Begegnen wir der Zeit, wie sie uns sucht. - Teil 7

Autor: LauiMiaui
veröffentlicht am: 10.04.2012


Nervös tippte ich unsere Nummer ein. Es fühlte sich merkwürdig an und bei der letzten Zahl war ich mir nicht mal mehr sicher ob sie richtig ist. Meine Fingerspitzen wurden eiskalt und ich fing an zu zittern. ´Reis dich zusammen Lina!´ermahnte ich mich. Aber wirklich helfen tut es nicht. Das Freizeichen ertönte und ich wusste auf einmal nichtmehr was ich sagen sollte. Soll ich sie um Verzeihung bitten? Einfach sagen das es mir gut geht und das sie sich keine Sorgen machen brauchen? Was soll ich sagen wenn sie wollen das ich nach Hause komme? Nach mir gesucht haben sie bestimmt nicht, sonst wäre es bestimmt in den Nachrichten gewesen, oder? "Schmitz." meine Mutter war dran. Ihre Stimme klang immer noch genau so rau und kaputt wie vor einigen Wochen. Das kam nicht nur von den Zigaretten sondern auch vom Alkohol. Ich nahm all meinen Mut zusammen "Mama?" flüsterte ich leise ins Telefon. "Lina? Lina bist du das?" ich hörte Erleichterung aus ihrer Stimme aber das sollte sich sofort ändern "Was hast du dir nur gedacht! Dein Vater… Ich hab mir solche Sorgen gemacht! Wie konntest du uns das nur antun" Ich wollte gerade ansetzen um mich zu entschuldigen, hielt inne und fragte mich `wofür soll ICH mich denn entschuldigen?!`Nein, die neue starke Lina wird sich nicht mehr unterdrücken lassen! Sie ist ein anderer Mensch "Mama, es tut mir leid das ihr euch Sorgen gemacht habt, aber es tut mir nicht leid das ih gegangen bin! Was Papa mir…uns angetan hat ist nicht in Ordnung aber was hast du gemacht? NICHTS! Du hast nichts unternommen um uns zu schützen, um MICH zu schützen! Keine Mutter der Welt hätte ihrem Kind so etwas zugemutet." Die letzten Worte schrie ich mit Tränen erstickter Stimme in den Hörer. "Und es geht mir gut hier, hörst du? Ich war noch nie glücklicher!" Jetzt war es zu spät. Ich konnte mir die Tränen endgültig nicht mehr zurück halten und auch meine Mutter weinte "Lina, es tut mir so leid…" sie wiederholte es die ganze Zeit bis ich meinen Vater im Hintergrund hörte "Wer ist da dran?" ich hörte wie meine Mutter weinend "Nein!" rief, ein dumpfer Knall und dann hörte ich nichts mehr. Es war totenstill am anderen Ende der Leitung und ich unterdrückte mein Schluchzen um besser zu lauschen. "Hallo?!" mein Vater schrie schon fast in den Hörer. Er war betrunken (wie immer) das konnte man an diesem einem Wort raus hören. Plötzlich war die neue, mutige Lina wieder weg und hat sich hinter der ängstlichen verkrochen. Mein Vater atmete laut schnaufend ins Telefon und legte auf.
Eine Weile stand ich da, mit dem Hörer in der Hand und lauschte dem monotonem Freizeichen. Mein Herz schlug rasend schnell und ich wäre fast umgekommen vor Schreck als mir jemand eine Hand auf die Schulter legte "Hey, Lina ganz ruhig ich bins doch nur!" Theo hob entschuldigend die Hände, aber als er mir ins Gesicht sah lies er sie langsam wieder sinken "Hey, alles okay? Was ist passiert?" Ich schüttelte langsam den Kopf, ließ den Hörer fallen und fing an zu weinen. Sofort zog Theo mich in seine Arme und strich mir beruhigend über den Rücken. Es tat gut, ihn einfach zu umarmen, und ich war froh das er mir keine weiteren Fragen stellte. Er hielt mich einfach nur ganz fest. Als ein paar Minuten vergangen waren und ich mich etwas beruhigt hatte, führte er mich an einen Tisch und gab Elisa ein Zeichen. Diese brachte zwei warme Schokoladen. Sie wusste natürlich warum ich so aufgelöst bin, ich hatte ihr ja gesagt das ich "zu Hause" anrufe. Die warme Schokolade im Bauch tat gut und ich erzählte Theo von dem Telefonat. Er sagte nichts, hörte mir einfach zu, hielt meine Hand und strich mir mit dem Daumen über meinen Handrücken. Als ich fertig war nickte er "Wir müssen deine Mutter von ihm wegholen! Alleine ist sie vielleicht nicht stark genug, und ja vielleicht brauch sie einfach einen… Anstoß! Es gibt viele Organisationen die euch helfen können!" Ich nickte und machte mir immer mehr Sorgen um sie. Der dumpfe Knall am Schluss des Telefonats kam wahrscheinlich daher, das mein Vater sie zu Boden geschlagen hatte. Hoffentlich ist ihr nichts passiert denn trotz allem liebe ich sie! Auch wenn sie uns nicht beschützen konnte, war sie lange Zeit doch der einzige Mensch der mir auch nur ein bisschen nahe stand. Und so etwas verbindet! Theo hatte recht! Wir müssen sie da raus holen. Nur wie? "Am besten recherchieren wir im Internet." Beantwortete Theo meine unausgesprochene Frage. Langsam nickte ich "Aber ihr habt hier keinen Computer!" bemerkte ich aufgewühlt "Stimmt… Aber bei mir im Fitness Center! Da können wir mal nach fragen." Ich nickte nur und starrte geistesabwesend auf die Tischplatte, ich kann mich jetzt einfach nicht mehr konzentrieren! Theo hob mit zwei Finger mein Kinn an "Wir schaffen das! Ich verspreche dir ich helfe dir!" dann strich er mit dem Zeigefinger über meine Wange, lächelte stand auf und ging die Treppe hoch. Ich war froh das er mich kurz alleine ließ um alles erst einmal zu verarbeiten. Nach einer Gefühlten Ewigkeit rumsitzen und Nachdenken bin ich zu dem Endgültigem Entschluss gekommen: Ich muss meiner Mutter helfen!
Ein warmes, aufgeregtes Gefühl breitete sich in meinem Magen aus und Schmetterlinge flogen in meinem Bauch herum, denn trotz der Tatsache das ich gerade miterlebt habe, wie meiner Mutter unrecht getan wurde sind Theos Berührungen doch nicht an mir spurlos an mir vorbeigegangen! Ich lächelte vor mich hin "Hola Princessa! Warum so fröhlich heute?" Verwirrt blickte ich auf und sah in Xaviers Gesicht "Du hast mich noch nie auf Deutsch angesprochen!" sagte ich perplex und Xavier lächelte "Stimmt, aber ich finde es nur fair das wir uns auch mal in deiner Muttersprache unterhalten!" sagte er in fast Akzentfreien Deutsch. Er hatte trotzdem noch ein leicht gebrochenes Deutsch, was aber irgendwie niedlich klang. Ich grinste wie ein Schaf, noch immer durcheinander. Xavier hatte ich schon fast vergessen bei all der Aufregung und bei all dem…Theo. Aber auch nur fast!
Lächelnd und mit einer dampfenden Tasse mit schwarzer Flüssigkeit setzte er sich dahin wo vor wenigen Minuten noch Theo saß und sah mir in die Augen.
Und in die Augen sehen wäre noch untertrieben! Er starrte mich schon fast nieder.
Peinlich berührt wandte ich den Blick ab. "Was? Magst du es nicht wenn man dich ansieht" Ich schüttelte den Kopf "Nein das ist mir irgendwie unangenehm… Ich weiß nicht, ich bin nicht so gut in Kontakt mit anderen Menschen. Nur wenige lernen die RICHTIGE Lina kennen." antwortete ich ernst. "Und wie ist die richtige Lina?"
Ich dachte einige Sekunden nach bis ich die Antwort gab "Das weiß ich noch nicht, auf jedenfall stärker."
Xavier beugte sich vor und küsste mich sanft, es war eine leise Frage. Und meine Antwort war Ja.





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