Es kommt anders als man denkt - Teil 14

Autor: Maeggaey
veröffentlicht am: 13.02.2012


»Mäuschen, bevor ich es sage würde ich gerne etwas wissen. Bist du noch Jungfrau?«
»Mama, das kann nicht sein. Das ist unmöglich.« Sagte ich. »Das… Das kann nicht sein.« Es war mehr für mich als für meine Mutter gedacht.
»Ich bin zwar kein Arzt, aber ich habe es an meinem eigenen Leib erfahren. Kann es sein, dass du schwanger bist?«
»Das geht nicht. Nein. Wir haben doch…« Ich wollte nicht mehr drüber nachdenken. Also nahm ich mein Handy und meine Kopfhörer und hörte Musik. Es dauerte nicht lange bis ich mi t den Untersuchungen fertig war. Obwohl ich nur zehn Minuten auf das Ergebnis warten musste, kam es mir wie eine Ewigkeit vor. Als ich aufgerufen wurde wollte ich mehr als jemals zuvor im Boden versinken. Im Besprechungszimmer sah der Arzt mich mitleidig an.
»Also Frau Winkelmann. Ich muss ihnen mitteilen, dass sie unerfreulicher Weise – auch wenn ich diese Nachricht sonst gerne überbringe – schwanger sind. Sie sind bereits im vierten Monat. Das es für eine Abtreibung zu spät ist und sie das Kind austragen müssen. Es tut mir wirklich leid. Ich werde sie und ihre Mutter jetzt alleine lassen. Wenn sie soweit sind, dann gehen sie bitte an den Empfang und holen sie sich ihre Überweisung zum Frauenarzt ab.« Ich brach nicht nur innerlich zusammen. Meinen Tränen ließ ich freien Lauf und ich fluchte als wenn es kein Morgen gäbe. Was sollte ich nur tun? Ich müsste es Marc und meinem Vater erzählen. In der Schule würden mit Sicherheit alle es erfahren und ich mobben und runtermachen. Mein Leben würde völlig kaputt sein.
»Jenni, alles wird gut. Dein Vater und ich werden dir helfen und wenn du willst holen wir dir eine Beurlaubung für die Schule.« Ich brachte nur ein schwaches Nicken zustande. Sie trocknete meine Tränen und wir gingen aus dem Zimmer. Wir holten meine Überweisung und fuhren nach Hause. Zuerst müsste ich es meinem Vater sagen. Dann würde ich – falls ich noch leben sollte – zu Marc gehen und im Anschluss zu Kathi. Wie erwartet ist mein Vater zunächst durchgedreht und wollte wissen wer mich geschwängert hat. Doch als es merkte, dass ich ihm nicht antworten würde hat er sich wieder beruhigt und sagte, dass er mir helfen würde. Auf dem Weg zu Marc überlegte ich wie ich es ihm sagen sollte. Sein Vater öffnete mir die Tür und ich ging zur Treppe. Marcs kleine Cousine war zu Besuch und umarmte mich stürmisch. Wir liebten einander förmlich. Schon süß. Irgendwie freute ich mich total darauf wenn ich mein kleines Baby in den Armen halten würde. Dafür, dass ich vor grade mal einer Stunde deswegen geheult und geflucht hatte, war das ziemlich komisch. Ich ging zu seinem Zimmer und hörte laute Musik. Ich legte meine Hand auf die Türklinke, atmete tief durch und öffnete die Tür. Das was ich dort sah brach mir mein Herz, ließ mir meinen Atem stocken, brachte mich an den Rand der Verzweiflung. Da waren Marc und so ein Mädchen. Er betrog mich! Er schien mich gar nicht zu bemerken. Ich warf das Geschenk das ich ihm geholt hatte auf den Boden und rannte weg. Ich hörte ihn mich rufen aber ich achtete nicht darauf. Ich rannte einfach nur noch weg. Er lief mir hinterher. Als ich dachte ich hätte ihn abgehängt, blieb ich stehen und lief normal weiter. <Warum hat er das getan?!> Fragte ich mich. <Ich dachte das mit uns wäre für die Ewigkeit!> Auf einmal packte mich jemand an der Schulter und drehte mich um.
»Jenni es tut mir leid! Wirklich! Was hast du eigentlich bei mir gemacht?«
»Oh tut mir furchtbar leid dich und deine Schlampe gestört zu haben! Ich wollte dir nur was geben und dir was erzählen!«
»Meinst du das?« Er hielt mir die Schneekugel mit einem Bild von uns hin. Ich hatte sie vor einer Woche in Auftrag gegeben.
»Ja die mein ich! Ich habe sie machen lassen damit du immer was von mir hast und du machst einfach alles kaputt!«
»Jenni ich liebe dich! Und wirklich nur dich!«
»Erzähl das deiner Schlampe man! Und jetzt lass mich in Ruhe!«
»Nein! Ich will nur dich!«
»Wer’s glaubt! Ich wünsch dir noch viel Glück mit diesem Mädel!« Nach diesen Worten nahm ich die Schneekugel, warf sie auf den Boden und rannte weg. Die einzige Person mit der ich reden wollte warf nicht erreichbar, da sie mit ihrem Freund höchstwahrscheinlich unterwegs war. Seitdem Kathi mit Torben zusammen war, war ich bei ihr total abgeschrieben. <Dann bin ich morgen in der Schule wohl Einzelgängerin.>
Am nächsten Tag war ich früher als sonst in der Schule. Ich habe Herr Struwe gebeten mich eher ans Fenster zu setzen, weil ich angeblich in letzter Zeit Atembeschwerden hatte und mir zwischendurch schlecht wird. Das war der plausibelste Grund der mir einfiel, er war nicht komplett gelogen und eine Entschuldigung für Sport. Eine Allstar Lüge. Der eigentliche Grund war aber, dass ich nicht mehr bei Marc und Kathi sitzen wollte. Kathi sah sich dann verwundert um wo ich abgeblieben bin. In der ersten großen Pause ging ich auf den großen Schulhof um den beiden auszuweichen. Ich gesellte mich einfach mal zu Hannah und Lena. Zwar mochte ich die beiden nicht besonders aber es war besser als alleine irgendwo rumzustehen. Mitten in der Pause sah ich dann wie Kathi aus der einen Tür der Cafeteria kam. Sie sah so aus als wenn sie jemanden suchen würde. Schnell sagte ich Hannah und Lena, dass ich weg muss und sie wenn Kathi oder Marc fragen wo ich bin sagen sollten, dass sie mich nicht gesehen haben. Ich rannte zur anderen Tür und hoffte, dass sie mich nicht gefunden hatte. Leider vergeblich. Sie rannte mir hinterher und ich versteckte mich auf dem Mädchenklo. Beim Klingeln ging ich schnell wieder zur Klasse. David hatte wiedermal auf mich gewartet.. Ich wollte einfach an ihm vorbei gehen. Aber er hielt mich fest. Bevor ich was sagen konnte stand Marc neben mir.
»Hey, lass sie los.«
»Danke Marcel. Aber Hilfe von Arschlöchern brauch ich nicht. Und anlabern brauchen sie mich auch nicht. Also lasst mich beide in Ruhe.« Ich riss meinen Arm los, schubste Marc weg und ging in die Klasse. Dort wartete schon die nächste Person auf mich.
»Warum gehst du mir aus dem weg?« Kathi stellte sich so vor mich, dass ich ihr nicht ausweichen konnte. Aber im Moment konnte mich nichts und niemand stoppen. Ich schob sie einfach zur Seite und ging auf meinen Platz. »Sag warum du mir aus dem Weg gehst.«
»Laber mich nicht dicht sondern verschwinde.«
»Was hast du? Was ist passiert?«
»Das würde ich gerne von dir erfahren.«
»Was soll das den heißen?« Nun war mir der Geduldsfaden endgültig gerissen. Ich stand auf und sah ihr mit einer Mischung aus Wut und Trauer ins Gesicht.
»Du merkst gar nichts was?! Seitdem du mit Torben zusammen bist, bin ich bei dir abgeschrieben! Ich bin dir nur noch gut wenn er mal nicht da ist oder ihr Streit habt! Das nenn ich nicht beste Freundin! Du merkst nicht mal wie scheiße es mir geht! Du hast keine Zeit mehr für mich! Du bist nicht mehr für mich da! Du bist nicht mehr die Kathi die meine beste Freundin war!«
»Ich bin doch immer noch deine beste Freundin.«
»Falsch! Du WARST meine beste Freundin!« Stinksauer rannte ich aus der Klasse und blieb nochmal in der Tür stehen. »Gibt’s was zu glotzen?!« Fragte ich die anderen, welche sofort wegguckten. Ich ließ mich an einer Wand nieder und fing an zu weinen. Das war in den letzten Tagen an der Tagesordnung. Kathi kam zu mir und nahm mich in den Arm.
»Es tut mir so leid Jenni. Ich wollte das nicht. Ich hasse es mich mit dir zu streiten.«
»Ich hasse es doch auch. Aber in letzter Zeit geht alles schief. Und du warst nie da wenn ich dich gebraucht habe. Es hieß immer ‚Tut mir leid. Hab keine Zeit. Bin mit Torben unterwegs‘.«
»Du weißt doch, dass ich immer für dich da bin. Was ist denn los?«
»Marc… Er hat mich betrogen… Und…«
»Ich bringe ihn um!«
»Warte. Das ist noch nicht alles.«
»Was denn noch?«
»Ich… Ich bin schwanger…«
»Was?!«
»Ich weiß nicht wie das passieren konnte. Und er weiß es noch nicht. Ich wollte es ihm sagen aber dann hab ich ihn mit der anderen im Bett erwischt und ich konnte nicht mehr.«
»Süße, was machst du eigentlich für Sachen?«
»Weiß ich doch auch nicht.«
»Kommst du in die Klasse?«
» Ist wahrscheinlich besser.« Irgendwie brachte ich dann auch noch den Rest des Tages hinter mich. Zu Hause erwartete mich eine Überraschung. Überall standen gepackte Kartons und das ganze Haus was leer. Ich sah nur meine Mutter, wie sie einen der Kartons schloss. »Was soll das denn?«
»Ich hab dir doch gesagt, dass wir dir helfen werden. Wir werden nach Berlin ziehen. Du wirst dein Kind kriegen und dann auf eine neue Schule gehen. Dann weiß immerhin niemand, dass du schwanger warst.«
»Das geht nicht! Ich will hier bleiben! Bei meinen Freunden! Und mein Kind soll hier aufwachsen! Hier wo seine Mutter aufgewachsen ist!«
»Wir haben schon ein neues Haus gekauft und dein Vater wurde nach Berlin versetzt.« Ich wusste, dass sie nur das Beste für mich wollten. Aber gleich wegziehen?!
»Hab ich überhaupt eine Wahl?«
»Nein.«
»wann fahren wir?«
»In zwei stunde.«
»Okay… Wenn du nichts dagegen hast würde ich mich gerne von ein par Leuten verabschieden.« Ohne eine Antwort abzuwarten holte ich mein Skateboard und machte mich auf den Weg zu Kathi. <Ob es in Berlin gute Skateparks gibt? Hier wurde einzige Skatepark ja für einen Abstellplatz für Wohnmobile geopfert. Und der nächste ist in Otterndorf. Ohne Auto muss man sich irgendwas ausdenken wenn man vernünftig skaten will. Aber warum mache ich mir eher über Skateparks Gedanken als darüber ob ich neue Freunde finden würde? Womöglich weil ich ein keinen Bock habe neue kennenzulernen.> Kaum war ich bei Kathi, ging schon die Tür auf und sie und Torben kamen raus. Sie schauten mich verdutzt an. Ich hatte mich so sehr mit meinen Gedanken beschäftigt, dass ich nicht gemerkt habe das ich angefangen hatte zu weinen.
»Hey was ist los? Ist was wegen Marcel?«
»Nein.«
»Ist was mit deinem-« Abrupt verstummte sie und die Wahrheit brach aus mir heraus.
»Ich will mich von dir verabschieden.«
»Was?! Wieso?!«
»In zwei Stunden bin ich nicht mehr hier. Ich werde nach Berlin ziehen.« Und erneut fing ich an zu weinen.
»Nein! Warum?!«
»Wegen dem was ich dir heute erzählt habe. Bis ich damit durch bin soll ich zu Hause bleiben.« Weinend fielen wir uns in die Arme. So blieben wir einige Zeit lang stehen. Als wir wieder auseinander gingen und uns einiger Maßen gefangen hatten schaute ich rüber zu Torben. ER sah ebenfalls total geknickt aus. Hinter ihm sah ich dann die Person auf die ich null Bock hatte. »Ich muss los. Wir telefonieren dann. Ciao.«
»Wie? Was? Hä?« Ich drehte mich um und fuhr los.
»Jenni! Warte!« Schrie er mir hinterher. Obwohl ich ihn hasste fand ich seine Stimme immer noch himmlisch. Aus irgendeinem Grund blieb ich stehen. »Jenni!« ER kam näher und unwillkürlich versteifte ich mich.
»Was willst du?!« Meine Stimme klang zittrig und man konnte an ihr, und meinen roten Augen erkennen, dass ich geweint hatte.
»Ich will mit dir reden.«
»Nein danke!«
»Was ist los mit dir?«
»Das geht dich nichts mehr an!« Plötzlich kam mir meine Reaktion ziemlich kindisch vor. Doch ich wandte mich trotzdem von ihm ab
»Jenni-« Ich drehte mich um und meine Tränen liefen mir über die Wangen.
»Wenn du es unbedingt wissen willst, ich zieh weg. Reicht dir das?!«
»Was?! Wohin?!«
»Weit genug um deine Fresse nicht mehr sehen zu müssen!« Ich fuhr einfach los und ließ ihn mit offenen Mund stehen. Bevor ich endgültig verschwand sagte ich noch:»Mund zu. Herz wird kalt. Ach tut mir leid. Deins ist ja schon eiskalt!«
Als ich dann in Berlin war, hielten wir vor einem riesigen Haus. Oben war ein Zimmer so groß wie eine Wohnung.
»Schätzchen, das Zimmer da ganz oben, das gehört dir.«
»WAS?!« Meine Eltern fingen an zu lachen und ich stand wie angewurzelt dar.
„Jenni??“ Ich hatte meine Uhr komplett vergessen. Wir hatten sie Marc gar nicht zurück gegeben. »Kathi!« „Bist du schon in Berlin?“ »Ja. Und du wirst es nicht glauben. Ich hab ein Zimmer so groß wie eine Wohnung!« „Nein?!“ »Doch! Du musst mich hundertprozentig in den Ferien besuchen kommen!« „Auf jeden! Aber ich muss jetzt aufhören. Ich melde mich nachher nochmal.“ »Okay. Bye.« Mit einem schrillen Ton brach dann der Kontakt ab.
Es dauerte ein par Wochen bis ich mich daran gewöhnen konnte nicht mehr in meinem kleinen Kaff zu wohnen. Aber mittlerweile ging es. Ebenfalls dauerte es nur noch eine Woche bis zu meinem Entbindungstermin. Bald könnte ich mein kleines Mädchen in den Armen halten. Den Namen hatte ich mir bereits ausgesucht. Isabel. Marcs Cousine war mir sehr ans Herz gewachsen. Deshalb nahm ich diesen Namen. Über ihn war ich sowieso schon hinweg. Ich lag in meinem Zimmer und hörte Musik. Auf dem Weg nach unten bekam ich mit einem Mal fürchterliche Magenschmerzen und schrie fast weinend auf...





Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7 Teil 8 Teil 9 Teil 10 Teil 11 Teil 12 Teil 13 Teil 14 Teil 15 Teil 16 Teil 17 Teil 18 Teil 19 Teil 20 Teil 21 Teil 22 Teil 23 Teil 24 Teil 25 Teil 26 Teil 27 Teil 28 Teil 29 Teil 30 Teil 31 Teil 32


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz