich diejenige, die sich wünschte Gedanken lesen zu können. Bevorzugt: Seine. Ist es so abwegig? Frage ich mich still. Ein Engel und ein Mensch.Hmm. Das klingt schon abstrus. Ich hatte keine Vorstellung davon, wie Engel fühlen oder denken, ob sie überhaupt dazu fähig waren. Also zu ersterem. Und wenn, war es dann naiv von mir zu glauben, dass er mich lieben könnte? Mich? Einen einfachen, langweiligen, tolltpatschigen, verfluchten Menschen? Alleine durch die tatsache, dass er wütend werden konnte, schien er sich, gefühlstechnisch, von den anderen abzugrenzen. Wobei sich auch Michael von Raziel und Zadkiel, die zwar sehr freundlich, aber mehr distanziert und Pflichtbewusst, was ihre Aufgaben betraffen, wirkten, unterschied. Mit seiner wachsende Sorge und Aufmerksamkeit, wirkte Michael ebenso gefühlsanfällig, wie Seith. Ich stöhnte und schob die verrückten, nichtendenwollende Gedanken bei Seite. Mich gleich mit. Es bekümmerte mich, dass ich so wenig war, so wenig wusste und wahrscheinlich einem Traum nachjagte, der ein Traum bleiben würde, mit mir, als verzweifeltes Endprodukt darin. Er ist ein Engel! Du ein Mensch! Das ist absurd! Er ist so fürsorglich, weil er dein Wächter ist! Weil, es sein Job ist! Seine Aufgabe! Selbst mein Gewissen, war gegen mich. Jämmerlich. „Ja, du hast recht.“ Murmelte Zadkiel. „Ich versuche es erneut,“ fuhr er fort und schien für einen Moment, wie versteinert. Kein Muskel rührte sich. Er sah aus, wie Porzellan. Ich zuckte bei seinen Worten. Ich war so in Gedanken, dass es mir gar nicht auffgefallen war, dass wir inne hielten und immer noch vor dem Energiepunkt verharrten. „Gehen wir denn nicht hindurch?“ Frage ich verwirrt und sehe, wie sich die Gesichter nach mir umdrehen. Ja, ich bin auch noch da, denke ich und laufe bei diesem einen, durchdringlichen, warmen Blick, rot an. „Wir warten darauf, dass wir es benutzen können. Es ist geblockt. Zadkiel versucht gerade mit der anderen Seite Kontakt aufzunehmen, damit wir hindurch gehen können.“ Seith drückte sich sehr gewählt aus. Rollt jedes Wort mit der Zunge ab. Seine Stimme klingt unergründlich und übersinnlich samt. „Oh, das wusste ich nicht“, stammelte ich und starrte auf meine Fußspitzen. „Konntest du auch nicht.“ Sagte er tröstend und lächelt schief. Ich Volltrottel! Natürlich konnte ich das nicht wissen, aber was sollte ich sagen? Deine Anwesenheit macht mich so nervös, dass ich kein vernüftiges Wort mehr rausbringe? Ich seufzte, während ich mich auf die Erde plumpsen ließ. „Was sagen sie?“ Fragte Michael mit angespannter Miene und ging im zick zack. Man konnte die Ungeduld in jeder Bewegung erkennen, wie sie ihn erfüllte- ohne, erfüllend zu sein. „Es müsste gleich frei werden,“ entgegnete er mit ruhiger, melodischer Stimme. Alle erdenklich Muskeln in mir spannten sich, als Seith sich neben mich auf die Erde setzte.
„Wie fühlst du dich?“ Fragt er vorsichtig und sieht mich eindringlich an. Ich biss mir auf die Lippe. „Etwas nervös,“ sage ich und sehe ihn an. Er hatte den Blick nach vorne gerichtet. Das Dorf der Ältesten war in greifbarer Nähe. Mir drehte sich der Magen bei dem Gedanken, dass unsere Reise, mit der Zerstörung der Karte, wobei ich immer noch misstrauisch war, was das angeht und wie es vonstattengehen sollte, beendet sein wird. Ich dachte, dass es mir leichter fallen würde, doch innerlich, fühlte ich mich starr vor Angst. Ich versuchte sie zu verbergen, was wahrscheinlich ein genauso kläglicher Versuch war, wie mir vorzumachen, dass ich ihn nicht liebte. „Das kann ich nachvollziehen.“ Sagte er samtweich. Ich wandte meinen Blick ab und versuchte meine Gedanken zuordnen.






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