Die Bestimmung - Flucht - Teil 3

Autor: lucy-josephin
veröffentlicht am: 28.03.2012


In der Nacht lief ich immer noch. Meine Beine waren schwer und der Hunger hatte in meinem Bauch ein riesiges Loch geschlagen. Der dunkle Wald und die ungewohnte Stille setzte mir zu. Die Luft war kühl und auf meiner Haut brannte mein Schweiß des anstrengenden Marsches. Ich beschloss, aufzugeben. Ich konnte nicht mehr! Ich schmiss meinen Rucksack erschöpft auf den Boden und legte meinen Kopf darauf. Sofort fielen mir die Augen zu und ich schlief ein, die zuleisen Geräusche des Waldes in meinem Ohr.
Ich schreckte hoch. Irgendetwas hatte mich aufgeweckt und nun hörte ich es: ein unaufhörlich näherkommendes Geräusch. Pferdehufe, die hart auf den Boden donnerten... und zwar schnell. Das konnte nur eins bedeuten: Sie hatten mich gefunden!
Wie betäubt legte sich in mir ein Schalter um. Ich packte wie wild meine Tasche und riss ein paar Pfeile hervor, bevor ich den Bögen in die Hand nahm und rannte. Wenn es nicht diese Truppe von treuen Soldaten meines Bruders war, wer dann?! Ich rannte und rannte. Zweige schlugen mir ins Gesicht und hinterließen auf meinem Körper hässliche Striemen. Ich sprang über zwei, drei Baumstämme und duckte mich bei tief hängenden Ästen. Mein Atem ging schwer, und schließlich versteckte ich mich an einer gut geschützten Ecke. Sie konnten nicht die ganze Nacht nach mir suchen, dazu war es dunkel... Nur am Morgen würden sie mich fassen. Ich wunderte mich, dass die Soldaten so durchhielten. Aber sie hatten ja auch Pferde... Jetzt sah ich sie. Etwa zwölf schwarze Gestalten auf ebenso dunklen Pferden, die unregelmäßig schnauften. Sie sahen sich unsicher um, standen genau an der Stelle, an der ich zuvor geschlafen hatte. Einer der Männer rief den anderen rau zu: "Sucht sie! Die Spuren sind neu und ich denke, wir werden sie finden." Stumm saß ich da und rührte mich nicht von der Stelle, mein Herz pochte laut in meinen Ohren. Langsam glitt ein Schatten auf mich zu, ein kleiner, dicker Schatten. Ich zog lautlos meinen Bogen bis ans Ohr und zielte auf die Gestalt. Er kam immer näher und dann ließ ich los.
Der Pfeil bohrte sich mit einem ekelhaften Klatschen in den Kopf des Soldaten und er viel um wie ein Stein. Ich atmete tief ein und wollte gerade ein bisschen weiter in den Wald laufen, als erneut ein Schatten auf das welke Laub fiel. Ich blieb sitzen, aber auch der Schatten regte sich nicht. Man konnte kaum das Gesicht erkennen, aber die Umrisse erblickte ich trotzdem. Wie ein Geist wartete er, dass ich irgendeinen Fehler machte, denn er hatte seinen Kameraden schon gesehen. Keiner wäre stehen geblieben. Meine Unruhe wuchs und wuchs und schließlich war es nur noch Angst. Keine Angst!, hörte ich meinen Vater, Angst macht schwach und wer schwach ist, stirbt! Ich beschloss dem Spiel ein Ende zu bereiten und stand auf. Ich zielte und schoss, doch etwas schlug gegen meine Hand und der Pfeil bohrte sich in den Boden. Fluchend und verdutzt drehte ich mich um, und schaute direkt in seine Augen. Ich sah kaum etwas, doch der Mond schien hell zu uns hinab und wir erstarrten einen Moment. Das reichte aus, um seine Augen genauer zu betrachten. Die Farbe seiner Iris war das hellste Braun mit einem so wunderbar schimmernden Kreis aus Grün, welches ich je gesehen hatte. Oder zumindest schien es so, denn sofort hob er das Schwert und ich musste mich ducken, um nicht einen Kopf kürzer zu werden. Ich packte meinen Bogen fester und schlug heftig gegen den Kopf des Soldaten. Er stöhnte auf, fing sich jedoch wieder und parierte meinen nächsten Hieb. Nun holte er aus und setzte zu einem Seitenhieb an. Ich hatte jetzt ein echtes Problem, denn der zweite Soldat kam angelaufen. Dieser zog seinen Dolch, mir blieb nur noch die Flucht. Ich ließ mich einfach fallen und rollte mich über die Schulter ab, sodass der Rucksack unsanft in meinen Rücken stach. Verblüfft hielten sie inne und dieser Augenblick genügte mir, den Bogen zu spannen und den Soldaten zu erschießen. Der leblose Körper fiel zu Boden und im gleichen Moment schlitzte der Andere meinen Arm auf, warmes, rotes Blut rann herunter. Inzwischen war die gesamte Truppe auf uns aufmerksam geworden und suchten nach mir. Ehe ich irgendetwas unternehmen konnte, spürte ich eine kalte Klinge an meinem Hals. "Eine Bewegung und du bist tot, Prinzessin!" hörte ich ihn sagen. Panik machte sich breit: "Ich habe meine Eltern nicht umgebracht! Emian wollte uns alle töten!" Der Mann stockte: "Warum sollte er das tun?" "Weil er der Herrscher sein will. Er dachte, ich wäre nicht gut genug, obwohl ich 4 Minuten älter bin, und Anspruch auf den Thron habe." Er musste zugeben, dass es plausibel klang. Ich drehte mich einfach um und sah ihm in die Augen, in diese wunderbar hellbraunen Augen. "Glaube mir, ich habe sie nicht getötet! Willst du eine unschuldige aus dem Königshaus verurteilen?" Standhaft blickte ich ihn an, doch er ließ seine Waffe nicht sinken.





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